GRUSZECKI & HILDEBRAND – Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft
Ulrike Glunz, Steuerberaterin und Rainer Hildebrand, Dipl.-Betriebsw. (FH) Steuerberater
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Aktuelles

Lohnsteuer: Mini- neben Hauptjob beim gleichen Arbeitgeber nicht möglich
Wer eine sozialversicherungspflichtige (Haupt-)Beschäftigung ausübt, darf nebenher noch als Minijobber tätig werden, also eine geringfügige Beschäftigung mit einem Verdienst bis zu 520 Euro monatlich ausüben. Allerdings darf es sich nur um einen einzigen Minijob handeln und dieser darf nicht bei dem Arbeitgeber ausgeübt werden, mit dem das Hauptarbeitsverhältnis besteht. Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat diese Grundsätze bestätigt und entschieden, dass es nicht zulässig ist, bei demselben Arbeitgeber neben einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung auch eine versicherungsfreie geringfügige Beschäftigung auszuüben. Die Lohnzahlungen sind daher zusammenzurechnen und unterliegen insgesamt der Sozialversicherung und der individuellen Lohnsteuer, selbst wenn die Arbeitsverhältnisse unterschiedlich ausgestaltet sind (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.12.2022, 6 K 6129/20). Der Kläger arbeitete im Innendienst eines Taxiunternehmens, das Herrn A gehörte. Sein Arbeitslohn unterlag der Sozialversicherung und wurde individuell lohnbesteuert. Einige Jahre nach Aufnahme des ersten Arbeitsverhältnisses schloss er einen weiteren Arbeitsvertrag. Der Arbeitgeber war wiederum Herr A, allerdings wurde der Kläger in einem anderen Betrieb des Herrn A eingesetzt, und zwar im Innendienst eines exklusiven Fahrdienstes mit Chauffeur. Für die zweite Beschäftigung bezog er eine monatliche Bruttovergütung innerhalb der Minijob-Grenze von damals 450 Euro. Das Beschäftigungsverhältnis aufgrund des zweiten Arbeitsvertrages wurde in den Streitjahren durchgehend als Minijob über die Bundesknappschaft mit 2 Prozent pauschaler Lohnsteuer abgerechnet. Nach Ansicht des Finanzamts und nun auch des Finanzgerichts lag hingegen keine geringfügige Beschäftigung vor; denn bei den beiden Tätigkeiten handelte es sich um ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis, so dass die Voraussetzungen der Pauschalbesteuerung, das heißt eines Minijobs, nicht vorlagen.

Die weitere Begründung: Übt ein Arbeitnehmer bei demselben Arbeitgeber gleichzeitig mehrere Beschäftigungen aus, so ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ohne Rücksicht auf die arbeitsvertragliche Gestaltung oder objektive Kriterien der Unterscheidbarkeit in Art, Ort und Zeit der Tätigkeit sozialversicherungsrechtlich von einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis auszugehen, das heißt, die Tätigkeiten werden sozialversicherungsrechtlich einheitlich beurteilt. Da § 40a Abs. 2 EStG an die sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften anknüpft, gilt auch lohnsteuerlich, dass eine Zusammenrechnung der Lohnzahlungen vorgenommen werden muss, wenn diese von demselben Arbeitgeber stammen, selbst wenn die Arbeitsverhältnisse unterschiedlich ausgestaltet sind.

Praxistipp:
Das FG Münster hat vor Jahren entschieden, dass etwas anderes gelten könne, wenn der Arbeitnehmer für zwei unterschiedliche Betriebe des Arbeitgebers tätig ist (FG Münster, Urteil vom 21.2.2003, 11 K 1158/01 L). Das FG Berlin-Brandenburg distanziert sich aber von dieser Rechtsprechung. Praxistipp:
Wenn es sich bei den beiden Arbeitgebern rechtlich um verschiedene Personen, etwa zwei einzelne GmbHs handelt, liegen indes zwei unterschiedliche Beschäftigungsverhältnisse vor. Dann wäre es möglich, bei der einen GmbH eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und bei der anderen GmbH einen Minijob auszuüben (Geringfügigkeits-Richtlinien vom 16.8.2022, Tz. 2.1.1.).
gepostet: 03.06.2023
Betriebsaufgabe und -veräußerung: Wahlrecht zur Zuflussbesteuerung möglich
Ein Steuerpflichtiger, der im Rahmen einer Betriebsaufgabe betriebliche Wirtschaftsgüter gegen wiederkehrende Bezüge veräußert, kann - wie bei der vollständigen Betriebsveräußerung gegen wiederkehrende Bezüge - zwischen der Sofortbesteuerung und der Zuflussbesteuerung des entsprechenden Gewinns wählen - so lautet ein Urteil des Bundesfinanzhofs vom 29.6.2022 (X R 6/20, BStBl 2023 II S. 112). Die Klägerin führte einen handwerklichen Betrieb, den sie Ende des Jahres 2013 einstellte. Einen Großteil der Wirtschaftsgüter ihres Geschäftsbetriebs veräußerte die Klägerin an die A-GmbH gegen Zahlung einer lebenslangen monatlichen Rente. Einige Wirtschaftsgüter waren aber von der Veräußerung ausgenommen und wurden ins Privatvermögen überführt, so dass von einer Betriebsaufgabe und nicht von einer gesamten Betriebsveräußerung auszugehen war. Das Finanzamt war daher der Auffassung, dass die Rentenzahlungen bei der Ermittlung des Aufgabegewinns mit ihrem vollständigen Barwert sofort zu berücksichtigen seien - ein Wahlrecht zur so genannten Zuflussbesteuerung bestehe nicht. Allerdings wurde der ermäßigte Steuersatz für den Betriebsaufgabegewinn gewährt.

Der BFH beurteilt die Sache anders: Im Fall der Betriebsveräußerung gegen bestimmte wiederkehrende Bezüge kann der Steuerpflichtige zwischen der Sofortbesteuerung und der Zuflussbesteuerung wählen. Der Grund für dieses Wahlrecht liegt darin, dass der Veräußerer einerseits ein gewisses Wagnis eingeht, wenn er den Kaufpreis nicht sofort in einer Summe erhält. Andererseits haben die laufenden Zahlungen einen Versorgungscharakter. Im Urteilsfall besteht eine ähnliche Interessenlage, so dass die Zahlungen der A-GmbH bei der Klägerin ebenfalls der Zuflussbesteuerung unterliegen können. Das Wahlrecht zwischen einer Zufluss- und einer Sofortbesteuerung ist im Fall der Betriebsaufgabe nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Steuerpflichtige einen Teil der zuvor betrieblich genutzten Wirtschaftsgüter in seinem Eigentum behält.

Praxistipp:
Bei der Zuflussbesteuerung entsteht ein Gewinn erst, wenn der Kapitalanteil der wiederkehrenden Leistungen das steuerliche Kapitalkonto des Veräußerers zuzüglich etwaiger Veräußerungskosten übersteigt. Der in den wiederkehrenden Leistungen enthaltene Zinsanteil stellt aber bereits im Zeitpunkt des Zuflusses nachträgliche Betriebseinnahmen dar. Um Missverständnisse zu vermeiden: Mit einer "Betriebsveräußerung gegen wiederkehrende Bezüge" ist insbesondere eine Veräußerung gegen Zahlung einer Leibrente gemeint. Davon zu unterscheiden ist die reine Stundung des Kaufpreises.

Praxistipp:
Die Zuflussbesteuerung anstelle einer Sofortbesteuerung bewirkt zwar eine zeitliche Streckung der anfallenden Steuerzahlungen. Dieser Vorteil wird allerdings durch den Verlust der Begünstigungen des § 16 Abs. 4 EStG (Freibetrag) und des § 34 EStG (ermäßigter Steuersatz) "erkauft" und muss daher nicht immer günstig sein.
gepostet: 01.06.2023
Impfzentren: Verlängerung steuerlicher Erleichterungen für Freiwillige
Bereits in den Jahren 2020 bis 2022 konnten die freiwilligen Helferinnen und Helfer in den Impf- und Testzentren von der so genannten Übungsleiter- oder von der Ehrenamtspauschale profitieren. Wie das Thüringer Finanzministerium berichtet, werden diese Erleichterungen auch für das Jahr 2023 gewährt. Die Anweisung ist bundeseinheitlich abgestimmt (Thüringer FinMin vom 9.2.2023, 1040-21-S 1901/67-18465/2023). Danach gilt: Für all diejenigen, die direkt an der Impfung oder Testung beteiligt sind - also in Aufklärungsgesprächen oder beim Impfen oder Testen selbst - gilt die Übungsleiterpauschale (§ 3 Nr. 26 EStG). Im Jahr 2020 lag die Übungsleiterpauschale bei 2.400 Euro, seit 2021 beträgt sie 3.000 Euro jährlich.

Begünstigt sind insoweit auch Tätigkeiten zur Vor- und Nachbereitung der Impfungen, wie die Registrierung der zu impfenden Personen, die Aufbereitung des Impfstoffs, die Dokumentation der Impfungen sowie die Überwachung der geimpften Personen. Das Gesagte gilt auch für mobile Impfzentren. In Bezug auf die Testzentren gilt: Begünstigt sind neben der Durchführung der Tests selbst auch Tätigkeiten zur Vor- und Nachbereitung der Tests, wie die Registrierung der zu testenden Personen und die Mitteilung und Dokumentation des Testergebnisses.

Wer sich in der Verwaltung und der Organisation von Impf- oder Testzentren engagiert, kann die Ehrenamtspauschale in Anspruch nehmen. Diese lag 2020 bei 720 Euro und erhöhte sich ab 2021 auf 840 Euro (§ 3 Nr. 26a EStG). Auch Personen, die im Bereich der Infrastruktur von Impfzentren mitwirken (z.B. Personenstrommanagement und Sicherheit, Gebäudemanagement, Logistik), können die Ehrenamtspauschale erhalten.

Aufgrund der steuerlichen Vorschriften können die freiwilligen Helferinnen und Helfer die Übungsleiter- oder Ehrenamtspauschale nur in Anspruch nehmen, wenn es sich beim Auftraggeber oder Arbeitgeber um eine gemeinnützige Einrichtung oder einen öffentlichen Arbeitgeber handelt, also das Land oder eine Kommune - nicht aber Arztpraxen oder private Testzentren. Bei den Impfzentren haben sich Bund und Länder aber darauf verständigt, dass die Übungsleiter- und die Ehrenamtspauschale auch dann in Betracht kommen, wenn das Impfzentrum im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts unter Hinzuziehung von Privaten oder gänzlich von Privaten betrieben wird. Bei Testzentren gilt diese Erleichterung nicht.

Sowohl Übungsleiter- als auch Ehrenamtspauschale greifen lediglich bei Vergütungen für nebenberufliche Tätigkeiten. Das ist in der Regel der Fall, wenn diese Tätigkeiten nicht mehr als ein Drittel der Arbeitszeit einer vergleichbaren Vollzeitstelle in Anspruch nehmen oder die regelmäßige Wochenarbeitszeit nicht mehr als 14 Stunden beträgt. Dabei können auch solche Helferinnen und Helfer nebenberuflich tätig sein, die keinen Hauptberuf ausüben, etwa Studentinnen und Studenten oder Rentnerinnen und Rentner. Die Übungsleiter- und Ehrenamtspauschale sind Jahresbeträge, die nicht zeitanteilig aufzuteilen sind. Werden verschiedene Tätigkeiten (z.B. Tätigkeit im Impfbereich eines Impfzentrums und Übungsleiter eines gemeinnützigen Sportvereins) ausgeübt, die in den Anwendungsbereich des § 3 Nr. 26 oder 26a EStG fallen, kann der jeweilige Höchstbetrag nur einmal gewährt werden.
gepostet: 31.05.2023
Umsatzsteuer: Vermietung von Wohncontainern an Erntehelfer
Die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen an Erntehelfer ist grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig, unterliegt aber nur dem ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Unterkunft lediglich um Wohncontainer handelt (BFH-Urteil vom 29.11.2022, XI R 13/20). Der Kläger betreibt eine Landwirtschaft mit Schwerpunkt Spargel- und Beerenanbau. Er beschäftigte saisonal jeweils rund 100 Erntehelfer, an die er Räume in Wohncontainern vermietete. Die Wohncontainer waren nicht in das Erdreich eingelassen, sondern standen auf Steinsockeln und waren über gepflasterte Wege zu erreichen. Zwischen dem Kläger und den Erntehelfern wurden neben den Arbeitsverträgen "Leistungsverträge“ geschlossen, in denen die Miete kalendertäglich vereinbart war. Neben der Unterkunft konnten die Erntehelfer auch Verpflegung beziehen, die der Kläger gesondert berechnete. Der Kläger meldete seine Umsätze aus der Vermietung der Räume an Erntehelfer für die Streitjahre zum ermäßigten Steuersatz an. Das Finanzamt unterwarf die betreffenden Umsätze hingegen dem Regelsteuersatz, weil die Unterkünfte keine dauerhaft feste Verbindung zum Grundstück besaßen. Zur Gewährung des ermäßigten Steuersatzes müssten die Wohn- und Schlafräume Teile von Gebäuden sein. Das Finanzgericht gab der hiergegen gerichteten Klage jedoch statt; die Revision des Finanzamts blieb ohne Erfolg.

Begründung: Nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG ermäßigt sich die Steuer auf 7 Prozent für die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält. Diese Steuerermäßigung umfasst auch die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen in nicht ortsfesten Wohncontainern. Dem Wortlaut der genannten Vorschrift ist nicht zu entnehmen, dass er sich lediglich auf die Vermietung von Grundstücken bezöge. Vielmehr begünstigt die Vorschrift allgemein die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen durch einen Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden. Beim eigenen Personal handelt es sich um zur Beherbergung aufgenommene "Fremde“. Die Auslegung entspricht auch dem Europarecht. Dass ein Landwirt mutmaßlich nur an die eigenen Erntehelfer für die Dauer ihrer Beschäftigung vermietet und die Erntehelfer nur in diesem Zusammenhang ein Interesse an der Beherbergung haben, ist für die steuerrechtliche Einordnung der Leistungen unerheblich. Die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen ist im Übrigen keine Nebenleistung zum Arbeitsverhältnis.

Praxistipp:
Bei der Unterbringung von Saisonarbeitskräften ist von einer kurzfristigen und damit steuerpflichtigen Vermietung auszugehen, wenn das Mietverhältnis nach den Vorstellungen des Vermieters nicht länger als sechs Monate dauern soll. Werden den Saisonarbeitskräften dagegen für einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten feste Unterkünfte gewährt, ist die Vermietung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfrei; ein Verzicht auf die Steuerbefreiung ist nicht möglich (OFD Niedersachsen, Verfügung vom 4.11.2016, S 7168-133-St 173). Die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 12 UStG führt dann zum Verlust des zugehörigen Vorsteuerabzugs.
gepostet: 29.05.2023
Erdgas und Fernwärme: Einzelfragen zur Senkung des Umsatzsteuersatzes
Im vergangenen Jahr hat der Gesetzgeber beschlossen, den Umsatzsteuersatz für die Lieferung von Gas über das Erdgasnetz sowie die Lieferung von Wärme über ein Wärmenetz zu verringern. Befristet vom 1. Oktober 2022 bis 31. März 2024 gilt insoweit der ermäßigte Steuersatz von 7 Prozent (§ 28 Abs. 5 und 6 UStG). Das Bayerische Landesamt für Steuern hat nun mehrere Fragen rund um die Senkung des Steuersatzes beantwortet (Erlass vom 30.3.2023, S 7220.1.1-11/12 St33). So gilt unter anderem:

- Lieferung von Gas über das Erdgasnetz: Neben den Lieferungen von Erdgas und Biogas über das Erdgasnetz (unabhängig von ihrer Nutzung) sind auch die Lieferungen von Flüssiggas (LNG und LPG) per Tanklastwagen (sowohl zur Wärmeerzeugung als auch zur Erzeugung von Prozesswärme) sowie die Abgabe von CNG an der Tankstelle begünstigt. Die Lieferung von Gas über ein privates Netz oder eine private Zuleitung ist der Lieferung von Gas mit einem Tanklastwagen gleichzustellen. Nicht begünstigt ist die Abgabe von Flüssiggas (LPG) als Kraftstoff an der Tankstelle sowie die Abgabe von Gas in Flaschen oder Kartuschen.

- Lieferung von Wärme über ein Wärmenetz: Der Begriff "Lieferung von Wärme über ein Wärmenetz“ umfasst sowohl die Lieferungen größerer Wärmeerzeugungsanlagen, die die breite Öffentlichkeit mit Wärme versorgen, als auch kleinerer Anlagen (z.B. Biogasanlagen oder private Blockheizkraftwerke), die nur einen begrenzten Personenkreis beliefern. Eine aufgrund Eigenverbrauchs zu besteuernde unentgeltliche Wertabgabe ist gemäß § 3 Abs. 1b UStG einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt und unterliegt damit ebenfalls dem ermäßigten Steuersatz.

- Legen eines Wärme-Hausanschlusses: Als "Lieferung von Wärme“ gilt auch das Legen eines Wärme-Hausanschlusses. Insoweit gelten die Regelungen zu Hauswasseranschlüssen analog. Das bedeutet, dass das Legen der Hausanschlüsse nur einem Umsatzsteuersatz von 7 Prozent unterliegt. Das Legen eines Mehrspartenanschlusses (z.B. Wasser, Gas, Strom, Telekommunikation) stellt jedoch eine einheitliche komplexe Leistung "Verschaffung des Zugangs zu sämtlichen Versorgungsleistungen“ dar, die dem Regelsteuersatz von 19 Prozent unterliegt.

- Anschluss an ein örtliches Flüssiggasversorgungsnetz: Entgelte für den Anschluss an ein örtliches Flüssiggasversorgungsnetz unterliegen analog zu den Gas-Hausanschlüssen als “Lieferung von Gas“ dem ermäßigten Steuersatz. Nicht begünstigt ist das Legen eines Anschlusses von einem (privaten) Flüssiggastank an die Leitungen des Verbrauchers im Haus bzw. bis zu einer Hauseinführung, da es sich hierbei nicht um eine Verbindungsstelle zwischen dem Leitungsnetz des (Flüssig-)Gasversorgers und dem Grundstück des Verbrauchers handelt.

- Installation und Wartung: Die Installation und Wartung von Flüssiggasanlagen, Gasthermen, Heizungsanlagen usw. sind nicht Teil der Gas- bzw. Wärmelieferungen. Sie unterliegen als selbständige Leistungen dem Regelsteuersatz.
gepostet: 27.05.2023
Entlohnung für mehrjährige Tätigkeit: Ratierliche Auszahlung ist steuerschädlich
Eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit, beispielsweise eine Lohnnachzahlung für mehrere Jahre, unterliegt der so genannten Fünftel-Regelung des § 34 EStG. Dadurch wird der Steuersatz für die Vergütung zumindest ein Stück weit ermäßigt. Allerdings setzt die Anwendung der Fünftel-Regelung voraus, dass die Vergütung in einem Betrag festgesetzt und zusammengeballt in einem Jahr gezahlt wird. Wird sie in unterschiedlichen Jahren ausgezahlt, wird die Steuervergünstigung - von Ausnahmefällen abgesehen - nicht gewährt. Dies gilt nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs selbst dann, wenn der Arbeitnehmer die ratierliche Auszahlung der Vergütung gar nicht beeinflussen kann. In den Worten des BFH heißt es konkret: Die Entlohnung für eine mehrjährige Tätigkeit ist regelmäßig nicht mittels Fünftel-Regelung nach § 34 EStG tarifbegünstigt, wenn die Auszahlung in drei Veranlagungszeiträumen erfolgt. Dies gilt unabhängig davon, ob die Zahlung ursprünglich in einer Summe vereinbart war und die Auszahlung in drei Veranlagungszeiträumen auf Gründen beruht, die der Gestaltungsfreiheit des Steuerpflichtigen entzogen sind (BFH-Urteil vom 15.12.2022, VI R 19/21).

Der Sachverhalt: Die Klägerin war Mitgesellschafterin einer GmbH, die ihr zunächst eine Pensionszusage erteilt hatte. In einem Nachtrag wurde aber später vereinbart, dass die zugesagte Altersrente wertgleich in ein Alterskapital in Höhe von 543.000 Euro umzuwandeln ist, auf das die Klägerin mit Erreichen des 64. Lebensjahres Anspruch haben sollte. Nachdem die Klägerin ihr Pensionsalter erreicht hatte, schied sie aus dem Dienst der GmbH aus. Die GmbH zahlte der Klägerin das Alterskapital jedoch nicht wie vereinbart in einer Summe aus. Vielmehr wurde der Betrag in Teilbeträgen über drei Jahre hinweg ausgezahlt. Die Klägerin beantragte, den im Streitjahr bezogenen Betrag (473.000 Euro) als ermäßigt zu besteuernde Vergütung für mehrere Jahre zu berücksichtigen. Das Finanzamt folgte dem nicht. Eine Steuerermäßigung nach § 34 EStG komme nicht in Betracht, da das Alterskapital nicht als Einmalzahlung im Streitjahr geleistet worden sei. Die hiergegen gerichtete Klage und auch die Revision blieben ohne Erfolg.

Begründung: Die Fünftel-Regelung setzt voraus, dass die Entlohnung für eine mehrjährige Tätigkeit aus wirtschaftlich vernünftigen Gründen zusammengeballt erfolgt. Im Streitfall fehlte es jedoch an einer zusammengeballten Arbeitslohnzahlung. Zwar können sich auch bei einer Zahlung in zwei (oder mehr) Veranlagungszeiträumen Progressionsbelastungen ergeben. Diese Belastungen müssen aber in Kauf genommen werden. Auch wenn die Zahlung des Alterskapitals ursprünglich in einer Summe vereinbart war und seine Auszahlung in drei Veranlagungszeiträumen auf Gründen beruhte, für die die Klägerin nichts konnte, so rechtfertigt dies keine abweichende Beurteilung. Es kommt nicht darauf an, ob die Modalitäten des Zuflusses vereinbart waren oder dem Zahlungsempfänger aufgezwungen wurden.

Praxistipp:
Eine Auszahlung über mehr als einen Veranlagungszeitraum hinweg ist fast immer steuerschädlich. Ausnahmsweise kann die Fünftel-Regelung dennoch anzuwenden sein, beispielsweise wenn neben der Hauptleistung in späteren Veranlagungszeiträumen aus Gründen der sozialen Fürsorge für eine gewisse Übergangszeit Entschädigungszusatzleistungen gewährt werden.
gepostet: 25.05.2023
Umsatzsteuer: Einnahmezufluss noch nicht bei reiner Wertstellung
Wenn die Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet wird (Ist-Versteuerung), kommt es für die Versteuerung eines Umsatzes auf den Zufluss- bzw. Zahlungszeitpunkt an. Doch wann gilt eine Einnahme bei einer Banküberweisung tatsächlich als zugeflossen? Am Tag der Wertstellung oder erst am Buchungstag? Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass es für die Versteuerung auf den Buchungstag und nicht auf den Wertstellungstag bei der Bank ankommt (Urteil vom 17.5.2022, 5 K 5133/21). Es wurde allerdings die Revision zugelassen, die bereits unter dem Az. V R 12/22 vorliegt.

Der Kläger, ein Designer, berechnet seine Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten. Am 31.12.2019 erfolgte die Wertstellung von Rechnungsbeträgen in Höhe von rund 30.000 Euro. Das Finanzamt erhöhte die umsatzsteuerpflichtigen Umsätze des Jahres 2019 um diesen Betrag und forderte die entsprechende Umsatzsteuer nach, während der Kläger der Auffassung ist, dass die Umsätze erst ins Jahr 2020 gehören, weil er in 2019 noch nicht über die Beträge habe verfügen können. Diese sind erst am 2.1.2020 gebucht worden. Die Wertstellung auf den 31.12.2019 sei lediglich für die Verzinsung von Bedeutung. Die Richter sind der Auffassung des Klägers gefolgt.

Begründung: Bei der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten entsteht die Umsatzsteuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Entgelte vereinnahmt worden sind. Bei Überweisungen auf ein Bankkonto des leistenden Unternehmers vereinnahmt dieser das Entgelt oder Teilentgelt nicht im Zeitpunkt der Gutschrift (Datum der Wertstellung) auf dem Konto, sondern im Zeitpunkt der Buchung auf dem Konto des Empfängers, da vor diesem Zeitpunkt rein buchungstechnisch das Geld auf dem Konto noch nicht ersichtlich zugeflossen und zumindest faktisch damit nicht verfügbar ist. Aus § 675t Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt sich nichts anderes. Danach ist der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers zwar verpflichtet, diesem den Zahlungsbetrag unverzüglich verfügbar zu machen, nachdem der Betrag auf dem Konto des Zahlungsdienstleisters eingegangen ist. Doch die Vorschrift regelt schon ihrem Wortlaut nach lediglich eine Verpflichtung der Bank, die indes an der tatsächlichen Verfügungsmacht für den Zahlungsempfänger nichts zu ändern vermag.
gepostet: 23.05.2023
Zweitwohnungssteuer: Erhebung trotz Corona-Zutrittsverbots zur Insel Sylt
Aufgrund der Corona-Maßnahmen konnten Zweit- und Ferienwohnungen insbesondere im Jahr 2020 mitunter über Wochen nicht wie gewohnt genutzt werden. Dennoch haben wohl die meisten Gemeinden ihre Zweitwohnungssteuer unvermindert erhoben. Nun hat das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht entschieden, dass die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer auch dann rechtmäßig war, wenn die steuererhebende Gemeinde auf einer Insel oder Hallig liegt und hier coronabedingt im Jahre 2020 zeitweise ein Zutrittsverbot für alle Personen galt, die nicht ihre Hauptwohnung an diesen Orten hatten (Schleswig-Holsteinisches OVG, Eilbeschluss vom 18.11.2022, 5 MB 23/22).

Der Antragsteller besitzt ein Grundstück auf Sylt und nutzt die dort gelegene Wohnung als Zweitwohnung. Er ist trotz des Zutrittsverbots von der Gemeinde Sylt zu einer uneingeschränkten Zweitwohnungssteuer für das Jahr 2020 herangezogen worden. Das OVG sieht dies in dem Eilbeschluss als rechtens an. Begründung: Die Erhebung der Zweitwohnungssteuer setzt nur das "Innehaben“ einer Zweitwohnung und damit eine rechtlich gesicherte Nutzungsmöglichkeit der Wohnung für eine gewisse Dauer voraus. Diese Möglichkeit sei durch das in der Zeit vom 3. April bis zum 3. Mai 2020 in Schleswig-Holstein geltende Zutrittsverbot zu den Inseln und Halligen an Nord- und Ostsee nicht entfallen, sondern nur vorübergehend eingeschränkt worden. Bei einer solchen pandemiebedingten Einschränkung handele es sich um einen atypischen Sachverhalt, der bei der Auslegung des Begriffs des "Innehabens“ nicht zu berücksichtigen sei. Das Steuerrecht betreffe in der Regel Massenvorgänge des Wirtschaftslebens. Die hierzu erlassenen Regelungen dürften steuerpflichtige Sachverhalte deshalb typisierend erfassen. Die vorliegende Einschränkung sei schließlich auch nicht mit den Folgen einer bauordnungsrechtlichen Nutzungsuntersagung vergleichbar.

Praxistipp:
Das Bundesverwaltungsgericht hat vor einigen Jahren wie folgt entschieden: Verfügt der Inhaber einer Zweitwohnung über eine rechtlich gesicherte Eigennutzungsmöglichkeit von mindestens zwei Monaten, so kann die Regelung einer Zweitwohnungssteuersatzung, nach der er mit dem vollen Jahresbetrag der Steuer veranlagt wird, nicht als unverhältnismäßig beanstandet werden (BVerwG, Urteil vom 26.9.2001, 9 C 1/01, BVerwG, Urteil vom 27.10.2004, 10 C 2.04).
gepostet: 21.05.2023
Verspätete Zahlung: Höhe der Säumniszuschläge ist verfassungsgemäß
Wer eine fällige Steuerzahlung verspätet leistet, muss für jeden angefangenen Monat der Säumnis einen Säumniszuschlag von 1 Prozent des Steuerbetrags entrichten. Nachdem das Bundesverfassungsgericht zu der so genannten Steuerverzinsung auf Nachzahlungen und Erstattungen entschieden hatte, dass ein monatlicher Zinssatz von 0,5 Prozent verfassungswidrig ist und der diesbezügliche Zinssatz mittlerweile auf 0,15 Prozent pro Monat gesenkt wurde, war fraglich, ob nicht auch die Höhe der Säumniszuschläge verfassungswidrig ist.

Nun hat der Bundesfinanzhof aber entschieden, dass gegen die Höhe der Säumniszuschläge auch bei dem niedrigen Zinsniveau der vergangenen Jahre keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (BFH-Urteil vom 15.11.2022, VII R 55/20). Der Säumniszuschlag sei in erster Linie ein Druckmittel eigener Art zur Durchsetzung fälliger Steuern und erfülle primär eine pönale Funktion. Die maßgebende Vorschrift (§ 240 AO) verfolge das Ziel, den Bürger zur zeitnahen Erfüllung seiner Zahlungsverpflichtungen anzuhalten und die Verletzung ebenjener Verpflichtung zu sanktionieren. Die Abschöpfung von Liquiditätsvorteilen sei damit nicht Haupt-, sondern nur Nebenzweck der Regelung. Aus dem bloßen Umstand des Anfalls von Säumniszuschlägen bei nicht fristgerechter Zahlung dürfe nicht auf deren Charakter als Zinsen geschlossen werden. Man dürfe Säumniszuschläge daher auch nicht mit Nachzahlungszinsen vergleichen. Säumige Steuerpflichtige werden durch die Höhe des Zuschlags nach § 240 AO nicht unverhältnismäßig hoch belastet.

Praxistipp:
Bei unbilligen Härten kann ein Antrag auf einen teilweisen oder vollständigen Erlass von Säumniszuschlägen gestellt werden. Ein Erlass kommt zum Beispiel in Betracht bei einem bisher pünktlichen Steuerzahler, dem ein offenbares Versehen unterlaufen ist. Allerdings ist ein Erlassantrag hinreichend zu begründen und daher stets mit einem gewissen Aufwand verbunden.
gepostet: 19.05.2023
Pensionszusage: Vorbehalte sind für Rückstellung grundsätzlich steuerschädlich
Enthält eine Pensionszusage einen Vorbehalt, demzufolge die Pensionsanwartschaft oder Pensionsleistung gemindert oder entzogen werden kann, ist die Bildung einer Pensionsrückstellung steuerrechtlich nur in eng begrenzten Fällen zulässig - so der Bundesfinanzhof laut Urteil vom 6.12.2022 (IV R 21/19).

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin hatte eine betriebliche Altersversorgung für ihre Mitarbeiter eingeführt und für die hieraus resultierenden Verpflichtungen Pensionsrückstellungen gebildet. Einzelheiten waren in einer Betriebsvereinbarung geregelt. Die Höhe der Versorgungsleistungen ergab sich aus Versorgungsbausteinen, die aus einer "Transformationstabelle“ abzuleiten waren. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin hatte sich vorbehalten, unter anderem diese Transformationstabelle einseitig ersetzen zu können. Wegen dieses Vorbehalts erkannte das Finanzamt die Pensionsrückstellungen nicht an, so dass es in den Streitjahren jeweils zu Gewinnerhöhungen kam.

Auch der BFH sah den Vorbehalt als steuerschädlich an. Die Bildung einer Pensionsrückstellung sei steuerrechtlich nur zulässig, wenn der Vorbehalt ausdrücklich einen nach der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannten, eng begrenzten Tatbestand normiere, der nur ausnahmsweise eine Minderung oder einen Entzug der Pensionsanwartschaft oder Pensionsleistung gestatte. Demgegenüber seien uneingeschränkte Widerrufsvorbehalte, deren arbeitsrechtliche Gültigkeit oder Reichweite zweifelhaft oder ungeklärt sei, steuerrechtlich schädlich. Auch im Streitfall sei dies gegeben, da der Vorbehalt eine Änderung der Pensionszusage in das Belieben des Arbeitgebers stelle. Der Vorbehalt sei keiner in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannten Fallgruppe zuzuordnen, bei der ein Abschlag ausgeschlossen sei (Quelle: Mittelung des BFH vom 16.3.2023).
gepostet: 17.05.2023

News Archiv

Mai 2023
Bausparvertrag: In welchem Jahr sind Bonuszinsen zu versteuern?
Manch Bausparer verfügt noch über einen Bausparvertrag, der ihm nicht nur die Möglichkeit einräumt, ein zinsgünstiges Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen, sondern der eine attraktive Verzinsung des Bausparguthabens bietet. Viele Verträge haben sogar einen Bonuszins für den Fall vorgesehen, dass auf die Inanspruchnahme des Bauspardarlehens bei Zuteilungsreife verzichtet wird. Jüngst musste sich der Bundesfinanzhof mit der Frage befassen, wann ein solcher Bonuszins als zugeflossen gilt, das heißt, in welchem Jahr er zu versteuern ist. Seine Antwort: Bonuszinsen aus einem Bausparvertrag fließen dem Steuerpflichtigen nicht bereits mit dem jährlichen Ausweis der Zinsen auf einem von der Bausparkasse geführten Bonuskonto zu, wenn ein Anspruch auf die Bonuszinsen nur nach einem Verzicht auf das Bauspardarlehen entsteht, die Bonuszinsen erst bei Auszahlung des Bausparguthabens fällig werden und über sie nur in Verbindung mit dem Bausparguthaben verfügt werden kann (BFH-Urteil vom 15.11.2022, VIII R 18/20).

Der Kläger schloss im Jahre 1995 einen Bausparvertrag ab. Das Bausparguthaben wurde mit 2,5 Prozent pro Jahr verzinst. Ferner sollte ein Bonus gezahlt werden, wenn der Kunde vor der ersten Auszahlung aus dem zugeteilten Bausparvertrag auf das Bauspardarlehen verzichtet. Hierdurch sollte sich die Gesamtverzinsung des Bausparguthabens auf 4,75 Prozent p.a. erhöhen. Und in der Tat hatte der Kläger kein Bauspardarlehen beansprucht, so dass ihm der Bonus im Jahre 2013 gewährt wurde. Der Schlussbonus betrug rund 25.000 Euro. Der Kläger war der Ansicht, dass der Bonus nicht in einer Summe im Jahre 2013 zu versteuern war, sondern ratierlich in den Vorjahren, zumal die Bonuszinsen bereits auf dem Bonuskonto ausgewiesen wurden. Klage und Revision blieben aber ohne Erfolg. Die Bonuszinsen waren komplett in 2013 zu versteuern. Die Begründung: Ein Zufluss durch Gutschrift in den Büchern kommt nur in Betracht, wenn und soweit eine Zahlungsverpflichtung besteht. Eine solche habe aber erst in 2013 mit dem Verzicht auf die Inanspruchnahme des Bauspardarlehens bestanden. Eine Ausgestaltung der Verzinsung als eine auf den Vertragsbeginn rückbezogene Erhöhung der Guthabenzinsen lässt nicht den Schluss zu, dass dem Kläger die Bonuszinsen auch bereits seit Vertragsschluss zustanden.

Praxistipp:
Der Kläger hatte seine Zinsen - aus seiner Sicht korrekt - in den Vorjahren erklärt, und zwar auch die vermeintlich bereits entstandenen Bonuszinsen. In 2013 selbst hatte er daher nur noch einen geringen Betrag an Bonuszinsen erklärt. Erst aufgrund einer Kontrollmitteilung hat das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid 2013 einige Jahre später geändert. Der BFH sieht diese nachträgliche Änderung als zulässig an; es liege eine neue Tatsache im Sinne des § 173 AO vor.
gepostet: 15.05.2023
Alleinerziehende: Entlastungsbetrag kann zeitanteilig zu gewähren sein
Alleinerziehenden steht ein steuerlicher Entlastungsbetrag zu, wenn zu ihrem Haushalt mindestens ein Kind gehört, für das sie Kindergeld oder den steuerlichen Kinderfreibetrag erhalten, und ansonsten im Haushalt keine andere erwachsene Person lebt. Geregelt ist dies in § 24b des Einkommensteuergesetzes. In 2022 betrug der Entlastungsbetrag 4.008 Euro zuzüglich eines Erhöhungsbetrages für das zweite und jedes weitere Kind von jeweils 240 Euro. In 2023 ist der Entlastungsbetrag um 252 Euro auf 4.260 Euro angehoben worden; der Erhöhungsbetrag von 240 Euro bleibt aber unverändert.

Die Finanzverwaltung wollte den Entlastungsbetrag bislang dann nicht gewähren, wenn für die beiden Elternteile eine Ehegattenveranlagung möglich wäre. Sprich: Ein Abzug sollte dann nicht in Betracht kommen, wenn Alleinerziehende im Laufe des Jahres heiraten oder wenn sich ein Ehepaar trennt und jeder eine eigene Wohnung bezieht. Der Abzugsbetrag sollte dann für das ganze Jahr entfallen; eine zeitanteilige Berücksichtigung sei nicht vorgesehen. Der Bundesfinanzhof ist aber anderer Auffassung: Zusammenveranlagte Ehegatten können den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende im Jahr der Eheschließung zeitanteilig in Anspruch nehmen, wenn sie vor der Heirat nicht mit einer anderen volljährigen Person in einer Haushaltsgemeinschaft gelebt haben (BFH-Urteil vom 28.10.2021, III R 57/20). Im Trennungsjahr ist der Entlastungsbetrag zeitanteilig für die Monate nach der Trennung zu gewähren, wenn im Haushalt keine andere volljährige Person lebt (BFH-Urteil vom 28.10.2021, III R 17/20).

Nunmehr verfügt das Bundesfinanzministerium, dass die Urteile allgemein anzuwenden sind (BMF-Schreiben vom 23.11.2022, BStBl 2022 I S. 1634). In dem Veranlagungszeitraum, in dem Ehegatten bzw. Lebenspartner sich trennen, ist eine zeitanteilige Inanspruchnahme des Entlastungsbetrages möglich, sofern die übrigen Voraussetzungen des § 24b EStG erfüllt sind. Und weiter: Ein Steuerpflichtiger kann den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende im Jahr der Eheschließung/Verpartnerung zeitanteilig in Anspruch nehmen, sofern er die übrigen Voraussetzungen des § 24b EStG erfüllt, insbesondere nicht bereits in einer Haushaltsgemeinschaft mit dem späteren Ehegatten gelebt hat.

Praxistipp:
Eingangs wurde erwähnt, dass im Haushalt keine andere erwachsene Person leben darf. Allerdings gibt es davon einige wenige Ausnahmen. So ist es zum Beispiel unschädlich, wenn es sich bei der anderen volljährigen Person um ein leibliches Kind, Adoptiv-, Pflege-, Stief- oder Enkelkind handelt, für das dem Steuerpflichtigen ein Kinderfreibetrag oder Kindergeld zusteht. Aus Billigkeitsgründen führt zudem die Unterbringung von volljährigen Flüchtlingen aus der Ukraine durch Alleinerziehende nicht zu einer steuerschädlichen Haushaltsgemeinschaft. Damit bleibt der Anspruch auf den Entlastungsbetrag bestehen. Diese Billigkeitsregelung gilt zunächst für 2022 und 2023 (FAQ-Katalog des BMF "Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten", Stand 31.1.2023).
gepostet: 13.05.2023
Spekulationsgeschäft: Tageweise Raumvermietung teilweise steuerschädlich
Wer sein Eigenheim verkauft, muss normalerweise nicht fürchten, einen Veräußerungsgewinn ("Spekulationsgewinn") versteuern zu müssen, selbst wenn zwischen Erwerb und Verkauf nicht mehr als zehn Jahre liegen. Voraussetzung ist aber, dass die Immobilie im Zeitraum zwischen Anschaffung bzw. Fertigstellung und Veräußerung ununterbrochen und ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde (Alternative 1) oder im Jahr des Verkaufs und in den beiden Vorjahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde (Alternative 2). Eine Vermietung gilt nicht als Nutzung zu eigenen Wohnzwecken und ist somit schädlich. Was aber gilt, wenn in den Jahren vor der Veräußerung einzelne Räume des Gebäudes lediglich an einzelnen Tagen vermietet wurden, etwa an Messegäste? Der Bundesfinanzhof hat hierzu wie folgt geurteilt: Wird ein zu eigenen Wohnzwecken genutztes Reihenhaus innerhalb der zehnjährigen Haltefrist veräußert, ist der Veräußerungsgewinn insoweit nicht von der Besteuerung ausgenommen, als er auf tageweise an Dritte vermietete Räume entfällt (BFH-Urteil vom 19.7.2022, IX R 20/21).

Der Sachverhalt: Eheleute erwarben im Jahre 2011 ein Reihenhaus, das sie selbst bewohnten. In den folgenden Jahren vermieteten sie einzelne Zimmer im Dachgeschoss des Hauses daneben tageweise an Messegäste und erzielten daraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Konkret waren es zwischen 12 und 25 Tage pro Jahr. Im Jahre 2017 wurde die Immobilie mit Gewinn verkauft. Das Finanzamt ging wegen der zeitweise erfolgten Vermietung einzelner Zimmer des Hauses davon aus, dass durch die Veräußerung ein privates Veräußerungsgeschäft gemäß § 23 EStG zu berücksichtigen sei. Es ermittelte steuerpflichtige Einkünfte in Höhe von rund 34.000 Euro, wobei es die Fläche des Dachgeschosses ins Verhältnis zur gesamten Wohnfläche setzte. Dies war zutreffend - so der BFH.

Begründung: Die vorübergehende Vermietung einzelner Zimmer einer Wohnung schließt die "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ aus, soweit der Mieter die vermieteten Räume unter Ausschluss des Vermieters nutzt. Das heißt, die oben genannte erste Alternative wird nicht insgesamt ausgeschlossen, sondern nur soweit einzelne Räume durch fremde Dritte vorübergehend genutzt werden (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 Alt. Nr. 1 EStG). Der Tatbestand eines privaten Veräußerungsgeschäfts ist nicht erfüllt, soweit die Wohnung im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung ausschließlich, das heißt zeitlich durchgängig, zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden ist. Soweit das aber nicht der Fall war (vorübergehend fremdvermieteter Teil), liegt ein steuerbares privates Veräußerungsgeschäft vor. Die eingangs erwähnte Alternative Nr. 2 war im Urteilsfall nicht erfüllt, da eine Vermietung auch im Verkaufsjahr erfolgte.
gepostet: 11.05.2023
Fahrten zum Sammelpunkt: Wichtige Urteile für Bauarbeiter und Monteure
Bauarbeiter, Monteure und Angehörige ähnlicher Berufe fahren oft mit einem Fahrzeug ihres Arbeitgebers zur jeweiligen Baustelle oder zum Kunden, nachdem sie sich morgens an einem bestimmten Sammelpunkt getroffen haben. Die Fahrten zum Sammelpunkt dürfen nur mit der Entfernungspauschale steuerlich abgezogen werden. Das sind 30 Cent je Entfernungskilometer; ab dem 21. Entfernungskilometer erhöht sich die Pauschale auf 38 Cent. Es gibt aber durchaus Fälle, in denen die genannten Berufsgruppen die Fahrten zum Sammelpunkt statt mit der Entfernungspauschale nach Dienstreisegrundsätzen absetzen dürfen, also mit 30 Cent pro gefahrenem Kilometer (oder den tatsächlichen Kosten). Im Jahre 2021 hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die Fahrten zu einem Sammelpunkt mit 30 Cent pro gefahrenem Kilometer angesetzt werden dürfen, wenn die Sammelstelle nicht typischerweise arbeitstäglich aufgesucht wird (BFH-Urteil vom 19.4.2021, VI R 6/19). Im Urteilsfall war ein Baumaschinenführer häufig auch auf mehrtägigen Fernbaustellen eingesetzt. Nach Ansicht der Richter liegt dann kein typischerweise arbeitstägliches Aufsuchen des Sammelpunktes des Arbeitgebers mehr vor.

Kürzlich hat das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern entschieden, dass keine Fahrten zum Sammelpunkt vorliegen, wenn ein Möbelmonteur den betrieblichen Lkw nach der Arbeit jeweils am Straßenrand oder auf einem - wechselnden - öffentlichen Parkplatz abstellt, von dort mit dem eigenen Pkw nach Hause fährt und den Lkw am Morgen darauf wieder übernimmt (Urteil vom 1.9.2022, 2 K 104/19). Der Sachverhalt: Der Kläger war als Möbelmonteur angestellt. Für die Fahrten zu den Kunden nutzte er einen Lkw des Möbelhauses. Es wurde ihm vom Arbeitgeber aufgegeben, den Lkw nach der Arbeit "an jedem beliebigen Ort zwischen A und W abzustellen." Da es in der Region keinen öffentlichen Lkw-Parkplatz gab, hat der Monteur täglich eine neue Parkgelegenheit für das Fahrzeug gesucht. Es gab weder eine betriebseigene Sammelstelle noch eine Weisung des Arbeitgebers bezüglich einer "ersten Tätigkeitsstätte". Auch hielt sich der Kläger nie lange am Betriebssitz oder am Zentrallager des Arbeitgebers auf. Für die Fahrten von zuhause bis zu dem jeweiligen Lkw-Abstellplatz und wieder zurück beantragte der Monteur daher die Kilometerpauschale für Dienstreisen und nicht nur die Entfernungspauschale. Laut Finanzgericht war das zulässig. Begründung: Der Kläger ist keiner ortsfesten betrieblichen Einrichtung seines Arbeitgebers dauerhaft zugeordnet und hatte mithin keine erste Tätigkeitsstätte im Sinne von § 9 Abs. 4 EStG. Es fehlt auch an einer Anweisung des Arbeitgebers, arbeitstäglich einen festgelegten Ort aufzusuchen, um von dort aus die berufliche Tätigkeit zu beginnen. Der vom Kläger jeweils auszuwählende öffentliche Parkplatz gehört weder zum Bereich seines Arbeitgebers noch ist er mit einem Busdepot oder einem konkreten Sammelpunkt vergleichbar.
gepostet: 09.05.2023
GmbH: Einzelner Gesellschafter kann Höhe des Einlagekontos nicht anfechten
Auf dem steuerlichen Einlagekonto einer Kapitalgesellschaft werden insbesondere die Einlagen erfasst, die der Gesellschafter an seine Kapitalgesellschaft geleistet hat. Werden solche Einlagen später an den Gesellschafter aus dem Einlagekonto zurückgezahlt, dann muss der Gesellschafter diese Einlagenrückgewähr - anders als Gewinnausschüttungen - nicht versteuern. Der Bestand des steuerlichen Einlagekontos wird Jahr für Jahr mit einem besonderen Bescheid festgeschrieben (§ 27 Abs. 2 KStG). Dieser Bescheid richtet sich an die Kapitalgesellschaft. Der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft kann den Bescheid über den Bestand des steuerlichen Einlagekontos nicht eigenständig anfechten. Dies hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 21.12.2022 (I R 53/19) entschieden.

Im Streitfall war die Klägerin an einer GmbH beteiligt; sie hatte im Jahr 2007 eine hohe Einlage geleistet. Der Vorgang war irrtümlich nicht deklariert worden und der entsprechende Bescheid wurde bestandskräftig. Erst im Jahr 2018 legte die Klägerin Einspruch mit der Begründung ein, dass ohne Erfassung ihrer Einlage im Bescheid eine spätere steuerfreie Einlagenrückgewähr nicht möglich sei. Weder dieser Einspruch noch die nachfolgende Klage waren erfolgreich. Das Finanzgericht entschied, dass alleine die GmbH als Adressatin des Bescheids das Recht habe, diesen anzufechten. Der Bundesfinanzhof bestätigte diese Auffassung. Grundsätzlich kann ein Bescheid nur von den Adressaten angefochten werden. Das ist im Fall des Bescheids gemäß § 27 Abs. 2 KStG die Kapitalgesellschaft und allein sie kann deshalb Einspruch einlegen und Klage erheben. Der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft ist nicht Adressat, sondern als Dritter lediglich mittelbar von dem Bescheid betroffen. Ein eigenes Anfechtungsrecht des Gesellschafters ("Drittanfechtungsrecht") ist auch nicht ausnahmsweise anzuerkennen.

Praxistipp:
Bei der Einlagenrückgewähr durch eine GmbH oder eine andere Kapitalgesellschaft muss unbedingt eine Steuerbescheinigung mittels eines amtlichen Vordrucks ausgestellt und auch aufbewahrt werden (§ 27 Abs. 3 Satz 1 KStG). Der amtliche Vordruck kann nicht durch einen Überweisungsträger mit Angaben zur Einlagenrückgewähr ersetzt werden (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 3.5.2022, 8 K 8077/20). Zudem sind bei Auskehrungen aus dem steuerlichen Einlagekonto weitere Besonderheiten zu beachten. So mindern Leistungen der Kapitalgesellschaft das steuerliche Einlagekonto - unabhängig von ihrer handelsrechtlichen Einordnung - nur, soweit sie den auf den Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs ermittelten ausschüttbaren Gewinn übersteigen.

Praxistipp:
Das handelsrechtliche Pendant zum steuerlichen Einlagekonto ist die Kapitalrücklage. Zwar stimmen Einlagekonto und Kapitalrücklage der Höhe nach oft überein, doch es gibt aufgrund steuerlicher Besonderheiten viele Fälle, in denen die Bestände voneinander abweichen. Daher ist das steuerliche Einlagekonto gesondert zu ermitteln und festzustellen. Ihm kommt eine eigenständige Bedeutung zu.
gepostet: 07.05.2023
Instandhaltungsrücklage: Volle Grunderwerbsteuer, aber keine AfA
Beim Verkauf einer Eigentumswohnung erwirbt der Käufer das Guthaben, das in der Instandhaltungsrücklage der Eigentümergemeinschaft angesammelt worden ist, mit. Zugegebenermaßen ist dies nicht ganz korrekt ausgedrückt, denn rechtlich gehört die Instandhaltungsrücklage, auch als Erhaltungsrücklage oder Instandhaltungsrückstellung bekannt, zum Vermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft. Daher kann sie auch gar nicht "verkauft" werden. Nach früherer Auffassung wurde das Guthaben aus einer Instandhaltungsrücklage nicht in die grunderwerbsteuerliche Gegenleistung einbezogen. Doch dies ist nicht mehr aktuell. Der Bundesfinanzhof vertritt nunmehr die Auffassung, dass die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer nicht um die anteilige Instandhaltungsrückstellung zu mindern ist - und zwar selbst dann nicht, wenn die Rücklage im Kaufvertrag gesondert ausgewiesen wird (BFH-Urteil vom 16.9.2020, II R 49/17). Aufgrund der Rechtsänderung bei der Grunderwerbsteuer stellte sich die Frage, ob auch bei der Einkommensteuer Änderungen zu berücksichtigen sind. Doch das wird von der Oberfinanzdirektion Frankfurt/Main verneint (Verfügung vom 9.11.2022, S 2211 A - 12 - St 214). Für die Einkommensteuer gilt: Der bei Erwerb einer Eigentumswohnung im Kaufpreis enthaltene Anteil für das in der Erhaltungsrücklage angesammelte Guthaben gehört nicht zu den Anschaffungskosten der Eigentumswohnung. Zwar habe der BFH mit oben genanntem Urteil entschieden, dass der vereinbarte Kaufpreis als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer nicht um die anteilige Instandhaltungsrücklage zu mindern ist. Dieses Urteil ändere allerdings nicht die Behandlung der erworbenen anteiligen Erhaltungsrücklage im ertragsteuerlichen Sinn. Folge: Wird im Kaufvertrag nur ein einheitlicher Kaufpreis ausgewiesen, ist dieser für ertragsteuerliche Zwecke entsprechend aufzuteilen. Beim Erwerber ist sodann der um die erworbene anteilige Erhaltungsrücklage für die Eigentumswohnung gekürzte Kaufpreis in die Bemessungsgrundlage für die Absetzung für Abnutzung (AfA) einzubeziehen.

Praxistipp:
Auch der Grund-und-Boden-Anteil, der im Kaufpreis einer Eigentumswohnung enthalten ist, mindert die Bemessungsgrundlage für die AfA.
gepostet: 05.05.2023
Außergewöhnliche Belastung: Sind Kosten für ein Liegefahrrad abziehbar?
Menschen mit Behinderungen haben üblicherweise höhere Kosten aufzubringen als Menschen ohne Einschränkungen. Das betrifft auch allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens, deren Kosten von den gesetzlichen Krankenversicherungen nicht übernommen werden. Es ist leider nur wenig bekannt, dass Kosten für medizinische Hilfsmittel, die als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB V anzusehen sind, durchaus als außergewöhnliche Belastung - unter Anrechnung einer zumutbaren Eigenbelastung - abziehbar sein können. Voraussetzung ist allerdings, dass die Aufwendungen "zwangsläufig" entstanden sind. Und der Nachweis dieser Zwangsläufigkeit muss durch ein amtsärztliches Gutachten oder durch die ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung erbracht werden. Wichtig: Der Nachweis muss unbedingt vor Beginn der Heilmaßnahme oder dem Erwerb des medizinischen Hilfsmittels ausgestellt worden sein (§ 64 Abs. 1 Nr. 2e EStDV).

Ende 2021 hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg einem Steuerbürger den Kostenabzug für ein Liegefahrrad versagt, weil der oben genannte "qualifizierte Nachweis" nicht erbracht wurde (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 8.11.2021, 7 K 7157/20). Dem Urteil lässt sich aber durchaus entnehmen, dass Kosten für ein Liegefahrrad bzw. Liegedreirad grundsätzlich abzugsfähig sein können, wenn sie von den Sozialträgern nicht übernommen werden. Voraussetzung für den Abzug ist aber stets das rechtzeitig eingeholte amtsärztliche Gutachten oder die ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung. Ein nachträglich ausgestelltes Gutachten hilft leider nicht weiter.
gepostet: 03.05.2023
Betriebsprüfung: Bundesfinanzhof hegt Zweifel an der Richtsatzsammlung
Jahr für Jahr gibt das Bundesfinanzministerium die Richtsatzsammlung heraus, die für viele Branchen beispielsweise die gängigen Rohgewinnaufschläge auf den Waren- und Materialeinsatz auflistet. Die Richtsätze sollen der Finanzverwaltung Anhaltspunkte geben, um Umsätze und Gewinne der Gewerbetreibenden zu verproben. Tatsächlich dient die Richtsatzsammlung oftmals als Schätzungsgrundlage im Anschluss an Betriebsprüfungen, wenn der Prüfer Mängel in der Kassenführung oder Buchführung feststellt. Zumindest kommt es im Rahmen von Außenprüfungen zu Diskussionen, wenn zum Beispiel die Rohgewinnaufschläge des geprüften Betriebs weit unterhalb der Richtsätze laut Richtsatzsammlung liegen.

Schon seit einiger Zeit steht die Richtsatzsammlung der Finanzverwaltung in der Kritik, denn wie das zugrunde liegende Zahlenmaterial zusammengetragen wurde und ob es wirklich repräsentativ ist, ist für Außenstehende kaum nachvollziehbar. Nunmehr hat auch der Bundesfinanzhof Zweifel an der Richtsatzsammlung geäußert und daher in einem Verfahren, in dem es um die Hinzuschätzung von Umsätzen eines Diskothekenbetreibers geht, das Bundesfinanzministerium zur Stellungnahme aufgefordert, das heißt, das BMF muss dem Verfahren "beitreten", wie es in der Gerichtssprache heißt (BFH-Beschluss vom 14.12.2022, X R 19/21). Unklar erscheint dem BFH insbesondere,

- welche Einzeldaten mit welchem Gewicht in die Ermittlung der Richtsätze der jeweiligen Gewerbeklasse einfließen, wie die Repräsentativität der Daten sichergestellt wird und ob es Einzeldaten gibt, die von vornherein ausgeschlossen werden;

- ob die regional zum Teil erheblich unterschiedliche Höhe fixer Betriebskosten (insbesondere Raum- und Personalkosten) der Festlegung bundeseinheitlicher Richtsätze entgegensteht;

- weshalb die Ergebnisse von Außenprüfungen bei so genannten Verlustbetrieben unberücksichtigt bleiben, obwohl auch solche Betriebe grundsätzlich einen positiven Rohgewinnaufschlagsatz ausweisen;

- ob ganz oder teilweise erfolgreiche Rechtsbehelfe des Steuerpflichtigen gegen die auf eine Außenprüfung ergangenen Steuerbescheide Eingang in die Richtsatzsammlung finden.

Zudem stelle sich die Frage, wie dem Steuerpflichtigen ermöglicht werden kann, das Ergebnis einer Schätzung auf der Grundlage der amtlichen Richtsatzsammlung - insbesondere auch im Hinblick auf die spezifischen Daten, die dieser Sammlung zugrunde liegen - nachzuvollziehen und zu überprüfen.
gepostet: 01.05.2023
April 2023
Firmenwagen: Kostenschätzung bei der Fahrtenbuchmethode nicht erlaubt
Arbeitnehmer, die ihren Firmenwagen auch privat nutzen dürfen, müssen den Privatanteil versteuern, und zwar entweder nach der Ein-Prozent-Regelung oder nach der Fahrtenbuchmethode. Letztere ist allerdings mit einem hohen Aufwand verbunden. Nicht nur, dass die Fahrten detailliert aufgezeichnet werden müssen. Hinzu kommt auch, dass alle Kosten per Einzelnachweis zu belegen sind. Eine Schätzung von Aufwendungen kommt selbst dann nicht in Betracht, wenn der Arbeitgeber die Kosten seiner Dienstwagen nicht im Einzelnen erfasst hat und es dem Arbeitnehmer daher nahezu unmöglich ist, die Aufwendungen zu belegen. Ob es von dem Grundsatz, wirklich alle Kosten im Einzelnen belegen zu müssen, Ausnahmen gibt, musste nun der Bundesfinanzhof entscheiden. Seine klare Antwort: Es gibt keinerlei Ausnahmen. Eine Schätzung von belegmäßig nicht nachgewiesenen Aufwendungen - im Urteilsfall der Treibstoffkosten - schließt die Anwendung der Fahrtenbuchmethode aus (BFH-Urteil vom 15.12.2022, VI R 44/20).

Der Sachverhalt: Die Klägerin überließ zwei Arbeitnehmern firmeneigene Fahrzeuge, die diese auch privat nutzen durften. Beide Arbeitnehmer führten ordnungsgemäße Fahrtenbücher. Der Prüfer des Finanzamts stellte aber fest, dass zur Berechnung der tatsächlichen Treibstoffkosten geschätzte Werte hinsichtlich der Verbrauchswerte der Fahrzeuge und der Treibstoffpreise zugrunde gelegt worden waren. Der Grund hierfür war, dass die Betankung der Fahrzeuge an einer betrieblichen Zapfsäule ohne Anzeige der Mengenabgabe und des Preises erfolgt war. Daraufhin berechnete er den geldwerten Vorteil aus der privaten Nutzung der Firmenwagen pauschal nach der Ein-Prozent-Methode. Die hiergegen gerichtete Klage war zwar erfolgreich, doch der BFH gab der Revision des Finanzamts statt. Zur Begründung verweist der BFH auf den Gesetzeswortlaut: § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG setzt für die Fahrtenbuchmethode voraus, dass alle Kfz-Kosten durch Belege nachgewiesen werden.

Praxistipp:
Bei Dienstreisen, die mit dem privaten Pkw - also nicht mit dem Dienstwagen - unternommen werden, ist hingegen anerkannt, dass die Treibstoffkosten geschätzt werden dürfen. Das heißt: Statt die Dienstreisepauschale von 30 Cent/Km in Anspruch zu nehmen, kann der tatsächliche Kilometer-Kostensatz eines Fahrzeugs ermittelt werden. Und dabei dürfen die Treibstoffkosten anhand des durchschnittlichen Kraftstoffverbrauchs geschätzt werden (BFH-Urteil vom 7.4.1992, BStBl 1992 II S. 854).
gepostet: 29.04.2023
Behinderung: Kosten für Gartenumbau sind keine außergewöhnliche Belastung
Aufwendungen für einen behindertengerechten Umbau des zum selbst bewohnten Einfamilienhaus gehörenden Gartens sind keine außergewöhnlichen Belastungen. So hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 26.10.2022 (VI R 25/20) entschieden. Der Sachverhalt: Die Klägerin ist auf einen Rollstuhl angewiesen. Um die vor dem Haus gelegenen Pflanzenbeete weiter erreichen zu können, ließen sie und ihr Ehemann den Weg vor ihrem Haus in eine gepflasterte Fläche ausbauen und Hochbeete anlegen. Das Finanzamt berücksichtigte die geltend gemachten Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastungen. Dies war nach Ansicht der obersten Steuerrichter rechtens. Als außergewöhnliche Belastungen könnten Aufwendungen nur anerkannt werden, wenn sie dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen seien. Zwar sei die Umbaumaßnahme eine Folge der Verschlechterung des Gesundheitszustands der Klägerin gewesen. Gleichwohl seien die Aufwendungen nicht zwangsläufig entstanden. Denn sie seien nicht vornehmlich der Krankheit oder Behinderung geschuldet, sondern dienten in erster Linie dem Freizeitverhalten. Immerhin wurden die in den Umbaukosten enthalten Lohnaufwendungen als Handwerkerleistungen nach § 35a EStG anerkannt und waren folglich mit 20 Prozent, höchstens 1.200 Euro, von der Steuerschuld abzuziehen.
gepostet: 27.04.2023
Steuerbefreiung: Handy-Ankauf von Arbeitnehmern mit Rücküberlassung
Überlässt ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer ein betriebliches Mobiltelefon - auch - zur privaten Nutzung, so liegt hierin zwar ein geldwerter Vorteil, doch dieser ist nach § 3 Nr. 45 EStG steuerfrei. Das gilt auch für die Übernahme der Grundgebühr und der laufenden Kosten bzw. einer Flatrate durch den Arbeitgeber. Nun ist nicht jeder Arbeitgeber bereit, zunächst ein mehr oder weniger teures Mobiltelefon zu erwerben, das anschließend überlassen wird und so haben einige Arbeitgeber zu folgender Gestaltung gegriffen: Der Arbeitnehmer besitzt ein gebrauchtes Handy. Dieses verkauft er an seinen Arbeitgeber für 1 Euro. Der Arbeitgeber stellt das Mobiltelefon seinem Arbeitnehmer anschließend wieder zur Verfügung, und zwar auch zur privaten Nutzung. Die monatliche Grundgebühr und die Verbindungsentgelte des Arbeitnehmers werden nach dem Kauf vom Arbeitgeber übernommen. Die Kostenübernahme soll nach § 3 Nr. 45 EStG steuerfrei bleiben. Wenig überraschend steht die Finanzverwaltung einer solchen Gestaltung skeptisch gegenüber, so dass sie ihr die Anerkennung verweigert. Doch nun hat der Bundesfinanzhof das Steuermodell entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung in drei Fällen gebilligt (BFH-Urteile vom 23.11.2022, VI R 49/20, VI R 50/20, VI R 51/20).

Die Begründung: Gestaltungen zwischen nahestehenden Personen müssen zwar einem Fremdvergleich standhalten. Zwischen dem Arbeitgeber und seinen Arbeitnehmern bestand bei Abschluss der Verträge aber ein natürlicher Interessengegensatz. Ein Näheverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und seinen Arbeitnehmern ist folglich nicht anzunehmen, so dass die Kaufverträge über die Mobiltelefone gar nicht nach Fremdvergleichsgrundsätzen zu überprüfen sind. Die Verkäufe der Mobiltelefone - in den Urteilsfällen zu Kaufpreisen zwischen 1 Euro und 6 Euro - stellen auch keinen Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten dar. Es trifft zwar zu, dass die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 45 EStG nicht in Betracht gekommen wäre, wenn der Arbeitgeber lediglich die Telefongebühren ersetzt hätte, die Mobiltelefone also nicht zuvor angekauft hätte. Doch es steht es den Steuerpflichtigen frei, einen gesetzlich vorgesehenen Steuervorteil in Anspruch zu nehmen. Vereinfacht gesagt: Kein Steuerpflichtiger ist verpflichtet, einen Sachverhalt so zu gestalten, dass die steuerliche Folge dem Wunsch der Finanzverwaltung entspricht.

Praxistipp:
Wird die zu dem jeweiligen Mobilfunkvertrag gehörende SIM-Karte nicht in dem vom Arbeitgeber überlassenen Mobiltelefon verwendet, sondern in einem anderen Gerät, wird die Steuerfreiheit nicht gewährt. Das Modell muss im Übrigen wie vereinbart durchgeführt werden; es darf sich nicht um ein Scheingeschäft handeln.
gepostet: 25.04.2023
Kindergeld: Kein Anspruch während Vorbereitung zur Qualifikation als Fachärztin
Für ein Kind zwischen dem 18. und dem 25. Lebensjahr erhalten die Eltern Kindergeld, wenn es sich noch in der Berufsausbildung befindet. Allerdings gibt es eine wichtige Differenzierung zwischen Erst- und Zweitausbildung: Bei einer Erstausbildung wird das Kind ohne weitere Voraussetzungen berücksichtigt. Bei einer Zweitausbildung, also nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums, wird ein Kind hingegen nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Lediglich eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis sind unschädlich (§ 32 Abs. 4 Satz 2 u. 3 EStG).

Kürzlich hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass eine Facharztweiterbildung im Anschluss an das Medizinstudium lediglich eine Zweitausbildung darstellt. Die Erstausbildung des Kindes ende mit Abschluss des Medizinstudiums durch Ablegung der ärztlichen Prüfung, so dass während der Facharztweiterbildung kein Kindergeld gezahlt werden kann, zumal der Umfang der beruflichen Tätigkeit während der Weiterbildungszeit weit über 20 Stunden liegt (BFH-Urteil vom 22.9.2022, III R 40/21). Der Sachverhalt: Die Klägerin ist die Mutter einer im Mai 1997 geborenen Tochter, die im Dezember 2020 ihr Medizinstudium erfolgreich abschloss. Zum 1.1.2021 begann sie ihre mindestens 60 Monate umfassende Vorbereitungszeit zur Erlangung der Qualifikation als Fachärztin. Das hierzu mit einer Klinik abgeschlossene Dienstverhältnis umfasste eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 42 Stunden. Die Familienkasse gewährte bis zum voraussichtlichen Ende des Medizinstudiums Kindergeld, lehnte eine Weitergewährung des Kindergelds während der Vorbereitung auf die Facharztqualifikation jedoch mit der Begründung ab, dass es sich hierbei nicht mehr um eine Berufsausbildung handele. Das Finanzgericht wies die dagegen gerichtete Klage ab. Der BFH hielt die Revision der Klägerin für unbegründet. Im Streitfall habe der Erwerbscharakter den Ausbildungscharakter überwogen. Im Vergleich mit ihrer praktischen Tätigkeit als Ärztin hatte die theoretische Wissensvermittlung im Rahmen der Facharztausbildung einen deutlich geringeren Umfang. Zudem stand die Erbringung der Arbeitsleistung in der Klinik im Vordergrund und die Tochter erhielt auch keine bloße Ausbildungsvergütung, sondern ein für eine Ärztin angemessenes Entgelt.
gepostet: 23.04.2023
Gebäude-AfA: Anforderung an Gutachten zur Verkürzung des AfA-Zeitraums
Für die Absetzung für Abnutzung (AfA) von Gebäuden sieht der Gesetzgeber bestimmte Prozentsätze vor. Je nach Nutzung und Bauantrag oder Kaufdatum sind dies üblicherweise 2 %, 2,5 % oder 3 %, wenn keine Sonder-AfA infrage kommt. Der Gesetzgeber unterstellt dabei typisierend eine Nutzungsdauer des jeweiligen Gebäudes von 50, 40 oder 33 Jahren. Grundsätzlich ist es zwar zulässig, eine kürzere Nutzungsdauer und damit einen höheren AfA-Satz geltend zu machen. Allerdings verlangen die Finanzämter insoweit Nachweise, das heißt zumeist sehr detaillierte und aufwendige Gutachten (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG).

Zugunsten der betroffenen Hauseigentümer hat der Bundesfinanzhof im Jahre 2021 allerdings entschieden, dass an den Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer keine überhöhten Anforderungen zu stellen sind. Der Steuerpflichtige kann sich zur Darlegung der verkürzten tatsächlichen Nutzungsdauer jeder Darlegungsmethode bedienen, die im Einzelfall zur Führung des erforderlichen Nachweises geeignet erscheint. Die Vorlage eines Bausubstanzgutachtens ist jedenfalls nicht Voraussetzung für die Anerkennung einer verkürzten tatsächlichen Nutzungsdauer (BFH-Urteil vom 28.7.2021, IX R 25/19). Kurz darauf hat das Finanzgericht Münster in ähnlicher Weise entschieden (Urteil vom 27.1.2022, 1 K 1741/18 E).

In einem aktuellen Schreiben stellt das Bundesfinanzministerium nun dar, welche Anforderungen an ein Gutachten zur Verkürzung des AfA-Zeitraums zu stellen sind. Und wie zu erwarten war, legt das BMF die Hürden doch wieder hoch (BMF-Schreiben vom 22.2.2023, IV C 3 - S 2196/22/10006: 005). Danach gilt unter anderem: Der Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer ist durch Vorlage eines Gutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken oder von Personen, die von einer nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Stelle als Sachverständige oder Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken nach entsprechender Norm zertifiziert worden sind, zu erbringen. Die bloße Übernahme einer Restnutzungsdauer aus einem Verkehrswertgutachten ist nicht als Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer geeignet. Die Restnutzungsdauer und die Gesamtnutzungsdauer nach der Immobilienwertverordnung (ImmoWertV) entsprechen nicht der tatsächlichen Gesamt- bzw. Restnutzungsdauer eines einzelnen Gebäudes, sondern sind Modellansätze, die nur im Gesamtkontext einer Verkehrswertermittlung zu sachgerechten Ergebnissen führen.

Drei Faktoren können für eine kürzere Nutzungsdauer eines Gebäudes sprechen: der technische Verschleiß, die wirtschaftliche Entwertung sowie rechtliche Gegebenheiten, welche die Nutzungsdauer begrenzen können. Die Absicht, ein zunächst noch genutztes Gebäude abzubrechen oder zu veräußern, rechtfertigt es übrigens nicht, eine kürzere Nutzungsdauer des Gebäudes zugrunde zu legen. Eine Verkürzung der Nutzungsdauer kann erst angenommen werden, wenn die Vorbereitungen zum Gebäudeabbruch soweit gediehen sind, dass die weitere Nutzung in der bisherigen oder einer anderen Weise so gut wie ausgeschlossen ist.

Praxistipp:
Für bestimmte betrieblich genutzte Gebäude (z.B. Hallen in Leichtbauweise oder bei Ställen und Schuppen) kann sich jeweils in Abhängigkeit von der Bauart, der Bauweise und der Nutzung bereits aus den amtlichen AfA-Tabellen eine kürzere Nutzungsdauer ergeben. Berufen sich die Steuerpflichtigen auf die in den AfA-Tabellen enthaltenen Richtwerte, sind diese anzusetzen.

Praxistipp:
Es ist zu beachten, dass die Kosten eines Gutachters vom Steuerpflichtigen zu tragen sind. Eine Erstattung kommt - wenn überhaupt - allenfalls in einem Klageverfahren in Betracht.
gepostet: 21.04.2023
Direktversicherung: Nutzung der Vervielfältigungsregelung bei Abfindungen
Arbeitnehmer, die aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden und eine Abfindung erhalten, fragen oft, ob es eine Möglichkeit gibt, die Steuerlast auf diese Abfindung ein Stück weit zu senken. Eine dieser Möglichkeiten ist die Einzahlung in eine Direktversicherung unter Nutzung der so genannten Vervielfältigungsregelung (§ 3 Nr. 63 EStG; § 40b EStG). Dabei gelten unterschiedliche Steuerregeln für Alt- und Neuverträge.

Wurde die Direktversicherung vor dem 1.1.2005 abgeschlossen, kann bei Beendigung des Dienstverhältnisses für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit ein Betrag von 1.752 Euro in die Direktversicherung eingezahlt und pauschal besteuert werden. Der so vervielfältigte Betrag vermindert sich um die pauschal versteuerten Versicherungsbeiträge, die im laufenden Jahr und in den vorangegangenen sechs Jahren in die Direktversicherung bereits eingezahlt wurden (§ 52 Abs. 52a EStG). Die Vervielfältigungsregel muss im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses stehen. Um die Vervielfältigungsregel nach altem Recht nutzen zu können, muss vor 2018 mindestens ein Beitrag mit 20 Prozent pauschal besteuert worden sein.

Bei neueren Verträgen mit Vertragsabschluss seit dem 1.1.2005 gilt: Aus Anlass der Beendigung des Dienstverhältnisses geleistete Beiträge sind steuerfrei, soweit sie 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung, vervielfältigt mit der Anzahl der Kalenderjahre, in denen das Dienstverhältnis bestanden hat, höchstens jedoch zehn Kalenderjahre, nicht übersteigen.

Aber wann ist ein Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegeben? Bislang gilt: Ein Zusammenhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses ist insbesondere dann zu vermuten, wenn der Beitrag innerhalb von drei Monaten vor dem Beendigungs-/Auflösungszeitpunkt geleistet wird. Ohne zeitliche Beschränkung kann die Vervielfältigungsregel auch nach dem Ausscheiden genutzt werden, sofern die Umwandlung von Arbeitslohn vor bzw. exakt mit dem Ausscheiden vereinbart wird (BMF-Schreiben vom 12.8.2021, BStBl 2021 I S. 1050; R 40b.1 Abs. 11 LStR). Doch zum 1. Januar wurden die Lohnsteuerrichtlinien in R 40b.1 Abs. 11 LStR geändert. Für die Altfälle, also bei Vertragsabschluss vor dem 1.1.2005, gilt nun:

Die Vervielfältigung der Pauschalierungsgrenze kann nach § 40b Abs. 2 Satz 3 EStG erfolgen, wenn sie im sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses steht; ein solcher Zusammenhang ist insbesondere dann zu vermuten, wenn der Direktversicherungsbeitrag innerhalb von zwölf Monaten vor dem Auflösungszeitpunkt geleistet wird.

Nach Auflösung des Dienstverhältnisses kann sie ohne zeitliche Beschränkung angewendet werden, wenn sie im sachlichen Zusammenhang mit der Auflösung des Dienstverhältnisses steht. Das bedeutet: Die Umwidmung einer Abfindung, eventuell auch einer nachträglich gewährten Tantieme, zwecks Einmalzahlung in eine Direktversicherung kann auch noch nach der Vereinbarung über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses erfolgen.

Praxistipp:
Bei Vertragsabschlüssen ab dem 1.1.2005 bleibt es (noch) bei der Drei-Monats-Frist. Das entsprechende BMF-Schreiben ist noch nicht geändert worden. Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass das Gesagte nicht nur für Einzahlungen in eine Direktversicherung, sondern auch für Einzahlungen in eine Pensionskasse gilt.
gepostet: 19.04.2023
Trennung und Scheidung: Wohnungsüberlassung gilt als Unterhaltsleistung
Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder getrennt lebenden Ehegatten können bis zu 13.805 Euro als Sonderausgaben abgesetzt werden, sofern der Empfänger hierzu seine Zustimmung erteilt. Im Gegenzug muss der Empfänger den gleichen Betrag als sonstige Einkünfte versteuern. Dieses Verfahren ist unter dem Namen Realsplitting bekannt. Als Unterhaltsleistungen gelten auch Sachleistungen, insbesondere der Wert der dem Ex-Partner überlassenen Wohnung. Wird dem Ex-Gatten die Wohnung "ohne Miete" aufgrund einer Unterhaltsvereinbarung überlassen und vermindert sich dadurch die Barunterhaltsverpflichtung, wird dies im Rahmen des Realsplittings berücksichtigt (BFH-Urteil vom 12.4.2000, XI R 127/96). Fraglich war bislang, in welcher Höhe die Wohnungsüberlassung beim Sonderausgabenabzug anzusetzen ist. Hierzu hat der Bundesfinanzhof nun wie folgt Stellung genommen:

Bei einer unentgeltlichen Nutzungsüberlassung handelt es sich um Naturalunterhalt, der in Höhe der ortsüblichen Miete beim Realsplitting berücksichtigt werden kann. Die ortsübliche Miete ist auch dann anzusetzen, wenn die Parteien unterhaltsrechtlich einen betragsmäßig geringeren Wohnvorteil vereinbart haben (BFH-Urteil vom 29.6.2022, X R 33/20). Allerdings nimmt der BFH auch eine wichtige Differenzierung vor.

Der Sachverhalt: In der Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung wurde ein Barunterhalt in Höhe von 600 Euro pro Monat bestimmt. Zudem wurde Folgendes geregelt: Solange die Ehefrau noch in der ehemals gemeinsamen Familienwohnung lebt, wird ein Anteil von 400 Euro als Wohnvorteil der Ehefrau bewertet und mithin nur ein Betrag in Höhe von 200 Euro an die Ehefrau vom Ehemann ausgezahlt. Im Rahmen der Steuererklärung legte der Mann jedoch dar, dass der Mietwert ca. 800 Euro beträgt. Demnach machte er anstatt 7.200 Euro ca. 12.000 Euro als Sonderausgaben geltend. Finanzamt und Finanzgericht lehnten diesen höheren Betrag ab, doch der BFH gab dem Steuerzahler zumindest dem Grunde nach Recht.

Eine Naturalunterhaltsleistung ist im Rahmen des Realsplittings auch dann mit dem objektiven Wert, hier mit dem ortsüblichen Mietzins, anzusetzen, wenn die Parteien in einer Unterhaltsvereinbarung subjektiv einen geringeren Betrag zugrunde gelegt haben. Allerdings macht der BFH folgende Einschränkung: Sofern die gemeinsamen Kinder weiter in der überlassenen Wohnung verbleiben, bleibt der auf sie entfallende Wohnvorteil bei den abziehbaren Unterhaltsleistungen außer Betracht. Zudem ist folgende Besonderheit zu beachten: Die Überlassung einer Wohnung an den geschiedenen oder dauerhaft getrennt lebenden Ehegatten kann auch auf einem entgeltlichen Rechtsverhältnis beruhen, also ein "echtes" Mietverhältnis darstellen. Dieses unterfällt nicht dem Realsplitting, sondern ist - wie bei einer Vermietung an Fremde - bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu würdigen.

Praxistipp:
Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarungen können ungeahnte steuerliche Folgen auslösen, insbesondere wenn es auch um die Übertragung von Immobilien geht. So wird zuweilen übersehen, dass die Übertragung eines Grundstücks oder Grundstücksteils im Zuge einer Scheidung ein steuerpflichtiges Spekulationsgeschäft auslösen kann. Bitte benachrichtigen Sie uns daher frühzeitig, wenn Sie entsprechende Vereinbarungen treffen möchten.
gepostet: 17.04.2023
Organschaft: Gewinnabführungsvertrag unbedingt tatsächlich durchführen
Im Bereich der Körperschaft- und Gewerbesteuer sind häufig so genannte Organschaften erwünscht. Dabei wird eine Tochtergesellschaft, die Organgesellschaft, in das Mutterunterunternehmen, den Organträger, in steuerlicher Hinsicht eingegliedert. Der Vorteil einer solchen Organschaft liegt darin, dass im Ergebnis mehrere Gesellschaften als einziges Steuersubjekt behandelt werden und Verluste im Organkreis ausgeglichen werden können. Während Organschaften im Bereich der Umsatzsteuer bereits durch die tatsächlichen Verhältnisse, das heißt durch die finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung entstehen können, bedarf es für ertragsteuerliche Zwecke neben einer finanziellen Eingliederung auch eines Gewinn- bzw. Ergebnisabführungsvertrages. Der Gewinnabführungsvertrag muss auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen und während seiner gesamten Geltungsdauer durchgeführt werden.

Wichtig ist, dass die Regelungen des Gewinnabführungsvertrages tatsächlich - zeitnah - vollzogen werden. Dies bedeutet unter anderem, dass die ermittelten Gewinne entweder durch Zahlung oder aber durch eine zur Anspruchserfüllung führende und der tatsächlichen Zahlung gleich stehende Aufrechnung abgeführt werden. Zur tatsächlichen Durchführung reicht der Verbindlichkeitsausweis in der Bilanz der Organgesellschaft allein nicht aus; die Organgesellschaft muss diese Verbindlichkeit auch zeitnah erfüllen. Wird der Gewinnabführungsvertrag nicht durchgeführt, so wird die körperschaftsteuerliche Organschaft nicht anerkannt.

In einem aktuellen Urteil ist das Finanzgericht Köln der Ansicht der Finanzverwaltung gefolgt, wonach ein Gewinnabführungsvertrag nur dann tatsächlich durchgeführt wird, wenn die durch den Vertrag begründeten Verpflichtungen innerhalb angemessener Zeit beglichen werden. Eine bloße Verbuchung auf dem Verrechnungskonto hat im Streitfall nicht ausgereicht, um die formellen Voraussetzungen des Gewinnabführungsvertrages zu erfüllen (FG Köln, Urteil vom 21.6.2022, 10 K 1406/18).
gepostet: 15.04.2023
Kryptowährungen: Private Veräußerungsgewinne sind steuerpflichtig
Die Frage, wie Geschäfte rund um Bitcoins und anderen Kryptowährungen steuerlich zu beurteilen sind, beschäftigt seit Jahren die Finanzverwaltung und die Finanzgerichte. Nunmehr hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass Veräußerungsgewinne, die ein Steuerpflichtiger innerhalb eines Jahres aus dem Verkauf oder dem Tausch von Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum und Monero erzielt, der Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft unterfallen (BFH-Urteil vom 14.2.2023, IX R 3/22).

Im Streitfall hatte der Kläger verschiedene Kryptowährungen erworben, getauscht und wieder veräußert. Im Streitjahr 2017 erzielte er daraus einen Gewinn in Höhe von insgesamt 3,4 Mio. Euro. Mit dem Finanzamt kam es zum Streit darüber, ob der Gewinn aus der Veräußerung und dem Tausch von Kryptowährungen der Einkommensteuer unterliegt. Der BFH hat die Steuerpflicht der Veräußerungsgewinne bejaht. Bei Kryptowährungen handele es sich um Wirtschaftsgüter, die bei einer Anschaffung und Veräußerung innerhalb eines Jahres der Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft ("Spekulationsgeschäft") nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG unterfallen.

Virtuelle Währungen stellen nach Auffassung des BFH ein "anderes Wirtschaftsgut" i.S. von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG dar. Der Begriff des Wirtschaftsguts sei weit zu fassen. Er umfasse neben Sachen und Rechten auch tatsächliche Zustände sowie konkrete Möglichkeiten und Vorteile, deren Erlangung sich ein Steuerpflichtiger etwas kosten lässt und die nach der Verkehrsauffassung einer gesonderten selbständigen Bewertung zugänglich sind. Diese Voraussetzungen seien bei virtuellen Währungen gegeben. Bitcoin, Ethereum und Monero seien wirtschaftlich betrachtet als Zahlungsmittel anzusehen. Sie werden auf Handelsplattformen und Börsen gehandelt, haben einen Kurswert und können für direkt zwischen Beteiligten abzuwickelnde Zahlungsvorgänge Verwendung finden. Die Besteuerung sei auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Ein so genanntes strukturelles Vollzugsdefizit, das einer Besteuerung entgegensteht, liege nicht vor (Quelle: Mitteilung des BFH vom 28.2.2023).

Praxistipp:
Bei Privatpersonen ist der Verkauf von erworbenen Bitcoin etc. nach einem Jahr steuerfrei. Die Frist verlängert sich auch dann nicht auf zehn Jahre, wenn etwa Bitcoins zuvor für "Lending" genutzt wurden oder die Steuerbürger beispielsweise Ether einem anderen für dessen Blockerstellung als "Stake" zur Verfügung gestellt haben (BMF-Schreiben vom 10.5.2022, BStBl 2022 I S. 668). Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass Vorgänge im Zusammenhang mit virtuellen Währungen aber auch dem Betriebsvermögen zuzuordnen sein können und dann andere Regeln gelten. Maßgebend für eine Zuordnung zum Betriebsvermögen ist unter anderem, ob eine Tätigkeit nachhaltig, also mit einer gewissen Intensität, ausgeübt wird. So ist die Blockerstellung nachhaltig, wenn sie auf Wiederholung angelegt ist.
gepostet: 13.04.2023
Gruppenkrankenversicherung: Unschädliche Vorauszahlung von Beiträgen?
Wenn Arbeitgeber für ihre Mitarbeiter eine Gruppenkrankenversicherung abschließen, die beispielsweise Zusatzleistungen wie Zahnbehandlung und Zahnersatz absichert, ist der Vorteil für die Arbeitnehmer steuerfrei, wenn bestimmte Voraussetzungen eingehalten werden. So darf der Beitrag je Arbeitnehmer im Durchschnitt nicht mehr als 50 Euro (früher 44 Euro) im Monat betragen. Bei dem Betrag von 50 Euro handelt es sich um eine Freigrenze, nicht um einen Freibetrag. Zudem darf der jeweilige Arbeitnehmer vom Arbeitgeber nur den Versicherungsschutz selbst, nicht aber die Auszahlung des entsprechenden Wertes verlangen (BFH-Urteil vom 7.6.2018, BStBl 2019 II S. 371).

Ein vom Arbeitgeber gewährter Vorteil bleibt nur dann steuerfrei, wenn er tatsächlich monatlich bis zur Höhe der Freigrenze gewährt wird. Besser ausgedrückt: Wird dem Arbeitnehmer zum Beispiel gleich im Januar ein Vorteil im Wert von 600 Euro gewährt, so darf dieser nicht rechnerisch auf zwölf Monate verteilt werden, sondern muss - da er 50 Euro übersteigt - im Januar voll versteuert werden. Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat die Vorauszahlung von Beiträgen zu einer Gruppenkrankenversicherung allerdings für die 50-Euro-Grenze bzw. für die damalige 44-Euro-Grenze als unschädlich betrachtet (Urteil vom 21.10.2022, 10 K 262/22).

Der Sachverhalt: Ein Arbeitgeber hat eine betriebliche Gruppenversicherung für seine Arbeitnehmer abgeschlossen. Versichert wurden Zusatzleistungen zur Krankenversicherung wie Vorsorge, Reise, Zahnbehandlung, Zahnersatz. Ein Wahlrecht der Arbeitnehmer zwischen Versicherungsleistung und Geldzahlung war nicht vorgesehen. Nach den Versicherungsbedingungen müssen die Beiträge als laufende Monatsbeiträge gezahlt werden. Der Arbeitgeber leistete die Beiträge dennoch jährlich als Einmalzahlung. Sie beliefen sich je Arbeitnehmer auf Beträge zwischen 99,19 Euro und 432,92 Euro. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Beitragszahlung zum Zufluss von Barlohn für die Arbeitnehmer führe und die damalige 44-Euro-Freigrenze für Sachbezüge deshalb nicht anwendbar sei. Die hiergegen gerichtete Klage war erfolgreich. Begründung: Für die Berechnung, ob die monatliche Freigrenze eingehalten ist, ist der Zuflusszeitpunkt des Sachbezugs maßgeblich. Für den Zufluss von Arbeitslohn kommt es aber nicht auf das Innehaben von Ansprüchen (gegen den Arbeitgeber), sondern auf die Erfüllung dieser Ansprüche an. Zuflusszeitpunkt ist der Tag, an dem der Arbeitnehmer durch die Erfüllung seines Anspruchs die wirtschaftliche Verfügungsmacht erlangt. Diese erlangten die Arbeitnehmer jeweils erst mit der monatlichen Gewährung des Versicherungsschutzes. Mit der jährlichen Vorauszahlung der Beiträge war den Arbeitnehmern der Sachbezug "Versicherungsschutz” bei wirtschaftlicher Betrachtung noch nicht zugeflossen.

Praxistipp: In dem aktuellen Verfahren wurde die Revision zugelassen. Ob diese tatsächlich eingelegt worden ist, ist leider noch nicht bekannt. Wer Streitigkeiten mit dem Finanzamt aus dem Wege gehen möchte, sollte - jedenfalls bis zu einer eventuellen Entscheidung des Bundesfinanzhofs - hohe Beitragsvorauszahlungen besser vermeiden.
gepostet: 11.04.2023
Doppelte Haushaltsführung: Stellplatz fällt nicht unter die 1.000-Euro-Grenze
Wer aus beruflichen Gründen einen zweiten Haushalt am Arbeitsort führt, darf die Kosten der doppelten Haushaltsführung steuerlich geltend machen. Die Kosten der zweiten Unterkunft können mit den tatsächlichen Aufwendungen angesetzt werden, höchstens aber mit 1.000 Euro im Monat. Zu den abzugsfähigen Kosten gehören auch Ausgaben für die Anschaffung von notwendigen Einrichtungsgegenständen und Hausrat. Dabei sind solche Aufwendungen selbst dann abziehbar, wenn der Höchstbetrag von monatlich 1.000 Euro für die Wohnungsnutzung, also für die Miete, bereits ausgeschöpft ist. Dies hatte der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 4.4.2019 (VI R 18/17) entschieden.

Im Jahre 2020 hat das Finanzgericht des Saarlandes darüber hinaus entschieden, dass auch die Kosten für einen angemieteten Stellplatz oder für eine Garage nicht zu den Unterkunftskosten gehören und damit ebenfalls nicht unter die 1.000-Euro-Grenze fallen. Sie sind damit auch dann abziehbar, wenn bereits die Miete für die Wohnung so hoch ist, dass die Grenze überschritten wird (Gerichtsbescheid vom 20.5.2020, 2 K 1251/17). Diese Entscheidung ist rechtskräftig, obwohl die Revision ausdrücklich zugelassen wurde. Nunmehr hat auch das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern geurteilt, dass Aufwendungen für einen - separat von der Wohnung angemieteten - Pkw-Stellplatz nicht zu den Unterkunftskosten gehören. Sie werden nicht von der 1.000-Euro-Grenze erfasst. Die Kosten sind auch nicht mit der Pendlerpauschale für das Kfz abgegolten, sondern gelten als "sonstige", nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG abziehbare Mehraufwendungen der doppelten Haushaltsführung (Urteil vom 21.9.2022, 3 K 48/22). Die Entscheidung ist ebenfalls rechtskräftig.

Praxistipp:
Die Kosten für Heizung und Warmwasser fallen nach Ansicht des FG Mecklenburg-Vorpommern ebenfalls nicht unter die 1.000 Euro-Grenze und sind im Rahmen einer - steuerlich anerkannten - doppelten Haushaltsführung folglich voll abziehbar. Ob die Finanzverwaltung dies genauso sieht, ist allerdings fraglich.
gepostet: 09.04.2023
Erdbeben Türkei und Syrien: Steuermaßnahmen bei Unterstützungsleistungen
Das verheerende Erdbeben in der Türkei und in Syrien im Februar 2023 hat enormes menschliches Leid und massive Schäden an der Infrastruktur verursacht. Um Unterstützungsmaßnahmen zu fördern, hat das Bundesfinanzministerium einen so genannten Katastrophenerlass herausgegeben. Er gilt für Unterstützungsmaßnahmen, die vom 6. Februar 2023 bis zum 31. Dezember 2023 durchgeführt werden (BMF-Schreiben vom 27.2.2023, IV C 4 - S 2223/19/10003 :019). Unter anderem wird geregelt, dass für Spenden ein vereinfachter Zuwendungsnachweis gilt. Statt einer sonst üblichen Zuwendungsbestätigung genügt als Nachweis der Zuwendungen der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung eines Kreditinstitutes (z.B. der Kontoauszug, Lastschrifteinzugsbeleg oder der PC-Ausdruck bei Online-Banking). Der vereinfachte Nachweis genügt für Spenden, die bis zum 31. Dezember 2023 auf spezielle Sonderkonten eingezahlt werden, und zwar bei einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts, einer inländischen öffentlichen Dienststelle oder eines inländischen amtlich anerkannten Verbandes der freien Wohlfahrtspflege einschließlich seiner Mitgliedsorganisationen. Weitere Regelungen betreffen Maßnahmen von steuerbegünstigten Körperschaften für durch das Erdbeben geschädigte Personen, die steuerliche Behandlung von Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen, lohnsteuerliche Fragen bei der Unterstützung von Arbeitnehmern und Arbeitslohnspenden, den Verzicht auf Aufsichtsratsvergütungen sowie schenkungsteuerliche Befreiungen bei Zuwendungen an hilfsbedürftige Personen.

Beispielsweise soll der Betriebsausgabenabzug bei Unterstützungsleistungen aus dem Betriebsvermögen heraus nicht behindert werden. So verfügt das BMF: Wendet der Steuerpflichtige bis zum 31. Dezember 2023 seinen von dem Erdbeben geschädigten Geschäftspartnern zum Zwecke der Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehungen in angemessenem Umfang unentgeltlich Leistungen aus seinem inländischen Betriebsvermögen zu, sind die Aufwendungen in voller Höhe als Betriebsausgaben abziehbar. Und weiter: Unter allgemeinen Billigkeitserwägungen ist die Zuwendung von Wirtschaftsgütern oder sonstigen betrieblichen Nutzungen und Leistungen (nicht hingegen Geld) des Steuerpflichtigen aus einem inländischen Betriebsvermögen an durch das Erdbeben Geschädigte oder mit der Bewältigung des Erdbebens befasste Betriebe oder Einrichtungen (einschließlich der juristischen Personen des öffentlichen Rechts) als Betriebsausgabe zu behandeln.

Darüber hinaus gilt im Bereich der Umsatzsteuer: Bei der unentgeltlichen Bereitstellung von Gegenständen und Personal für humanitäre Zwecke durch Unternehmen an Einrichtungen, die einen unverzichtbaren Einsatz zur Bewältigung der Auswirkungen und Folgen bei den von dem Erdbeben Geschädigten leisten, wie insbesondere Hilfsorganisationen, Einrichtungen für geflüchtete Menschen und zur Versorgung Verletzter sowie weitere öffentliche Institutionen, wird von der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe im Billigkeitswege abgesehen. Beabsichtigt ein Unternehmer bereits beim Leistungsbezug, die Leistungen ausschließlich und unmittelbar für die genannten Zwecke zu verwenden, sind die entsprechenden Vorsteuerbeträge im Billigkeitswege abziehbar, sofern ansonsten die allgemeinen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs erfüllt sind, also insbesondere eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt. Die folgende unentgeltliche Wertabgabe wird im Billigkeitswege nicht besteuert.
gepostet: 07.04.2023
Spekulationsgeschäft: Teilverkauf des Gartens kann Steuerpflicht auslösen
Wer eine Immobilie innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb wieder verkauft, muss einen eventuellen Veräußerungsgewinn versteuern. Steuerfrei bleibt - unter bestimmten Voraussetzungen - nur der Verkauf des selbstgenutzten Eigenheims. Was aber gilt, wenn lediglich ein Teil des Grundstücks, auf dem sich das Eigenheim befindet, verkauft wird und das Haus mitsamt des Restgrundstücks weiter selbst genutzt wird? Das Niedersächsische Finanzgericht hat entschieden, dass der Teilverkauf eines Grundstücks, hier eines Gartenteils, die so genannte Spekulationsbesteuerung auslöst (Urteil vom 20.7.2022, 4 K 88/21). Der Sachverhalt: Eheleute erwarben in 2014 ein Einfamilienhaus mitsamt eines sehr großen Grundstücks. Als im Jahre 2018 in der Nachbarschaft gebaut wurde, erkannten die Eheleute, dass auf ihrem Grundstück noch ein weiteres Gebäude errichtet werden könnte. Daraufhin veranlassten sie die Teilung des Grundstücks und veräußerten in 2019 eine Parzelle. Dem Finanzamt gegenüber erläuterten sie, dass sie lediglich einen Teil ihres Gartens des von ihnen selbst genutzten Grundstücks veräußert hätten. Das von ihnen in 2014 angeschaffte Grundstück in dem kleinen Dorf sei von ortsüblicher Größe gewesen. Das Finanzamt und nun auch das Finanzgericht waren dennoch der Auffassung, dass ein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft (§§ 22, 23 EStG) vorgelegen habe. Dies sei auch dann gegeben, wenn das restliche Grundstück weiterhin zu eigenen Wohnzwecken genutzt werde.

Begründung: Der Verkauf eines zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäudes ist steuerfrei, und zwar inklusive des dazugehörigen Grund und Bodens. Im Streitfall diente das verkaufte Flurstück aber nicht mehr eigenen Wohnzwecken. Mit der Grundstücksteilung und der Bildung des neuen Flurstücks zum Zwecke des Verkaufs war der Zusammenhang mit dem weiterhin zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäude aufgehoben. Der Grund und Boden gehörte nicht mehr zum eigengenutzten Gebäude und konnte daher auch nicht länger zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden.

Praxistipp:
Es wurde die Revision zugelassen. Die Frage, ob eine Parzellierung einer zuvor erworbenen Grundstückfläche und deren Weiterverkauf innerhalb des zehnjährigen Veräußerungszeitraums wegen der Weiternutzung des erworbenen Gebäudes zu eigenen Wohnzwecken zu einem Veräußerungsgeschäft i.S.v. § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG führt, habe grundsätzliche Bedeutung. Die Revision ist beim Bundesfinanzhof anhängig unter dem Az. IX R 14/22.
gepostet: 05.04.2023
Infektionsschutzgesetz: Keine Lohnsteuer-Nachforderung in Bagatellfällen
Insbesondere im Erstjahr der Corona-Pandemie wurden viele Arbeitnehmer in Quarantäne geschickt, ohne selbst krank gewesen zu sein. Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) sieht in § 56 eine Verdienstausfallentschädigung für diese Fälle vor. Den Verdienstausfall zahlt zunächst der Arbeitgeber. Die Leistung wird dem Arbeitgeber aber auf Antrag von der Entschädigungsbehörde erstattet. Das Bundesfinanzministerium hat nun zu steuerlichen Fragen rund um die Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz Stellung genommen und dabei eine erfreuliche Nichtbeanstandungsgrenze eingeführt (BMF-Schreiben vom 25.1.2023, IV C 5 - S 2342/20/10008 :003). Danach gilt unter anderem:

Die Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz ist steuerfrei (§ 3 Nr. 25 EStG), unterliegt aber dem Progressionsvorbehalt. Stellt der Arbeitgeber im Nachhinein fest, dass seine ursprüngliche Behandlung der Lohnzahlung/Verdienstausfallentschädigung (Lohnversteuerung bzw. Steuerfreistellung) unzutreffend war, ist er verpflichtet, zu viel erhobene Lohnsteuer bei der nächsten Lohnzahlung zu erstatten bzw. noch nicht erhobene Lohnsteuer bei der nächsten Lohnzahlung einzubehalten. Eine Änderung des Lohnsteuerabzugs ist aber nur bis zur Übermittlung bzw. bis zum Ausstellen der Lohnsteuerbescheinigung zulässig. Wurde die elektronische Lohnsteuerbescheinigung vom Arbeitgeber bereits an die Finanzverwaltung übermittelt, ist eine Änderung des Lohnsteuerabzugs nicht mehr möglich (§ 41c Abs. 3 EStG). Die elektronische Lohnsteuerbescheinigung und die Lohnsteuer-Anmeldung dürfen nicht berichtigt werden.

Zahlt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer Arbeitslohn, der zunächst versteuert wird, und erhält der Arbeitgeber später auf seinen Antrag hin von der Entschädigungsbehörde eine Erstattung nach § 56 IfSG, so liegt insoweit eine unzutreffende Lohnversteuerung zuungunsten des Arbeitnehmers vor. Im Falle der unzutreffenden Lohnversteuerung unterliegt der Arbeitgeber in der Regel aber keiner lohnsteuerlichen Mitteilungspflicht gegenüber dem Betriebsstätten-Finanzamt. Der Arbeitnehmer kann seinen Anspruch auf Erstattung der vom Arbeitgeber zu Unrecht einbehaltenen Lohnsteuer daher (nur) im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung geltend machen.

Geht der Arbeitgeber zunächst davon aus, dass eine Zahlung an den Arbeitnehmer als Verdienstausfallentschädigung nach dem IfSG steuerfrei ist und wird der Erstattungsantrag des Arbeitgebers später von der Entschädigungsbehörde abgelehnt oder ein niedrigerer Betrag als beantragt erstattet, hat der Arbeitgeber die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig einbehalten. Grundsätzlich sollte der Arbeitgeber eine zu viel gezahlte Verdienstausfallentschädigung zwar vom Arbeitnehmer zurückfordern und die Lohnsteuerbescheinigung entsprechend ändern, doch wenn zwischen Antragstellung und späterer Ablehnung der Entschädigung viele Monate vergangen sind, wird das nicht möglich sein.

Kommt eine Berichtigung der Lohnsteuer(-bescheinigung) durch den Arbeitgeber nicht infrage, muss er dem Betriebsstätten-Finanzamt den nicht vorgenommenen Lohnsteuerabzug anzeigen. Das Betriebsstätten-Finanzamt fordert die zu wenig erhobene Lohnsteuer beim Arbeitnehmer nach (Nachforderungsbescheid). Die nachgeforderte Lohnsteuer wird dann bei der Einkommensteuerveranlagung des Arbeitnehmers auf die Einkommensteuer angerechnet. Wahlweise kann das Betriebsstätten-Finanzamt auf die Nachforderung verzichten, wenn der Arbeitnehmer ohnehin zur Einkommensteuer veranlagt wird.

Praxistipp:
In den Fällen unzutreffender Steuerfreistellung wird es nicht beanstandet, wenn der Arbeitgeber von seiner Anzeigepflicht absieht, sofern die Differenz zwischen der dem Arbeitnehmer gezahlten Verdienstausfallentschädigung und der dem Arbeitgeber bewilligten Erstattung 200 Euro pro Quarantänefall nicht übersteigt. Insoweit haftet der Arbeitgeber auch nicht für die nicht vorschriftsmäßig einbehaltene Lohnsteuer. Von einer Nachforderung der zu wenig erhobenen Lohnsteuer beim Arbeitnehmer wird abgesehen. In diesen Fällen unterbleibt auch eine Korrektur der unzutreffenden Steuerfreistellung im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Arbeitnehmers.
gepostet: 03.04.2023
Übungsleiterpauschale: Vorträge bei Verbänden sind nicht begünstigt
Für bestimmte Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten wird die so genannte Übungsleiterpauschale in Höhe von 3.000 Euro gewährt. Das heißt, bis zu diesem Betrag bleiben die Einnahmen steuerfrei. Voraussetzung ist aber, dass die Tätigkeiten im Dienst oder im Auftrag einer gemeinnützigen Institution oder eines öffentlich-rechtlichen Auftraggebers erfolgen. Das Finanzgericht Köln ist der Auffassung, dass eine Steuerfreiheit nicht in Betracht kommt, wenn Vortragstätigkeiten gegenüber Verlagen und Verbänden erbracht werden. Das gilt auch dann, wenn die Veranstaltungen von den Teilnehmern besucht werden, um einer Fortbildungspflicht nachzukommen und die Erfüllung dieser Pflicht wiederum von einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung, zum Beispiel einer Berufskammer, geprüft wird. Ein mittelbarer Zusammenhang zu einem öffentlich-rechtlichen Auftraggeber reicht folglich nicht aus, um die Übungsleiterpauschale zu erlangen (Urteil vom 20.1.2022, 15 K 1317/19). Der Kläger erzielte Vortragshonorare, für die er die Übungsleiterpauschale nach § 3 Nr. 26 EStG beantragte. Die Vorträge wurden bei Verlagen und Verbänden gehalten; Zielgruppe waren Rechtsanwälte. Die Veranstaltungen konnten als Fachanwaltsfortbildung berücksichtigt werden. Die Überprüfung der entsprechenden Fortbildungspflicht obliegt den Rechtsanwaltskammern. Damit lag nach Ansicht des Klägers eine begünstigte Tätigkeit im Dienst oder im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts vor. Finanzamt und Finanzgericht indes versagten die Steuerbefreiung. Die Steuerbefreiung verlange als Leistungsempfänger entweder bestimmte privatrechtliche steuerbegünstigte Körperschaften oder eine Tätigkeit im Dienst oder im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts. Das sei hier nicht gegeben. Die spätere Anerkennung der Veranstaltungen als Fortbildung für Fachanwälte bewirke keine Steuerbefreiung.
gepostet: 01.04.2023
März 2023
Erdbeben Türkei und Syrien: Steuermaßnahmen bei Unterstützungsleistungen
Das verheerende Erdbeben in der Türkei und in Syrien im Februar 2023 hat enormes menschliches Leid und massive Schäden an der Infrastruktur verursacht. Um Unterstützungsmaßnahmen zu fördern, hat das Bundesfinanzministerium einen so genannten Katastrophenerlass herausgegeben. Er gilt für Unterstützungsmaßnahmen, die vom 6. Februar 2023 bis zum 31. Dezember 2023 durchgeführt werden (BMF-Schreiben vom 27.2.2023, IV C 4 - S 2223/19/10003 :019). Unter anderem wird geregelt, dass für Spenden ein vereinfachter Zuwendungsnachweis gilt. Statt einer sonst üblichen Zuwendungsbestätigung genügt als Nachweis der Zuwendungen der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung eines Kreditinstitutes (z.B. der Kontoauszug, Lastschrifteinzugsbeleg oder der PC-Ausdruck bei Online-Banking). Der vereinfachte Nachweis genügt für Spenden, die bis zum 31. Dezember 2023 auf spezielle Sonderkonten eingezahlt werden, und zwar bei einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts, einer inländischen öffentlichen Dienststelle oder eines inländischen amtlich anerkannten Verbandes der freien Wohlfahrtspflege einschließlich seiner Mitgliedsorganisationen. Weitere Regelungen betreffen Maßnahmen von steuerbegünstigten Körperschaften für durch das Erdbeben geschädigte Personen, die steuerliche Behandlung von Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen, lohnsteuerliche Fragen bei der Unterstützung von Arbeitnehmern und Arbeitslohnspenden, den Verzicht auf Aufsichtsratsvergütungen sowie schenkungsteuerliche Befreiungen bei Zuwendungen an hilfsbedürftige Personen.

Beispielsweise soll der Betriebsausgabenabzug bei Unterstützungsleistungen aus dem Betriebsvermögen heraus nicht behindert werden. So verfügt das BMF: Wendet der Steuerpflichtige bis zum 31. Dezember 2023 seinen von dem Erdbeben geschädigten Geschäftspartnern zum Zwecke der Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehungen in angemessenem Umfang unentgeltlich Leistungen aus seinem inländischen Betriebsvermögen zu, sind die Aufwendungen in voller Höhe als Betriebsausgaben abziehbar. Und weiter: Unter allgemeinen Billigkeitserwägungen ist die Zuwendung von Wirtschaftsgütern oder sonstigen betrieblichen Nutzungen und Leistungen (nicht hingegen Geld) des Steuerpflichtigen aus einem inländischen Betriebsvermögen an durch das Erdbeben Geschädigte oder mit der Bewältigung des Erdbebens befasste Betriebe oder Einrichtungen (einschließlich der juristischen Personen des öffentlichen Rechts) als Betriebsausgabe zu behandeln.

Darüber hinaus gilt im Bereich der Umsatzsteuer: Bei der unentgeltlichen Bereitstellung von Gegenständen und Personal für humanitäre Zwecke durch Unternehmen an Einrichtungen, die einen unverzichtbaren Einsatz zur Bewältigung der Auswirkungen und Folgen bei den von dem Erdbeben Geschädigten leisten, wie insbesondere Hilfsorganisationen, Einrichtungen für geflüchtete Menschen und zur Versorgung Verletzter sowie weitere öffentliche Institutionen, wird von der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe im Billigkeitswege abgesehen. Beabsichtigt ein Unternehmer bereits beim Leistungsbezug, die Leistungen ausschließlich und unmittelbar für die genannten Zwecke zu verwenden, sind die entsprechenden Vorsteuerbeträge im Billigkeitswege abziehbar, sofern ansonsten die allgemeinen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs erfüllt sind, also insbesondere eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt. Die folgende unentgeltliche Wertabgabe wird im Billigkeitswege nicht besteuert.
gepostet: 04.03.2023
Außergewöhnliche Belastungen: Kosten für medizinische Heilhypnose
Wer die Kosten für eine medizinische Heilhypnose selbst trägt, kann diese nur dann als außergewöhnliche Belastung steuerlich geltend machen, wenn die medizinische Indikation vor Beginn der Maßnahme durch ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen bescheinigt wird. Bei Aufwendungen für Maßnahmen, die ihrer Art nach nicht eindeutig nur der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen können und deren medizinische Indikation deshalb schwer zu beurteilen ist, verlangt § 64 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a bis f EStDV in einer abschließenden Aufzählung den Nachweis der Zwangsläufigkeit durch die genannten Unterlagen. Ein solcher qualifizierter Nachweis ist auch bei krankheitsbedingten Aufwendungen für psychotherapeutische Behandlungen zu erbringen. Selbst wenn ein Kostenabzug dem Grunde nach möglich ist, wird aber eine zumutbare Eigenbelastung gegengerechnet (Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 24.6.2021, 6 K 1784/29).
gepostet: 29.03.2023
Investmentfonds: Vorabpauschale für 2023 bekanntgegeben
Zu Beginn des Jahres 2018 ist die Besteuerung von Investmentfonds neu geregelt worden. Unter anderem gibt es nun die so genannte Vorabpauschale für thesaurierende und teilweise thesaurierende Fonds, also Fonds, die ihre Gewinne nicht oder nicht vollständig ausschütten. Diese Vorpauschale führt zu einer gewissen Mindestbesteuerung, das heißt, durch die Vorabpauschale sollen Werterhöhungen des Fonds vorab versteuert und die Verlagerung von Steuerzahlungen in kommende Jahre vermieden werden. Die Vorabpauschale beträgt 70 Prozent des jährlichen Basiszinses der Bundesbank multipliziert mit dem Wert des Fondsanteils zum Jahresbeginn (sog. Basisertrag). Sofern der tatsächliche Wertzuwachs des Fonds im Kalenderjahr geringer ist, wird aber nur dieser angesetzt. Gab es keine Wertsteigerung, erfolgt auch keine Vorabbesteuerung. Zugegebenermaßen ist die Besteuerung von Fonds alles andere als leicht.

Für das Jahr 2021 war keine Vorabpauschale zu versteuern. Grund ist, dass bereits der Basiszins für 2021 mit -0,45 Prozent negativ war. Folglich konnte sich rein rechnerisch auch keine steuerpflichtige Vorabpauschale ergeben (BMF-Schreiben vom 6.1.2021, BStBl 2021 I S. 56). Auch für das Jahr 2022 war keine Vorabpauschale zu versteuern, denn der Basiszins war weiterhin negativ (BMF-Schreiben vom 7.1.2022, BStBl 2022 I S. 122). Zur Vorabpauschale für das Jahr 2023 gilt Folgendes: Der Basiszins vom 2.1.2023 beträgt 2,55 Prozent. 70 Prozent des Basiszinssatzes ergeben 1,785 Prozent. Die Vorabpauschale gilt beim Anleger als am ersten Werktag des folgenden Jahres zugeflossen, also am 2.1.2024 (BMF-Schreiben vom 4.1.2023, IV C 1-S 1980-1/19/10038:007).
gepostet: 27.03.2023
Abfindung an weichende Mieter: Sofortabzug der Zahlung möglich
Die umfassende Renovierung einer Immobilie ist zuweilen nur möglich, wenn die Mieter zuvor ausgezogen sind. Sofern den Mietern für den - vorzeitigen - Auszug Abfindungen gezahlt werden, ist in steuerlicher Hinsicht die Frage zu beantworten, ob die Entschädigungen sofort abziehbar sind oder ob sie zu Herstellungskosten führen und nur im Wege der Absetzung für Abnutzung (AfA) zu berücksichtigen sind. Im November 2021 hatte das Finanzgericht Münster entschieden, dass an Mieter gezahlte Abfindungen für die vorzeitige Räumung der Wohnungen zum Zweck der Durchführung von Renovierungsmaßnahmen zu anschaffungsnahen Herstellungskosten führen können. Sie wären danach nur per AfA abziehbar (Urteil vom 12.11.2021, 4 K 1941/20 F). Doch der Bundesfinanzhof hat der hiergegen gerichteten Revision entsprochen und einem Sofortabzug der Kosten zugestimmt.

Der Sachverhalt: Ein Vermieter erwarb im Jahr 2016 eine denkmalgeschützte Immobilie mit vier Wohnungen für 1,2 Mio. Euro, die er in den folgenden zwei Jahren für 615.000 Euro renovierte. Vom Kaufpreis entfielen rund 836.000 Euro auf das Gebäude. Um die Mieter zum vorzeitigen Auszug zu bewegen und die Renovierungsarbeiten dadurch einfacher zu gestalten, zahlte der Vermieter Mieterabfindungen von insgesamt 35.000 Euro. Diesen Betrag machte er als sofort abzugsfähige Werbungskosten geltend. Das Finanzamt behandelte die Abfindungen dagegen als anschaffungsnahe Herstellungskosten und versagte den sofortigen Abzug. Die hiergegen gerichtete Klage blieb zunächst ohne Erfolg. Begründung: Zu den Herstellungskosten eines Gebäudes gehören auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen (netto) 15 Prozent der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen (anschaffungsnahe Herstellungskosten gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG). Die Mieterabfindungen seien als solche anschaffungsnahen Herstellungskosten zu behandeln.

Der Bundesfinanzhof hingegen hat entschieden, dass eine Abfindung, die der Eigentümer für die vorzeitige Kündigung des Mietvertrags und die Räumung der Wohnung an seinen Mieter zahlt, um das Gebäude für Vermietungszwecke umfangreich renovieren zu können, als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sofort absetzbar ist. Sie gehört nicht zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG, die sich lediglich im Wege der Abschreibung steuermindernd auswirken (BFH-Urteil vom 20.9.2022, IX R 29/21).

Zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten rechnen nur bauliche Maßnahmen, durch die Mängel oder Schäden an vorhandenen Einrichtungen eines bestehenden Gebäudes oder am Gebäude selbst beseitigt werden oder das Gebäude durch Erneuerung in einen zeitgemäßen Zustand versetzt wird. Nicht dazu gehören ausdrücklich Aufwendungen für Erweiterungen sowie Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen. Sonstige Aufwendungen, die durch die Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen lediglich (mit-)veranlasst sind, gehören ebenfalls nicht dazu. Dies betrifft beispielsweise Mieterabfindungen.

Praxistipp:
Im Urteilsfall ging es unzweifelhaft um eine - fortgesetzte - Vermietungstätigkeit. Anders wäre der Fall zu beurteilen gewesen, wenn eine Eigennutzung oder ein Verkauf geplant wären. Wäre die Abfindung im Übrigen geleistet worden, um auf dem Grundstück ein neues Gebäude zu errichten, würde die Zahlung zu den Herstellungskosten des Gebäudes gehören, die wiederum nur im Wege der AfA berücksichtigt würden.
gepostet: 25.03.2023
Solidaritätszuschlag: In 2020 und 2021 war er nicht verfassungswidrig
Die Erhebung des Solidaritätszuschlags war in den Jahren 2020 und 2021 noch nicht verfassungswidrig; eine Vorlage der Sache an das Bundesverfassungsgericht sei daher nicht geboten. Dies hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 17.1.2023 (IX R 15/20) entschieden.

Beim Solidaritätszuschlag handelte es sich in den Jahren 2020 und 2021 nach Ansicht des BFH noch um eine verfassungsrechtlich zulässige Ergänzungsabgabe. Der Solidaritätszuschlag sollte bei seiner Einführung im Jahr 1995 der Abdeckung der im Zusammenhang mit der deutschen Vereinigung entstandenen finanziellen Lasten dienen. Mit dem Auslaufen des Solidarpakts II und der Neuregelung des Länderfinanzausgleichs zum Jahresende 2019 habe der Solidaritätszuschlag seine Rechtfertigung als Ergänzungsabgabe nicht verloren. Eine zwingende rechtstechnische Verbindung zwischen dem Solidarpakt II, dem Länderfinanzausgleich und dem Solidaritätszuschlag bestehe nicht. Zudem habe in den Streitjahren 2020 und 2021 nach wie vor ein wiedervereinigungsbedingter Finanzbedarf des Bundes bestanden. Der Gesetzgeber habe in der Gesetzesbegründung auf diesen fortbestehenden Bedarf, der unter anderem im Bereich der Rentenversicherung und des Arbeitsmarkts gegeben war, hingewiesen. Er habe weiterhin schlüssig dargelegt, dass die Einnahmen aus dem ab 2021 fortgeführten Solidaritätszuschlag zukünftig die fortbestehenden wiedervereinigungsbedingten Kosten nicht decken werden.

Dass sich diese Kosten im Laufe der Zeit weiter verringern werden, habe der Gesetzgeber mit der ab dem Jahr 2021 in Kraft tretenden Beschränkung des Solidaritätszuschlags auf die Bezieher höherer Einkommen und der damit verbundenen Reduzierung des Aufkommens in Rechnung gestellt. Aus dem Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags werde daher deutlich, dass der Gesetzgeber diesen nicht unbegrenzt erheben will, sondern nur für eine Übergangszeit. Ein finanzieller Mehrbedarf des Bundes, der aus der Bewältigung einer Generationenaufgabe resultiert, könne auch für einen sehr langen Zeitraum anzuerkennen sein. Dieser Zeitraum sei beim Solidaritätszuschlag jedenfalls 26 bzw. 27 Jahre nach seiner Einführung noch nicht abgelaufen.

Der Solidaritätszuschlag verstoße auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Ab dem Jahr 2021 werden aufgrund der erhöhten Freigrenzen nur noch die Bezieher höherer Einkommen mit Solidaritätszuschlag belastet. Die darin liegende Ungleichbehandlung sei aber gerechtfertigt. Bei Steuern, die wie die Einkommensteuer und damit auch der Solidaritätszuschlag an der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ausgerichtet sind, sei die Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte zulässig. Daher könne auch der Gesetzgeber beim Solidaritätszuschlag, der im wirtschaftlichen Ergebnis eine Erhöhung der Einkommensteuer darstellt, sozialen Gesichtspunkten Rechnung tragen und diesen auf Steuerpflichtige mit hohen Einkünften beschränken. Vor diesem Hintergrund sei die ab 2021 bestehende Staffelung des Solidaritätszuschlags mit Blick auf das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes gerechtfertigt (Quelle: BFH, Mitteilung vom 30.1.2023).

Praxistipp:
Es steht zu vermuten, dass die jetzt unterlegenen Kläger Verfassungsbeschwerde einlegen werden. Ungeachtet dessen wird sich das Bundesverfassungsgericht über kurz oder lang mit einem Beschluss des Niedersächsischen Finanzgerichts befassen müssen, in dem es um die Frage geht, ob der Solidaritätszuschlag bereits im Veranlagungszeitraum 2007 verfassungswidrig war (Az. des BVerfG: 2 BvL 6/14). Zudem liegt eine weitere Verfassungsbeschwerde unter dem Az. 2 BvR 1505/20 vor.
gepostet: 23.03.2023
Umsatzsteuer: Vorsteuerabzug für Pkw-Vermietung an den Ehegatten
Eine Pkw-Vermietung unter Ehegatten ist steuerlich anzuerkennen, wenn diese einem Fremdvergleich standhält. In einem aktuellen Urteil sieht der Bundesfinanzhof in der entgeltlichen Überlassung eines Kfz an den Ehepartner keinen Gestaltungsmissbrauch und hat dem überlassenden Ehegatten, hier der Ehefrau, den Vorsteuerabzug aus den Anschaffungskosten des Pkw gewährt (BFH-Urteil vom 29.9.2022, V R 29/20).

Es ging um folgenden Sachverhalt: Die Ehefrau kaufte einen Pkw mit eigenen finanziellen Mitteln und überließ das Fahrzeug ihrem Ehemann, der als selbstständiger Arzt tätig war, im Rahmen eines Leasingvertrages entgeltlich zur Nutzung. Als Laufzeit des Leasingvertrages wurden 36 Monate vorgesehen. Die vereinbarten Leasingraten waren marktüblich. Auch der gesamte Leasingvertrag wurde fremdüblich gestaltet und durchgeführt. Der Ehemann nutzte den Wagen ganz überwiegend beruflich. Nach den Modalitäten des Leasingvertrages war die Ehefrau nicht nur zivilrechtlich, sondern auch wirtschaftlich als Eigentümerin des Pkw anzusehen. Vor dem BFH ging es nun speziell um die Frage, ob der Ehefrau der Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des Pkw zusteht. Die Richter führen diesbezüglich aus: Der Vorsteuerabzug des Vermieters eines Pkw, hier der Ehefrau, ist nicht systemwidrig und daher auch nicht missbräuchlich. Dies gilt bei einer Vermietung unter Ehegatten jedenfalls für die Vermietung von Pkw, die nicht dem unmittelbaren Familienbedarf dienen (BFH-Urteil vom 29.9.2022, V R 29/20).

Praxistipp:
Die steuerlichen Folgen des Modells "Vermietung unter Ehegatten" sind optimalerweise die Folgenden: Der nutzende Ehegatte, hier der Ehemann als Leasingnehmer, kann die Leasingraten vorbehaltlich eines Privatanteils voll als Betriebsausgaben abziehen. Beim Leasinggeber, hier der Ehefrau, liegen sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG - und keine gewerblichen oder Vermietungseinkünfte - vor (R 15.7 EStR). Diese sonstigen Einkünfte sind bei Unterschreiten einer Freigrenze von 256 EUR komplett steuerfrei. Vor allem aber muss ein späterer Veräußerungsgewinn beim Verkauf des Kfz nicht besteuert werden. Das liegt daran, dass der Pkw (auch) beim Leasinggeber nicht zu Betriebsvermögen wird. Und ein Verkauf aus dem Privatvermögen heraus ist steuerfrei, da ein Pkw als "Gegenstand des täglichen Gebrauchs" gilt (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Umsatzsteuerlich besteht für den Leasinggeber ein voller Vorsteuerabzug aus den Anschaffungskosten, wenn er auf die Kleinunternehmerregelung verzichtet. Sofern er nach Ablauf von fünf Jahren zur Kleinunternehmerregelung zurückkehrt, unterliegt der Veräußerungserlös nicht der Umsatzsteuer. Das heißt, dass das Fahrzeug erst nach mehr als fünf Jahren verkauft werden darf, auch wenn der Leasingvertrag nur 36 Monate läuft.
gepostet: 21.03.2023
Wohnungsrecht: Kosten der Ablösung können sofort abziehbar sein
Werden Immobilien auf die nachfolgende Generation übertragen, behalten sich die Eltern oftmals ein Wohnungsrecht oder ein Nießbrauchrecht vor. Doch manchmal ändern sich die Lebensumstände und ein solches Wohnungs- oder ein Nießbrauchrecht wird abgelöst. Erfolgt die Ablösung entgeltlich, stellt sich die Frage, ob die Kosten sofort abziehbare Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung darstellen oder ob sie nur im Wege der Absetzung für Abnutzung (AfA) zu berücksichtigen sind. Vorausgesetzt natürlich, die Immobilie soll weiterhin bzw. nach Auszug des Wohnungsrechtsinhabers vermietet werden.

In einem aktuellen Urteil hat der Bundesfinanzhof die Aufwendungen für die Aufgabe des Wohnungsrechts als - sofort abziehbare - Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anerkannt (BFH-Urteil vom 20.9.2022, IX R 9/21).

Der Sachverhalt: Der Kläger hatte im Jahr 2012 das Erbbaurecht für ein Grundstück erworben. Auf dem Grundstück befindet sich ein Wohngebäude (Doppelhaushälfte). Das Erbbaurecht war mit einem Wohnungsrecht zugunsten der A belastet. Im Jahre 2017 verzichte A gegen Zahlung einer einmaligen "Ausgleichsentschädigung" in Höhe von 40.000 Euro auf ihr Wohnungsrecht und verpflichtete sich, das Gebäude zu räumen. Nach einer umfassenden Renovierung wird die Doppelhaushälfte seit 2018 vom Kläger dauerhaft zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt. Das Finanzamt wertete die Ausgleichsentschädigung für die Aufgabe des Wohnungsrechts nicht als sofort abzugsfähige Werbungskosten, sondern als Anschaffungskosten des Wohngebäudes und berücksichtigte nur eine anteilige lineare AfA in Höhe von 2 Prozent. Der BFH sieht die Sache anders.

Es sei ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit künftigen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anzunehmen, wenn dem Inhaber eines Wohnungsrechts ein Entgelt dafür gezahlt wird, dass dieser der Löschung seines Rechts zustimmt, er das Gebäude räumt und der Eigentümer bzw. der Erbbauberechtigte so erreicht, dass die Wohnung vermietet werden kann. Mithin seien im Urteilsfall vorab entstandene Werbungskosten in Gestalt der Ausgleichsentschädigung (40.000 Euro) sowie auch der Notarkosten für die Beurkundung des Verzichts auf das Wohnungsrecht abzuziehen.

Praxistipp:
Anders als im Urteilsfall soll die Ablösung eines Wohnungs- oder Nießbrauchrechts oftmals unentgeltlich erfolgen. Dann kann allerdings eine hohe Schenkungsteuer ausgelöst werden. Bitte informieren Sie uns daher frühzeitig, wenn bei Ihnen die Ablösung eines entsprechenden Rechts geplant ist.
gepostet: 19.03.2023
Arbeitslohn: Kostenerstattung für Führungszeugnis ist nicht zu versteuern
Kostenerstattungen eines kirchlichen Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer für die Einholung polizeilicher Führungszeugnisse zum Zweck der Prävention gegen sexualisierte Gewalt führen nicht zu steuerpflichtigem Arbeitslohn - so hat das Finanzgericht Münster mit Urteil vom 23.3.2022 (7 K 2350/19 AO) entschieden. Die Kläger gehören zum Arbeitgeberkreis eines Generalvikariats. Nach der Ordnung zur Prävention gegen sexualisierte Gewalt an Minderjährigen und schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen haben sich die kirchlichen Rechtsträger unter anderem folgende Verpflichtungen auferlegt: Mitarbeitende sowie ehrenamtlich Tätige, die Minderjährige, schutz- oder hilfebedürftige Erwachsene beaufsichtigen, betreuen, erziehen, ausbilden oder vergleichbaren Kontakt zu ihnen haben, müssen bei der Einstellung bzw. Beauftragung und nachfolgend im regelmäßigen Abstand von fünf Jahren ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen. Die Kosten werden den Mitarbeitern erstattet. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die erstatteten Aufwendungen für die Erteilung von erweiterten Führungszeugnissen in den jeweils laufenden Beschäftigungsverhältnissen als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu erfassen seien. Die hiergegen gerichtete Klage war erfolgreich.

Begründung: Arbeitslohn ist dann nicht anzunehmen, wenn ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers vorliegt. Für ein solches Interesse des Arbeitgebers spricht bereits, dass sich die Regelungen der Präventionsordnung an den Arbeitgeber und nicht an die Beschäftigten richten. Die Arbeitnehmer selbst haben kein bedeutsames eigenes Interesse an der Einholung eines Führungszeugnisses.

Praxistipp:
In vielen Berufen ist die Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses erforderlich. Das Urteil hat daher nicht nur für die kirchlichen Arbeitgeber und deren Mitarbeiter Bedeutung. Gegen das Urteil wurde die Revision eingelegt. Das Az. beim BFH lautet: VI R 10/22.
gepostet: 17.03.2023
Gewerbesteuer: Hinzurechnung von Wartungskosten bei Leasingverträgen
Für Zwecke der Gewerbesteuer wird der Gewinn aus Gewerbebetrieb durch Hinzurechnungen und Kürzungen modifiziert. Hinzuzurechnen sind auch Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Die Hinzurechnung erfolgt allerdings nicht in voller Höhe, sondern nur mit einem bestimmten Prozentsatz. Zudem wird ein Freibetrag berücksichtigt.

Wenn allerdings der Freibetrag von 200.000 Euro (früher: 100.000 Euro) überschritten wird, kommt es im Rahmen von Betriebsprüfungen häufig zu Diskussionen darüber, was tatsächlich unter den Begriff der Miet- und Pachtzinsen fällt. So gehört beispielsweise die Grundsteuer, die vom Vermieter geschuldet, aber vertraglich auf den gewerbetreibenden Mieter umgelegt wird, zur Miete und ist deshalb gewerbesteuerrechtlich dem Gewinn zum Teil hinzuzurechnen (BFH-Urteil vom 2.2.2022, III R 65/19). Nun hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass auch Wartungskosten, die vertraglich auf den Leasingnehmer abgewälzt werden, Teil der "Leasingrate“ sind und gewerbesteuerrechtlich hinzugerechnet werden (BFH-Urteil vom 20.10.2022, III R 33/21).

Der Sachverhalt: Die Klägerin hat als Leasingnehmerin Leasingverträge über Kraftfahrzeuge mit verschiedenen Unternehmen abgeschlossen. Wie vertraglich vereinbart, übernahm die Klägerin die anfallenden Wartungsgebühren. Das Finanzamt gelangte zu der Ansicht, dass die Wartungsgebühren Teil der Leasingraten seien. Diese seien gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG mit einem Fünftel in die Summe einzuberechnen, die zu einem Viertel dem Gewinn aus Gewerbebetrieb wieder hinzuzurechnen sei. Die anschließende Klage und auch die Revision blieben erfolglos.

Ausgehend von den zivilrechtlichen Regelungen des Mietrechts habe zwar der Leasinggeber dem Leasingnehmer die Leasingsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Es stehe dem Leasinggeber aber grundsätzlich frei, von dieser gesetzlichen Grundregel abzuweichen und die Wartungskosten auf den Leasingnehmer abzuwälzen. Wirtschaftlich stellen die besonderen Vergütungen für die Wartungsarbeiten dann nichts anderes dar als Teile des Entgelts, das der Leasingnehmer für die Überlassung des Gebrauchs einschließlich der Nutzung und der mit der Nutzung verbundenen Abnutzung zu entrichten hat.
gepostet: 16.03.2023
Erbschaft- und Schenkungsteuer: Bayern strengt Verfassungsklage an
Wir hatten Sie bereits darüber informiert, dass der Gesetzgeber die Faktoren für die Ermittlung der pauschalierten Grundstückswerte angepasst hat, die bei der Schenkung- und Erbschaftsteuer zugrunde zu legen sind. Dies geschah mit dem Jahressteuergesetz 2022. Die recht technisch klingende Gesetzesänderung kann dazu führen, dass sich die Grundstückswerte und damit die Erbschaft- und Schenkungsteuer bei Immobilienübertragungen erheblich erhöhen.

Die Bayerische Landesregierung hatte sich - zur Abmilderung der steuerlichen Auswirkungen - für eine Erhöhung der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Freibeträge eingesetzt, ist mit ihrem Antrag aber im Bundesrat gescheitert. Der Bayerische Staatsminister der Finanzen, Albert Füracker, hat daher unmittelbar nach der Verabschiedung des Jahressteuergesetzes 2022 angekündigt, dass Bayern für höhere Freibeträge vor das Bundesverfassungsgericht ziehen wird (Quelle: Pressemitteilung Nr. 425 vom 22.12.2022, Bayerisches Staatsministerium der Finanzen und für Heimat).

Das Ministerium hat nun bestätigt, dass der Antrag tatsächlich erarbeitet wird. In Anbetracht der hohen juristischen Komplexität der Materie werde dies allerdings noch eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen (Quelle: www.steuerrat24.de).

Praxistipp:
Natürlich ist nicht vorhersehbar, ob der Antrag Bayerns Erfolg haben wird und wann das Bundesverfassungsgericht entscheiden wird. Aber dennoch gilt: Wer mit einer Schenkung noch etwas warten kann, sollte dies zumindest in Erwägung ziehen. Denn wenn der Antrag Bayerns tatsächlich in Karlsruhe vorliegt, könnte im Nachgang zu einem Schenkungsteuerbescheid (und eventuell einem Bescheid über die Feststellung des Grundbesitzwertes) Einspruch eingelegt und ein Ruhen des Verfahrens beantragt werden. Damit besteht zumindest ein kleiner Funken Hoffnung auf den Ansatz höherer Freibeträge.
gepostet: 15.03.2023
Versorgungswerk: Besteuerung auch bei unterbliebenem Sonderausgabenabzug
Zum 1. Januar 2005 ist das Alterseinkünftegesetz in Kraft getreten, mit dem damals der Abzug von Vorsorgeaufwendungen und die Besteuerung von Renten neu geregelt wurden. Manch Steuerbürger hat gerade in der Umstellungsphase auf das neue Recht vergessen, seine Beiträge zu einem berufsständischen Versorgungswerk als Sonderausgaben geltend zu machen. Ist in einem solchen Fall die jetzt gezahlte Rente aus dem Versorgungswerk dennoch mit dem vollen Besteuerungsanteil anzusetzen? Leider ja. Eine doppelte Besteuerung von Renten könne sich nicht allein daraus ergeben, dass ein Steuerpflichtiger in der Vergangenheit keine Altersvorsorgeaufwendungen geltend gemacht hat, obwohl sie einkommensteuerlich abziehbar gewesen wären - so der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 6.4.2022 (X R 27/20).

Der Kläger leistete ab 1985 Beiträge an das Versorgungswerk der Rechtsanwälte. Seine für das Jahr 2005 entrichteten Beiträge in Höhe von rund 3.600 Euro blieben bei der Einkommensteuerveranlagung für 2005 mangels Geltendmachung als Sonderausgaben steuerlich unberücksichtigt. Im Streitjahr 2015 begehrte der Kläger, die zu versteuernde Rente um einen Teilbetrag zu mindern, soweit dieser auf den Beitragsleistungen des Jahres 2005 beruhte. Denn die Beiträge, die die entsprechend höhere Rente erst ermöglicht haben, sind in 2005 steuerlich nicht abgezogen worden. Dadurch komme es in der Rentenphase zu einer überhöhten Besteuerung (Doppelbesteuerung oder Übermaßbesteuerung). Mit diesem Begehren scheiterte der Kläger letztlich aber auch vor dem BFH. Begründung: Eine möglicherweise eintretende Doppelbelastung beruhe im Streitfall nicht auf einem Fehler des Gesetzes oder dessen Auslegung, sondern allein darauf, dass der Kläger die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit zum Sonderausgabenabzug der Beiträge für das Jahr 2005 tatsächlich nicht in Anspruch genommen habe.
gepostet: 13.03.2023
Darlehensverträge: Steuerpflichtiger Nutzungsersatz bei Widerruf?
Wenn ein Darlehensvertrag rechtswirksam widerrufen wird, kommt es zu einer Rückabwicklung des Rechtsgeschäfts. Das heißt, dass der Darlehensnehmer die Darlehenssumme zurückzahlen muss und die Bank gleichzeitig die gesamten vom Darlehensnehmer geleisteten Zins- und Tilgungszahlungen herausgeben muss. Gleichzeitig sind die wechselseitig gezogenen Nutzungen herauszugeben (vgl. BGH-Urteil vom 25.4.2017, XI ZR 108/16 und XI ZR 573/15). Das Finanzgericht Düsseldorf hat entschieden, dass Nutzungsentschädigungen der Bank zwar nicht als steuerpflichtiger Kapitalertrag anzusehen sind; es kann aber - teilweise - ein Veranlassungszusammenhang zu den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung gegeben sein, so dass die Entschädigung dort zu versteuern wäre (Urteil vom 29.9.2022, 11 K 314/20 E).

Der Sachverhalt: Die Kläger hatten 2007 bei der Bank zwei Darlehen aufgenommen: Ein Darlehen diente der Finanzierung ihrer privat genutzten Wohnung, das andere verwendeten die Kläger zur Finanzierung einer vermieteten Wohnung. Nach Widerruf der beiden Darlehensverträge aufgrund einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung im Jahr 2014 und Abschluss diesbezüglicher Zivilrechtsstreitigkeiten erhielten die Kläger von der Bank im Rahmen der Rückabwicklung u.a. einen Nutzungswertersatz in Höhe von 7.670 Euro für beide Darlehen. Im Einkommensteuerbescheid für 2017 berücksichtigte das beklagte Finanzamt diesen Nutzungsersatz bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Dagegen wandten sich die Kläger und argumentierten, dass sich lediglich wechselseitige Nutzungsentschädigungen gegenübergestanden hätten. Insbesondere sei ihnen im Zuge der Rückabwicklung kein Überschuss entstanden, denn der an die Bank zu leistende Nutzungsersatz habe den eigenen Nutzungsersatzanspruch gegen die Bank überstiegen. Ferner müssten im Falle einer Steuerpflicht zumindest die geleisteten Zinszahlungen anzurechnen sein. In seinem Urteil sah das Gericht die Nutzungsentschädigungen zwar nicht als steuerpflichtigen Kapitalertrag an; es sei jedoch teilweise ein Veranlassungszusammenhang zu den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung gegeben.

Die Begründung des Gerichts: Der Nutzungswertersatz aus der Rückabwicklung des Darlehens für die selbstgenutzte Wohnung führe nicht zu Einkünften aus Kapitalvermögen. Es habe zu keinem Zeitpunkt eine Kapitalüberlassung der Kläger an die Bank vorgelegen. Vielmehr habe die Bank den Nutzungswertersatz im Rahmen einer Zug-um-Zug zu erfüllenden Rückabwicklung geleistet. Aus denselben Gründen sei auch der Nutzungswertersatz aus der Rückabwicklung des Darlehens für die vermietete Wohnung kein steuerbarer Kapitalertrag. Diese Nutzungsentschädigung stehe aber im Zusammenhang mit den für das widerrufene Darlehen gezahlten Schuldzinsen. Letztere hätten Werbungskosten dargestellt. Der teilweise Rückfluss dieser Werbungskosten sei durch die Einnahmeerzielung aus der Wohnungsvermietung veranlasst und deshalb als steuerpflichtige Einnahme bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu qualifizieren.

Praxistipp:
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Das Finanzamt hat gegen das Urteil die vom Gericht zugelassene Revision eingelegt. Das Az. beim Bundesfinanzhof lautet: VIII R 16/22.
gepostet: 11.03.2023
Umsatzsteuer: Vorsteuerabzug für bürgerliche Kleidung ist unzulässig
Der Bundesfinanzhof hatte mit Urteil vom 16.3.2022 (VIII R 33/18) entschieden, dass ein Betriebsausgabenabzug für bürgerliche Kleidung auch dann ausscheidet, wenn diese bei der Berufsausübung getragen wird. Das betrifft beispielsweise den schwarzen Anzug eines Trauerredners oder Kellners. Nun hat der BFH seine Rechtsprechung zur Einkommensteuer auf die Umsatzsteuer übertragen: Der Vorsteuerabzug für die Kosten bürgerlicher Kleidung ist ausgeschlossen. Für die Versagung des Vorsteuerabzugs reicht es aus, wenn beispielsweise die Benutzung eines schwarzen Kleids oder eines schwarzen Anzugs als normale bürgerliche Kleidung im Rahmen des Möglichen und Üblichen liegt. Ein Vorsteuerabzug kommt auch dann nicht in Betracht, wenn ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer schwarze Kleidung zur Ausübung seiner Tätigkeit unentgeltlich überlässt (BFH-Urteil vom 24.8.2022, XI R 3/22).

Praxistipp:
Die Ausgaben für Kleidung sind steuerlich nur dann zu berücksichtigen, wenn es sich um "typische" Berufskleidung handelt. Das ist zum einen Spezialkleidung; darunter fallen zumeist Schutzbekleidungen oder Uniformen. Zum anderen sind es Kleidungsstücke, die zumindest uniformartig beschaffen sind. Für die "Uniformartigkeit" muss das jeweilige Kleidungsstück ein - deutlich sichtbares - Firmenlogo haben. Bei typischer Berufskleidung sind nach wie vor ein Betriebsausgaben- und ein Vorsteuerabzug möglich.
gepostet: 09.03.2023
Müllabfuhr und Abwasserentsorgung: Weiterhin keine haushaltsnahen Dienste
Steuerbürger dürfen die Kosten für haushaltsnahe Dienstleistungen mit 20 Prozent, höchstens 4.000 Euro im Jahr, direkt von der Steuerschuld abziehen (§ 35a Abs. 2 EStG). Die Steuervergünstigung ist also äußerst attraktiv. Was tatsächlich als haushaltsnahe Dienstleistung gilt, kann aber durchaus umstritten sein, so etwa hinsichtlich der Kosten für die Müllabfuhr und die Abwasserentsorgung. Die Finanzverwaltung sieht hierin keine haushaltsnahen Dienstleistungen und versagt den Abzug nach § 35a EStG. Kürzlich hat das Finanzgericht Münster diese Sichtweise zwar bestätigt, aber ausdrücklich die Revision zugelassen, die auch eingelegt wurde (Urteil vom 24.2.2022, 6 K 1946/21 E).

Leider ist die Revision der Klägerin als unzulässig verworfen worden (BFH-Beschluss vom 1.9.2022, VI R 8/22). Damit liegt immer noch keine materiell-rechtliche Entscheidung des Bundesfinanzhofs zum Abzug von Müllgebühren (und Gebühren der Abwasserentsorgung) vor. Folglich werden sich die Finanzämter auf die negative Entscheidung des Finanzgerichts Münster berufen und einen Abzug der Kosten weiterhin verwehren.
gepostet: 07.03.2023
Spekulationsgeschäft: Verkauf einer ETW nach Nutzung durch Sohn oder Tochter
Der Verkauf des Eigenheims bleibt selbst dann von der Einkommensteuer verschont, wenn An- und Verkauf innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist liegen. Voraussetzung dafür ist, dass die Immobilie im Zeitraum zwischen Anschaffung bzw. Fertigstellung und Veräußerung ununterbrochen zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde oder im Jahr des Verkaufs und in den beiden Vorjahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. Grundsätzlich gilt auch die kostenlose Überlassung der Wohnung an ein Kind noch als Nutzung zu eigenen Wohnzwecken, so dass ein Verkauf der Immobilie im Prinzip unter eine der beiden Ausnahmeregelungen fällt. Aber: Dies gilt nur, solange das Kind in einer Berufsausbildung ist und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, die Eltern also kindergeldberechtigt sind. Anders ausgedrückt: Überschreitet das Kind während der Überlassung der Wohnung die Altersgrenze (oder beendet bereits zuvor seine Ausbildung) und wird die Immobilie dann verkauft, wird diese im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Der Veräußerungsgewinn kann bei einem Wohnungsverkauf folglich zu versteuern sein.

Bereits im Jahre 2016 hat das Finanzgericht Baden-Württemberg wie folgt entschieden: Ist das Kind, dem die Wohnung überlassen wird, älter als 25 Jahre, wird es bei den Eltern nicht mehr steuerlich berücksichtigt, sodass hinsichtlich der überlassenen Wohnung keine "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" mehr vorliegt. Dies gilt auch dann, wenn die zivilrechtliche Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind über das 25. Lebensjahr hinaus weiter besteht (Urteil vom 4.4.2016, 8 K 2166/14). Der Gewinn aus dem Wohnungsverkauf musste folglich versteuert werden.

Im Jahre 2021 hat das Niedersächsische Finanzgericht im gleichen Sinne geurteilt und dabei ergänzend entschieden, dass die Steuerbefreiung auch dann entfällt, wenn eine Wohnung sowohl von einem Kind bewohnt wird, das sein Studium beendet hat als auch von einem Kind, das sich noch in der Ausbildung befindet (Urteil vom 16.6.2021, 9 K 16/20). Der Bundesfinanzhof hat dieses Urteil nun bestätigt.

Der Sachverhalt: Die Mutter besaß eine Wohnung am Studienort der Kinder. Die Wohnung hatte sie im Jahre 2010 für 130.000 Euro erworben. Ende 2016 hat sie die Immobilie für 350.000 Euro wieder verkauft. Die Wohnung wurde ab Erwerb bis zur Veräußerung durch zwei Söhne (Zwillinge) im Rahmen ihres Studiums genutzt. Der dritte Sohn nutzte die Wohnung zumindest an einigen Wochenenden. Eine Fremdvermietung hatte nicht stattgefunden. Die Zwillinge waren im Zeitpunkt des Wohnungsverkaufs bereits 27 Jahre alt, das dritte Kind hat sein 25. Lebensjahr erst nach dem Verkauf vollendet. Das Finanzamt hat den Veräußerungsgewinn besteuert, weil für die Zwillinge kein Anspruch auf Kindergeld mehr bestanden hatte. Daher sei die Wohnung nicht mehr eigengenutzt worden.

Die Klage der Mutter blieb ohne Erfolg. Begründung: Die fortdauernde Mitbenutzung der Wohnung durch Kinder, die steuerlich nicht mehr zu berücksichtigen sind, ist schädlich. Das Bestehen einer zivilrechtlichen Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern reiche allein nicht aus, um eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken annehmen zu können. Hinzukommen müsse die steuerliche Berücksichtigung der Kinder nach § 32 EStG, also die Kindergeldberechtigung. Die gleichzeitige Überlassung der Wohnung an ein Kind, das zu berücksichtigen ist, hier also an den dritten Sohn, kann die "schädliche" Nutzung nicht aufheben.

Praxistipp:
Vor dem Verkauf einer Immobilie sollte stets sorgfältig geprüft werden, ob ein "Spekulationsgewinn" anfallen könnte. Bitte sprechen Sie uns frühzeitig vor einem geplanten Verkauf an.
gepostet: 05.03.2023
Sonn-, Feiertags-, Nachtzuschläge: Was gilt bei Rufbereitschaften?
Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit, die neben dem Grundlohn gezahlt werden, sind bis zu bestimmten Höchstgrenzen steuer- und sozialversicherungsfrei (§ 3b EStG). Steuerfrei sind aber nur Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Arbeit gezahlt werden. Werden Zuschläge gezahlt, ohne dass in der begünstigten Zeit tatsächlich Arbeiten verrichtet wurden, sind diese steuerpflichtig. Dies gilt auch im Rahmen von Rufbereitschaften. Das heißt: Die bloße Rufbereitschaft genügt nicht für die Steuerfreiheit von Zuschlägen, wohl aber kann für die während der Rufbereitschaft geleistete Arbeit ein Zuschlag steuerfrei gewährt werden - vorausgesetzt, die Arbeit erfolgt zu den Zeiten, wie sie in § 3b EStG genannt sind (BFH-Urteil vom 26.10.1984, BStBl 1985 II S. 57). Werden Bereitschaftsdienste pauschal zusätzlich zum Grundlohn ohne Rücksicht darauf vergütet, ob die Tätigkeit an einem Samstag oder einem Sonntag erbracht wird, handelt es sich nicht um steuerfreie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit i.S. des § 3b Abs. 1 EStG (BFH-Urteil vom 29.11.2016, VI R 61/14).
gepostet: 03.03.2023
Häusliches Arbeitszimmer: Zum Mittelpunkt der Tätigkeit eines Gutachters
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer können als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgesetzt werden, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Dann sind die Arbeitszimmerkosten bis 1.250 Euro abziehbar (ab 2023 gilt insoweit eine etwas andere Regelung mit einer Tagespauschale von bis zu 1.260 Euro). Hingegen sind die Kosten in voller Höhe abzugsfähig, wenn das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit darstellt. Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass das häusliche Arbeitszimmer eines psychologischen Gutachters den Mittelpunkt seiner beruflichen Tätigkeit darstellen kann mit der Folge, dass die Aufwendungen unbegrenzt abzugsfähig sind (FG Münster, Urteil vom 18.8.2022, 8 K 3186/21 E).

Der Sachverhalt: Ein selbstständiger psychologischer Gutachter wird vor allem in Überprüfungsverfahren für Strafvollstreckungskammern und für Einrichtungen des Maßregelvollzugs tätig. Er machte Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von rund 2.400 Euro als Betriebsausgaben geltend. Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen lediglich in Höhe von 1.250 Euro an, weil das häusliche Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der Tätigkeit des Klägers darstelle. Der qualitative Schwerpunkt liege in den für die Begutachtung unerlässlichen Explorationen der zu begutachtenden Personen. Hiergegen wandte der Kläger ein, dass die Explorationen und die Gerichtstermine im Verhältnis zur Tätigkeit im Arbeitszimmer in einem zeitlich untergeordneten Rahmen lägen (Verhältnis zwischen 1:3 und 1:5). Die Ausarbeitung der Gutachten erfordere die Auswertung aller vorliegenden Informationen und stelle die eigentliche Tätigkeit dar. Das FG hat der Klage stattgegeben.

Begründung: Der Mittelpunkt der betrieblichen und beruflichen Betätigung bestimme sich vorrangig nach dem qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit. Beim Kläger liege dieser in seinem Arbeitszimmer. Kern seiner Gutachtertätigkeit sei es, unter Ermittlung der erforderlichen Tatsachengrundlage eine Prognoseentscheidung zu treffen. Alleiniger Schwerpunkt dieser Tätigkeit seien die im Arbeitszimmer ausgeübten Tätigkeiten der Auswertung der Akten und der Explorationen und die darauf aufbauenden, für das Treffen und die Begründung der Prognoseentscheidung erforderlichen Recherche-, Rechen-, Bewertungs- und Schreibarbeiten. Demgegenüber stellten die Explorationen selbst keinen weiteren wesentlichen Teil der Tätigkeit des Klägers dar.
gepostet: 01.03.2023
Februar 2023
Lohnsteuer: Merkblatt der Finanzverwaltung zur Steuerklassenwahl
Ehegatten können für den Lohnsteuerabzug grundsätzlich wählen, ob sie beide in die Steuerklasse IV eingeordnet werden wollen oder ob einer von ihnen (der Höherverdienende) nach Steuerklasse III und der andere nach Steuerklasse V besteuert werden will. Die Steuerklassenkombination III/V ist so gestaltet, dass die Summe der Steuerabzugsbeträge beider Ehegatten in etwa der zu erwartenden Jahressteuer entspricht, wenn der in Steuerklasse III eingestufte Ehegatte ca. 60 Prozent und der in Steuerklasse V eingestufte ca. 40 Prozent des gemeinsamen Arbeitseinkommens erzielt.

Bei abweichenden Verhältnissen des gemeinsamen Arbeitseinkommens kann es aufgrund des verhältnismäßig niedrigen Lohnsteuerabzugs zu Steuernachzahlungen kommen. Aus diesem Grund besteht bei der Steuerklassenkombination III/V generell die Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung. Zur Vermeidung von Steuernachzahlungen bleibt es den Ehegatten daher unbenommen, sich trotzdem für die Steuerklassenkombination IV/IV zu entscheiden, wenn sie den höheren Steuerabzug bei dem Ehegatten mit der Steuerklasse V vermeiden wollen; dann entfällt jedoch für den anderen Ehegatten die günstigere Steuerklasse III. Zudem besteht die Möglichkeit, die Steuerklassenkombination IV/IV mit Faktor zu wählen ("Faktorverfahren“). Bitte beachten Sie, dass das Gesagte gleichermaßen für Lebenspartner im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes gilt.

Um Verheirateten und Lebenspartnern die Steuerklassenwahl zu erleichtern, haben das Bundesministerium der Finanzen und die Finanzbehörden der Länder ein Merkblatt erstellt, das unter folgendem Link abrufbar ist:
https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Steuern/Steuerarten/Lohnsteuer/BMF_Schreiben_Allgemeines/2023-02-14-aktualisiertes-merkblatt-steuerklassenwahl-2023.pdf?__blob=publicationFile&v=2
gepostet: 28.02.2023
Sonderausgaben: Kein Abzug von Mitgliedsbeiträgen an Musikvereine
Mitgliedsbeiträge an Vereine, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen, dürfen nicht als Sonderausgaben abgezogen werden. Folglich können auch Beiträge an Musikvereine steuerlich nicht berücksichtigt werden. So lautet ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs vom 28.9.2022 (X R 7/21). Zum Hintergrund: Im Grundsatz können sowohl Spenden als auch Mitgliedsbeiträge an gemeinnützige Einrichtungen als Sonderausgaben geltend gemacht werden. Eine gesetzliche Sonderregelung (§ 10b Abs. 1 Satz 8 EStG) schließt jedoch u.a. bei Vereinen den Abzug von Mitgliedsbeiträgen aus, die kulturelle Betätigungen fördern, die wiederum in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen. Dasselbe gilt zum Beispiel für Sportvereine. Spenden an solche Vereine bleiben hingegen abziehbar.

In dem vom BFH entschiedenen Fall ging es um einen gemeinnützigen Verein, der ein Blasorchester für Erwachsene und eines für Jugendliche unterhält. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, der Kläger dürfe keine Zuwendungsbestätigungen ("Spendenbescheinigungen“) für Mitgliedsbeiträge ausstellen. Das von dem Verein angerufene Finanzgericht Köln gab der Klage zwar statt, doch der BFH ist der Ansicht der Finanzverwaltung gefolgt und hat das Urteil der Vorinstanz aufgehoben. Nach dem klaren Wortlaut der gesetzlichen Regelung seien Mitgliedsbeträge schon dann nicht abziehbar, wenn der Verein auch kulturelle Betätigungen fördert, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen. In einem solchen Fall komme es nicht mehr darauf an, ob der Verein daneben auch noch andere Zwecke fördert. Gleiches folge aus der Entstehungsgeschichte der Norm sowie aus ihrem Zweck. Damit kam es nicht darauf an, dass der klagende Verein - wovon das FG ausgegangen war - neben den Freizeitbetätigungen noch andere Zwecke fördert.
gepostet: 26.02.2023
Sonderabschreibung: § 7b EStG für Mietwohnungsneubau wieder "aufgelegt"
Die Sonderabschreibung nach § 7b EStG soll Anreize für den Bau von Mietwohnungen setzen. Mit dem Jahressteuergesetz 2022 wird die Sonderabschreibung wieder "aufgelegt". Im Einzelnen gilt nun:
- Begünstigt sind Mietwohnungen, für die der Bauantrag zwischen dem 1.1.2023 und dem 31.12.2026 gestellt wird oder eine entsprechende Bauanzeige erfolgt.
- Die Sonderabschreibung beträgt in den ersten vier Jahren jeweils 5 Prozent der Anschaffungs- oder Herstellungskosten bis zur förderfähigen Bemessungsgrundlage. Zusätzlich ist die lineare AfA von 2 Prozent p.a. absetzbar, die sich allerdings auf eine andere Bemessungsgrundlage bezieht, nämlich die tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten.
- Begünstigt sind nach § 7b EStG Anschaffungs- oder Herstellungskosten bis 2.500 Euro je qm Wohnfläche.
- Begünstigt sind nach § 7b EStG Gebäude, deren Baukosten nicht höher als 4.800 Euro je qm Wohnfläche sind.
- Die Anschaffung einer solchen Wohnung ist dann begünstigt, wenn der Erwerber das Gebäude oder die neue Wohnung bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung rechtswirksam erwirbt.

Für die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung werden die Voraussetzungen an die Wohnung an bestimmte Effizienzvorgaben gekoppelt. So ist die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung davon abhängig, dass das Gebäude, in dem die neue Wohnung hergestellt wird, die Kriterien für ein "Effizienzhaus 40" mit Nachhaltigkeitsklasse/Effizienzgebäude-Stufe 40 erfüllt. Voraussetzung ist das "Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude" (QNG). Das QNG-Siegel ist ein staatliches Gütesiegel des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen für Gebäude, das durch akkreditierte Zertifizierungsstellen vergeben wird. Das QNG stellt die Erfüllung von Anforderungen an die ökologische, soziokulturelle und ökonomische Qualität von Gebäuden sowie an die Qualität der Planungs- und Bauprozesse sicher. Voraussetzung für die Vergabe des QNG durch eine akkreditierte Zertifizierungsstelle ist eine Zertifizierung mit einem Bewertungssystem für Nachhaltiges Bauen und die Einhaltung von besonderen Anforderungen im öffentlichen Interesse, die aktuelle Ziele in den Bereichen Klimaschutz, Ressourcenschonung, Gesundheitsschutz und Teilhabe aufgreifen.

Praxistipp:
Angesichts der dynamischen und nur schwer zu prognostizierenden Entwicklung insbesondere der Baukosten könnte zukünftig Änderungsbedarf bei den Kostenbezugsgrößen (2.500 Euro / 4.800 Euro) entstehen. Darauf weist der Gesetzgeber schon jetzt in der Gesetzesbegründung hin.

Praxistipp:
Es müssen zwar die Voraussetzungen der so genannten De-minimis-Beihilfen eingehalten werden. Aber: Die Regelungen zur Einhaltung der De-Minimis-Verordnung werden auf Anspruchsberechtigte beschränkt, die Gewinneinkünfte erzielen und damit unternehmerisch tätig sind. Damit entfällt für Anspruchsberechtigte mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung die Einhaltung beihilferechtlicher Voraussetzungen.

Praxistipp:
Neue Wohnungen, die aufgrund einer Bauanzeige oder eines Bauantrages im Jahr 2022 hergestellt werden, sind vom Anwendungsbereich des § 7b EStG ausgeschlossen.
gepostet: 25.02.2023
GmbH: BFH lockert Voraussetzung für inkongruente Gewinnausschüttungen
Gesellschafter einer GmbH nehmen an den Gewinnausschüttungen grundsätzlich im Verhältnis ihres Anteils am Stammkapital teil. Doch dies ist nicht immer gewünscht, das heißt, zuweilen bietet es sich an, einem Gesellschafter einen geringeren Betrag auszuschütten als es seinem Anteil am Stammkapital entsprechen würde, während die übrigen Gesellschafter ihren "normalen" Anteil erhalten. Dies wird als inkongruente oder disquotale Gewinnausschüttung bezeichnet.

Bundesfinanzhof und Finanzverwaltung akzeptieren diese Art von Gewinnausschüttungen, allerdings fordert die Finanzverwaltung für eine steuerliche Anerkennung, dass eine vom Anteil am Grund- oder Stammkapital abweichende Gewinnverteilung zivilrechtlich wirksam bestimmt ist. Dies sei bei der GmbH der Fall, wenn der Gesellschaftsvertrag einen anderen Maßstab der Verteilung als das Verhältnis der Geschäftsanteile erlaubt. Oder: Die Satzung enthält anstelle eines konkreten Verteilungsmaßstabs eine Klausel, nach der alljährlich mit Zustimmung der beeinträchtigten Gesellschafter oder einstimmig über eine von der satzungsmäßigen Regelung abweichende Gewinnverteilung beschlossen werden kann, und der Beschluss ist mit der in der Satzung bestimmten Mehrheit gefasst worden.

Jüngst hat der BFH geurteilt, dass auch ein punktuell satzungsdurchbrechender Beschluss über eine inkongruente Vorabausschüttung, der von der Gesellschafterversammlung einstimmig gefasst worden ist und von keinem Gesellschafter angefochten werden kann, als zivilrechtlich wirksamer Ausschüttungsbeschluss anzuerkennen ist (BFH-Urteil vom 28.9.2022, VIII R 20/20). Es ging um folgenden Sachverhalt: Der Kläger war in den Streitjahren zu 50 Prozent an einer GmbH 1 beteiligt. Weiterer Gesellschafter war eine GmbH 2, deren alleiniger Gesellschafter der Kläger war. Die Gesellschafter der GmbH 1 fassten in den Streitjahren jeweils einstimmig Vorabausschüttungsbeschlüsse, mit denen die Vorabgewinne nur an die GmbH 2 verteilt wurden. Der Gesellschaftsvertrag der GmbH 1 enthielt keine Regelungen zur Gewinnverteilung. Gewinne waren daher entsprechend der Beteiligungsverhältnisse zu verteilen (§ 29 Abs. 3 Satz 1 GmbHG). Das Finanzamt sah die Ausschüttungsbeschlüsse wegen der inkongruenten Verteilung der Vorabgewinne als zivilrechtlich nichtig an und versteuerte die hälftigen Ausschüttungsbeträge beim Kläger als verdeckte Gewinnausschüttungen.

Das Finanzgericht und nun auch der BFH sehen die Sache anders. Die einstimmig gefassten Ausschüttungsbeschlüsse seien als zivilrechtlich wirksame Gewinnverwendungs- und -verteilungsbeschlüsse der Besteuerung zugrunde zu legen. Es lägen daher nur offene Gewinnausschüttungen der GmbH 1 an die GmbH 2 und keine Ausschüttungen an den Kläger vor. Eine Zurechnung der hälftigen Ausschüttungsbeträge beim Kläger aufgrund eines Gestaltungsmissbrauchs komme nicht in Betracht. Zivilrechtlich wirksam beschlossene inkongruente Ausschüttungen seien steuerlich anzuerkennen.
gepostet: 24.02.2023
Doppelter Haushalt: Kostenbeteiligung an Familienheim im Ausland nachweisen
Die Aufwendungen für eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung sind steuerlich als Werbungskosten abziehbar. Voraussetzung für eine Anerkennung ist aber unter anderem, dass sich derjenige, der einen zweiten Hausstand unterhält, an den Kosten des ersten Haushalts finanziell beteiligt. Dazu muss er mehr als zehn Prozent der monatlich regelmäßig anfallenden laufenden Kosten der Haushaltsführung übernehmen.

Bei verheirateten Personen wird die finanzielle Beteiligung nur selten angezweifelt. Die Finanzverwaltung verfügt dazu: Bei Arbeitnehmern mit den Steuerklassen III, IV oder V kann ohne Weiteres unterstellt werden, dass sie einen eigenen Hausstand haben, an dem sie sich auch finanziell beteiligen (BMF-Schreiben vom 25.11.2020, BStBl 2020 I S. 1228, Rz. 113). Dies gilt aber nur dann, wenn sich die Familienwohnung im Inland befindet. So hat das Niedersächsische Finanzgericht entschieden, dass die finanzielle Beteiligung bei Fällen mit Auslandsbezug nicht unterstellt werden kann, nur weil der Arbeitnehmer verheiratet ist (Urteil vom 21.9.2022, 9 K 309/20).

Der Sachverhalt: Die Klägerin wurde in Russland geboren. Im Jahr 2016 heiratete sie ihren ebenfalls aus Russland stammenden Ehemann, mit dem sie nach der Hochzeit eine gemeinsame Wohnung in Russland bezog. Diese Wohnung wurde dem Ehepaar vom Vater des Ehemannes unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Seit 2018 arbeitet die Klägerin in Deutschland und nutzt hier ein Apartment. Ihren Lebensmittelpunkt hatte sie jedoch weiterhin in der gemeinsamen Ehewohnung in Russland. In ihrer Einkommensteuererklärung 2018 machte sie Kosten für eine doppelte Haushaltsführung in Höhe von rund 8.000 Euro geltend, deren Abzug das Finanzamt aber versagte. Die Klägerin habe weder regelmäßige Zahlungen noch Einzelbeträge nachgewiesen, die mehr als zehn Prozent der monatlich regelmäßig anfallenden laufenden Kosten der Haushaltsführung betragen hätten. Einspruch und Klage blieben erfolglos.

Die Begründung des Gerichts: In Fällen, in denen einer der Ehegatten nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist, kommt weder eine Einreihung in die Steuerklassen III, IV oder V noch eine Zusammenveranlagung in Betracht. Eine finanziellen Beteiligung - gemäß dem BMF-Schreiben vom 25.11.2020 - kann daher nicht unterstellt werden. Die finanzielle Beteiligung ist also nachzuweisen. Ist dies nicht hinreichend geschehen oder ist die finanzielle Beteiligung offensichtlich unzureichend, ist eine doppelte Haushaltsführung steuerlich nicht anzuerkennen.
gepostet: 22.02.2023
Grunderwerbsteuer: Erwerb eines unerschlossenen Gemeindegrundstücks
Für den Erwerb einer Immobilie verlangt der Staat Grunderwerbsteuer. Die Höhe der Grunderwerbsteuer bemisst sich zum einen nach dem jeweiligen Steuersatz und zum anderen nach dem Wert der Gegenleistung, üblicherweise also nach dem Kaufpreis. Was aber gilt, wenn bestimmte Erschließungskosten zwar im Kaufpreis enthalten, aber noch nicht realisiert sind? Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs wird die Grunderwerbsteuer auf den gesamten Kaufpreis mitsamt der vereinbarten Erschließungskosten fällig, auch wenn die Erschließungsleistungen erst noch zu erbringen sind (BFH-Urteil vom 23.2.2022, II R 9/21). Aber: Anders ist die Rechtslage, wenn ein unerschlossenes Grundstück von einer Gemeinde erworben wird. Mit Urteil vom 28.9.2022 (II R 32/20) hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass bei dem Erwerb eines unerschlossenen Grundstücks von einer erschließungspflichtigen Gemeinde die Grunderwerbsteuer regelmäßig nur auf den Preis für das unerschlossene Grundstück zu zahlen ist. Dies gilt auch dann, wenn der Erwerber sich vertraglich verpflichtet, für die künftige Erschließung einen bestimmten Betrag an die Gemeinde zu zahlen.

Die Klägerin erwarb von der erschließungspflichtigen Gemeinde einen Miteigentumsanteil an einem unbebauten und unerschlossenen Grundstück. In dem Kaufvertrag waren Entgelte für das Grundstück und für die künftige Erschließung jeweils gesondert ausgewiesen. Der BFH hat unter Hinweis auf sein Urteil vom 15.3.2001 (II R 39/99) entschieden, dass ein solcher Vertrag regelmäßig in einen privatrechtlichen Vertrag über den Erwerb des unerschlossenen Grundstücks und einen öffentlich-rechtlichen Vertrag über die Ablösung des Erschließungsbeitrags aufzuteilen ist. Eine solche Ablösungsabrede ist nur öffentlich-rechtlich zulässig; als privatrechtliche Vereinbarung wäre sie nichtig. Das Vertragswerk ist aber so auszulegen, dass es weitestmöglich wirksam bleibt. Insofern ergeben sich also Unterschiede zwischen dem Erwerb eines noch zu erschließenden Grundstücks von der erschließungspflichtigen Gemeinde zum Erwerb von einem privaten Erschließungsträger.
gepostet: 20.02.2023
Dienstreisen ins Ausland: Neue Reisekostensätze ab 1. Januar 2023
Bei einer Auswärtstätigkeit dürfen Arbeitnehmer Verpflegungspauschbeträge als Werbungskosten geltend machen oder vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet bekommen. Für Dienstreisen ins Ausland gibt es besondere - länderspezifische - Verpflegungssätze. Zudem dürfen - anders als bei Dienstreisen im Inland - Übernachtungspauschbeträge durch den Arbeitgeber steuerfrei erstattet werden. Auch diese gelten länderspezifisch. Üblicherweise werden die Pauschbeträge von Jahr zu Jahr von der Finanzverwaltung auf ihre Angemessenheit hin überprüft und entsprechend angepasst. Zuletzt ist dies zum 1. Januar 2021 geschehen. Pandemiebedingt wurden die Auslandstage- und Auslandsübernachtungsgelder zum 1. Januar 2022 allerdings nicht neu festgesetzt. Die seit dem 1. Januar 2021 geltenden Beträge behielten ihre Gültigkeit somit auch für das Kalenderjahr 2022 (Mitteilung des BMF vom 27.9.2021).

Nunmehr hat das BMF für betrieblich und beruflich veranlasste Auslandsreisen ab 1. Januar 2023 neue Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen und Übernachtungskosten bekanntgegeben. Die aktuellen Sätze sind unter folgendem Link abrufbar:
https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Lohnsteuer/2022-11-23-steuerliche-behandlung-reisekosten-reisekostenverguetungen-2023.html
gepostet: 19.02.2023
Hochwasser: Antrags- und Bewilligungsfrist für Wiederaufbauhilfe verlängert
Im Sommer 2021 hat sich in Teilen Deutschlands eine Flutkatastrophe historischen Ausmaßes mit verheerenden Auswirkungen ereignet. Das Bundesministerium der Finanzen hat entschieden, die Antrags- und die Bewilligungsfrist für die Hochwasserhilfe 2021 um jeweils drei Jahre zu verlängern (Mitteilung des BMF vom 30.11.2022). Mit der Entscheidung reagiert das BMF auf die Notlage in den Regionen. Im letzten Jahr hat die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern das Sondervermögen "Aufbauhilfe 2021“ mit einem Finanzvolumen von bis zu 30 Mrd. Euro für die Betroffenen geschaffen. Mit der nunmehr beschlossenen Fristverlängerung erweitert die Bundesregierung den zeitlichen Rahmen für die Erfassung der Schäden durch die Kommunen, die Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmen erheblich. Die betroffenen Länder sind nun aufgefordert, für die Umsetzung ihre Antragsverfahren entsprechend anzupassen und die Verwaltungskapazitäten zu erhöhen, so dass die gemeinsam beschlossenen Finanzhilfen zeitnah bei den Betroffenen ankommen können.
gepostet: 18.02.2023
Mobilheime: Verkauf gilt als privates Veräußerungsgeschäft
Kürzlich hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die Veräußerung eines auf einem Campingplatz aufgestellten Mobilheims als privates Veräußerungsgeschäft der Einkommensbesteuerung unterliegen kann (BFH-Urteil vom 25.5.2022, IX R 22/21). Er hat damit ein Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts aufgehoben, das eine andere Auffassung vertreten hatte (Urteil vom 28.7.2021, 9 K 234/17).

Der Kläger hatte 2011 ein Mobilheim als "gebrauchtes Fahrzeug" (ohne Grundstück) von einer Campingplatzbetreiberin und Grundstückseigentümerin erworben und anschließend vermietet. Dabei handelte es sich um ein Holzhaus mit einer Wohnfläche von 60 qm, das auf einer vom Kläger gemieteten Parzelle (200 qm) auf einem Campingplatz ohne feste Verankerung stand. Dort befand sich das Mobilheim bereits seit 1997 (erstmalige Aufstellung). Der Erwerbsvorgang unterlag der Grunderwerbsteuer. Im Jahr 2015 veräußerte der Kläger dieses Mobilheim mit Gewinn. Das Finanzamt unterwarf den Vorgang der Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft. Und zwar zurecht, wie der BFH nun geurteilt hat.

Zunächst weisen die Richter darauf hin, dass es sich bei dem veräußerten Mobilheim nicht um ein (bebautes) Grundstück handelt, sondern um ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden. Dessen (isolierte) Veräußerung unterfällt nicht den einkommensteuerlichen Bestimmungen für die Veräußerung von Immobilien (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). Das heißt, es liegt kein Spekulationsgeschäft mit einem Grundstück vor. Aber: Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG kann die Veräußerung von anderen Wirtschaftsgütern als Immobilien steuerpflichtig sein, solange es sich nicht um Gegenstände des täglichen Gebrauchs handelt. Und unter diese Vorschrift fällt der Verkauf des Mobilheims.

Grundsätzlich greift eine Steuerpflicht bei der Veräußerung von anderen Wirtschaftsgütern nur, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung maximal ein Jahr beträgt. Von dem Ein-Jahres-Zeitraum wiederum gibt es aber eine wichtige Ausnahme: Erzielt der Steuerpflichtige aus der Nutzung des Wirtschaftsguts zumindest in einem Kalenderjahr Einkünfte, verlängert sich die Veräußerungsfrist ("Spekulationsfrist") auf zehn Jahre. So verhielt es sich im Streitfall: Da der Kläger das Mobilheim vermietet hatte und zwischen Kauf und Verkauf nicht mehr als zehn Jahre lagen, war der Veräußerungsgewinn zu versteuern.
gepostet: 16.02.2023
Verpflegungspauschalen: Müllwerker haben keine erste Tätigkeitsstätte
Ein Arbeitnehmer darf Verpflegungspauschalen steuerlich nur dann als Werbungskosten geltend machen, wenn er länger als acht Stunden von seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte beruflich abwesend ist. Ohne eine "erste Tätigkeitsstätte" reicht indes eine mehr als achtstündige Abwesenheit von der Wohnung aus, um Mehraufwendungen für Verpflegung geltend machen zu können.

Im Jahre 2021 hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass der Betriebshof keine erste Tätigkeitsstätte eines Müllwerkers ist, wenn er dort lediglich die Ansage der Tourenleitung anhört, das Tourenbuch, Fahrzeugpapiere und -schlüssel abholt sowie die Fahrzeugbeleuchtung kontrolliert (BFH-Urteil vom 2.9.2021, VI R 25/19). Damit können Müllwerker Verpflegungsmehraufwendungen von 14 Euro täglich steuerlich geltend machen, wenn sie mehr als acht Stunden von ihrer Wohnung abwesend sind. Sie müssen nicht zusätzlich mehr als acht Stunden vom Betriebshof abwesend sein. Allerdings konnte der BFH nicht abschließend entscheiden und hat die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen. Diese musste prüfen, welche Tätigkeiten der Kläger auf dem Betriebshof beim Arbeitsbeginn und auch bei seiner Rückkehr tatsächlich ausgeführt hat und ob er diese arbeitsrechtlich schuldete. Zudem war zu prüfen, ob sie zum Berufsbild des Klägers gehören. Nunmehr hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg diese Prüfung vorgenommen: Es bleibt dabei, dass ein Müllwerker auf dem Betriebshof des Entsorgers keine erste Tätigkeitsstätte hat und daher bei einer Abwesenheit von der Wohnung von mehr als acht Stunden pro Arbeitstag die gesetzlichen Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen beanspruchen kann (Gerichtsbescheid vom 16.6.2022, 16 K 4259/17).
gepostet: 14.02.2023
Bilanzierung: Wahlrecht zur Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten
Bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich sind mitunter aktive und passive Rechnungsabgrenzungsposten (RAP) zu bilden. Damit werden Ausgaben und Einnahmen demjenigen Wirtschaftsjahr zugeordnet, zu dem sie wirtschaftlich gehören (§ 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG). Der Bundesfinanzhof hat im Jahre 2021 entschieden, dass aktive RAP auch bei geringfügigen Beträgen zu bilden sind. Weder dem Grundsatz der Wesentlichkeit noch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz lasse sich eine Einschränkung der Pflicht zur Bildung auf wesentliche Fälle entnehmen (BFH-Urteil vom 16.3.2021, X R 34/19).

Zur Vereinfachung und zum Bürokratieabbau hat der Gesetzgeber nun mit dem Jahressteuergesetz reagiert: Ab dem 1.1.2023 wird per Gesetz eine Wesentlichkeitsgrenze für den Ansatz von RAP bestimmt, die sich betragsmäßig an der Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter orientiert. Aktive und passive RAP müssen damit nur noch dann gebildet werden, wenn die einzelne Ausgabe oder Einnahme den Betrag von 800 Euro übersteigt (§ 5 Abs. 5 Satz 2 EStG). Das Wahlrecht zum Verzicht auf eine RAP-Bildung kann aber nur einheitlich für sämtliche Abgrenzungsfälle und damit für alle dem Wahlrecht unterliegenden Einnahmen und Ausgaben ausgeübt werden.
gepostet: 12.02.2023
PV-Anlagen: Fragen-Antworten-Katalog zum Nullsteuersatz bei der Umsatzsteuer
Für die Lieferung einer Photovoltaikanlage fällt seit dem 1. Januar 2023 keine Umsatzsteuer mehr an, wenn diese auf oder in der Nähe eines Wohngebäudes installiert wird. Es gilt nun ein so genannter Nullsteuersatz. Die Regelung gilt für alle Komponenten einer Photovoltaikanlage, wie zum Beispiel Photovoltaikmodule, Wechselrichter oder auch Batteriespeicher. Das Bundesfinanzministerium hat einen Fragen-Antworten Katalog (FAQs) zur Neuregelung bei der Umsatzsteuer veröffentlicht. Sie finden diesen unter folgendem Link:
https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/FAQ/foerderung-photovoltaikanlagen.html.

Unter anderem beantwortet das BMF folgende Fragen:
- Gilt die Regelung auch für Bestandsanlagen? Antwort: Der Nullsteuersatz gilt nur für Photovoltaikanlagen, die nach dem 1. Januar 2023 geliefert/installiert werden. Eine rückwirkende Anwendung auf Bestandsanlagen ist nicht möglich.
- Was ist bei längeren Lieferfristen? Was bedeutet die Steuersenkung, wenn ich die Photovoltaikanlage schon bestellt, aber noch nicht erhalten habe? Antwort: Entscheidend ist das Datum, an dem die Photovoltaikanlage geliefert beziehungsweise installiert wird (siehe oben). Liegt dieses Datum nach dem 31. Dezember 2022, fällt keine Umsatzsteuer an. Allerdings folgt hieraus nicht zwangsläufig, dass ein geringerer Kaufpreis zu bezahlen ist. Dies ist vom Vertrag und den darin mit dem Verkäufer im Einzelfall getroffenen Vereinbarungen abhängig.
- Was ist, wenn ich meine bestehende Anlage erweitere? Antwort: Erfolgt die Erweiterung nach dem 1. Januar 2023, fällt beim Kauf der Komponenten einschließlich der Installation keine Umsatzsteuer an.
- Ist weiterhin eine Anmeldung des Anlagenbetreibers beim Finanzamt erforderlich? Antwort: Mit der Einspeisung von Strom ist der Anlagenbetreiber Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes. Als solcher hat er sich - wie alle anderen Unternehmer auch - beim Finanzamt steuerlich anzumelden.
- Was ist mit Garantieverträgen oder Wartungsverträgen? Antwort: Für Garantie- und Wartungsverträge gelten weiterhin 19 Prozent Umsatzsteuer.
- Gilt der Nullsteuersatz auch für die Anmietung von Anlagen und bei Leasing- und Mietkaufverträgen? Antwort: Die Anmietung von Photovoltaikanlagen stellt keine Lieferung von Photovoltaikanlagen dar und unterliegt daher dem Regelsteuersatz. Dagegen können Leasing- oder Mietkaufverträge je nach konkreter Ausgestaltung umsatzsteuerrechtlich als Lieferung oder als sonstige Leistung einzustufen sein. Der Nullsteuersatz kann nur auf Lieferungen angewandt werden. In allen anderen Fällen kommt der Regelsteuersatz zur Anwendung. Maßgeblich für die Abgrenzung sind die vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Vertragsparteien. Dabei sind Laufzeit, Zahlungsbedingungen und mögliche Kombinationen mit anderen Leistungselementen u.ä. zu berücksichtigen. Dementsprechend liegt beispielsweise eine Lieferung vor, wenn ein automatischer Eigentumsübergang zum Ende der Vertragslaufzeit vertraglich vereinbart ist. Räumt der Vertrag dem Leasinggeber oder Leasingnehmer in Bezug auf den Eigentumsübergang ein Optionsrecht ein, ist ebenfalls von einer Lieferung auszugehen, wenn auf Grund der objektiv zu beurteilenden Umstände des Einzelfalls keine andere Entscheidung wirtschaftlich sinnvoll ist, als die Übertragung beziehungsweise der Erwerb des Eigentums an dem Leasinggegenstand am Ende der Vertragslaufzeit.
gepostet: 11.02.2023
Investmentfonds: Zulässige Besteuerung fiktiver Übergangsgewinne
Die Besteuerung von Anteilen an Investmentfonds ist zum 1.1.2018 neu geregelt worden. Um auf Anlegerebene einen einheitlichen Übergang auf das neue Besteuerungsrecht zu schaffen, wurde für Investmentanteile, die vor dem 1.1.2018 angeschafft wurden, eine Veräußerungs- und Anschaffungsfiktion eingeführt: Alle Investmentanteile, die vor 2018 angeschafft wurden, galten zum 31.12.2017 als veräußert und zum 1.1.2018 als neu angeschafft. Als Veräußerungserlös galt grundsätzlich der letzte im Kalenderjahr 2017 festgesetzte Rücknahmepreis. Die Veräußerungsfiktion führte nicht zu einer sofortigen Besteuerung der Veräußerungsgewinne oder -verluste. Die Fiktion sorgte lediglich dafür, dass die steuerliche Bemessungsgrundlage einheitlich für alle Anleger zum 31.12.2017 nach den bis dahin geltenden Regeln festgestellt und vermerkt wurde. Zu versteuern ist der Gewinn oder Verlust erst in dem Jahr, in dem der Alt-Anteil tatsächlich veräußert wird. Das Prinzip der "fiktiven Veräußerung" kann allerdings zu ungerechten Ergebnissen führen.

Ein etwas vereinfachtes Beispiel: Ein Anleger hat einen Anteil im Jahr 2015 für 100 erworben; dieser Anteil notierte am 31.12.2017 bei 150. Der fiktive Veräußerungsgewinn betrug 50. Der Anteil wird in 2022 für 80 veräußert. Tatsächlich hat der Anleger also einen Verlust aus der Anlage von 80 ./. 100 = 20 erzielt. Aber: Seit dem 1.1.2018 greift die so genannte Teilfreistellung für Gewinne und Verluste: Die Teilfreistellung bzw. der steuerfreie Anteil richtet sich nach der Art des Fonds: Bei Aktienfonds bleiben für Privatanleger 30 Prozent steuerfrei. Auch von Verlusten werden diese 30 Prozent abgezogen. Für das Beispiel bedeutet dies: Auf der einen Seite steht zunächst der fiktive Veräußerungsgewinn von 50; für diesen "Altgewinn" gibt es keine Teilfreistellung. Auf der anderen Seite steht der Veräußerungsverlust aus der tatsächlichen Veräußerung. Dieser wird wie folgt ermittelt: Verkaufspreis 80 ./. fiktiver Anschaffungswert 150 = ./.70. Dieser Wert wird nun um die Teilfreistellung von 30 Prozent gekürzt, so dass ./. 49 verbleiben. Zu versteuern sind der fiktive Veräußerungsgewinn von 50 abzüglich des Verlustes von 49. Also ist ein Gewinn von 1 zu versteuern, obwohl tatsächlich ein Verlust entstanden ist. Jüngst hat das Finanzgericht Köln entschieden, dass diese Besteuerung von fiktiven Veräußerungsgewinnen nach dem Investmentsteuerreformgesetz zulässig ist (Urteil vom 8.9.2022,15 K 2594/20). Nach Auffassung der Richter ist die besondere Art der Besteuerung auch dann rechtmäßig, wenn ein Veräußerungsgewinn bei wirtschaftlicher Betrachtung überproportional mit Einkommensteuer belastet oder ein entstandener Veräußerungsverlust wie ein Gewinn besteuert werde.

Praxistipp:
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Der Kläger hat gegen das Urteil Revision eingelegt, die unter dem Az. VIII R 15/22 beim Bundesfinanzhof vorliegt. Bitte benachrichtigen Sie uns, wenn bei Ihnen ein ähnlicher Sachverhalt gegeben ist.
gepostet: 10.02.2023
Grundsteuer: Erlassantrag bei Mietausfällen bis Ende März 2023 stellen
Gerade in Corona-Zeiten dürften viele Vermieter Mietausfälle zu beklagen haben. Betroffene sollten dann unbedingt den Stichtag 31. März 2023 beachten: Falls sie bei vermieteten Wohnungen oder Gebäuden im Jahre 2022 ohne eigenes Verschulden erhebliche Mietausfälle erlitten haben, können Vermieter nämlich einen teilweisen Erlass der Grundsteuer beantragen - und zwar bei der zuständigen Gemeindeverwaltung bzw. in Berlin, Hamburg und Bremen (nicht aber Bremerhaven) beim Finanzamt.

Praxistipp:
Bei einer Ertragsminderung von mehr als 50 Prozent beträgt der Grundsteuererlass 25 Prozent, bei einer Ertragsminderung von 100 Prozent gibt es 50 Prozent der Grundsteuer zurück.

Ein Grundsteuererlass kommt aber nicht in Betracht, wenn die Ertragsminderung durch eine Fortschreibung des Einheitswerts berücksichtigt werden kann, etwa wenn ein Gebäude stark beschädigt wurde. In diesen Fällen sollte beim Finanzamt ein Antrag auf Wertfortschreibung des Einheitswerts gestellt werden.

Auch bei eigengewerblich genutzten Immobilien ist ein Erlass der Grundsteuer denkbar; maßgebend ist die Minderung der Ausnutzung des Grundstücks. Wer seine Räumlichkeiten also aufgrund der Konjunktur oder aufgrund von Corona-Maßnahmen nicht im gewohnten Umfang nutzen konnte, sollte einen Antrag auf Grundsteuererlass zumindest in Erwägung ziehen.

Praxistipp:
Betriebsinhaber müssen jedoch zusätzlich darlegen, dass die Einziehung der Grundsteuer nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betriebs unbillig wäre. Dazu sollten sie den Jahresabschluss oder zumindest betriebswirtschaftliche Auswertungen vorlegen können.
gepostet: 08.02.2023
Doppelter Haushalt: "Umgekehrte" Besuchsfahrten sind abziehbar
Die Aufwendungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung werden als Werbungskosten anerkannt. Abziehbar sind unter anderem die Kosten für eine Familienheimfahrt pro Woche, und zwar mit der Entfernungspauschale. Grundsätzlich setzt der Begriff der Familienheimfahrt nach seinem Wortlaut und Sinngehalt voraus, dass der Arbeitnehmer von seinem Beschäftigungsort zu seiner Familie am Wohnort fährt. Eine Familienheimfahrt liegt hingegen nicht vor, wenn der Arbeitnehmer am Beschäftigungsort von seinem Ehegatten oder anderen Familienangehörigen besucht wird. Doch es gibt hier eine Ausnahme: Ist es dem Mitarbeiter aus beruflichen Gründen nicht möglich, am Wochenende nach Hause zu fahren, und fährt daher der Ehegatte, gegebenenfalls mit den Kindern, zum Beschäftigungsort, so können die Kosten dieser "umgekehrten Familienheimfahrt" abziehbar sein. Diese Ausnahme ist nunmehr in den Lohnsteuer-Richtlinien verankert worden, so dass sie für die Finanzämter bindend ist.

In R 9.11 Abs. 6 Nr. 2 heißt es nun: "Aufwendungen für Besuchsfahrten der mit dem Arbeitnehmer in der Hauptwohnung lebenden Personen an den Ort der ersten Tätigkeitsstätte des den doppelten Haushalt führenden Arbeitnehmers sind Werbungskosten, wenn der Arbeitnehmer aus beruflichen Gründen an einer Familienheimfahrt gehindert ist." Damit besteht nun eine Rechtsgrundlage für den Abzug der umgekehrten Familienheimfahrten, an die sich die Finanzbeamten zwingend halten müssen.

Praxistipp:
Was sind berufliche Gründe? Diese hat der Richtliniengeber leider nicht benannt. Man kann unseres Erachtens aber davon ausgehen, dass in folgenden Fällen ein beruflicher Grund gegeben ist: Bereitschaftsdienst, Arbeit am Wochenende, Fortbildungsveranstaltung am Wochenende, Arbeitsüberlastung. Es kann auch sein, dass die Abwesenheit vom Beschäftigungsort aufgrund einer Weisung oder Empfehlung des Arbeitgebers nicht vertretbar oder unerwünscht ist.
gepostet: 06.02.2023
Corona: Steuererleichterungen für Hilfeleistungen erneut verlängert
Die aufgrund der Corona-Pandemie verordneten Einschränkungen sind eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Sowohl Bürger als auch Unternehmen engagieren sich für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, für die Eindämmung der Ausbreitung der Pandemie und für diejenigen, für die die Erledigungen des Alltags plötzlich mit zuvor nie dagewesenen Gefährdungen verbunden sind. Das Bundesfinanzministerium will das gesamtgesellschaftliche Engagement bei der Corona-Hilfe unterstützen und gewährt dazu "steuerliche Maßnahmen zur Förderung der Hilfe für von der Corona-Krise Betroffene". Diese galten zunächst für die Zeit vom 1.3.2020 bis 31.12.2020, wurden aber mehrfach verlängert, zuletzt bis Ende 2022. Nunmehr gibt das Bundesfinanzministerium bekannt, dass die steuerlichen Erleichterungen zur Förderung der Corona-Hilfe erneut verlängert werden, und zwar bis zum 31.12.2023 (BMF-Schreiben vom 12.12.2022, IV C 4-S 2223/19/10003:006). Die steuerlichen Erleichterungen betreffen beispielsweise vereinfachte Zuwendungsnachweise bei Spenden, Spendenaktionen zugunsten der Corona-Hilfe, die steuerliche Behandlung von Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen oder die Mittelverwendung von steuerbegünstigten Organisationen.
gepostet: 05.02.2023
Entnahme einer Wohnung: Zum Sofortabzug von Sanierungsaufwendungen
Wird eine Immobilie aus dem Betriebsvermögen entnommen und im Anschluss modernisiert, so stellt sich die Frage, ob die Kosten sofort in voller Höhe oder nur im Wege der Absetzung für Abnutzung (AfA) abzuziehen sind - vorausgesetzt natürlich, dass die Räumlichkeiten weiter der Einkünfteerzielung dienen, also nach der Entnahme vermietet werden. Der Bundesfinanzhof hat diesbezüglich entschieden, dass die Kosten im Regelfall sofort abziehbar sind, es sei denn, sie nehmen einen solchen Umfang ein, dass sie "echte" Herstellungskosten sind, beispielsweise weil neuer Wohnraum geschaffen wird oder weil es sich um eine Kernsanierung handelt. Unerheblich ist aber, ob die Kosten 15 Prozent des Entnahmewerts überschreiten oder nicht. Diese 15-Prozent-Grenze gilt für "anschaffungsnahe Herstellungskosten", das heißt für Renovierungen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung eines Gebäudes durchgeführt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG). Die Überführung eines Wirtschaftsguts vom Betriebsvermögen in das Privatvermögen ist aber keine Anschaffung in diesem Sinne - so der BFH mit Urteil vom 3.5.2022 (IX R 7/21).

Im Streitfall hatte der Kläger, der Inhaber einer Hofstelle war, eine zu seinem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehörende Wohnung entnommen. Die Wohnung, die in allen Streitjahren vermietet war, sanierte und modernisierte er im Anschluss. Das Finanzamt meinte, der Kläger könne die hierfür entstandenen Aufwendungen nicht sofort als Erhaltungsaufwand abziehen. Vielmehr lägen anschaffungsnahe Herstellungskosten vor, die bei der Ermittlung der Vermietungseinkünfte lediglich im Wege der AfA über die Nutzungsdauer des Objektes verteilt steuerlich geltend gemacht werden könnten. Doch der BFH ist dem entgegengetreten.

Eine Entnahme der Wohnung aus dem Betriebsvermögen sei keine Anschaffung i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG. Es fehle sowohl an der für eine entsprechende Anschaffung notwendigen Gegenleistung als auch an einem Rechtsträgerwechsel, sofern das Wirtschaftsgut in das Privatvermögen desselben Steuerpflichtigen überführt werde. § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG stelle die Überführung eines Wirtschaftsguts in das Privatvermögen des Steuerpflichtigen im Wege der Entnahme nicht durch Fiktion einer Anschaffung gleich. Da noch zu klären ist, ob die Aufwendungen für die Baumaßnahmen möglicherweise echte Herstellungskosten i.S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB darstellen, die ebenfalls lediglich im Wege der AfA zu berücksichtigen wären, hat der BFH die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen.
gepostet: 04.02.2023
Werbungskosten: Kürzung bei steuerfreien Leistungen aus einem Stipendium
Aufwendungen für ein Masterstudium, die grundsätzlich als Werbungskosten abziehbar sind, müssen um steuerfreie Leistungen gekürzt werden, die der Steuerbürger aus einem Stipendium erhält (BFH-Urteil vom 29.9.2022, VI R 34/20). Die Klägerin absolvierte ein Masterstudium in den USA, das als Zweitausbildung galt und bei dem daher ein Werbungskostenabzug in Betracht kam. Für dieses Studium erhielt sie ein Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD). Der DAAD zahlte der Klägerin monatliche Stipendienraten zur Bestreitung des Lebensunterhalts in den USA, insbesondere für Wohnung und Verpflegung. Außerdem erstattete er anteilige Studiengebühren und Reisekosten. Die Klägerin machte die Studiengebühren, Reisekosten, Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung in den USA und Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten geltend, ohne die Stipendienleistungen in Abzug zu bringen. Das hält der BFH aber für falsch.

Die Aufwendungen der Klägerin für ihr Masterstudium stellen dem Grunde nach vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit dar. Diese dürfen sich aber nicht voll steuermindernd auswirken, da ein Stipendium steuerfrei gewährt wurde.

Es bestehen zwei Wege, um den Werbungskostenabzug zu kompensieren: Entweder werden die Werbungskosten gekürzt oder die Zahlungen aus dem Stipendium werden als Einnahme versteuert. Im Urteilsfall war das Stipendium des DAAD nach § 3 Nr. 44 EStG steuerfrei, so dass eine Kompensation des Werbungskostenabzugs durch eine Einnahme ausschied. Daher werden die Werbungskosten gekürzt, das heißt, sie dürfen nicht abgezogen werden, soweit dafür das Stipendium gewährt worden ist. Dies ergibt sich aus § 3c Abs. 1 EStG.
gepostet: 02.02.2023
Bilanzierung: Rückstellung für Verpflichtungen aus Kundenkartenprogramm
Verpflichtet sich ein Handelsunternehmen gegenüber den an seinem Kundenkartenprogramm teilnehmenden Kunden, diesen im Rahmen eines Warenkaufs in Abhängigkeit von der Höhe des Warenkaufpreises Bonuspunkte bzw. Gutscheine zu gewähren, die der Karteninhaber innerhalb des Gültigkeitszeitraums bei einem weiteren Warenkauf als Zahlungsmittel einsetzen kann, ist für die am Bilanzstichtag noch nicht eingelösten Bonuspunkte bzw. Gutscheine eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden, wenn wahrscheinlich ist, dass die Verbindlichkeit entsteht und dass das Unternehmen in Anspruch genommen werden wird (BFH-Urteil vom 29.9.2022, IV R 20/19).

Die Klägerin, deren Tochterunternehmen und Partnerunternehmen gaben gemeinsam die A-Card heraus. Die Inhaber der A-Card erhielten beim Einkauf in den teilnehmenden Geschäften und im A-Onlineshop Bonuspunkte auf den jeweiligen Wert ihres Einkaufs in Höhe von 3 Prozent. Die Bonuspunkte wurden auf das Bonuspunktekonto des Karteninhabers übertragen und fortlaufend aufaddiert. Die auf dem Bonuspunktekonto gutgeschriebenen Punkte konnten ab einem Punktestand von 250 Punkten (entspricht 2,50 Euro) im A-Onlineshop eingelöst werden. Das Finanzamt war der Auffassung, dass die Einlösungsverpflichtung aus dem Bonuspunktesystem bei der Klägerin zum Bilanzstichtag weder eine zu passivierende Verbindlichkeit begründe, noch eine ungewisse Verbindlichkeit, die in Form einer Rückstellung gewinnmindernd Berücksichtigung finden könne. Doch die hiergegen gerichtete Klage war erfolgreich; die Revision des Finanzamts hat der Bundesfinanzhof zurückgewiesen. Die Klägerin musste in ihrer Bilanz für die am Bilanzstichtag noch nicht eingelösten Bonuspunkte/Gutscheine eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten bilden.

Praxistipp:
Anders sind Sachverhalte zu beurteilen, in denen Gutscheine ausgegeben werden, die einen Anspruch auf Preisermäßigung von Dienstleistungen im Folgejahr gewähren. Für diese Gutscheine sind im Ausgabejahr weder Verbindlichkeiten noch Rückstellungen zu bilanzieren. Das hat der BFH mit Urteil vom 19.9.2012 (IV R 45/09) für den Fall von Friseursalons entschieden, die ihren Kunden als Weihnachtsgeschenke jeweils einen oder zwei Gutscheine ausgehändigt haben, die die Kunden beim nächsten Besuch des Friseursalons einlösen konnten. Der Unterschied zwischen dem aktuellen Urteilsfall und dem "Friseurgutschein-Fall" liege darin, dass die Gutscheine der Friseursalons einen Preisnachlass nicht für bereits bezogene, sondern für künftige Dienstleistungen enthalten. Die Verbindlichkeiten der Friseursalons seien im Ausgabejahr weder rechtlich entstanden noch wirtschaftlich verursacht.
gepostet: 01.02.2023
Januar 2023
GmbH: Satzungen und Verträge zum Jahresanfang prüfen
Vereinbarungen zwischen einer GmbH und ihren Gesellschaftern müssen im Vorhinein getroffen werden, um steuerlich anerkannt zu werden. Rückwirkende Vereinbarungen werden von den Finanzämtern grundsätzlich verworfen und führen üblicherweise zu verdeckten Gewinnausschüttungen. Daher sollten jeweils zum Jahresanfang sowohl die GmbH-Satzungen, jegliche Verträge mit den Gesellschaftern (z.B. Darlehensverträge) und insbesondere die Anstellungsverträge mit den Geschäftsführern auf ihre Aktualität hin untersucht werden. Zu prüfen wären bei den Anstellungsverträgen unter anderem die Angemessenheit der Höhe des Gehalts, der Tantieme und anderer variabler Gehaltsbestandteile sowie des Urlaubs- und Weihnachtsgeldanspruchs. Sofern ein Pensionsanspruch besteht, sollte auch dieser auf seine Angemessenheit hin überprüft werden.

Verständlicherweise besteht immer wieder der Wunsch, auch dem Gesellschafter-Geschäftsführer eine Vergütung zu zahlen, die sich nach dem Umsatz richtet. Doch Vorsicht: Diese wird nur in ganz wenigen Ausnahmefällen anerkannt. Also sollte lieber eine Tantieme vereinbart werden, die sich am Gewinn orientiert. Der erfolgsabhängige Bestandteil sollte üblicherweise nicht höher sein als ¼ der Gesamtvergütung, das heißt das Verhältnis von Festgehalt zu variablem Gehalt sollte bei 75 zu (max.) 25 liegen.

Auch die "Gesamtausstattung" eines Gesellschafter-Geschäftsführers muss noch angemessen sein. Orientieren Sie sich daher an branchenüblichen bzw. betriebsinternen Werten oder an Zahlen aus Vergleichsstudien. Zudem darf die Vergütung nicht zu einer so genannten Gewinnabsaugung führen, das heißt, der Gesellschaft muss nach Abzug des Geschäftsführergehalts noch ein angemessener Gewinn verbleiben.

Verrechnungskonten sind ein beliebtes Mittel, um Zahlungen zwischen GmbH und Gesellschafter abzuwickeln und um nicht bei jeder Kleinigkeit einen gesonderten Darlehensvertrag abschließen zu müssen. Der Jahresanfang ist ein guter Zeitpunkt, um zu prüfen, ob Verrechnungskonten ausgeglichen werden sollten, ob die Verbindlichkeiten werthaltig sind, ob eine Umwandlung in ein langfristiges Darlehen erfolgen sollte und ob die Verzinsung noch angemessen ist.

Sofern ein Miet- oder Pachtvertrag zwischen einer GmbH und einem Gesellschafter besteht, sollte auch dieser daraufhin untersucht werden, ob er - noch - einem Fremdvergleich standhält. Bitte beachten Sie, dass beim Neuabschluss oder der Beendigung eines Miet- oder Pachtvertrages mit der eigenen GmbH eine so genannte Betriebsaufspaltung entstehen oder entfallen kann - mit zum Teil enormen steuerlichen Auswirkungen. Bitte informieren Sie uns daher frühzeitig über entsprechende Pläne. Gleiches gilt bei einem Gesellschafterwechsel in der GmbH oder auf Seiten des Vermieters bzw. Verpächters.
gepostet: 29.01.2023
Gesetzgebung: Neue Meldepflichten sowie Modernisierung der Außenprüfung
Die steuerlichen Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2022 und das Inflationsausgleichsgesetz stehen sicherlich mehr im Fokus der Öffentlichkeit als das Gesetz zur Umsetzung der als DAC 7 bekannten EU-Richtlinie. Doch auch diese gesetzgeberische Maßnahme kann zumindest für einige Unternehmen eine große Bedeutung haben. So wird bereits ab 2023 eine Verpflichtung für Betreiber digitaler Plattformen geschaffen, an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) in systematischer Weise jährlich spezifische Informationen zu melden, die eine Identifizierung der auf den Plattformen aktiven Anbieter und die steuerliche Bewertung der von diesen durchgeführten Transaktionen ermöglichen. Um sicherzustellen, dass die zu meldenden Informationen verfügbar und von hinreichender Qualität sind, werden die Plattformbetreiber verpflichtet, sie unter Beachtung bestimmter Sorgfaltspflichten bei den Anbietern zu erheben. Zu den meldepflichtigen Anbietern zählen Personen und Unternehmen, die im Inland ansässig bzw. steuerpflichtig sind, wie auch solche, die in anderen Mitgliedstaaten der Besteuerung unterliegen. Damit die anderen Mitgliedstaaten die für sie relevanten Informationen erhalten, sieht das Gesetz einen automatischen Informationsaustausch vor, den das BZSt mit den zuständigen Behörden des Auslands durchführen soll. Der automatische Informationsaustausch stellt auch sicher, dass das BZSt im Gegenzug Informationen zu Anbietern erhält, die im Inland steuerpflichtig sind und von Plattformbetreibern an ausländische Steuerbehörden gemeldet worden sind.

Von Bedeutung ist auch, dass die Durchführung von Außenprüfungen modernisiert wird. Diese sollen künftig früher begonnen und abgeschlossen werden. So wird etwa ein neues Sanktionssystem eingeführt, um Steuerpflichtige zur besseren und schnelleren Mitwirkung zu bewegen. Dieses so genannte qualifizierte Mitwirkungsverlangen an Betriebe darf frühestens nach Ablauf von sechs Monaten seit Bekanntgabe der Prüfungsanordnung ergehen. Kommt der Steuerpflichtige dem qualifizierten Mitwirkungsverlangen aber innerhalb einer Frist von einem Monat nicht oder nicht hinreichend nach (Mitwirkungsverzögerung), wird ein Verzögerungsgeld festgesetzt. In begründeten Einzelfällen kann die Frist von einem Monat verlängert werden.

Zudem wird die sogenannte Ablaufhemmung begrenzt: Bisher trat die Festsetzungsverjährung erst ein, wenn die aufgrund der Betriebsprüfung erlassenen geänderten Bescheide formal bestandskräftig waren. Nun soll eine Betriebsprüfung nur noch für maximal fünf Jahre nach Erlass der Prüfungsanordnung den Ablauf der Festsetzungsfrist hemmen. Diese Regelung soll die Finanzämter dazu bewegen, Prüfungen zeitig abzuschließen. Finanzämtern soll es darüber hinaus gestattet sein, Prüfungsschwerpunkte festzulegen, um so den Ablauf der Prüfung effizienter zu gestalten.
gepostet: 27.01.2023
eBay-Händler: Unternehmereigenschaft bei planmäßigem An- und Verkauf
Ein Verkäufer, der auf jährlich mehreren hundert Auktionen Waren über "eBay" veräußert, unterliegt mit seinen Verkäufen der Umsatzsteuer, sofern die Kleinunternehmergrenze überschritten ist. Kürzlich hat der Bundesfinanzhof diesen Grundsatz bestätigt. Es ging um folgenden Sachverhalt: Die Klägerin erwarb bei Haushaltsauflösungen Gegenstände und verkaufte diese über einen Zeitraum von fünf Jahren auf der Internet-Auktions-Plattform "eBay" in ca. 3.000 Versteigerungen und erzielte daraus Einnahmen von ca. 380.000 Euro. Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass dies als nachhaltige Tätigkeit im Sinne des Umsatzsteuerrechts zu beurteilen ist. Allerdings ist nicht der gesamte Erlös der Umsatzsteuer zu unterwerfen, sondern nur die Differenz zwischen Verkaufs- und Ankaufspreis. Es gelten die Grundsätze der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG (BFH-Urteil vom 12.5.2022, V R 19/20).

Praxistipp:
Der BFH hat die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen. Diese muss die bisher fehlenden Feststellungen zur Differenzbesteuerung nachholen. Fehlende Aufzeichnungen über Einkäufe stehen nach dem Urteil des BFH der Differenzbesteuerung nicht zwingend entgegen, so dass dann zu schätzen sein kann. Allerdings empfehlen wird dennoch dringend, entsprechende Aufzeichnungen zu führen, denn auch wenn eine Schätzung zulässig ist, so wird diese mit einem Sicherheitsabschlag zulasten des Steuerpflichtigen einhergehen. Im Übrigen ist neben der Umsatzsteuer natürlich auch die Einkommen- und Gewerbesteuer zu berücksichtigen. Sofern Unterlagen über Ankäufe fehlen, können die Einstandspreise - wenn überhaupt - ebenfalls nur im Wege der Schätzung berücksichtigt werden. Und auch hier wird es Sicherheitsabschläge geben.
gepostet: 25.01.2023
Unterstützung bedürftiger Personen: Unterhalt bereits zum Jahresanfang zahlen
Wer unterhaltsberechtigte Angehörige finanziell unterstützt, darf seine Zahlungen als außergewöhnliche Belastungen steuerlich geltend machen. Im Jahre 2023 sind bis zu 10.908 Euro abziehbar. Eine zumutbare Belastung wird dabei nicht gegengerechnet, wohl allerdings eigene Einkünfte und Bezüge der unterhaltenen Person, soweit diese 624 Euro im Jahr übersteigen. Wichtig ist aber, dass die Zahlungen möglichst frühzeitig geleistet werden, denn sonst drohen steuerliche Nachteile.

Im Einzelnen: Der Höchstbetrag von 10.908 Euro mindert sich um jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für den Abzug der Unterhaltsleistungen nicht vorgelegen haben, um je ein Zwölftel. Da Unterhaltsleistungen nach Ansicht der Finanzverwaltung nicht auf Monate vor ihrer Zahlung zurückbezogen werden dürfen, würde eine Zahlung erst im Laufe des Jahres also dazu führen, dass sich der Höchstbetrag mindert und die ersten Monate steuerlich eventuell verloren sind. Der Bundesfinanzhof hat diese Haltung mit Urteil vom 25.4.2018 (VI R 35/16) für zutreffend befunden. Beispiel: Der Sohn leistet im Dezember 2023 eine Unterhaltszahlung in Höhe von 3.000 Euro an seinen mittellosen Vater im Ausland. Die Unterhaltsleistung ist für ein ganzes Jahr bestimmt. Eine monatliche Zahlung ist wegen der hohen Gebühren für Auslandsüberweisungen nicht sinnvoll. Das Finanzamt wird diese Zahlung jedoch nur mit einem Zwölftel des Höchstbetrages von 10.908 Euro anerkennen, da Unterhaltsleistungen nur absetzbar sind, soweit sie dem laufenden Lebensbedarf der unterhaltenen Person im Kalenderjahr der Leistung dienen. Gegebenenfalls ist der Betrag bei der Unterstützung bedürftiger Personen - je nach Wohnsitzstaat des Empfängers - noch entsprechend der so genannten Ländergruppeneinteilung zu kürzen. Der BFH stützt dieses Ergebnis.

Praxistipp:
Das Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, eine größere Unterhaltszahlung zu Beginn des Jahres zu leisten. Bei Unterhaltsleistungen an Ehegatten mit Wohnsitz im Ausland soll das negative Urteil übrigens nicht gelten. Insoweit ist davon auszugehen, dass die Zahlungen stets zur Deckung des Lebensbedarfs des gesamten Kalenderjahrs bestimmt sind. Aber dennoch sollte auch hier lieber eine Unterstützung bereits zu Jahresbeginn erfolgen. Im Übrigen ist der Abzug von Unterhaltszahlungen an den Ehegatten ohnehin nur möglich, wenn nicht die Voraussetzungen der Zusammenveranlagung vorliegen.
gepostet: 23.01.2023
Inflationsausgleichsprämie: Fragen-Antworten-Katalog des BMF
Arbeitgeber dürfen ihren Mitarbeitern eine so genannte Inflationsausgleichsprämie gewähren, die bis zu einem Betrag von 3.000 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei bleibt. Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass die Leistung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt wird. Die Regelung gilt für Zahlungen, die vom 26.10.2022 bis zum 31.12.2024 geleistet werden. Bei dem Wert von 3.000 Euro handelt es sich um einen steuerlichen Freibetrag, der auch in mehreren Teilbeträgen ausgezahlt werden kann. Es genügt, wenn der Arbeitgeber bei Gewährung der Prämie deutlich macht, dass diese im Zusammenhang mit der Preissteigerung steht - zum Beispiel durch entsprechenden Hinweis auf dem Überweisungsträger im Rahmen der Lohnabrechnung (§ 3 Nr. 11c EStG). Das Bundesfinanzministerium hat soeben einen Fragen-Antworten-Katalog zur Inflationsausgleichsprämie veröffentlicht. Dieser ist auf der Interseite des BMF unter folgendem Link abrufbar:
https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/FAQ/2022-12-07-FAQ-Inflationsausgleichspraemie.html

Praxistipp:
Die grundsätzliche Zahlung der Inflationsausgleichsprämie als auch eine eventuelle Verteilung unter den Arbeitnehmern stehen steuerlich zwar im freien Belieben des Arbeitgebers (Bundestags-Drucksache 20/3987 vom 14.10.2022). Aus dem Tarif- oder dem Arbeitsrecht können sich aber abweichende Handhabungen ergeben. Sofern nicht alle Arbeitnehmer eine Prämie erhalten oder diese ihrer Höhe nach differenziert gezahlt wird, müssen objektive Gründe für die unterschiedliche Behandlung vorliegen. Ansonsten gilt arbeitsrechtlich der Gleichbehandlungsgrundsatz.
gepostet: 21.01.2023
Vermögensverwaltende GbR: Gewerbliche Abfärbung selbst bei Verlusten
Eine rein vermögensverwaltende GbR erzielt keine gewerblichen Einkünfte, sondern üblicherweise Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Es ist aber eine Steuerfalle zu beachten, die unter den Namen "Abfärberegelung" und "Infektionstheorie" bekannt ist. Wenn die Gesellschaft auch einer gewerblichen Tätigkeit nachgeht, werden ihre gesamten Einkünfte zu gewerblichen Einkünften - sie werden "infiziert". Zudem wird ihr Vermögen zu Betriebsvermögen und ist dann steuerverhaftet, das heißt, dass ein Gewinn aus dem Verkauf einer Immobilie auch jenseits der zehnjährigen Spekulationsfrist zu versteuern ist. Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 30.6.2022 (IV R 42/19) entschieden, dass die gewerbliche Infizierung oder Abfärbung selbst dann eintritt, wenn eine GbR neben der reinen Vermietungstätigkeit nur eine Photovoltaikanlage betreibt, aus der sie Verluste erwirtschaftet.

Im Streitfall hatte die Klägerin, eine vermögensverwaltende GbR, auf einem von ihr vermieteten Grundstück eine PV-Anlage errichten lassen, aus deren Betrieb sie zunächst Verluste erwirtschaftete. Dem Finanzamt gegenüber erklärte sie Einkünfte aus der Vermietung von Grundstücken sowie gewerbliche Verluste im Zusammenhang mit der PV-Anlage. Das Finanzamt ging demgegenüber davon aus, dass die Klägerin ausschließlich gewerbliche Einkünfte erzielt habe. Denn sie habe mit dem Betrieb der PV-Anlage eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt, die auf die im Übrigen vermögensverwaltende Tätigkeit abgefärbt habe. Das Finanzgericht wies die dagegen gerichtete Klage ab. Der BFH bestätigte das Urteil der Vorinstanz. Zwar gibt es ein älteres Urteil aus dem Jahr 2018, wonach Verluste aus einer gewerblichen Tätigkeit nicht zur Umqualifizierung der vermögensverwaltenden Tätigkeit einer GbR führen (BFH-Urteil vom 12.04.2018, IV R 5/15). Diese Rechtsprechung hat der Gesetzgeber aber rückwirkend außer Kraft gesetzt. Nach dieser Neuregelung tritt die umqualifizierende ("abfärbende“) Wirkung einer originär gewerblichen Tätigkeit (hier: aus dem Betrieb der PV-Anlage) einer Personengesellschaft unabhängig davon ein, ob aus dieser Tätigkeit ein Gewinn oder Verlust erzielt wird. Der BFH erachtet diese Neuregelung und deren rückwirkende Geltung als verfassungsgemäß. Immerhin: Es gibt eine Bagatellgrenze. Danach führt eine originär gewerbliche Tätigkeit einer Personengesellschaft nicht zur Umqualifizierung ihrer im Übrigen freiberuflichen Tätigkeit, wenn die originär gewerblichen Nettoumsatzerlöse 3 Prozent der Gesamtnettoumsätze der Personengesellschaft (relative Grenze) und zugleich den Höchstbetrag von 24.500 Euro im Veranlagungszeitraum (absolute Grenze) nicht übersteigen. Das gilt nach Ansicht des BFH auch dann, wenn die Personengesellschaft neben ihrer originär gewerblichen eine vermögensverwaltende Tätigkeit ausübt. Im Streitfall war diese Bagatellgrenze allerdings überschritten.

Praxistipp:
Sofern der Betrieb einer PV-Anlage im Rahmen einer vermögensverwaltenden GbR geplant ist, sollten Sie uns vorzeitig informieren. Es wäre zu prüfen, ob es Ausweichgestaltungen gibt oder ob Sie bereits von der Vereinfachung profitieren können, die nun gilt. Es greift eine Ertragsteuerbefreiung für Einnahmen aus dem Betrieb von PV-Anlagen bis zu einer Bruttonennleistung von 30 kWp auf Einfamilienhäusern und Gewerbeimmobilien bzw. 15 kWp je Wohn- und Gewerbeeinheit bei übrigen Gebäuden (z.B. Mehrfamilienhäuser, gemischt genutzte Immobilien). Beim Betrieb mehrerer Anlagen gilt die Befreiung für max. 100 kWp. Bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften, deren PV-Anlagen die genannten Größen nicht überschreiten, soll nun keine gewerbliche Infizierung mehr eintreten.
gepostet: 19.01.2023
Antrag auf verbindliche Auskunft: Gebührenpflicht auch bei Antragsrücknahme
Zuweilen sind die steuerlichen Auswirkungen eines geplanten Sachverhalts im Vorhinein nicht hinreichend zu bestimmen. Zumindest dann, wenn es bei der Verwirklichung der Pläne um hohe Summen geht oder die steuerlichen Folgen gravierend sein können, kann es empfehlenswert sein, zuvor eine verbindliche Auskunft der Finanzverwaltung einzuholen. Allerdings bearbeiten die Finanzämter Anträge auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft nicht kostenlos. Ganz im Gegenteil: Je nach Gegenstandswert oder Zeitaufwand kann die Bearbeitungsgebühr erheblich sein. Allerdings ändern sich Pläne manchmal und so kann es sinnvoll sein, einen Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft zurückzunehmen. Wird ein solcher Antrag vor Bekanntgabe der Entscheidung zurückgenommen, kann die Gebühr ermäßigt werden. Aber: Jüngst hat der Bundesfinanzhof geurteilt, dass im Fall der Rücknahme eines Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft doch nahezu die volle Gebühr anfällt - nämlich dann, wenn das Finanzamt die Bearbeitung fast abgeschlossen hat (BFH-Urteil vom 4.5.2022, I R 46/18).
gepostet: 17.01.2023
Gesetzgebung: Inflationsausgleichsgesetz tritt in Kraft
Bundestag und Bundesrat haben das Inflationsausgleichsgesetz verabschiedet. Folgende Maßnahmen sind von besonderem Interesse: Der Grundfreibetrag steigt im Jahre 2023 auf 10.908 Euro. In 2024 wird er auf 11.604 Euro angehoben. Bei Zusammenveranlagung gelten die doppelten Beträge. Die so genannte kalte Progression soll abgemildert werden: Die "Tarifeckwerte" werden entsprechend der erwarteten Inflation nach rechts verschoben. Das heißt, der Spitzensteuersatz wird 2023 ab einem zu versteuernden Einkommen von 62.810 Euro statt bisher 58.597 Euro greifen, 2024 soll er bei einem zu versteuernden Einkommen von 66.761 Euro beginnen. Bei der Zusammenveranlagung greift der Spitzensteuersatz ab einem zu versteuernden Einkommen von 125.619 Euro (2023) bzw. 133.521 Euro (2024).

Der Kinderfreibetrag (einschließlich des Freibetrages für den Betreuung-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf) wird rückwirkend für 2022 auf 8.548 Euro angehoben; in 2023 wird er auf 8.952 Euro erhöht und ab 2024 auf 9.312 Euro. Oder anders ausgedrückt: Der Kinderfreibetrag beträgt je Elternteil 2.810 Euro (2022), 3.012 Euro (2023) bzw. 3.192 Euro (2024). Hinzu kommt der Freibetrag für den Betreuung-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf in Höhe von unverändert 1.464 Euro je Elternteil.

Eltern und Alleinerziehende mit unverheirateten Kindern unter 25 Jahre, die nur über ein Einkommen und Vermögen verfügen, mit dem sie zwar ihr eigenes Existenzminimum, nicht aber das ihrer Kinder decken können, erhalten zusätzlich zum Kindergeld einen Kinderzuschlag. Dieser war zum 1.1.2022 von 205 Euro auf 209 Euro pro Kind und Monat angehoben worden. Zum 1.7.2022 erfolgte eine Erhöhung um den Kindersofortzuschlag in Höhe von 20 Euro auf 229 Euro. Ab dem 1.1.2023 steigt der Kinderzuschlag auf 250 Euro.

Der Unterhaltshöchstbetrag für 2022 wird rückwirkend von 9.984 Euro auf 10.347 Euro angehoben. So können mehr Kosten, die für eine unterhaltsberechtigte Person anfallen, steuerlich geltend gemacht werden. Zukünftige Anpassungen werden automatisiert, das heißt, sie werden automatisch an den steuerlichen Grundfreibetrag angepasst.
gepostet: 15.01.2023
Arbeitslohn: Entgelt für Kennzeichenwerbung ist grundsätzlich steuerpflichtig
Zahlreiche Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben in der Vergangenheit folgendes - vermeintliches - Steuermodell genutzt: Die Arbeitnehmer verpflichten sich, eine Kennzeichenhalterung mit dem Logo ihres Arbeitgebers an ihrem privaten Pkw anzubringen. Dafür erhalten sie 255 Euro pro Jahr, die nicht Arbeitslohn darstellen sollen, sondern sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG, die bis 255,99 EUR pro Jahr steuerfrei bleiben. Im Jahre 2021 hat das Modell allerdings bereits einen "Dämpfer" durch das Bundessozialgericht erhalten: Bringt der Arbeitnehmer einen Werbeaufkleber des Arbeitgebers an seinem privaten Pkw an und erhält dafür von seinem Arbeitgeber eine Vergütung, so ist diese Zahlung zumindest dann beitragspflichtig, wenn dies per Gehaltsumwandlung erfolgt (Urteil vom 23.2.2021, B 12 R 21/18 R). Nunmehr hat auch der Bundesfinanzhof Stellung genommen und entschieden, dass die Zahlungen des Arbeitgebers Arbeitslohn sind, wenn dem abgeschlossenen "Werbemietvertrag“ kein eigenständiger wirtschaftlicher Gehalt zukommt (BFH-Beschluss vom 21.06.2022, VI R 20/20).

Im Streitfall hatte der Arbeitgeber mit einem Teil seiner Arbeitnehmer "Werbemietverträge“ geschlossen. Danach verpflichteten sich diese, mit Werbung des Arbeitgebers versehene Kennzeichenhalter an ihren privaten Pkw anzubringen. Dafür erhielten sie jährlich 255 Euro. Der Arbeitgeber behandelte das "Werbeentgelt“ als sonstige Einkünfte gem. § 22 Nr. 3 EStG und behielt daher keine Lohnsteuer ein. Dies war auch für die Arbeitnehmer von Vorteil, da solche Einkünfte unterhalb eines Betrags von 256 Euro steuerfrei sind. Das Finanzamt ging demgegenüber von einer Lohnzahlung aus und nahm den Arbeitgeber für die nicht einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer in Haftung. Der BFH hat die Auffassung des Finanzamts bestätigt. Den “Werbemietverträgen“, die an die Laufzeit der Arbeitsverträge geknüpft seien, komme kein eigener wirtschaftlicher Gehalt zu. Für die Bemessung des "Werbeentgelts“ von jährlich 255 Euro sei ersichtlich nicht - wie im wirtschaftlichen Geschäftsverkehr üblich - der erzielbare Werbeeffekt maßgeblich gewesen, sondern allein die Steuerfreigrenze nach § 22 Nr. 3 EStG.
gepostet: 13.01.2023
Bilanzierung: Rückstellung für Altersfreizeit darf gebildet werden
Betriebe, die ihren Mitarbeitern zusätzliche freie Arbeitstage in Form von Altersfreizeit gewähren, können hierfür eine steuermindernde Rückstellung bilden. Dies hat das Finanzgericht Köln mit Urteil vom 10.11.2021 (12 K 2486/20) entschieden. Die Klägerin gewährt ihren älteren Beschäftigten neben ihrem vertraglichen Jahresurlaub einen zusätzlichen jährlichen Anspruch auf bezahlte Freizeit. Voraussetzung für den Erhalt ist eine Betriebszugehörigkeit von mehr als zehn Jahren und das Überschreiten der Altersgrenze von 60 Jahren. Im Rahmen einer Betriebsprüfung lehnte das zuständige Finanzamt die steuermindernde Berücksichtigung der Rückstellung ab. Die Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten seien nicht erfüllt. Insbesondere hätten die beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer keine Mehrleistungen erbracht, die der Betrieb zu bezahlen hätte. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt; die Klägerin könne eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten bilden.

Begründung: Die Klägerin sage die Gewährung weiterer freier Arbeitstage verbindlich zu. Die Beschäftigten würden mit ihrer Arbeitskraft in Vorleistung treten, die entsprechende Gegenleistung werde von der Klägerin demgegenüber erst in der Zukunft erbracht. Damit sei die Verpflichtung des Betriebs zur Gewährung zusätzlicher freier Arbeitstage bereits vor dem Eintritt in die Arbeitsfreistellung entstanden und wirtschaftlich verursacht worden. Dem stehe nicht entgegen, dass die Zusage an die vergangene Dienstzeit und an die zukünftige Betriebstreue der einzelnen Beschäftigten gebunden sei.

Praxistipp:
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Das Finanzamt hat Revision eingelegt, die unter dem Aktenzeichen IV R 22/22 beim Bundesfinanzhof geführt wird (Quelle: Mitteilung des FG Köln vom 25.11.2022).
gepostet: 11.01.2023
Gesetzgebung: Steuerliche Förderung für Heizungen eingeschränkt
Nach § 35c des Einkommensteuergesetzes werden bestimmte energetische Maßnahmen am Eigenheim steuerlich gefördert. Werden die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt, können 20 Prozent der Aufwendungen direkt von der Steuerschuld abgezogen werden. Maximal sind 40.000 Euro je Objekt abzugsfähig, und zwar verteilt über 3 Jahre:
7 Prozent im ersten und zweiten Jahr, höchstens jeweils 14.000 Euro, und 6 Prozent im dritten Jahr, höchstens 12.000 Euro. Das begünstigte Objekt muss bei Beginn der energetischen Maßnahme älter als zehn Jahre sein. Die Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen kann zudem nur in Anspruch genommen werden, wenn die Bescheinigung eines Fachunternehmens nach amtlichem Muster vorliegt. § 35c EStG legt das Verfahren und die umfassten Kategorien der Sanierungsmaßnahmen fest, während die Energetische Sanierungsmaßnahmen-Verordnung (ESanMV) insbesondere die technischen Anforderungen an die einzelnen energetischen Maßnahmen regelt.

Und hier gibt es eine etwas versteckte, aber in der Praxis durchaus wichtige Neuerung. So wurde zunächst die "Richtlinie für die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) - Einzelmaßnahmen" geändert, mit der gasbetriebene Heizungen aus der direkten Förderung herausgenommen wurden. Und nun werden mit der "Zweiten Verordnung zur Änderung der Energetische Sanierungsmaßnahmen-Verordnung" die Änderungen bei der direkten "Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) - Einzelmaßnahmen" in das Steuerrecht übertragen. Das heißt: Gasbetriebene Wärmepumpen, Gasbrennwerttechnik und Gas-Hybridheizungen sind nicht mehr nach § 35c EStG begünstigt. Zudem werden die Anforderungen an Gebäude- und Wärmenetze an die entsprechenden Förderbedingungen der BEG angepasst. Für Biomasseheizungen werden die in der BEG geplanten Änderungen der Vorgaben zum jahreszeitbedingten Raumheizungsnutzungsgrad und Feinstaub umgesetzt. Die aktuelle Verordnung gilt für energetische Maßnahmen, mit denen nach dem 31.12.2022 begonnen wird.
gepostet: 09.01.2023
Arbeitgeber: Veränderte Umlagesätze U1 bis U3 ab Januar 2023
Zum 1. Januar 2023 werden die Umlagesätze der Arbeitgeberversicherung für geringfügig Beschäftigte geändert. Die Umlage U1 für Krankheits- und Kuraufwendungen erhöht sich von 0,9 Prozent auf 1,1 Prozent. Die Umlage U2 für Mutterschaftsaufwendungen sinkt zum gleichen Zeitpunkt von 0,29 Prozent auf 0,24 Prozent. Darüber hinaus soll die Insolvenzgeldumlage U3 angepasst werden. Mit dem Entwurf der Verordnung zur Festsetzung des Umlagesatzes für das Insolvenzgeld für das Kalenderjahr 2023 soll der Umlagesatz 0,09 Prozent auf 0,06 Prozent festgesetzt werden.
gepostet: 07.01.2023
Fahrten zur Arbeit: Taxikosten nur mit Entfernungspauschale abzugsfähig
Ein Arbeitnehmer kann für seine Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz auch bei Nutzung eines Taxis lediglich die Entfernungspauschale als Werbungskosten geltend machen. Das sind 30 Cent je Entfernungskilometer; ab dem 21. Entfernungskilometer erhöht sich der Betrag auf 35 Cent (2021) bzw. 38 Cent (seit 2022). So hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 9.6.2022 (VI R 26/20) entschieden. Zum Hintergrund: Bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln darf ein Arbeitnehmer anstatt der Entfernungspauschale auch höhere tatsächliche Kosten ansetzen. Der BFH hatte nun die Frage zu klären, ob es sich bei einem Taxi um ein öffentliches Verkehrsmittel im Sinne des Einkommensteuergesetzes handelt. Dies hat er aber verneint. Zur Begründung hat der BFH darauf abgestellt, dass der Gesetzgeber bei Einführung der entsprechenden Ausnahmeregelung in § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG eine Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr - insbesondere Bus und Bahn - und damit ein enges Verständnis des Begriffs des öffentlichen Verkehrsmittels vor Augen hatte. Ein Arbeitnehmer, der die Wege zwischen seiner Wohnung und seiner ersten Tätigkeitsstätte mit einem "öffentlichen“ Taxi zurücklegt, kann seine Aufwendungen daher nur in Höhe der Entfernungspauschale geltend machen.
gepostet: 05.01.2023
Einnahmen-Überschussrechner: Betriebsausgaben bei Dauerfristverlängerung
Im Rahmen der Einnahmen-Überschussrechnung sind Betriebsausgaben grundsätzlich in dem Jahr anzusetzen, in dem sie bezahlt worden sind. Allerdings gibt es eine wichtige Ausnahme: Nach der Zehn-Tage-Regel des § 11 EStG gehören Zahlungen, die innerhalb von zehn Tagen nach Ablauf des Jahres geleistet werden, noch zum alten Jahr, wenn es sich um regelmäßig wiederkehrende Betriebsausgaben handelt und sie wirtschaftlich noch dem alten Jahr zuzurechnen sind. Nach zwei aktuellen Entscheidung des Bundesfinanzhofs setzen regelmäßig wiederkehrende Ausgaben aber voraus, dass sie nicht nur kurze Zeit nach dem Kalenderjahr gezahlt, sondern auch rund um den Jahreswechsel fällig geworden sind (BFH-Urteil vom 16.2.2022, X R 2/21; BFH Urteil vom 21.6.2022, VIII R 25/20).

Das Urteil X R 2/21: Der Kläger ermittelte seinen Gewinn per Einnahmen-Überschussrechnung. Er zahlte die Umsatzsteuer für die Monate Mai bis Juli 2017 verspätet erst am 9. Januar 2018, machte die Zahlung dennoch als Betriebsausgabe für das Streitjahr 2017 geltend. Das Finanzamt gewährte den Abzug für das Jahr 2017 nicht. Es meinte, es lägen keine regelmäßig wiederkehrenden Ausgaben im Sinne des Einkommensteuergesetzes vor, da die betroffene Umsatzsteuer nicht rund um die Jahreswende 2017/2018, sondern weitaus früher fällig geworden sei. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Der BFH wies die Revision zurück. Die Ausgabe ist dem Jahr 2018 zuzuordnen.

Das Urteil VIII R 25/20: Am 10.1.2018 leistete die Klägerin die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum Dezember 2017. Diese war aufgrund einer Dauerfristverlängerung aber erst am 10.2.2018 fällig. Auch hier gewährte das Finanzamt den Abzug für das Jahr 2017 nicht; die Ausgabe sei erst dem Jahr 2018 zuzuordnen. Der BFH hat dem Finanzamt zugestimmt. Die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum des Dezembers des Vorjahres, die zwar innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums geleistet, aber wegen einer Dauerfristverlängerung erst danach fällig wird, ist bei Einnahmen-Überschussrechnern erst im Jahr des Abflusses als Betriebsausgabe zu berücksichtigen.
gepostet: 03.01.2023
Gesetzgebung: Jahressteuergesetz 2022 bringt zahlreiche Änderungen
Kurz vor Weihnachten hat der Bundesrat dem Jahressteuergesetz 2022 zugestimmt, mit dem zahlreiche steuerliche Neuerungen und Änderungen einhergehen. Die wichtigsten Punkte stellen wir Ihnen nachfolgend kurz vor:

Kosten des häuslichen Arbeitszimmers
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind auch ab 2023 als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehbar, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Die Kosten werden dann in voller Höhe oder pauschal mit 1.260 Euro anerkannt.

Falls der Mittelpunkt nicht im Arbeitszimmer liegt, dieses aber dennoch benötigt wird, weil im Betrieb oder der Behörde dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, sind die Kosten mit einer Tagespauschale von 6 Euro pro Tag, maximal 1.260 Euro abzugsfähig. Es gelten dann die neuen Regelungen zur Homeoffice-Pauschale (siehe nachfolgend).

Homeoffice-Pauschale
In den Jahren 2020 bis 2022 können Arbeitnehmer, die zu Hause arbeiten und deren Arbeitsplatz nicht die steuerlichen Voraussetzungen für ein Arbeitszimmer erfüllt, einen Pauschalbetrag von 5 Euro pro Tag als Werbungskosten geltend machen (so genannte Homeoffice- oder Homework-Pauschale). Maximal sind 600 Euro im Jahr absetzbar. Ab dem 1.1.2023 wird die Homeoffice-Pauschale entfristet und auch etwas anders gestaltet:
· Für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird, kann ein Betrag von 6 Euro (Tagespauschale), höchstens 1.260 Euro im Jahr, abgezogen werden.
· Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, ist ein Abzug der Tagespauschale zulässig, auch wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird, das heißt, in diesen Fällen kann sowohl die Entfernungspauschale als auch die Tagespauschale von 6 Euro abgezogen werden.
· Soweit Unterkunftskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung geltend gemacht werden, ist ein zusätzlicher Abzug der Tagespauschale nicht zulässig. Gleiches gilt, soweit Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer abgesetzt werden.

Ertragsteuerbefreiung für bestimmte Photovoltaikanlagen
Betreiber von Photovoltaikanlagen erzielen mit ihrer Tätigkeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Ihren Gewinn oder Verlust aus Gewerbebetrieb müssen sie daher grundsätzlich mittels Einnahmen-Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermitteln. Alles in allem ist der Betrieb einer PV-Anlage mit einem gewissen steuerlichen Aufwand verbunden, zumal neben der Einkommensteuer auch die Umsatzsteuer und mitunter sogar die Gewerbesteuer zu beachten sind. Bereits jetzt gibt es eine Vereinfachungsregelung für Betreiber kleiner PV-Anlagen bis 10 kWp: Sie können einen "Antrag auf Liebhaberei" stellen und sind damit von der Einkommensteuer befreit. Es wird unterstellt, dass die Anlage ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird.

Rückwirkend ab dem 1.1.2022 - nicht wie geplant erst ab dem 1.1.2023 - werden bei der Einkommensteuer PV-Anlagen auf Einfamilienhäusern (einschließlich Dächern von Garagen und Carports und anderen Nebengebäuden) bis zu 30 kWp gesetzlich steuerfrei gestellt. Auf einen "Liebhaberei-Antrag" kommt es nicht mehr an. Auch für PV-Anlagen, die auf nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden (z.B. Gewerbeimmobilie, Garagenhof) installiert sind, gilt die Grenze von 30 kWp. Bei Anlagen auf Mehrfamilienhäusern und gemischt genutzten Häusern liegt die Grenze bei 15 kWp pro Wohn- oder Gewerbeeinheit. Auch PV-Anlagen auf überwiegend zu betrieblichen Zwecken genutzten Gebäuden bis zu 15 kWp je Wohn-/Geschäftseinheit sind begünstigt. Pro Steuerpflichtigem oder Mitunternehmerschaft werden insgesamt höchstens 100 kWp steuerfrei gestellt.

Die Steuerbefreiung gilt unabhängig vom Zeitpunkt der Inbetriebnahme der PV-Anlage für Einnahmen und Entnahmen, die ab dem 1.1.2022 erzielt werden.

Absetzung für Abnutzung (AfA)
Bisher werden Gebäude, die Wohnzwecken dienen und nach dem 31.12.1924 fertiggestellt worden sind, linear mit 2 Prozent abgeschrieben; bei Fertigstellung vor dem 1.1.1925 sind es 2,5 Prozent. Die lineare AfA für Wohngebäude, die ab dem 1.1.2023 fertiggestellt werden, wird von 2 Prozent auf 3 Prozent angehoben. Damit werden Gebäude zukünftig grundsätzlich über einen Zeitraum von 33 Jahren abgeschrieben.

Praxistipp:
Weiterhin kann eine kürzere Nutzungsdauer mithilfe eines Gutachtens nachgewiesen werden. Im Regierungsentwurf war vorgesehen, diese Ausnahmeregelung zu streichen. Doch sie bleibt erhalten.

Die Sonderabschreibung nach § 7b EStG soll Anreize für den Bau von Mietwohnungen setzen. Diese Sonderabschreibung wird nun verlängert bzw. neu aufgelegt, aber auch modifiziert. Das heißt: Es können Sonderabschreibungen für Wohnungen in Anspruch genommen werden, für die der Bauantrag oder die Bauanzeige nach dem 31.12.2022 und vor dem 1.1.2027 gestellt wird und die bestimmte Effizienzvorgaben einhalten. Auch müssen eine neue Baukostenobergrenze (4.800 Euro je qm Wohnfläche) und die maximal förderfähige Bemessungsgrundlage (2.500 Euro je qm Wohnfläche) beachtet werden.

Praxistipp:
In der Gesetzesbegründung wird bereits darauf hingewiesen, dass angesichts der dynamischen und nur schwer zu prognostizierenden Entwicklung der Baukosten zukünftig Änderungsbedarf bei den Kostenbezugsgrößen entstehen kann.

Erhöhung des Sparer-Pauschbetrages
Von den Einkünften aus Kapitalvermögen bleibt ein Betrag in Höhe des Sparer-Pauschbetrages steuerfrei. Ab 2023 wird der Sparer-Pauschbetrag von 801 Euro auf 1.000 Euro angehoben, bei Verheirateten von 1.602 Euro auf 2.000 Euro.

Praxistipp:
Bereits erteilte Freistellungsauträge werden automatisch um 24,844 Prozent erhöht. Ist in dem Freistellungsauftrag der gesamte Sparer-Pauschbetrag angegeben, sind 1.000 Euro bzw. 2.000 Euro zu berücksichtigen.

Voller Abzug der Altersvorsorgeaufwendungen bereits ab 2023
Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung sind zusammen mit anderen Beiträgen zur Basisversorgung, etwa Beiträgen zu berufsständischen Versorgungswerken und zu Rürup-Rentenversicherungen, bis zu einem bestimmten Höchstbetrag als Sonderausgaben absetzbar. Die Altersvorsorgebeiträge wirken sich allerdings nur mit einem gewissen Prozentsatz, der Jahr für Jahr steigt, steuermindernd aus. Bereits ab 2023 - und nicht erst ab 2025 - sind Altersvorsorgeaufwendungen zu 100 Prozent als Sonderausgaben absetzbar.

Steuerfreiheit für den Grundrentenzuschlag
Rückwirkend ab dem Jahr 2021 wird der Betrag der Rente, der aufgrund des Grundrentenzuschlags geleistet wird, steuerfrei gestellt. Dadurch kann der Grundrentenzuschlag steuerlich unbelastet in voller Höhe zur Verfügung stehen und so ungeschmälert zur Sicherung des Lebensunterhaltes beitragen.

Erhöhung des Ausbildungsfreibetrages
Eltern haben für Kinder in Schul- und Berufsausbildung, für die sie Kindergeld oder einen Kinderfreibetrag erhalten, Anspruch auf einen Ausbildungsfreibetrag von 924 Euro für "Sonderbedarf", wenn das Kind das 18. Lebensjahr vollendet hat und außerhalb des elterlichen Haushalts untergebracht ist. Ab 2023 wird der Ausbildungsfreibetrag von 924 Euro auf 1.200 Euro erhöht.

Umsatzsteuerlicher Nullsteuersatz für Photovoltaikanlagen
Ab dem 1.1.2023 ist auf die Lieferung, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb (innerhalb der EU) sowie die Installation von Photovoltaikanlagen einschließlich der Stromspeicher bezüglich der Umsatzsteuer ein Nullsteuersatz anzuwenden. Das heißt, diese Leistungen sind von der Umsatzsteuer gänzlich befreit.

Voraussetzung für die Anwendung des Nullsteuersatzes ist, dass die PV-Anlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen oder anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Aus Vereinfachungsgründen gelten die Voraussetzungen als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der PV-Anlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 kWp beträgt.

Pauschalversteuerung
Der Arbeitgeber kann bei Arbeitnehmern, die nur kurzfristig beschäftigt werden, die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 Prozent des Arbeitslohns erheben (Pauschalversteuerungsoption). Voraussetzung für das Vorliegen einer kurzfristigen Beschäftigung ist unter anderem, dass der Arbeitslohn während der Beschäftigungsdauer 120 Euro durchschnittlich je Arbeitstag nicht übersteigt. Die Arbeitslohngrenze orientierte sich bisher an der Höhe des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns, lag aber stets über diesem. Durch das Gesetz zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn wurde der Mindestlohn mit Wirkung zum 1.10.2022 auf 12 Euro je Stunde angehoben. Bei einem Achtstundentag beläuft sich der Mindestlohn danach auf 96 Euro täglich. Als Folgeänderung hierzu wird mit Wirkung zum 1.1.2023 die Arbeitslohngrenze bei kurzfristiger Beschäftigung von 120 auf 150 Euro je Arbeitstag angehoben. Zudem steigt die Stundenlohngrenze von 15 Euro auf 19 Euro.

Weitere Änderungen
Es würde den Rahmen dieser Mandanteninformation sprengen, alle Neuregelungen vorzustellen. Auf folgende Punkte soll aber noch hingewiesen werden:
· Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird ab Januar 2023 um 252 Euro angehoben.
· Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag wird auf 1.230 Euro angehoben.
· Es wurden Regelungen zur Steuerpflicht der Energiepreispauschale für Rentner und Versorgungsbezieher geschaffen.
· Steuerpflichtig wird auch die Gas-/Wärmepreisbremse (Dezemberhilfe). Tatsächlich besteuert wird die Dezemberhilfe aber nur bei Bürgern, die den Solidaritätszuschlag zahlen müssen. Es gilt insoweit eine recht komplizierte - und umstrittene - Regelung zur Besteuerung.
· Öffentliche Leistungen: Es wurde eine gesetzliche Rechtsgrundlage geschaffen, um öffentliche Leistungen unter Nutzung der steuerlichen Identifikationsnummer künftig auf direktem Wege auszahlen zu können (§ 139b AO). Bislang konnten öffentliche Leistungen nur auf "Umwegen", etwa unter Einschaltung der Arbeitgeber, ausgezahlt werden. Dies war zum Beispiel bei der Energiepreispauschale an Arbeitnehmer der Fall.
· Bewertung: Die Faktoren für die Ermittlung der pauschalierten Grundstückswerte sind angepasst worden. Diese Werte dienen insbesondere der Wertermittlung von Immobilien für Erbschaft- und Schenkungsteuerzwecke. Wir hatten bereits darüber berichtet, dass die - recht technisch klingende - Gesetzesänderung dazu führen kann, dass sich die Grundstückswerte und damit die Erbschaft- und Schenkungsteuer bei Immobilienübertragungen erheblich erhöhen können. Hinweis: Die bayerische Landesregierung hatte sich für eine Erhöhung der erbschaftsteuerlichen Freibeträge stark gemacht, ist mit ihrem Antrag aber im Bundesrat gescheitert. Es bleibt abzuwarten, ob eine Erhöhung eventuell in einem späteren Gesetzgebungsverfahrens aufgegriffen wird.
· Umsatzsteuer: Zahlungsdienstleister sind ab 2024 verpflichtet, über bestimmte grenzüberschreitende Zahlungen zu informieren. So soll der Umsatzsteuerbetrug, insbesondere im Bereich des grenzüberschreitenden elektronischen Geschäftsverkehrs, besser bekämpft werden. Die Meldungen werden in ein zentrales elektronisches Zahlungsinformationssystem (CESOP) eingepflegt, das von der EU-Kommission entwickelt und technisch verwaltet wird.
· Die allgemeinen Vorsteuer-Durchschnittssätze für bestimmte Berufs- und Gewerbezweige entfallen ab 2023.
· Die Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand in § 2b UStG wurde bereits vor Jahren neu gefasst, doch hinsichtlich der erstmaligen Anwendung gab es eine längere Übergangsfrist. Diese sollte eigentlich zum 31.12.2020 auslaufen. Mit dem ersten Corona-Hilfegesetz ist sie jedoch um zwei Jahre bis zum 31.12.2022 verlängert worden, sollte aber endgültig am 31.12.2022 auslaufen. Mit § 27 Abs. 22a UStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2022 wird die Übergangsfrist erneut um zwei Jahre verlängert.
gepostet: 01.01.2023
Dezember 2022
Kaufpreisaufteilung: Neue Arbeitshilfe der Finanzverwaltung
Die Absetzung für Abnutzung (AfA) bei vermieteten Immobilien darf nur von den Anschaffungskosten des Gebäudes, nicht aber vom Wert des Grund und Bodens erfolgen. Wer also ein Haus oder eine Eigentumswohnung erwirbt, muss den einheitlichen Kaufpreis für AfA-Zwecke um den Grund-und-Boden-Anteil kürzen. Das Bundesfinanzministerium stellt für die Kaufpreisaufteilung eine Arbeitshilfe zur Verfügung, die im August 2022 aktualisiert worden ist. Die Arbeitshilfe und eine entsprechende Anleitung können auf den Internetseiten des BMF abgerufen werden (www.bundesfinanzministerium.de; Suchbegriff "Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück").

Praxistipp:
Im Jahre 2020 hatte der Bundesfinanzhof eine frühere Version der Arbeitshilfe weitestgehend verworfen (BFH-Urteil vom 21.07.2020, IX R 26/19). Das BMF hat seine Arbeitshilfe daraufhin überarbeitet, doch es gab weiter Kritik. Ob die jüngste Version der Arbeitshilfe nun "gerichtsfest" geworden ist, wird die Zukunft zeigen. Um Streitigkeiten nach Möglichkeit von vornherein zu vermeiden, ist unbedingt zu empfehlen, bereits im notariellen Kaufvertrag eine Aufteilung des Kaufpreises vorzunehmen. Die Finanzämter sind an diese Werte gebunden, "solange dagegen keine nennenswerten Zweifel bestehen" (BFH-Urteil vom 16.9.2015, IX R 12/14).
gepostet: 31.12.2022
Gesetzgebung: Höhere Erbschaft- und Schenkungsteuer für Immobilienübergang
Die unentgeltliche Übertragung einer Immobilie kann eine hohe Erbschaft- oder Schenkungsteuer auslösen. Das gilt jedenfalls dann, wenn keine Steuerbefreiung in Betracht kommt und wenn bestimmte Freibeträge überschritten werden. Die für die Erbschaft- und Schenkungsteuer maßgebenden Werte werden in einem pauschalierten Verfahren ermittelt, und zwar - je nach Gebäudeart - im Vergleichswert-, im Ertragswert- oder im Sachwertverfahren. Wer mit den pauschalierten Werten nicht einverstanden ist, muss einen Gutachter beauftragen, der den Wert der Immobilie individuell ermittelt. Der Gesetzgeber plant derzeit, die Faktoren für die Ermittlung der pauschalierten Grundstückswerte ab 2023 anzupassen. Dies sieht der Entwurf des Jahressteuergesetzes 2022 vor. So will er die Ermittlung und Anwendung der so genannten Liegenschaftszinssätze sowie der Bewirtschaftungskosten ändern und auch Regionalfaktoren einführen, mit denen der Unterschied zwischen dem bundesdurchschnittlichen und dem regionalen Baukostenniveau berücksichtigt werden soll. Allein schon die Auswirkungen eines neuen Liegenschaftszinssatzes können enorm sein. Der Liegenschaftszins wird zur Wertermittlung von Immobilien im Ertragswertverfahren herangezogen.

Praxistipp:
Alles in allem ist die Wertermittlung recht kompliziert und es soll hier nicht auf weitere Einzelheiten eingegangen. Wir möchten aber darauf aufmerksam machen, dass die Immobilienwerte für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer zumindest im Einzelfall ab 2023 deutlich ansteigen können. Bitte sprechen Sie uns daher sehr kurzfristig an, wenn sie sich ohnehin mit dem Gedanken tragen, eine Immobilie unentgeltlich zu übertragen.
gepostet: 29.12.2022
Umsatzsteuer: Vorsteuerabzug für so genannte Outplacementberatung
Bezieht ein Unternehmer für einen von ihm angestrebten Personalabbau Leistungen von so genannten Outplacement-Unternehmen, so kann er aus den entsprechenden Kosten die Vorsteuer abziehen. Dies gilt zumindest dann, wenn unkündbar und unbefristet Beschäftigte beraten werden, um sie zur Begründung neuer Beschäftigungsverhältnisse zu bewegen (BFH-Urteil vom 30.6.2022, V R 32/20).

Der Sachverhalt: Die Klägerin beabsichtigte einen Personalabbau. Ihre Mitarbeiter waren allerdings zu einem großen Teil aufgrund von Tarifverträgen, die betriebsbedingte Kündigungen ausschlossen, oder aufgrund sonstiger Regelungen unkündbar und unbefristet beschäftigt. Der beabsichtigte Personalabbau konnte daher nur auf freiwilliger Basis mit Zustimmung der betroffenen Mitarbeiter zur Aufhebung ihrer Arbeits- oder Dienstverträge erfolgen. Die Klägerin beauftragte Outplacement-Unternehmen, die sie bei der Erreichung ihrer Personalabbauziele unterstützten. Diese Unternehmen sollten Mitarbeiter individuell betreuen, fachlich beraten und organisatorisch bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz unterstützen, damit diese freiwillig ihre bisherigen Beschäftigungsverhältnisse aufgaben. Die Kosten trug die Klägerin. Aus den Leistungen der Outplacement-Unternehmen machte die Klägerin den Vorsteuerabzug geltend. Das Finanzamt erkannte den Vorsteuerabzug nur teilweise an. Es war der Auffassung, dass die Outplacementberatung eher den Mitarbeitern als dem Unternehmer zugutegekommen sei. Da der "Entstehungsgrund" für die Kosten mehr im Eigeninteresse der Arbeitnehmer als beim Arbeitgeber gelegen habe, sei ein Vorsteuerabzug nicht möglich. Doch die hiergegen gerichtete Klage war erfolgreich; die Revision des Finanzamts wurde zurückgewiesen.

Begründung: Das Interesse eines Unternehmers am Personalabbau überwiegt den Vorteil, der sich für die dort Beschäftigten an der Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses ergibt. So ist es jedenfalls dann, wenn es um die Begründung neuer Arbeitsverhältnisse für unkündbar und unbefristet Beschäftigte geht. Bei derartigen Beschäftigungsverhältnissen kann davon ausgegangen werden, dass sich das Interesse an der Begründung neuer Arbeitsverhältnisse nicht aus dem Wunsch des Beschäftigten nach einem Arbeitgeberwechsel, sondern aus dem unternehmerischen Ziel erklärt, Beschäftigte, deren gegenwärtige Betätigung aus unternehmerischen Gründen beendet werden soll, denen aber nicht gekündigt werden kann, davon zu überzeugen, einer Auflösung des bestehenden Beschäftigungsverhältnisses zuzustimmen. Den Beschäftigten wird ein von ihnen ursprünglich nicht gewünschter Vorteil aus unternehmerischen Gründen quasi aufgedrängt.
gepostet: 27.12.2022
Grunderwerbsteuer: Rückabwicklung eines Grundstückskaufs
Es kommt vor, dass ein Grundstücksgeschäft nach seiner Beurkundung rückabgewickelt werden muss, zum Beispiel weil der Käufer nachweisen kann, dass er vom Verkäufer arglistig getäuscht wurde. Natürlich sind bis dahin bereits hohe Kosten entstanden, die zumeist der Erwerber getragen hat, unter anderem die Grunderwerbsteuer. Das Grunderwerbsteuergesetz sieht dann die Möglichkeit vor, die Grunderwerbsteuer vom Finanzamt zurückzuerhalten, wenn diese bereits entrichtet worden ist. Wer sich mit der entsprechenden Vorschrift, konkret § 16 GrEStG, befasst, wird feststellen, dass diese nicht gerade leicht verständlich ist und in bestimmten Fällen zudem eine Zwei-Jahres-Frist für die Rückerlangung der Grunderwerbsteuer vorsieht.

Der Bundesgerichtshof hat nun entschieden, dass der Käufer einer Immobilie einen unmittelbaren Schadensersatz gegen den Verkäufer hat, wenn er sich aufgrund einer Pflichtverletzung des Verkäufers von dem Kaufvertrag lösen kann. Die von ihm entrichtete Grunderwerbsteuer ist - ebenso wie eine eventuelle Maklerprovision - vom Verkäufer zu ersetzen. Dem Erwerber steht es frei, ob er sich beim Finanzamt und beim Makler um eine Erstattung bemüht oder ob er unmittelbar den Verkäufer in Anspruch nimmt. Wenn sich der Geschädigte direkt an den Verkäufer hält, muss er diesem aber seine Erstattungsansprüche gegen den Fiskus und gegen den Makler abtreten (BGH-Urteil vom 24.9.2021, V ZR 272/19)

Der Sachverhalt: Im Juni 2014 erwarb die Klägerin ein bebautes Grundstück zu einem Kaufpreis von 710.000 Euro. In der Folgezeit zahlte sie an die von ihr beauftragte Maklerin eine Provision von rund 25.000 Euro. Ferner entrichtete sie die vom Finanzamt festgesetzte Grunderwerbsteuer in Höhe von 23.800 Euro. Später hat die Klägerin den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung wirksam angefochten und von dem Verkäufer Schadensersatz verlangt, darunter auch den Ersatz der Grunderwerbsteuer und der Maklerprovision. Der BGH hat der Klägerin diesen Schadensersatz zuerkannt. Die Geschädigte müsse sich nicht darauf verweisen lassen, dass sie einen Anspruch gegen einen Dritten hat, der zum Ausgleich ihrer Vermögensbeeinträchtigung führen könnte. Es stehe ihr in dieser Situation frei, wen sie in Anspruch nimmt. Dadurch solle sie den Aufwand, der mit der Durchsetzung des anderen - durch die Pflichtverletzung entstandenen - Anspruchs verbunden ist, und das diesbezügliche Insolvenzrisiko auf den Schädiger verlagern können. Im Gegenzug muss die Klägerin ihre Ansprüche auf Rückerstattung der Provision gegenüber der Maklerin und der Grunderwerbsteuer gegenüber dem Finanzamt an den Verkäufer abtreten.
gepostet: 25.12.2022
Leiharbeitnehmer: Abzug von Reisekosten bei nur jeweils befristeten Einsätzen
Kosten für die Fahrten zur Arbeit, das heißt zur "ersten Tätigkeitsstätte", dürfen nur mit der Pendlerpauschale steuerlich geltend gemacht werden, während Fahrten zu Auswärtstätigkeiten nach Reisekostengrundsätzen zu berücksichtigen sind. Vereinfacht gesagt werden Fahrten zu Auswärtstätigkeiten fast doppelt so hoch steuerlich berücksichtigt als Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte. Zu Streitigkeiten mit dem Finanzamt kommt es oftmals bei Fahrtkosten von Leih- oder Zeitarbeitnehmern. Diese stehen in einem Arbeitsverhältnis zum Verleiher, fahren aber typischerweise täglich zum Kunden ihres Arbeitsgebers, also dem Entleiher.

Steuerlich ist geregelt, dass der Betrieb des Entleihers in bestimmten Fällen zur ersten Tätigkeitsstätte wird und die Fahrtkosten zu dessen Betrieb dann nur mit der Pendlerpauschale abgezogen werden dürfen. Dies ist der Fall, wenn das Zeitarbeitsunternehmen als Arbeitgeber im Arbeitsvertrag festlegt, den Arbeitnehmer im Betrieb des Entleihers unbefristet ("bis auf Weiteres"), für die Dauer des Dienstverhältnisses oder von vornherein länger als 48 Monate zu beschäftigen. Aber: Soeben hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass bei nur befristeten Einsätzen im Rahmen eines Leiharbeitsverhältnisses keine dauerhafte Zuordnung zur Entleiherfirma und damit dort keine "erste Tätigkeitsstätte" besteht (BFH-Urteil vom 12.5.2022,VI R 32/20). Folglich können die Fahrtkosten mit 30 Cent je gefahrenen Km abgesetzt und gegebenenfalls Mehraufwendungen für Verpflegung geltend gemacht werden.

Der BFH ist der Entscheidung der Vorinstanz entgegen getreten. Diese hatte noch geurteilt: Arbeitnehmer, die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zu einem Zeitarbeitsunternehmen stehen, können selbst dann nur die Entfernungspauschale für ihre Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte geltend machen, wenn das Zeitarbeitsunternehmen mit dem jeweiligen Entleiher des Arbeitnehmers eine Befristung der Tätigkeit vereinbart hat (Niedersächsisches FG, Urteil vom 28.5.2020,1 K 382/16). Doch die hiergegen gerichtete Revision war - wie erwähnt - erfolgreich.
gepostet: 23.12.2022
Arbeitszimmer: Unangekündigte Besichtigung durch das Finanzamt rechtswidrig
Es kann vorkommen, dass ein Mitarbeiter der Finanzverwaltung bei Ihnen ohne vorherige Ankündigung anklingelt, um Sie beispielsweise zu bitten, einen Blick in das von Ihnen geltend gemachte Arbeitszimmer werfen zu dürfen. Die Finanzverwaltung nennt dies "Flankenschutz". Wer vor einer derartigen Ermittlungsmaßnahme des Finanzamts betroffen ist, fühlt sich zumeist überrumpelt, vor allem aber befürchtet er, dass die Finanzbehörde negative Konsequenzen zieht, wenn der Zutritt verweigert wird, das heißt, dass etwa der Werbungskostenabzug für das Arbeitszimmer gestrichen wird. Der Bundesfinanzhof hat soeben entschieden, dass eine unangekündigte Wohnungsbesichtigung üblicherweise unverhältnismäßig und mitunter auch rechtswidrig ist. Zur Überprüfung der Angaben zum häuslichen Arbeitszimmer im Besteuerungsverfahren sei eine Besichtigung in der Wohnung eines mitwirkungsbereiten Steuerpflichtigen erst dann erforderlich, wenn die Unklarheiten durch weitere Auskünfte oder andere Beweismittel (z.B. Fotografien) nicht mehr sachgerecht aufgeklärt werden können. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbürger der Besichtigung zugestimmt hat (BFH-Urteil vom 12.7.2022, VIII R 8/19).

Eine selbständige Unternehmensberaterin machte in ihrer Einkommensteuererklärung erstmals Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer geltend. Auf Nachfrage des Finanzamts reichte sie eine Skizze der Wohnung ein, die der Sachbearbeiter des Finanzamts aber für klärungsbedürftig hielt. Er bat den Flankenschutzprüfer um Besichtigung der Wohnung. Dieser erschien unangekündigt an der Wohnungstür der Steuerpflichtigen, wies sich sogar als Steuerfahnder aus und betrat unter Hinweis auf die Überprüfung im Besteuerungsverfahren die Wohnung. Die Steuerpflichtige hat der Besichtigung zunächst nicht widersprochen. Gegen die Ortsbesichtigung legte die Steuerzahlerin aber später Einspruch und danach Klage ein. Die unangekündigte Ortsbesichtigung sei rechtswidrig, weil sie unverhältnismäßig gewesen sei. Der BFH hat der Klägerin Recht gegeben.

Die Ermittlungsmaßnahme sei auch deshalb rechtswidrig, weil sie von einem Steuerfahnder und nicht von einem Mitarbeiter der Veranlagungsstelle durchgeführt wurde. Denn das persönliche Ansehen des Steuerpflichtigen kann dadurch gefährdet werden, dass zufällig anwesende Dritte (z.B. Besucher oder Nachbarn) glauben, dass beim Steuerpflichtigen strafrechtlich ermittelt wird.

Praxistipp:
Sie sind nicht verpflichtet, einem Finanzbeamten im Rahmen des Flankenschutzes bzw. des reinen Veranlagungsverfahrens Zutritt zu ihrer Wohnung zu gewähren. Verweisen Sie den Mitarbeiter des Finanzamts an uns, damit wir ihm die erforderlichen Auskünfte - gegebenenfalls nach Rücksprache mit Ihnen - erteilen können.
gepostet: 21.12.2022
Photovoltaikanlagen: Mehrere Anlagen gelten als einheitlicher Gewerbebetrieb
Übt ein Unternehmer verschiedene gewerbliche Tätigkeiten aus oder verfügt sein Gewerbebetrieb über mehrere Niederlassungen, so stellt sich stets die Frage, ob insoweit eigenständige Betriebe gegeben sind. Die Interessenlage kann dabei unterschiedlicher Natur sein: Wer Verluste einer gewerblichen Tätigkeit mit Gewinnen aus einer anderen Tätigkeit gewerbesteuerlich verrechnen will, möchte in der Regel einen einzigen Gesamtbetrieb sein Eigen nennen, während die Sache anders aussieht, wenn beide Tätigkeiten Gewinne erwirtschaften und der gewerbesteuerliche Freibetrag von 24.500 Euro mehrfach genutzt werden soll. Dann wäre es vorteilhaft, wenn zwei Gewerbebetriebe vorliegen und der Freibetrag doppelt genutzt werden könnte. Auch wenn ein Betriebsteil verkauft wird und für den Veräußerungsgewinn der einkommensteuerliche Freibetrag und der ermäßigte Steuersatz (§§ 16, 34 EStG) genutzt werden sollen, wären zwei eigenständige (Teil-)Betriebe von Vorteil.

Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass ortsverschieden belegene Photovoltaikanlagen nicht jeweils als eigenständiger Betrieb oder Teilbetrieb gelten. Folge: Der Freibetrag und der ermäßigte Steuersatz kommen beim Verkauf nicht zum Zuge, wenn lediglich ein Teil der Anlagen verkauft wird (BFH-Beschluss vom 13.6.2022, X B 148/21). Der Sachverhalt: Der Kläger betrieb mehrere Photovoltaikanlagen. Drei Anlagen sind auf dem Dach eines Mietshauses installiert. Fünf Anlagen befinden sich auf dem Dach einer etwa vier Kilometer entfernten Hofstelle des Klägers. Für die Anlagen bestehen jeweils gesonderte Stromlieferverträge. Sie werden getrennt gewartet und sind separat versichert. Die Anschaffungskosten wurden je für sich finanziert. Der Kläger erstellte einheitliche Gewinnermittlungen, verbuchte die Einnahmen aus den Anlagen aber auf getrennten Erlöskonten. Im Streitjahr veräußerte er die auf dem Dach des Mietwohngrundstücks befindlichen Photovoltaikanlagen an seinen Sohn. Für den hieraus resultierenden Gewinn beantragte der Kläger den Freibetrag für Veräußerungsgewinne (§ 16 Abs. 4 EStG). Zudem ging er davon aus, dass der Gewinn aus der Veräußerung der Photovoltaikanlagen nicht der Gewerbesteuer unterliege. Beides begründete er damit, dass es sich bei den veräußerten Photovoltaikanlagen um einen eigenständigen Teilbetrieb gehandelt habe, der neben demjenigen auf der Hofstelle existiert habe.

Das Finanzamt sah die Betätigungen des Klägers dagegen als einheitlichen gewerblichen Betrieb an und qualifizierte den aus der Veräußerung erzielten Gewinn daher als laufende - und der Gewerbesteuer unterliegende - Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Begründung: Der Kläger hat mit allen Photovoltaikanlagen eine gleichartige, sogar identische, Tätigkeit ausgeübt. Die veräußerte Anlage verfügte weder über einen eigenen Wirkungskreis noch war dieser eigenes Personal zugeordnet. Ebenso fehlten eine separierte Buchführung sowie eine eigene Verwaltungs- und Organisationsstruktur und ein eigener Kundenstamm.

Praxistipp:
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sprechen unter anderem folgende Kriterien für die Annahme von zwei einzelnen Betrieben: räumliche Trennung, gesonderte Buchführungen, eigenes Personal, jeweils eigene Verwaltungen und eigenes Anlagevermögen, ungleichartige betriebliche Tätigkeiten, ein jeweils eigener Kundenstamm und eine die Eigenständigkeit ermöglichende interne Organisation. Diese Merkmale brauchen zwar nicht sämtlich vorzuliegen, aber eine gewisse Selbständigkeit der beiden Betriebe ist erforderlich. Im o.g. Fall waren diese Kriterien nicht hinreichend erfüllt.

Praxistipp:
Betreiber kleiner Photovoltaikanlagen (derzeit: bis 10 kW) können von dem "Liebhaberei-Wahlrecht" Gebrauch machen. In diesem Fall müssen laufende Gewinne nicht mehr der Einkommensteuer unterworfen werden. Auch ein eventueller Betriebsaufgabegewinn ist nicht zu erfassen. Wenn eine Anlage, für die das Wahlrecht ausgeübt wird, später aber mit Gewinn verkauft wird, dürfte der Veräußerungsgewinn dennoch steuerpflichtig sein, soweit er auf die einkommensteuerlich relevante Phase des Betriebs entfällt (BFH-Urteil vom 11.5.2016, X R 15/15). Ab 1.1.2023 ändert sich die Rechtslage aber: Dann sollen gewisse Anlagen, je nach Installation, mit einer Leistung von bis zu 15 kW oder 30 kW zwingend von der Ertragsbesteuerung ausgenommen werden. Ggf. sind dann auch Veräußerungsgewinne einkommensteuerfrei. Es muss aber noch die endgültige Gesetzesfassung abgewartet werden.
gepostet: 19.12.2022
Gesetzgebung: Bundestag hat das Inflationsausgleichsgesetz beschlossen
Der Bundestag hat am 10.11.2022 das Inflationsausgleichsgesetz beschlossen. Unter anderem ist vorgesehen, das Kindergeld zum 1.1.2023 für jedes Kind auf einheitlich 250 Euro monatlich anzuheben. Der Kinderfreibetrag (einschließlich des Freibetrages für den Betreuung-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf) wird rückwirkend für 2022 auf 8.548 Euro angehoben; in 2023 wird er auf 8.952 Euro erhöht und ab 2024 auf 9.312 Euro. Der Unterhaltshöchstbetrag für 2022 wird rückwirkend von 9.984 Euro auf 10.347 Euro angehoben. So können mehr Kosten, die für eine unterhaltsberechtigte Person anfallen, steuerlich geltend gemacht werden.

Zudem soll der Grundfreibetrag im Jahre 2023 auf 10.908 Euro steigen. 2024 soll der Grundfreibetrag auf 11.604 Euro angehoben werden. Auch der Einkommensteuertarif für die Jahre 2023 und 2024 wird angepasst, um die Effekte der so genannten kalten Progression zumindest etwas ausgeglichen. Der Spitzensteuersatz soll 2023 ab einem zu versteuernden Einkommen von 62.810 Euro statt bisher 58.597 Euro greifen, 2024 soll er bei einem zu versteuernden Einkommen von 66.761 Euro beginnen. Besonders hohe Einkommen ("Reichensteuer") ab 277.826 Euro sind von der Anpassung ausgenommen. Wichtig: Der Bundesrat muss dem Gesetz noch zustimmen.
gepostet: 17.12.2022
Gesetzgebung: Energiepreispauschale von 300 Euro für Rentner
Um einen Teil der gestiegenen Energiekosten abzufedern, hat der Gesetzgeber die Zahlung einer Energiepreispauschale von 300 Euro an Rentner sowie Versorgungsbezieher beschlossen. Die Energiepreispauschale erhält, wer zum Stichtag 1. Dezember 2022 Anspruch auf eine Alters-, Erwerbsminderungs- oder Hinterbliebenenrente der gesetzlichen Rentenversicherung oder auf Versorgungsbezüge nach dem Beamten- oder dem Soldatenversorgungsgesetz hat. Der Anspruch besteht nur bei einem Wohnsitz im Inland. Die Energiepreispauschale wird bis Mitte Dezember einmalig über die jeweiligen Rentenzahlstellen ausgezahlt. Eine Antragstellung zur Auszahlung der Energiepauschale ist nicht erforderlich. Personen, die Ende Dezember erstmals eine Rente beziehen, erhalten die Energiepreispauschale in der Regel erst zum zweiten Auszahlungstermin zu Beginn des Jahres 2023. Die Energiepreispauschale ist einkommensteuerpflichtig, aber nicht sozialversicherungspflichtig. Die Pauschale wird nicht bei einkommensabhängigen Sozialleistungen angerechnet. Soweit von einer Person mehrere der genannten Renten nebeneinander bezogen werden, wird die Energiepreispauschale nur einmal ausgezahlt (Gesetz zur Zahlung einer Energiepreispauschale an Renten- und Versorgungsbeziehende und zur Erweiterung des Übergangsbereichs).

Praxistipp:
Die Energiepreispauschale für Rentner wird auch gewährt, wenn bereits eine Pauschale für Erwerbstätige gezahlt wurde. Die Zahlungen schließen einander nicht aus. Einen Fragen- und Antworten-Katalog (FAQs) zur Energiepreispauschale für Renten- und Versorgungsbeziehende finden Sie auf den Internetseiten des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales unter https://www.bmas.de/DE/Service/Presse/Meldungen/2022/entlastung-fuer-bezieher-von-renten-was-gilt.html.
gepostet: 15.12.2022
Jahrsesübergreifende Optionsgeschäfte: Verrechnung von Glattstellungsprämien
Anleger, die Optionsgeschäfte tätigen, gehen oftmals Gegengeschäfte ein, um ihr Verlustrisiko abzumildern. Man spricht insoweit auch vom Glattstellen einer Option. Im Einkommensteuergesetz ist geregelt , dass sich die Einnahmen aus den Stillhalterprämien um die im Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien mindern, wenn der Stillhalter ein Glattstellungsgeschäft abschließt (§ 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG). Die Frage ist aber, wie bei jahresübergreifenden Optionsgeschäften zu verfahren ist. Nach Auffassung des Bundesfinanzministeriums sind die Stillhalterprämien im Jahr der Vereinnahmung und die Prämien für das Glattstellungsgeschäft zum Zeitpunkt der Zahlung zu erfassen, Letztere als negativer Kapitalertrag (BMF-Schreiben vom 18.1.2016, BStBl 2016 I S. 85, Tz. 25).

Kürzlich hat der Bundesfinanzhof aber gegen die Haltung der Finanzverwaltung entschieden, dass Aufwendungen für Glattstellungsgeschäfte mit den damit zusammenhängenden Stillhalterprämien verrechenbar sind. Wurden diese im Vorjahr oder einem früheren Jahr gezahlt, erfolgt die Verrechnung in dem Jahr, in dem die Stillhalterprämien vereinnahmt wurden. Insoweit handelt es sich um eine Ausnahme vom Abflussprinzip gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG und um ein rückwirkendes Ereignis gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Ergibt sich dabei für das einzelne Stillhalter-/ Glattstellungsgeschäft eine negative Differenz, ist dieser Verlust abzugsfähig und unterliegt nicht dem Werbungskostenabzugsverbot (BFH-Urteil vom 2.8.2022, VIII R 27/21).

Praxistipp:
Bitte beachten Sie, dass die depotführenden Banken die aktuelle Rechtsprechung erst umsetzen dürfen, wenn diese vom Bundesfinanzministerium für allgemeingültig befunden, das heißt, im Bundessteuerblatt veröffentlicht wird. Bis dahin müssen Sie davon ausgehen, dass der Einbehalt der Kapitalertragsteuer noch so erfolgt, wie ihn die Finanzverwaltung im genannten BMF-Schreiben vorgegeben hat. Bitte benachrichtigen Sie uns daher frühzeitig, wenn Sie von dem Urteil betroffen sind, damit die entsprechenden Vorgänge gegebenenfalls im Rahmen der Steuererklärung berücksichtigt werden können.
gepostet: 13.12.2022
Grunderwerbsteuer: Erschließungskosten gehören zur Bemessungsgrundlage
Für den Erwerb einer Immobilie verlangt der Staat Grunderwerbsteuer. Die Höhe der Grunderwerbsteuer bemisst sich zum einen nach dem jeweiligen Steuersatz und zum anderen nach dem Wert der Gegenleistung, üblicherweise also nach dem Kaufpreis. Was aber gilt, wenn bestimmte Erschließungskosten zwar im Kaufpreis enthalten, aber noch nicht realisiert sind? Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs wird die Grunderwerbsteuer auf den gesamten Kaufpreis mitsamt der vereinbarten Erschließungskosten fällig, auch wenn die Erschließungsleistungen erst noch zu erbringen sind (BFH-Urteil vom 23.2.2022, II R 9/21). Der Sachverhalt: Die Kläger erwarben von einer Immobiliengesellschaft ein Grundstück. Im Kaufpreis enthalten waren bereits die Erschließungskosten für das Grundstück, auch wenn die Immobilienfirma die Erschließung erst noch vornehmen musste. Das Finanzamt berücksichtigte auch diese Kosten und setzte auf den gesamten Kaufpreis Grunderwerbsteuer fest, während die Kläger der Ansicht sind, sie hätten ein unerschlossenes Grundstück gekauft, sodass die Kosten für die Erschließung und den Hauswasseranschluss nicht der Grunderwerbsteuer unterlägen.

Der BFH hat die Auffassung des Finanzamtes bestätigt und die noch zu erbringenden Erschließungskosten in die Grunderwerbsteuer einbezogen. Alle Leistungen, die gemäß den vertraglichen Vereinbarungen für den Kauf erbracht werden, seien grunderwerbsteuerpflichtig. Ist das Grundstück zum Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrages noch nicht erschlossen, aber der Verkäufer verpflichtet sich, das Grundstück dem Erwerber in erschlossenem Zustand zu verschaffen, so ist das Grundstück in diesem Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs.

Praxistipp:
Wenn ein Grundstück im unerschlossenen Zustand verkauft wird und sich der Erwerber verpflichtet, gegenüber der Gemeinde für die zukünftige Erschließung des Grundstücks einen bestimmten Betrag zu zahlen, unterliegt dieser Betrag nicht der Grunderwerbsteuer (BFH-Urteil vom 15.3.2001, II R 39/99). Der Unterschied zu dem aktuellen BFH-Fall liegt darin, dass es hier vom Ermessen der Gemeinde abhängt, ob, wie und wann eine Erschließung vorgenommen wird.

Praxistipp:
Beim BFH sind zwei weitere Revisionen anhängig (Az. II R 31/20 und II R 32/20). Die Besonderheit in den hier zugrundeliegenden Sachverhalten besteht allerdings darin, dass die Grundstücke durch die Gemeinde veräußert wurden und diese wiederum noch erschließungspflichtig war.
gepostet: 11.12.2022
Grenzüberschreitende Tätigkeit: A1-Bescheinigung zwingend digital beantragen
Viele Arbeitnehmer, verbeamtete Personen und Selbständige benötigen regelmäßig eine A1-Bescheinigung, wenn sie vorübergehend grenzüberschreitend innerhalb der EU oder in Island, Liechtenstein, Norwegen, der Schweiz oder dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland tätig sind. Für Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft ist seit dem 1. Juli 2019 das elektronische Antragsverfahren ohne Ausnahmen verpflichtend. Für verbeamtete und diesen gleichgestellte Personen im Sinne des Europarechts - dies sind die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes - gilt dies seit dem 1. Januar 2021. Seit Anfang 2022 sind auch Selbständige verpflichtet, die Ausstellung der A1-Bescheinigung elektronisch zu beantragen, wenn sie für einen befristeten Zeitraum grenzüberschreitend innerhalb der betreffenden Staaten tätig sind. Die Beantragung ist über das Portal "sv.net“ vorzunehmen. Papieranträge sind für die vorgenannten Personenkreise mit der verpflichtenden elektronischen Antragstellung nicht mehr zulässig und werden zurückgewiesen.

Praxistipp:
Im Rahmen eines umfassenden Fragen-Antworten-Katalogs greift die DRV zahlreiche Zweifelsfragen zum Thema "A1-Bescheinigung" auf, zum Beispiel, was zu tun ist, wenn die A1-Bescheinigung bei dringenden kurzfristigen Einsätzen noch nicht vorliegt oder ob die A1-Bescheinigung auch für ein Transitland beantragt werden kann (https://www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Ueber-uns-und-Presse/Presse/Meldungen/2019/190312_a1_bescheinigung.html).
gepostet: 09.12.2022
Transparenzregister: Meldepflicht für bestimmte Gruppen bis zum 31.12.2022
Gemäß § 20 Abs. 1 Geldwäschegesetz (GwG) sind juristische Personen des Privatrechts, eingetragene Personengesellschaften und gegebenenfalls nichtrechtsfähige Stiftungen sowie vergleichbare Vereinigungen verpflichtet, Angaben zu ihren wirtschaftlich Berechtigten zwecks Eintragung in das Transparenzregister zu machen. Das Transparenzregister wurde ab 2017 zunächst als so genanntes Auffangregister geführt. Das bedeutete, dass eine Mitteilung nach §§ 20, 21 GwG an das Transparenzregister nur dann notwendig war, wenn sich die Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten nicht aus bestehenden elektronisch abrufbaren Eintragungen in anderen Registern, wie beispielsweise dem Handels- oder Vereinsregister, ergaben. Das hat sich aber geändert. Mit dem Wegfall der so genannten Mitteilungsfiktion wurde das deutsche Transparenzregister zum Vollregister umgewandelt. Dies hat für "Einheiten", die sich bisher auf die Mitteilungsfiktion berufen konnten, zur Folge, dass eine bislang entbehrliche Eintragung der wirtschaftlich Berechtigten nunmehr erforderlich wird. Für diese Fälle hat der Gesetzgeber aber Übergangsfristen normiert:

Aktiengesellschaften, SE und Kommanditgesellschaften auf Aktien mussten die Mitteilung zur Eintragung bis zum 31.3.2022 vornehmen.

Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Genossenschaften und europäische Genossenschaften oder Partnerschaften mussten die mitteilungspflichtigen Angaben bis zum 30.6.2022 zur Eintragung übermitteln.

In allen anderen Fällen muss eine Mitteilung spätestens bis zum 31.12.2022 erfolgen. Betroffen sind insbesondere Personengesellschaften, die im Handelsregister eingetragen sind (OHG, GmbH & Co. KG), aber auch bestimmte Trusts, Treuhänder in Verbindung mit Stiftungen und ausländische Vereinigungen mit Immobilienbesitz in Deutschland.

Praxistipp:
Die Übergangsfristen gelten nicht für diejenigen, die sich bereits vor den gesetzlichen Änderungen in das Transparenzregister eintragen mussten, und auch nicht in den Fällen, in denen eine Eintragung ausdrücklich gefordert wird (z.B. bei Überbrückungshilfen). Für eingetragene Vereine erfolgt die Datenübertragung aus dem Vereinsregister - von Ausnahmen abgesehen - automatisch, so dass eine gesonderte Meldung üblicherweise nicht erforderlich ist.

Praxistipp:
Das Bundesverwaltungsamt hat detaillierte Informationen und einen FAQ-Katalog zum Transparenzregister veröffentlicht: https://www.bva.bund.de/DE/Das-BVA/Aufgaben/T/Transparenzregister/transparenz_node.html
gepostet: 07.12.2022
Grunderwerbsteuer: Erschließungskosten gehören zur Bemessungsgrundlage
Für den Erwerb einer Immobilie verlangt der Staat Grunderwerbsteuer. Die Höhe der Grunderwerbsteuer bemisst sich zum einen nach dem jeweiligen Steuersatz und zum anderen nach dem Wert der Gegenleistung, üblicherweise also nach dem Kaufpreis. Was aber gilt, wenn bestimmte Erschließungskosten zwar im Kaufpreis enthalten, aber noch nicht realisiert sind? Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs wird die Grunderwerbsteuer auf den gesamten Kaufpreis mitsamt der vereinbarten Erschließungskosten fällig, auch wenn die Erschließungsleistungen erst noch zu erbringen sind (BFH-Urteil vom 23.2.2022, II R 9/21). Der Sachverhalt: Die Kläger erwarben von einer Immobiliengesellschaft ein Grundstück. Im Kaufpreis enthalten waren bereits die Erschließungskosten für das Grundstück, auch wenn die Immobilienfirma die Erschließung erst noch vornehmen musste. Das Finanzamt berücksichtigte auch diese Kosten und setzte auf den gesamten Kaufpreis Grunderwerbsteuer fest, während die Kläger der Ansicht sind, sie hätten ein unerschlossenes Grundstück gekauft, sodass die Kosten für die Erschließung und den Hauswasseranschluss nicht der Grunderwerbsteuer unterlägen.

Der BFH hat die Auffassung des Finanzamtes bestätigt und die noch zu erbringenden Erschließungskosten in die Grunderwerbsteuer einbezogen. Alle Leistungen, die gemäß den vertraglichen Vereinbarungen für den Kauf erbracht werden, seien grunderwerbsteuerpflichtig. Ist das Grundstück zum Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrages noch nicht erschlossen, aber der Verkäufer verpflichtet sich, das Grundstück dem Erwerber in erschlossenem Zustand zu verschaffen, so ist das Grundstück in diesem Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs.

Praxistipp:
Wenn ein Grundstück im unerschlossenen Zustand verkauft wird und sich der Erwerber verpflichtet, gegenüber der Gemeinde für die zukünftige Erschließung des Grundstücks einen bestimmten Betrag zu zahlen, unterliegt dieser Betrag nicht der Grunderwerbsteuer (BFH-Urteil vom 15.3.2001, II R 39/99). Der Unterschied zu dem aktuellen BFH-Fall liegt darin, dass es hier vom Ermessen der Gemeinde abhängt, ob, wie und wann eine Erschließung vorgenommen wird.

Praxistipp:
Beim BFH sind zwei weitere Revisionen anhängig (Az. II R 31/20 und II R 32/20). Die Besonderheit in den hier zugrundeliegenden Sachverhalten besteht allerdings darin, dass die Grundstücke durch die Gemeinde veräußert wurden und diese wiederum noch erschließungspflichtig war.
gepostet: 05.12.2022
Elektronische Registrierkassen: Übergangsfrist endet am 31.12.2022
Elektronische Aufzeichnungssysteme, zu denen auch Registrierkassen gehören, müssen generell bereits seit dem 1. Januar 2020 über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung (TSE) verfügen. So sollen Manipulationen an den digitalen Daten verhindert werden. Wurden Registrierkassen nach dem 25. November 2010 und vor dem 1. Januar 2020 angeschafft und sind diese bauartbedingt nicht aufrüstbar, so dürfen diese Registrierkassen bis zum 31. Dezember 2022 weiter verwendet werden. Diese - letzte - Übergangsfrist läuft nun aber ab. Damit dürfen elektronische Kassen ohne TSE nicht weiter verwendet werden.

Praxistipp:
Nach wie vor gibt es zahlreiche Fragen rund um den Einsatz von Registrierkassen und anderen elektronischen Aufzeichnungssystemen, um die TSE und auch um die Belegausgabepflicht. Das Bundesfinanzministerium hat zu vielen Fragen Stellung bezogen. Den Fragen-Antworten-Katalog finden Sie auf den Internetseiten des BMF unter "Service" (https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/FAQ/2020-02-18-steuergerechtigkeit-belegpflicht.html).

Praxistipp:
Nach wie vor ist es zulässig, so genannte offene Ladenkassen (z.B. eine Geldkassette) zu verwenden. Eine Pflicht zur Führung einer Registrierkasse besteht nicht, auch wenn eine solche Kasse in Betrieben mit vielen Bargeldvorgängen natürlich empfehlenswert ist. Zudem unterliegen auch offene Ladenkassen bestimmten Aufzeichnungspflichten.
gepostet: 04.12.2022
Gesetzgebung: Erneute Erhöhung des Übergangsbereichs für Midijobs
Ein Gehalt oberhalb der Minijob-Grenze unterliegt zwar der Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung, doch im so genannten Übergangsbereich (früher: Gleitzone) werden die Sozialabgaben für die Arbeitnehmer von einer ermäßigten Bemessungsgrundlage berechnet - und zwar nach einer komplizierten Berechnungsformel. Für diese so genannten Midijobs gab es zum 1. Oktober 2022 bereits eine wichtige Änderung: Seit diesem Zeitpunkt liegt der Übergangsbereich zwischen 520,01 Euro und 1.600 Euro, wobei sich der Beginn des Übergangsbereichs aufgrund der dynamischen Ausgestaltung der Minijob-Grenze kontinuierlich erhöhen wird. Ab dem 1. Januar 2023 wird der Übergangsbereich bei Midijobs erneut erweitert, und zwar auf 520,01 Euro bis 2.000 Euro. Geregelt ist dies im Gesetz zur Zahlung einer Energiepreispauschale an Renten- und Versorgungsbeziehende und zur Erweiterung des Übergangsbereichs.

Praxistipp:
Der Arbeitnehmerbeitrag beträgt zu Beginn des Übergangsbereichs 0 Euro und steigt dann gleitend zur Obergrenze hin auf den regulären Arbeitnehmeranteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag von rund 20 Prozent an. Der Arbeitgeberbeitrag liegt zu Beginn des Übergangsbereichs bei 28 Prozent und fällt gleitend zur Obergrenze hin auf den regulären Arbeitgeberanteil ab. Die reduzierten Beiträge der Beschäftigten führen nicht zu geringeren Sozialversicherungsleistungen.
gepostet: 03.12.2022
Gestiegene Energiekosten: Billigkeitsmaßnahmen der Finanzverwaltung
Die Folgewirkungen des Ukraine-Krieges und der Sanktionen sind auch für die Bevölkerung und Unternehmen in Deutschland schwerwiegend. Die Finanzämter sind angewiesen, diese besondere Situation bei wirtschaftlich betroffenen Steuerpflichtigen angemessen zu berücksichtigen. Den Finanzämtern stehen neben der Herabsetzung von Vorauszahlungen zur Einkommen- oder Körperschaftsteuer eine Reihe von Billigkeitsmaßnahmen zur Verfügung. Genannt seien hier insbesondere die Stundung oder die einstweilige Einstellung oder Beschränkung der Vollstreckung (Vollstreckungsaufschub). Das Bundesfinanzministerium verfügt hierzu Folgendes (BMF-Schreiben vom 5.10.2022, IV A 3 - S 0336/22/10004: 001): In jedem Einzelfall ist zu entscheiden, inwieweit die Voraussetzungen für eine steuerliche Billigkeitsmaßnahme vorliegen. Die Finanzämter sollen den ihnen hierbei zur Verfügung stehenden Ermessensspielraum verantwortungsvoll ausschöpfen. Bei der Nachprüfung der Voraussetzungen sind bei bis zum 31. März 2023 eingehenden Anträgen keine strengen Anforderungen zu stellen.

Über Anträge auf Billigkeitsmaßnahmen oder Anpassung der Vorauszahlungen unter Einbeziehung der aktuellen Situation soll zeitnah entschieden werden. Auch eine rückwirkende Herabsetzung von Vorauszahlungen für das Jahr 2022 ist im Rahmen der Ermessensentscheidung möglich. Auf die Erhebung von Stundungszinsen kann im Einzelfall aus Billigkeitsgründen verzichtet werden. Voraussetzung hierfür ist unter anderem, dass der Steuerbürger seinen steuerlichen Pflichten, insbesondere seinen Zahlungspflichten, bisher pünktlich nachgekommen ist und er in der Vergangenheit nicht wiederholt Stundungen und Vollstreckungsaufschübe in Anspruch genommen hat, wobei Billigkeitsmaßnahmen aufgrund der Corona-Krise nicht zu Lasten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden. In diesen Fällen kommt ein Verzicht auf Stundungszinsen in der Regel in Betracht, wenn die Billigkeitsmaßnahme für einen Zeitraum von nicht mehr als drei Monaten gewährt wird.

Bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages für Zwecke der Vorauszahlungen gilt für wirtschaftlich Betroffene Folgendes (Oberste Finanzbehörden der Länder vom 20.10.2022, G 1460): Das Finanzamt kann bei Kenntnis veränderter Verhältnisse für den laufenden Erhebungszeitraum die Anpassung der Gewerbesteuer-Vorauszahlungen veranlassen. Das gilt insbesondere für die Fälle, in denen das Finanzamt Einkommensteuer- und Körperschaftsteuervorauszahlungen anpasst. Bei der Nachprüfung der Voraussetzungen sind bei bis zum 31. März 2023 eingehenden Anträgen keine strengen Anforderungen zu stellen. Über Anträge auf Herabsetzung des Gewerbesteuermessbetrags für Zwecke der Vorauszahlungen unter Einbeziehung der aktuellen Situation soll zeitnah entschieden werden. Auch eine rückwirkende Anpassung des Gewerbesteuermessbetrags für Zwecke der Gewerbesteuer-Vorauszahlungen für das Jahr 2022 ist im Rahmen der Ermessensentscheidung möglich. Nimmt das Finanzamt eine Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages für Zwecke der Vorauszahlungen vor, ist die betreffende Gemeinde hieran bei der Festsetzung ihrer Gewerbesteuer-Vorauszahlungen gebunden. Für etwaige Stundungs- und Erlassanträge gilt, dass diese an die Gemeinden und nur dann an das zuständige Finanzamt zu richten sind, wenn die Festsetzung und die Erhebung der Gewerbesteuer nicht den Gemeinden übertragen worden ist.
gepostet: 01.12.2022
November 2022
Absetzung für Abnutzung: Jetzt noch die degressive Abschreibung nutzen
Die degressive Abschreibung ermöglicht es, in den ersten Jahren nach der Anschaffung eines Wirtschaftsguts höhere Abschreibungsbeträge als bei der linearen AfA geltend zu machen. Durch das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz wurde die Möglichkeit zur degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens auch auf das Jahr 2022 ausgedehnt, wird nun aber zum 31.12.2022 auslaufen. Die degressive AfA beträgt das 2,5-fache der linearen Abschreibung, darf allerdings 25 Prozent nicht übersteigen. Die degressive AfA wird vom jeweiligen Restbuchwert berechnet.

Praxistipp:
Wer derzeit die Anschaffung eines beweglichen Wirtschaftsguts für das Anlagevermögen plant, sollte dieses - sofern möglich und wirtschaftlich sinnvoll - noch in 2022 erwerben, um von der degressiven Abschreibung profitieren zu können.
gepostet: 30.11.2022
Gesetzgebung: Umsatzsteuersatz in der Gastronomie bleibt abgesenkt
Der Bundesrat hat am 7.10.2022 zahlreichen Änderungen bei den Verbrauchsteuern zugestimmt. So bleibt es bis Ende 2023 beim reduzierten Umsatzsteuersatz von 7 Prozent auf Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen. Ausgenommen sind weiterhin Getränke. Eigentlich wäre die in der Corona-Pandemie eingeführte Stützungsmaßnahme für die Gastronomie Ende 2022 ausgelaufen.

Die ebenfalls zudem nur temporär ermäßigten Sätze der Biersteuermengenstaffel werden dauerhaft entfristet. Ziel ist es nach der amtlichen Begründung, die einzigartige Biervielfalt und Braukunst sowie die mittelständisch geprägte Brauereistruktur zu stärken. Außerdem befreit das Gesetz Bierwürze, die zur Herstellung von alkoholsteuerpflichtigen Waren verwendet wird, von der Biersteuer. Auch wurde die Absenkung der Vorsteuerpauschale für Landwirte ab 1.1.2023 von 9,5 Prozent auf 9 Prozent beschlossen (Achtes Gesetz zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen).
gepostet: 29.11.2022
Kindergeld für behinderte Kinder: Kapitalauszahlung aus Rentenversicherung
Eltern erhalten das Kindergeld für ein behindertes Kind über das 18. und auch über das 25. Lebensjahr hinaus, wenn dieses wegen seiner Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Voraussetzung ist, dass die Behinderung bereits vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist. Ein behindertes Kind ist außerstande, sich selbst zu unterhalten, wenn seine Einkünfte, Bezüge und sonstigen Einnahmen nicht ausreichen, um seinen Grundbedarf und gegebenenfalls einen behinderungsbedingten Mehrbedarf zu decken. Erhält ein Kind eine Kapitalauszahlung aus einer privaten Rentenversicherung, gehört der Gewinnanteil, der in der Kapitalleistung enthalten ist, zu dessen Bezügen. Dagegen handelt es sich bei dem Teil der Auszahlung, der auf angesparten Beiträgen beruht, um Vermögen. Dies ist bei der Prüfung des Selbstunterhalts nicht zu berücksichtigen. So hat kürzlich der Bundesfinanzhof entschieden (BFH-Urteil vom 15.12.2021, III R 48/20). Der Sachverhalt: Die Mutter bezog für ihren im April 1964 geborenen Sohn Kindergeld. Dieser ist seit seiner Geburt behindert. Seit Juni 1983 war der Sohn Versicherungsnehmer eines Rentenversicherungsvertrages mit Gewinnbeteiligung. Mitte 2019 erhielt der Sohn eine einmalige Kapitalleistung aus dieser Versicherung in Höhe von rund 78.000 Euro. Die Familienkasse hob daraufhin die Kindergeldfestsetzung ab 1.7.2019 auf. Der BFH gab der Familienkasse im Grundsatz recht.

Begründung: Zu den finanziellen Mitteln des behinderten volljährigen Kindes gehören seine Einkünfte und Bezüge, das heißt grundsätzlich alle Mittel, die zur Deckung seines Lebensunterhalts geeignet und bestimmt sind und ihm im maßgeblichen Zeitraum zufließen, nicht jedoch sein Vermögen. Somit sind Einkünfte und Bezüge einerseits und Vermögen sowie Vermögensumschichtungen andererseits voneinander abzugrenzen. Die Zahlung der Versicherung insgesamt ist aber keine reine Vermögensumschichtung. Zu unterscheiden ist zwischen der Auszahlung der Beträge, die das Kind oder der Kindergeldberechtigte zuvor angespart haben, und den Beträgen, welche die Versicherung erwirtschaftet hat. Bei Letzteren handelt es um Bezüge, die bei der Prüfung des Selbstunterhalts zu berücksichtigen sind. Sie sind vergleichbar mit Zinsen, die eine Bank mit Sparguthaben erwirtschaftet. Nicht zu berücksichtigen ist der Kapital- oder Sparanteil der Versicherungsleistung. Insoweit liegt eine Vermögensumschichtung vor und es fehlt an einem Zufluss von außen. Einmalige Bezüge sind auf den Zuflussmonat und die restlichen Monate des Veranlagungszeitraums zu verteilen.

Praxistipp:
Die Sache wurde an die Vorinstanz zurückverwiesen. Diese muss nun ermitteln, in welchem Umfang dem Kind ein Bezug zugeflossen ist, der sich kindergeldschädlich auswirken kann.
gepostet: 28.11.2022
Handwerkerleistung eigener GmbH: Buchung auf Verrechnungskonto reicht nicht
Steuerbürger dürfen die Kosten für Handwerkerarbeiten in der selbst genutzten Wohnung direkt von der Steuerschuld abziehen, und zwar mit 20 Prozent, höchstens 1.200 Euro im Jahr (§ 35a Abs. 3 EStG). Voraussetzung für den Abzug ist aber, dass eine Rechnung ausgestellt wird und die Zahlung auf ein Konto des Handwerkers erfolgt. Die Finanzämter sind insoweit recht streng und verlangen zumeist auch entsprechende Nachweise. Der Bundesfinanzhof musste kürzlich entscheiden, ob eine Steuerermäßigung auch dann möglich ist, wenn ein Steuerzahler die Handwerkerarbeiten durch die eigene GmbH erbringen lässt und die Rechnung nur durch Buchung auf dem Gesellschafter-Verrechnungskonto beglichen wird. Nach Auffassung der obersten Finanzrichter reicht diese Verbuchung allerdings nicht aus (BFH-Beschluss vom 9.6.2022, VI R 23/20).

Der Sachverhalt: Der Kläger ist von Beruf Dachdeckermeister. Er ist an einer GmbH beteiligt, die er mit Abdichtungs- und Reparaturarbeiten an seinem Wohnhaus beauftragte. Die Rechnung beglich er über sein Gesellschafter-Verrechnungskonto. Das Finanzamt versagte die Steuerermäßigung nach § 35a EStG für die Handwerkerleistung, da keine Abwicklung der Zahlung über ein Kreditinstitut erfolgt sei. Die Klage blieb erfolglos. Begründung: Zwar sind die geltend gemachten Aufwendungen für die erbrachten Abdichtungs- und Reparaturarbeiten am Wohnhaus des Klägers grundsätzlich nach § 35a EStG begünstigt. Der Kläger hat die Rechnung der GmbH über die von ihr erbrachten Handwerkerleistungen jedoch weder unter Einbindung eines Kreditinstituts und bankmäßiger Dokumentation des Zahlungsvorgangs beglichen, noch ist der Rechnungsbetrag einem Konto der GmbH gutgeschrieben worden. Die fragliche Gutschrift erfolgte vielmehr im Wege der Aufrechnung durch Belastung des Gesellschafter-Verrechnungskonto des Klägers. Hierbei handelt es sich um ein eigenes Konto des Klägers bei der kontoführenden GmbH und nicht um ein Konto der GmbH als Leistungserbringer. Dieser Zahlungsweg genügt den gesetzlichen Voraussetzungen daher nicht.

Praxistipp:
Achten Sie bei Handwerkerrechnungen darauf, dass der Lohnanteil gesondert ausgewiesen wird, denn nur dieser ist begünstigt. Und überweisen Sie anschließend den Rechnungsbetrag. Übrigens haben sich die Richter des BFH nicht daran "gestoßen", dass die Handwerkerarbeiten von der "eigenen" GmbH erbracht wurden. Bei Beachtung der Formvoraussetzungen, also einer Überweisung vom Privatkonto des Gesellschafters auf das Konto der GmbH, wäre folglich ein Abzug als Handwerkerleistungen möglich gewesen.
gepostet: 27.11.2022
Verluste bei Kapitalerträgen: Verlustbescheinigung bis 15.12.2022 beantragen
Banken nehmen eine Verrechnung von Verlusten und negativen Einnahmen mit positiven Kapitalerträgen bereits während des Jahres vor. Hierzu bilden sie für jeden Anleger einen so genannten Verlustverrechnungstopf. Bis zur Höhe der Verluste wird dann von positiven Kapitalerträgen keine Abgeltungsteuer einbehalten oder früher einbehaltene Steuer wieder erstattet. Genau genommen bilden die Banken sogar zwei Verlustverrechnungstöpfe, und zwar einen allgemeinen Verlustverrechnungstopf und einen Aktien-Verlustverrechnungstopf speziell für Verluste und Gewinne aus Aktiengeschäften. Die Verluste aus den Töpfen überträgt die Bank in das nächste Kalenderjahr, so dass der Verlust steuerlich weiter erhalten bleibt. Doch Sie können auch beantragen, dass die Bank Ihnen eine Bescheinigung über den verbleibenden Verlust ausstellt. Dann wird der Verlustverrechnungstopf auf Null gestellt. Mit dieser Verlustbescheinigung können Sie den Verlustbetrag dann in Ihrer Steuererklärung geltend machen und gegebenenfalls mit positiven Kapitalerträgen anderer Bankinstitute verrechnen lassen. Dazu ist aber ein wichtiger Termin zu beachten: Nur bis zum 15. Dezember 2022 kann die Verlustbescheinigung bei der Bank für das Kalenderjahr 2022 beantragt werden.

Praxistipp:
Die Banken dürfen bei der Frage, ob ein Verlust steuerlich anzuerkennen ist, nur die Auffassung des Bundesfinanzministeriums berücksichtigen. Zuweilen gibt es positive Urteile, die einen Verlustabzug entgegen der Ansicht des BMF zulassen. Doch die Banken dürfen diese Urteile nicht anwenden, solange sie von der Finanzverwaltung nicht "allgemein akzeptiert" werden. Daher ist sehr genau zu prüfen, ob der Verlustverrechnungstopf und die Verlustbescheinigung tatsächlich alle Verluste enthalten.

Praxistipp:
Verluste aus wertlosen Aktien bei der reinen Depotausbuchung dürfen zwar mit Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden, allerdings gibt es hier eine betragsmäßige Grenze. Die Verluste können nur mit Einkünften aus Kapitalvermögen bis zur Höhe von 20.000 Euro ausgeglichen werden. Nicht verrechnete Verluste sind dann auf Folgejahre vorzutragen. Wichtig: Bei wertlos gewordenen Aktien nimmt die Bank keine Verlustverrechnung vor. Sie stellt Verluste also nicht in den Verlusttopf ein. Die Verluste aus wertlos gewordenen Aktien müssen also zwingend in die Steuererklärung übernommen werden. Bitte informieren Sie uns, wenn bei Ihnen entsprechende Verluste entstanden sind.
gepostet: 25.11.2022
PV-Anlagen: Wichtige steuerliche Änderungen zum 1. Januar 2023 geplant
Mit Wirkung zum 1. Januar 2023 sollen Photovoltaikanlagen steuerlich besser gefördert werden. Der Entwurf des Jahressteuergesetzes 2022 sieht Folgendes vor: Ertragsteuerlich, also bei der Einkommen- und Gewerbesteuer, sollen künftig nicht nur kleine Anlagen bis 10 kW von der Besteuerung ausgenommen werden. Nach dem Willen der Bundesregierung wird eine Ertragsteuerbefreiung für Einnahmen aus dem Betrieb von Photovoltaikanlagen bis zu einer Brutto-nennleistung (lt. Marktstammdatenregister) von 30 kW auf Einfamilienhäusern und Gewerbeimmobilien bzw. 15 kW je Wohn- und Gewerbeeinheit bei übrigen, überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden (z.B. Mehrfamilienhäuser, gemischt genutzte Immobilien) eingeführt. Umsatzsteuerlich soll ein so genannter Nullsteuersatz gelten. Das bedeutet: Für die Lieferung, den innergemeinschaftlichen Erwerb, die Einfuhr und die Installation von Photovoltaikanlagen und Stromspeichern soll in Zukunft eine Umsatzsteuer von "0" gelten, soweit es sich um eine Leistung an den Betreiber der Photovoltaikanlage handelt und die Anlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Betreiber von Photovoltaikanlagen werden also bei der Anschaffung der entsprechenden Anlage nicht mehr mit Umsatzsteuer belastet, so dass sich Fragen rund um den Vorsteuerabzug erübrigen. Wenn dieser Nullsteuersatz angewandt wird, bleibt aber der Vorsteuerabzug des Lieferanten bzw. Handwerkers erhalten. Dies erlaubt eine neue EU-Verordnung. Natürlich bleibt abzuwarten, ob die geplanten Regelungen tatsächlich verabschiedet werden.

Praxistipp:
Es ist davon auszugehen, dass der Zeitpunkt der Leistungserbringung darüber entscheidet, ob die Anlage mit Umsatzsteuer geliefert bzw. installiert wird oder ob bereits der Nullsteuersatz zur Anwendung gelangt. Als Leistungszeitpunkt gilt der Tag der Lieferung bzw. Installation oder - wenn eine Abnahme des fertig gestellten Werks vereinbart wurde bzw. vorgesehen ist - der Tag der Übergabe und Abnahme. Der Tag der Bestellung der Anlage ist - nach der derzeitigen Fassung des Gesetzes - unerheblich. Besonderheiten können bei eigenständigen Teilleistungen gelten. Diese werden grundsätzlich bereits im Zeitpunkt der Erbringung und Abnahme besteuert.
gepostet: 23.11.2022
Gesetzgebung: Steuer- und abgabenfreie Sonderzahlung bis 3.000 Euro möglich
Arbeitgebern wird die Möglichkeit eingeräumt, ihren Beschäftigten eine steuer- und sozialabgabenfreie Sonderleistung ("Inflationsausgleichsprämie") von bis zu 3.000 Euro auszuzahlen. Im Einzelnen gilt: Vom Arbeitgeber gewährte Leistungen sind bis zu einem Gesamtbetrag von 3.000 Euro steuer- und abgabenfrei. Hierbei handelt es sich um einen Freibetrag, der unabhängig davon gilt, ob die Leistungen in Form von Zuschüssen oder Sachbezügen gewährt werden. An den Zusammenhang zwischen Leistung und Preissteigerung werden keine besonderen Anforderungen gestellt. Es genügt, wenn der Arbeitgeber bei Gewährung der Leistung in beliebiger Form (zum Beispiel durch entsprechenden Hinweis auf dem Überweisungsträger im Rahmen der Lohnabrechnung) deutlich macht, dass diese im Zusammenhang mit der Preissteigerung steht. Die Prämie muss zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden. Begünstigt sind Arbeitgeberleistungen, die vom Tag nach der Verkündung des Gesetzes bis zum 31.12.2024 geleistet werden. Es kann auch in mehreren Teilbeträgen gezahlt werden (§ 3 Nr. 11c EStG in der Fassung des Gesetzes zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz).

Praxistipp:
Mit einer Ergänzung der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung wird sichergestellt, dass die Inflationsausgleichsprämie bei Beziehern von Leistungen nach dem SGB II nicht als Einkommen berücksichtigt wird, um die steuerliche Privilegierung auch im SGB II nachzuvollziehen.
gepostet: 21.11.2022
Rücklage für Ersatzbeschaffung: Reinvestitionsfrist weiter verlängert
Scheidet ein Wirtschaftsgut infolge höherer Gewalt oder im Zusammenhang mit einem behördlichen Eingriff gegen Entschädigung aus dem Betriebsvermögen aus, so sind eigentlich die stillen Reserven aufzudecken, das heißt, es ist ein Entnahmegewinn zu versteuern. Dies gilt, obwohl das Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen unfreiwillig erfolgt. Allerdings besteht nach Abschnitt R 6.6 der Einkommensteuer-Richtlinien die Möglichkeit, den Entnahmegewinn innerhalb einer bestimmten Frist auf ein funktionsgleiches Wirtschaftsgut (Ersatzwirtschaftsgut) zu übertragen. Die stillen Reserven müssen also nicht sofort versteuert werden, wenn der Gewinn wieder investiert werden soll. Falls die Ersatzanschaffung nicht unmittelbar im Jahr des Schadensereignisses erfolgt, kann eine steuerfreie Rücklage gebildet werden. Die Reinvestitionsfrist beträgt üblicherweise bis zu vier Jahre. Wird aber beispielsweise ein Gebäude durch einen Brand vernichtet, beträgt die Frist bis zu sechs Jahre, wenn die stillen Reserven auf ein neu hergestelltes Gebäude übertragen werden sollen. Die Reinvestitionsfristen sind coronabedingt bereits verlängert worden und werden aufgrund der derzeitigen Krisensituation weiter verlängert. Nunmehr gilt (BMF-Schreiben vom 20.9.2022, IV C 6 -S 2138/19/10002:003):

Die Fristen verlängern sich jeweils um drei Jahre, wenn die Rücklage ansonsten am Schluss des nach dem 29. Februar 2020 und vor dem 1. Januar 2021 endenden Wirtschaftsjahres aufzulösen wäre.

Die Fristen verlängern sich um zwei Jahre, wenn die Rücklage am Schluss des nach dem 31. Dezember 2020 und vor dem 1. Januar 2022 endenden Wirtschaftsjahres aufzulösen wäre.

Sie verlängern sich um ein Jahr, wenn die Rücklage am Schluss des nach dem 31. Dezember 2021 und vor dem 1. Januar 2023 endenden Wirtschaftsjahres aufzulösen wäre.
gepostet: 19.11.2022
PV-Anlagen im Eigenheim: Kein Vorsteuerabzug für Batteriespeicher
Ein Batteriespeicher gehört nicht zu den für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten. Wird der gespeicherte Strom ausschließlich im eigenen Haushalt verbraucht, darf die bei Anschaffung des Batteriespeichers gezahlte Umsatzsteuer daher nicht als Vorsteuer abgezogen werden. Das gilt unabhängig davon, ob das Batteriespeichersystem zugleich oder nachträglich mit der Photovoltaikanlage angeschafft und in Betrieb genommen worden ist - so das Finanzgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 19.2.2020 (12 K 418/18).

Der Sachverhalt: Die Eheleute A und B haben auf dem Dach ihres Eigenheims im Jahre 2013 eine Solaranlage installiert. In 2016 planten sie eine weitere Photovoltaikanlage mit Batteriespeichersystem auf der Nordseite des Daches. Diese Komplettanlage sollte mit einem Programm finanziert werden, das vor Abschluss der Verträge im Jahr 2016 eingestellt wurde. Auf Vorschlag der finanzierenden Banken wurde daher zunächst die Photovoltaikanlage erworben und aufgebaut und der Erwerb des Speichersystems auf das Jahr 2017 verschoben, um die Fördermittel zu erhalten. Nach Lieferverzögerungen wurde das Speichersystem im Frühsommer 2017 in Betrieb genommen. Das Batteriespeichersystem dient der Speicherung des durch die Solaranlage erzeugten Stromes, der ausschließlich für die private Versorgung der Eheleute verwendet wird. Das Finanzamt lehnte den Vorsteuerabzug für das Speichersystem ab. Die Stromspeicher seien nachträglich angeschafft worden, dienten der privaten Stromversorgung und könnten daher nicht dem Unternehmen zugeordnet werden. Eine Ausnahme komme nur bei gleichzeitiger Anschaffung von Photovoltaikanlage und Stromspeicher in Betracht. Das Finanzgericht hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen. Die Richter weisen sogar darauf hin, dass selbst bei einem zeitgleichen Einbau des Speichersystems ein Vorsteuerabzug ausgeschieden wäre.

Die Begründung: Wird der durch eine Photovoltaikanlage produzierte und in Batterien gespeicherte Strom ausschließlich für den privaten Verbrauch der Steuerpflichtigen verwendet, dient das Batteriespeichersystem nicht der Erzielung von Einnahmen und wird mithin nicht für Zwecke besteuerter Umsätze verwendet. Der Vorsteuerabzug richtet sich nicht nach der Verwendung der Photovoltaikanlage, da das Batteriespeichersystem nicht Bestandteil der Photovoltaikanlage geworden ist. Ein Stromspeicher gehört nicht zu den für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten, da ein Stromspeicher nicht der Produktion von Solarstrom dient. Die eigenständige Beurteilung eines Stromspeichers im Hinblick auf den Vorsteuerabzug erfolgt unabhängig davon, ob das Batteriespeichersystem zugleich oder nachträglich mit der Photovoltaikanlage angeschafft bzw. in Betrieb genommen worden ist. Es gibt keine Gründe, die eine Differenzierung nach dem Anschaffungs- bzw. Inbetriebnahmezeitpunkt rechtfertigen.

Praxistipp:
Die Oberfinanzdirektion Karlsruhe und das Bayerische Landesamt für Steuern sind der Auffassung, dass die Komponenten bei zeitgleich angeschafften Photovoltaikanlagen und Batteriespeichern umsatzsteuerlich einen einheitlichen Gegenstand bilden. Folglich wäre ein Vorsteuerabzug für den Stromspeicher zu gewähren gewesen, wenn bzw. soweit dieser für die Photovoltaikanlage in Betracht gekommen ist (OFD Karlsruhe vom 13.08.2019, S 7104; Bayerisches Landesamt für Steuern, Broschüre „Hilfe zu Photovoltaikanlagen“, Stand November 2021). Damit stellen sich die Richter gegen Teile der Finanzverwaltung, die nur bei nachträglich eingebauten, nicht aber zeitgleich eingebauten Speichern den Vorsteuerabzug versagen will. Indes dürfte das Urteil aus Baden-Württemberg auf der Linie des Bundesfinanzhofs liegen, denn dieser hatte mit Beschluss vom 7.2.2018 (V B 105/17) ebenfalls entschieden, dass ein Batteriespeicher keine wesentliche Komponente einer Photovoltaikanlage darstellt.

Praxistipp:
Wie bereits dargestellt können Betreiber kleiner Photovoltaikanlagen bis 10 kW von dem so genannten Liebhaberei-Wahlrecht Gebrauch machen. Dieses gilt allerdings nur für die Einkommen- und nicht für die Umsatzsteuer. Hier wäre allenfalls zu prüfen, ob die Kleinunternehmerregelung angewandt werden kann und soll. Dann allerdings kommt ein Vorsteuerabzug ohnehin nicht infrage.

Praxistipp:
Mit Wirkung zum 1. Januar 2023 sollen Photovoltaikanlagen steuerlich besser gefördert werden. Dies sieht der Entwurf des Jahressteuergesetzes 2022 vor.
gepostet: 17.11.2022
Kindergeld: Facharztweiterbildung ist keine Erstausbildung
Für ein Kind zwischen dem 18. und dem 25. Lebensjahr erhalten die Eltern Kindergeld, wenn es sich noch in der Berufsausbildung befindet. Allerdings gibt es eine wichtige Differenzierung zwischen Erst- und Zweitausbildung: Bei einer Erstausbildung wird das Kind ohne weitere Voraussetzungen berücksichtigt. Bei einer Zweitausbildung, also nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums, wird ein Kind hingegen nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Lediglich eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis sind unschädlich (§ 32 Abs. 4 Satz 2 u. 3 EStG). Kürzlich hat das Niedersächsische Finanzgericht entschieden, dass eine Facharztweiterbildung im Anschluss an das Medizinstudium lediglich eine Zweitausbildung darstellt. Die Erstausbildung des Kindes ende mit Abschluss des Medizinstudiums durch Ablegung der ärztlichen Prüfung, so dass während der Facharztweiterbildung kein Kindergeld gezahlt werden kann, zumal der Umfang der beruflichen Tätigkeit während der Weiterbildungszeit weit über 20 Stunden liegt (Urteil vom 17.11.2021, 9 K 114/21).

Praxistipp:
Das FG Thüringen hat in seinem Urteil vom 27.3.2018 (2 K 308/17) eine andere Auffassung vertreten. Es hat seinerzeit entscheidend darauf abgestellt, dass das Berufsziel des Kindes nicht Praktischer Arzt, sondern die Qualifizierung als Neurochirurg gewesen sei. Damit lag eine so genannte mehraktige Berufsausbildung vor. Aufgrund der unterschiedlichen Sichtweise der Finanzgerichte haben die Niedersächsischen Richter nun die Revision zugelassen, die bereits unter dem Az. III R 40/21 vorliegt.
gepostet: 16.11.2022
Abgeltungsteuer: Vorlage an das Bundesverfassungsgericht aufgehoben
Private Zinserträge und Dividenden unterliegen - von einigen Ausnahmen abgesehen - der Kapitalertragsteuer von 25 Prozent, auch wenn der persönliche Steuersatz höher ist. Folglich wird die Steuer zumeist Abgeltungsteuer genannt. Von manchen wird der Steuersatz von 25 Prozent als zu niedrig empfunden. Das Niedersächsische Finanzgericht hatte daher das Bundesverfassungsgericht angerufen, damit dieses klären möge, ob der abgeltende Steuersatz mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz vereinbar ist (Beschluss vom 18.3.2022, 7 K 120/21). Das beklagte Finanzamt hat nun mitgeteilt, dass es dem Klageantrag des Klägers in dem zugrunde liegenden Streitfall entsprochen habe. Daraufhin haben das Finanzamt und der Kläger den Rechtsstreit einvernehmlich für erledigt erklärt. Aufgrund der Erledigung des Klageverfahrens ist auch der Vorlagebeschluss an das Bundesverfassungsgericht aufgehoben worden. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit der Abgeltungsteuer wird also in diesem Verfahren nicht mehr erfolgen.
gepostet: 15.11.2022
Betriebsnahe Kindergärten: Betreiber ist grundsätzlich nicht gemeinnützig
Eine Kinderbetreuungseinrichtung ist nicht gemeinnützig tätig, wenn sie sich bei der Platzvergabe vorrangig an den Belegungspräferenzen ihrer Vertragspartner orientiert. Dies hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 1.2.2022 (V R 1/20) entschieden. Im Streitfall schloss die Klägerin mit Unternehmen Verträge über die Errichtung und den Betrieb von Kinderbetreuungseinrichtungen für Kinder der Mitarbeiter der Unternehmen. Dabei sollte die Klägerin auf die Belegungspräferenz der Unternehmen Rücksicht nehmen, sofern dies mit den gesetzlichen Bestimmungen, behördlichen Auflagen und dem pädagogischen Konzept vereinbar war. Andere Personen, die nicht bei den Unternehmen beschäftigt waren, konnten einen Betreuungsplatz in Anspruch nehmen, wenn die Unternehmen aus ihrer Belegschaft keinen Bedarf hatten oder wenn Plätze länger unbelegt blieben. Das Finanzamt war der Auffassung, die Klägerin diene nicht gemeinnützigen Zwecken. Sie fördere nicht die Allgemeinheit, weil ihre Einrichtungen den Beschäftigten ihrer Vertragspartner vorbehalten seien. Die Befreiung von der Körperschaftsteuer wegen der Verfolgung gemeinnütziger Zwecke nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG sei daher nicht zu gewähren. Einspruch und Klage blieben erfolglos.

Auch der BFH versagte die Gemeinnützigkeit. Die Tätigkeit einer gemeinnützigen Körperschaft muss gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 AO darauf gerichtet sein, die Allgemeinheit zu fördern. Davon ist nur dann auszugehen, wenn im Grundsatz jedermann freien Zutritt zur Körperschaft oder zu ihren Leistungen hat und sich der geförderte Personenkreis dementsprechend zumindest als Ausschnitt der Allgemeinheit darstellt und die Allgemeinheit repräsentiert. Daran fehlte es bei der Klägerin. Denn sie förderte nur einen Kreis von Personen, der aufgrund der Zugehörigkeit zur Belegschaft eines Unternehmens fest abgeschlossen war. Eine verbindliche "Restplatzquote“ für andere Personen als die Beschäftigten der Vertragspartner der Klägerin gab es nicht. Der BFH lehnte zudem eine Befreiung von der Körperschaftsteuer wegen der Verfolgung mildtätiger Zwecke (§ 53 AO) ab, weil die Klägerin nach ihrer Satzung nur gemeinnützige, nicht aber auch mildtätige Zwecke verfolgte (Quelle: Mittelung des BFH vom 18.8.2022).
gepostet: 13.11.2022
Grundsteuer: Fristverlängerung für Abgabe der Erklärungen bis 31.1.2023
Immobilieneigentümer sind aufgefordert worden, zwischen dem 1. Juli und dem 31. Oktober 2022 eine "Erklärung zur Feststellung der Grundsteuerwerte" zu erstellen und beim Finanzamt einzureichen. Dies muss grundsätzlich auf elektronischem Wege erfolgen. Zunächst hieß es vehement, dass es keine allgemeine Fristverlängerung zur Abgabe der Erklärungen geben würde. Die Finanzministerinnen und Finanzminister der Länder haben sich aber nunmehr doch gemeinsam - in Abstimmung mit dem Bundesfinanzministerium - auf eine einmalige Fristverlängerung für die Erklärungsabgabe bei der Grundsteuer verständigt. Statt am 31. Oktober 2022 läuft die Frist nunmehr am 31. Januar 2023 ab. Das neue Fristende sei unbedingt einzuhalten, so der Tenor der Erörterungen in Berlin, hierfür gelten für das weitere Verfahren die hierfür vorgesehenen gesetzlichen Regelungen.
gepostet: 11.11.2022
Sozialversicherung: Die Beitragsbemessungsgrenzen im Jahre 2023
Die Beitragsbemessungsgrenzen in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung sowie weitere wichtige Sozialversicherungswerte werden Jahr für Jahr aufs Neue an die Einkommensentwicklung angepasst. Eine Verordnung zu den Werten, die ab 1.1.2023 gelten werden, hat das Bundeskabinett kürzlich beschlossen. Die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung steigt zum 1. Januar 2023 auf 59.850 Euro (monatlich 4.987,50 Euro). Die Versicherungspflichtgrenze steigt auf 66.600 Euro jährlich (monatlich 5.550,00 Euro). Bis zur Beitragsbemessungsgrenze ist das Einkommen eines Beschäftigten beitragspflichtig, alles darüber ist beitragsfrei. Bis zur Versicherungspflichtgrenze müssen Beschäftigte gesetzlich krankenversichert sein. Wer über diesen Betrag hinaus verdient, kann sich privat krankenversichern lassen.

Für die Beitragsberechnung in der gesetzlichen Rentenversicherung gilt ab dem 1. Januar 2023 ebenfalls eine neue Einkommensgrenze. Der Beitrag bemisst sich dann bis zu einem Höchstbetrag von 7.300 Euro im Monat in den alten und 7.100 Euro in den neuen Bundesländern. In der knappschaftlichen Rentenversicherung beträgt diese Einkommensgrenze 8.950 Euro in den alten und 8.700 Euro in den neuen Bundesländern.

Rechengrößen ab 1. Januar 2023 im Überblick:

Beitragsbemessungsgrenze in der GKV
59.850 Euro pro Jahr / 4.987,50 Euro pro Monat

Versicherungspflichtgrenze in der GKV
66.600 Euro pro Jahr / 5.550,00 Euro pro Monat

Beitragsbemessungsgrenze für die allgemeine Rentenversicherung
West: 7.300 Euro pro Monat / 87.600 Euro pro Jahr
Ost: 7.100 Euro pro Monat / 85.200 Euro pro Jahr

Beitragsbemessungsgrenze für die knappschaftliche Rentenversicherung
West: 8.950 Euro pro Monat / 107.400 Euro pro Jahr
Ost: 8.700 Euro pro Monat / 104.400 Euro pro Jahr

Vorläufiges Durchschnittsentgelt für 2023 in der Rentenversicherung
43.142 Euro pro Jahr

Bezugsgröße in der Sozialversicherung
West: 3.395 Euro pro Monat
Ost: 3.290 Euro pro Monat
gepostet: 09.11.2022
Leasing eines Firmen-Pkw: Gerichte versagen Steuermodelle mit Sonderzahlung
Einnahmen-Überschussrechner dürfen eine bei Leasingbeginn geleistete Sonderzahlung für ihren Firmenwagen im Umfang der betrieblichen Kfz-Nutzung grundsätzlich sofort als Betriebsausgabe abziehen. Dieses Prinzip des Sofortabzugs haben sich viele Einnahmen-Überschussrechner zunutze gemacht, indem sie den Leasingbeginn jeweils auf den Dezember gelegt, in diesem Monat eine hohe Sonderzahlung geleistet und per Fahrtenbuch nachgewiesen haben, dass sie das Kfz im Dezember fast ausschließlich betrieblich genutzt haben. Folge ist ein nahezu 100-prozentiger Abzug der Leasingsonderzahlung, und zwar auch dann, wenn das Kfz in den Folgejahren erheblich weniger betrieblich genutzt oder aber zur so genannten Ein-Prozent-Regelung übergegangen wird. Zumindest soll dies die Folge sein, denn die Finanzämter sind bei diesem Modell zunehmend misstrauischer geworden. Und Ende 2020 hat das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht entschieden, dass ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten vorliegt, wenn die geleistete Sonderzahlung in einen Zeitraum mit vorübergehend außergewöhnlich hoher beruflicher Nutzung des Pkw verlagert, das Kfz ansonsten aber erheblich weniger betrieblich genutzt wird (Urteil vom 23.11.2020, 3 K 1/20). Gegen das Urteil ist die Revision zugelassen worden, die beim Bundesfinanzhof unter dem Az. VIII R 1/21 vorliegt. Hier ist das letzte Wort also noch nicht gesprochen.

Endgültig entschieden wurde hingegen über das Steuermodell "Kostendeckelung bei Leasing". Dieses Modell hat nach Auffassung der Finanzverwaltung schon länger keinen Bestand mehr. Doch nun hat auch der BFH dem Modell die Grundlage entzogen (BFH-Urteile vom 17.5.2022, VIII R 11/20, VIII R 21/20, VIII R 26/20). Das Steuermodell hatte folgenden Ablauf: Ein Einnahmen-Überschussrechner hat seinen Betriebs-Pkw geleast, im Erstjahr eine hohe Leasingsonderzahlung geleistet, diese voll als Betriebsausgabe abgezogen und dann in den Folgejahren den Privatanteil nach der Ein-Prozent-Regelung ermittelt. Da die laufenden Leasingraten aufgrund der Sonderzahlung recht gering ausfielen, sollte die so genannte Kostendeckelung greifen. Das heißt: Der Anteil für die private Nutzung des Kfz beträgt zwar eigentlich pauschal 1 Prozent des Bruttolistenpreises pro Monat, maximal werden aber die Kosten angesetzt. Und diese sind halt so gering, dass sie weit unterhalb des Pauschalwerts liegen. Doch die Finanzverwaltung hat im Jahre 2018 verfügt, dass die Leasingsonderzahlung zwecks Prüfung der Kostendeckelung über die Laufzeit zu verteilen und nicht nur im Jahr der Zahlung anzusetzen ist. Durch diese Art der Berechnung liegen die Kosten dann zumeist nicht mehr unterhalb des Ein-Prozent-Pauschalwerts und die Kostendeckelung läuft ins Leere. Der BFH akzeptiert diese Berechnungsweise der Finanzverwaltung. Um Missverständnisse zu vermeiden: Die Leasingsonderzahlung selbst bleibt bei Zahlung als Betriebsausgabe üblicherweise abzugsfähig (siehe oben); es geht hier nur um die Kostendeckelung.
gepostet: 07.11.2022
Kindergeld: Verlust bei längerem Schulbesuch außerhalb des EU-/EWR-Raums?
Begibt sich ein Kind für einen Schulbesuch oder für ein Studium längere Zeit ins Ausland, entfällt der Kindergeldanspruch der Eltern grundsätzlich nicht. Sofern das Kind aber eine Schule oder eine andere Ausbildungseinrichtung außerhalb des EU- und EWR-Raums besucht, bleibt der Anspruch auf Kindergeld nur erhalten, wenn es seinen Inlandswohnsitz beibehält. Der Bundesfinanzhof hat seine diesbezügliche Rechtsprechung noch einmal bestätigt und wie folgt entschieden: Hält sich ein zunächst im Inland wohnhaftes minderjähriges Kind zu Ausbildungszwecken für mehr als ein Jahr außerhalb des Gebietes der EU und des EWR auf, behält es seinen Inlandswohnsitz in der Wohnung eines oder beider Elternteile nur dann bei, wenn ihm in dieser Wohnung zum dauerhaften Wohnen geeignete Räume zur Verfügung stehen, es diese objektiv jederzeit nutzen kann und tatsächlich mit einer gewissen Regelmäßigkeit auch nutzt. Eine Beibehaltung des Inlandswohnsitzes kommt dabei im Regelfall nur dann in Betracht, wenn das Kind diese Wohnung zumindest zum überwiegenden Teil der ausbildungsfreien Zeiten, also den Schul - oder Semesterferien, tatsächlich nutzt (BFH-Urteil vom 28.4.2022, III R 12/20).

Im Urteilsfall lebte ein Kind länger als ein Jahr in einem Drittland bei den Großeltern, um dort in der Schule die arabische Sprache zu lernen. Der BFH hat nicht abschließend entschieden, sondern die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen. Diese muss nun einige Feststellungen zum Vorliegen eines inländischen Wohnsitzes nachholen.

Praxistipp:
Für die Beibehaltung eines Inlandswohnsitzes im Hause der Eltern bei mehrjährigen Auslandsaufenthalten reichen nur kurze, üblicherweise durch die Eltern-Kind-Beziehung begründete Besuche regelmäßig nicht aus. Fehlende finanzielle Mittel für Heimreisen des Kindes können zudem nicht die fehlenden wesentlichen Inlandsaufenthalte in den ausbildungsfreien Zeiten kompensieren (BFH-Urteil vom 25.9.2014, III R 10/14). Eltern und Kinder sollten im Übrigen Beweisvorsorge treffen und zum Beispiel Flugtickets aufbewahren, die belegen, dass sich das Kind tatsächlich längere Zeit im Inland aufgehalten hat. Der guten Ordnung halber sei darauf hingewiesen, dass es beim Kindergeld Besonderheiten im Zusammenhang mit den Ländern gibt, mit denen ein Abkommen über Soziale Sicherheit besteht (z.B. der Türkei).
gepostet: 06.11.2022
Grunderwerbsteuer: Erwerb eines Grundstücks mit Scheinbestandteilen
Wer ein Grundstück mit aufstehender Weihnachtsbaumkultur erwirbt, hat für den Teil des Kaufpreises, der auf die Bäume entfällt, keine Grunderwerbsteuer zu entrichten - so hat der Bundesfinanzhof aktuell entschieden (BFH-Urteil vom 23.2.2022, II R 45/19). Im Streitfall erwarb der Kläger Grundbesitz mit angepflanzten Weihnachtsbäumen, die zu gegebener Zeit gefällt werden sollten. Die Gegenleistung für den Aufwuchs war im Vertrag gesondert ausgewiesen. Das Finanzamt setzte für den gesamten Kaufpreis Grunderwerbsteuer fest. Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht hielt die Bäume für so genannte Scheinbestandteile und bezog den entsprechenden Kaufpreisanteil nicht in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer ein. Der BFH hat das Urteil der Vorinstanz bestätigt. Zwar gehören alle Leistungen des Erwerbers für das "Grundstück“ zur Bemessungsgrundlage. Der Grundstücksbegriff umfasst auch dessen wesentliche Bestandteile, nämlich die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen. Dazu zählen grundsätzlich auch aufstehende Gehölze. Keine wesentlichen Bestandteile eines Grundstücks sind jedoch die so genannten Scheinbestandteile, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden und von Anfang an dazu bestimmt sind, wieder von dem Grundstück entfernt zu werden. Bei Gehölzen kommt es auf die Zweckbestimmung bei Aussaat oder Pflanzung an. Unschädlich ist es, wenn eine lange Verweildauer zu erwarten ist oder das Gehölz bei Entfernung als lebender Organismus zerstört wird.
gepostet: 05.11.2022
Corona-Soforthilfen: Weitere Verwaltungsgerichte entscheiden gegen Land NRW
Die Rückforderung von im Frühjahr 2020 ausgezahlten Corona-Soforthilfen durch das Land Nordrhein-Westfalen ist rechtswidrig. Wir haben Sie bereits darüber informiert, dass das Verwaltungsgericht Düsseldorf in diesem Sinne entschieden hat (Urteile vom 16.8.2022, Az. 20 K 7488/20, 20 K 217/21 und 20 K 393/22). Nunmehr hat auch das VG Köln gegen das Land Nordrhein-Westfalen entschieden und den Klagen von sechs Solo-Selbstständigen und Kleinunternehmern stattgegeben.

Nachdem im Frühjahr 2020 aufgrund der Corona-Pandemie zunehmend kleine Unternehmen und Solo-Selbstständige in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerieten, legte das Land das Förderprogramm "NRW-Soforthilfe 2020“ auf. Es bewilligte pauschale Zuwendungen in Höhe von 9.000 Euro an in Not geratene Betriebe, darunter auch an die sechs Kläger. Später ermittelte das Land, ob die bei den Zuwendungsempfängern ohne Förderung vorhandenen Mittel seinerzeit tatsächlich nicht ausgereicht hätten, um Zahlungsverpflichtungen des Unternehmens nachzukommen. Nur solche Liquiditätsengpässe erkannte das Land als förderfähig an. Die Soforthilfen setzte es dementsprechend durch Schlussbescheide niedriger als ursprünglich bewilligt fest und forderte entsprechende Teilbeträge zurück. Dabei stellte es sich auf den Standpunkt, die Auszahlungen aufgrund der Bewilligungen im Frühjahr 2020 seien lediglich vorläufig erfolgt. Für die Höhe der Förderung komme es zudem auf Umsatzausfälle nicht an. Die Kläger waren anderer Auffassung und erhoben im Januar dieses Jahres Klagen gegen die Schlussbescheide. Die Klagen waren erfolgreich. Das Gericht ist dem beklagten Land in seinen beiden zentralen Argumenten nicht gefolgt. Es hat die angegriffenen Schlussbescheide aufgehoben (Urteile vom 16.9.2022, 16 K 125/22; 16 K 127/22; 16 K 406/22; 16 K 412/22; 16 K 499/22; 16 K 505/22).

Begründung: Das Land ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Bewilligungen im Frühjahr 2020 unter dem Vorbehalt einer späteren endgültigen Entscheidung standen. Ein solcher Vorbehalt ist zwar rechtlich möglich, muss aber aus den Bewilligungsbescheiden klar erkennbar hervorgehen. Jedwede Unklarheit geht zu Lasten der Behörde. Diese hat es in der Hand, Auslegungsprobleme durch eindeutige Formulierungen zu vermeiden. Die an die Kläger gerichteten Bewilligungsbescheide enthielten weder ausdrücklich noch indirekt einen solchen Vorbehalt. Auch aus den sonstigen zum Bewilligungszeitpunkt verfügbaren Informationen, insbesondere den vom Land veröffentlichten Hinweisen zum Förderprogramm, mussten die Kläger nicht den Schluss ziehen, es habe sich um eine bloß vorläufige Bewilligung gehandelt. Ob die Förderrichtlinie des Landes vom 31.5.2020 etwas anderes regelt, ist irrelevant, weil diese bei Erlass der Bewilligungsbescheide noch nicht existierte. Zudem sind die Schlussbescheide rechtswidrig, weil das Land darin für die Berechnung der Soforthilfen alleine auf einen Liquiditätsengpass abgestellt hat. Die Bewilligungsbescheide erlaubten aber auch eine Verwendung der Soforthilfen zur Kompensation von Umsatzausfällen. An diese Festlegung war das Land in der Folge gebunden. Gegen die Urteile kann das Land Berufungen einlegen (Quelle: VG Köln, Pressemitteilung vom 16.9.2022). Im gleichen Sinne hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschieden (Urteile vom 23.9.2022, 19 K 297/22 und 19 K 317/22).
gepostet: 03.11.2022
Gesetzgebung: Absenkung des Umsatzsteuersatzes für Erdgas und Fernwärme
Der Umsatzsteuersatz für Erdgas wird befristet von 19 Prozent auf 7 Prozent gesenkt. Die Senkung betrifft den Zeitraum vom 1.10.2022 bis zum 31.3.2024. Der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 Prozent gilt für die Lieferung von Gas über das Erdgasnetz. Auch für die Lieferung von Fernwärme wurde der Umsatzsteuersatz entsprechend gemindert. Nicht entscheidend ist, um welche Art von Gas es sich handelt (z.B. Biogas oder Erdgas). Ebenso er-fasst sind Lieferungen von Gas, das vom leistenden Unternehmer per Tanklastwagen zum Leistungsempfänger für die Wärmeerzeugung transportiert wird. Als Lieferung von "Gas über das Erdgasnetz“ gilt auch das Legen ei-nes Gas-Hausanschlusses (§ 28 Abs. 5 und 6 UStG, eingefügt durch das "Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz"; BMF-Schreiben vom 25.10.2022, III C 2 -S 7030/22/10016 :005).

Praxistipp:
Für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes entscheidend ist grundsätzlich, wann die Able-sung erfolgt. Ob eine Anzahlung erfolgt ist, ist für die Höhe der Umsatzsteuer nicht entscheidend. Einen Fragen-Antworten-Katalog zu dem Thema finden Sie unter: www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/FAQ/2022-09-14-FAQ-temporaere-Senkung-USt-Gas.html
gepostet: 01.11.2022
Oktober 2022
Kindergeld: Kein Anspruch bei Studium neben dem bereits erlernten Beruf?
Für ein Kind zwischen dem 18. und dem 25. Lebensjahr erhalten die Eltern Kindergeld, wenn es sich noch in der Berufsausbildung befindet. Allerdings gibt es eine wichtige Differenzierung zwischen Erst- und Zweitausbildung: Bei einer Erstausbildung wird das Kind ohne weitere Voraussetzungen berücksichtigt. Bei einer Zweitausbildung, also nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums, wird ein Kind hingegen nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Lediglich eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis sind unschädlich (§ 32 Abs. 4 Satz 2 u. 3 EStG). Von daher ist es kindergeldrechtlich von Vorteil, wenn eine Ausbildung noch als Erstausbildung gilt. Dabei können im Einzelfall auch ein Aufbaustudium oder eine weiterführende Ausbildung noch der Erstausbildung zuzurechnen sein. Man spricht insoweit von einer einheitlichen Erstausbildung oder einer mehraktigen Berufsausbildung.

Jüngst hat der Bundesfinanzhof aber entschieden, dass Kindergeld nicht mehr in Betracht kommt, wenn ein Kind ein Erststudium (hier: zur Diplom-Finanzwirtin) abgeschlossen hat, anschließend mehr als 20 Stunden im erlernten Beruf arbeitet und nur in der arbeitsfreien Zeit (hier: Jura) studiert (BFH-Urteil vom 7.4.2022, III R 22/21). Das Studium gilt dann als Zweitausbildung, die wegen der zu umfangreichen Erwerbstätigkeit kindergeldrechtlich nicht mehr berücksichtigt wird. Eine so genannte mehraktige Berufsausbildung ist nicht gegeben.

Praxistipp:
Insgesamt ist die Abgrenzung zwischen Erst- und Zweitausbildung leider sehr kompliziert. Ob mehrere Ausbildungen zu einer einheitlichen Erstausbildung zusammengefasst werden können oder es sich um eine Erst- und eine Zweitausbildung handelt, hängt von mehreren Faktoren ab. Zunächst setzt eine einheitliche Erstausbildung einen engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen den Ausbildungsabschnitten voraus. Zudem muss die Ausbildung im zweiten Abschnitt noch die Haupttätigkeit des Kindes darstellen und nicht hinter die Erwerbstätigkeit zurücktreten. Insofern ist eine Gesamtbetrachtung durchzuführen. Wenn aber bereits ein längerfristiges Beschäftigungsverhältnis aufgenommen wurde, für das der Ausbildungsberuf Voraussetzung war, anschließend gleichviel Zeit in die Ausbildung und in die Erwerbstätigkeit investiert wird und sich die Ausbildungszeiten nach den arbeitsfreien Zeiten richten, spricht dies eher für eine berufsbegleitend durchgeführte Weiterbildung (Zweitausbildung). Dann wäre eine Erwerbstätigkeit von mehr als 20 Wochenstunden schädlich.
gepostet: 31.10.2022
Auslandstätigkeitserlass: Künftig ist eine Mindestbesteuerung nachzuweisen
Wer für eine gewisse Zeit im Ausland arbeitet und dort seinen Lohn bezieht, muss diesen zumeist im Tätigkeitsstaat versteuern. Sofern ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) besteht, wird der Arbeitslohn in Deutschland grundsätzlich steuerfrei freigestellt, wenn der inländische Wohnsitz beibehalten wird. Der Arbeitslohn unterliegt dann nur dem so genannten Progressionsvorbehalt. Sofern kein DBA abgeschlossen wurde, kann der Arbeitslohn dennoch steuerfrei sein, und zwar nach dem so genannten Auslandstätigkeitserlass. Danach sind bestimmte, genau definierte Tätigkeiten begünstigt, wenn die Tätigkeit mindestens drei Monate ununterbrochen im Ausland ausgeübt worden ist.

Das Bundesfinanzministerium hat den Auslandstätigkeitserlass kürzlich überarbeitet. Auf folgende Neuregelung möchten wir Sie aufmerksam machen: Künftig müssen Arbeitnehmer nachweisen, dass ihr Arbeitslohn im Ausland einer Mindestbesteuerung unterlegen hat. Liegt keine Mindestbesteuerung vor oder wird der Nachweis nicht erbracht, so greifen der Auslandstätigkeitserlass und damit die Steuerfreistellung in Deutschland nicht. Zur Mindestbesteuerung wird konkret verfügt: "Die Regelungen des Auslandstätigkeitserlasses gelten nicht, soweit der Steuerpflichtige nicht nachweist, dass die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn abzüglich der damit in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Werbungskosten) in dem Staat, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird, einer der deutschen Einkommensteuer entsprechenden Steuer in einer durchschnittlichen Höhe von mindestens 10 % unterliegen, und dass die auf die Einkünfte festgesetzte Steuer entrichtet wurde; zur Ermittlung der durchschnittlichen Steuerbelastung sind die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Tätigkeitsstaat nach deutschem Steuerrecht zu ermitteln." (BMF-Schreiben vom 10.6.2022, BStBl 2022 I S. 997).

Praxistipp:
Die neuen Regelungen sind auf Arbeitslöhne und sonstige Bezüge anzuwenden, die nach dem 31.12.2022 gezahlt werden oder dem Arbeitnehmer nach diesem Zeitpunkt zufließen.
gepostet: 29.10.2022
Umsatzsteuer: Leistungen einer Cafeteria im Altersheim sind steuerpflichtig
Betreibt ein Altersheim mit umfassender Verpflegung der Heimbewohner auch eine Cafeteria, die zusätzlich entgeltlich Getränke und Speisen an Heimbewohner und deren Besucher abgibt, sind die Umsätze aus dem Betrieb der Cafeteria nicht umsatzsteuerfrei. Der Betrieb der Cafeteria ist in einem solchen Fall für die Pflege und Versorgung der Heimbewohner nicht unerlässlich, so dass § 4 Nr. 16 UStG nicht zur Anwendung kommt. Dies hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 21.4.2022 (V R 39/21) entschieden. Der Sachverhalt: Die Klägerin betrieb ein Altersheim. Alle Bewohner des Altersheims hatten eine Pflegestufe, viele waren bettlägerig. Die Kosten rechnete die Klägerin über die Pflegeversicherung ab, teilweise ergänzt durch die Sozialhilfe. Auf den einzelnen Stationen gab es Speisesäle, in denen die Bewohner ihre Mahlzeiten einnahmen. Daneben betrieb die Klägerin in den Räumlichkeiten eine Cafeteria, die nur die Bewohner und - das war der Regelfall - deren Besucher (zumeist Angehörige) aufsuchen konnten. Außenstehenden stand die Cafeteria nicht offen. Das Finanzamt beurteilte die Umsätze aus dem Betrieb der Cafeteria als umsatzsteuerpflichtig. Klage und Revision blieben erfolglos.

Die Begründung: Umsätze von Altenheimen sind nach § 4 Nr. 16 Satz 1 UStG steuerfrei, soweit es sich um Leistungen handelt, die mit der Betreuung oder Pflege hilfsbedürftiger Personen eng verbunden sind. Die jeweiligen Leistungen dürfen für die Pflege und Versorgung der Heimbewohner "nicht unerlässlich" sein. Der Betrieb einer Cafeteria ist für die Pflege und Versorgung der Heimbewohner aber nicht unerlässlich, wenn sie ohnehin eine umfassende Verpflegung erhalten. Bei den Bewirtungsleistungen der Cafeteria an die Heimbewohner handele es sich auch nicht um steuerfreie Nebenleistungen zu einer steuerfreien Hauptleistung.
gepostet: 27.10.2022
Kindergeld: Zur Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten
Für ein Kind zwischen dem 18. und dem 25. Lebensjahr wird Kindergeld auch dann gezahlt, wenn sich das Kind in einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten befindet. Der Übergangszeitraum darf aber maximal vier Monate betragen (§ 32 Abs. 4 Nr. 2b und d EStG). Dies gilt auch für den Zeitraum zwischen dem Schulabschluss und dem Beginn eines freiwilligen sozialen Jahres. Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass dieser - gesetzlich normierte - maximale Übergangszeitraum auch im Coronajahr 2020 nicht verlängert werden konnte, wenn zwischen dem Schulabschluss und dem Beginn eines freiwilligen sozialen Jahres fünf Monate lagen. In diesem Fall haben die Eltern ihren Kindergeldanspruch verloren, und zwar komplett für die Übergangszeit und nicht nur für den Zeitraum, der über die Vier-Monats-Frist hinausging (Urteil vom 14.6.2022, 13 K 745/21 Kg).

Die volljährige Tochter beendete ihre Schulausbildung im Juli 2020. Im Anschluss war sie auf Projektsuche für ein freiwilliges soziales Jahr, was sich aufgrund der coronabedingten Situation als schwierig erwies. Erst im Januar 2021 konnte sie mit dem freiwilligen sozialen Jahr starten. Und erst am 20.11.2020 hatte sich die Tochter bei der Agentur für Arbeit als ausbildungsplatzsuchend gemeldet. Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung für August, September und Oktober 2020 auf, weil das Kind in dieser Zeit zum einen nicht arbeitssuchend gemeldet war und zum anderen der Übergangszeitraum zwischen Schulabschluss und Aufnahme des freiwilligen sozialen Jahres mehr als vier Monate betrug. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Begründung: Ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung eines Freiwilligendienstes liegt. Bei einem Überschreiten der Übergangszeit entfällt nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift (§ 32 Abs. 4 Nr. 2b und d EStG) eine Begünstigung vollständig.

Praxistipp:
In ähnlichen Fällen sollten sich die Kinder unbedingt arbeits- bzw. ausbildungsplatzsuchend melden, und zwar möglichst zeitnah nach Beendigung der Schulausbildung. Dann kommt die Beschränkung auf den Vier-Monats-Zeitraum nicht zur Anwendung. Ein arbeitssuchendes Kind wird bis zum 21. Lebensjahr, ein ausbildungsplatzsuchendes Kind bis zum 25. Lebensjahr berücksichtigt.
gepostet: 26.10.2022
Vermietung an Angehörige: Vertrag muss zumindest Hauptpflichten enthalten
Wer eine Wohnung an nahe Angehörige vermietet, darf die Werbungskosten auch dann voll abziehen, wenn er lediglich 66 Prozent der ortsüblichen Miete verlangt. Auch eine Miete von 50 Prozent der ortsüblichen Miete reicht aus, um den Werbungskostenabzug in voller Höhe zu erhalten; dann ist allerdings zusätzlich eine Überschussprognose erforderlich. Wichtig ist bei der Vermietung an Angehörige, dass ein schriftlicher Mietvertrag vorliegt, der einem Fremdvergleich standhält und der auch wie vereinbart durchgeführt wird. Kleinere Mängel sind zwar verzeihlich, doch wann lediglich ein "kleiner" und nicht ein "gravierender" Mangel vorliegt, der zur Nichtanerkennung des Mietverhältnis führen würde, ist oftmals Gegenstand von Streitigkeiten mit dem Finanzamt. In diesem Zusammenhang hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg entschieden, dass es unschädlich ist, wenn in einem Mietvertrag zwar die Wohnfläche genannt wird, der ausgebaute und nutzbare Spitzboden hierin aber nicht erwähnt wird (Urteil vom 10.3.2022, 9 K 9197/20). Der Sachverhalt: Eheleute vermieteten eine Wohnung an ihre Tochter und ihren Schwiegersohn. Im schriftlichen Mietvertrag über die Wohnung "im Dachgeschoss“ wurde eine Wohnfläche von rund 68 qm angegeben. Der rund 20 qm große Spitzboden wurde nicht erwähnt, obwohl dieser mit zur vermieteten Einheit gehörte. Der Spitzboden galt nicht als Aufenthaltsraum im Sinne der maßgebenden Bauordnung, denn er hatte nicht "über mindestens der Hälfte ihrer Netto-Grundfläche eine lichte Raumhöhe von mindestens 2,30 m". Das Finanzamt war der Ansicht, dass das Mietverhältnis einem Fremdvergleich nicht standhalte. Einem fremden Dritten wären sowohl der Mietzins als auch die Nebenkosten nach der tatsächlich zur Nutzung überlassenen Wohnfläche berechnet worden (also ursprüngliche Wohnfläche der Einliegerwohnung zuzüglich 20,74 qm ausgebautem Spitzboden). Doch das Gericht hat der Klage der Eheleute stattgegeben.

Die Beteiligten des Vertrages müssen ihre vertraglichen Hauptpflichten klar und eindeutig vereinbaren und entsprechend dem Vereinbarten durchführen - was im vorliegenden Fall geschehen sei. Bei den Räumen im Spitzboden handele es sich nur um Nutzflächen wie etwa einem Kellerraum zum Abstellen von Möbeln. Nutzflächenräume würden beim Abschluss von Mietverträgen auch mit fremden Dritten in der Praxis gelegentlich nicht eigens erwähnt, weil für sie auch keine vollwertige Kaltmiete wie für Aufenthaltsräume verlangt werden kann. Im Vergleich zu anderen "Mängeln“ von Mietverhältnissen zwischen nahen Angehörigen sei der vorliegende "Mangel“ des Mietvertrages vergleichsweise geringfügig.
gepostet: 25.10.2022
Mini- und Aushilfsjobs: Neue Geringfügigkeits-Richtlinien in Kraft getreten
Zum 1. Oktober 2022 ist die Verdienstobergrenze für Minijobs von 450 Euro auf 520 Euro gestiegen. Zudem ist sie nun dynamisch ausgestaltet - sie wächst mit, wenn sich der Mindestlohn von derzeit 12 Euro pro Stunde weiter erhöht. Voraussichtlich wird die erste Erhöhung in 2024 erfolgen. Die Minijobgrenze darf innerhalb eines Zeitjahres nur zweimal überschritten werden. Etwas genauer ausgedrückt: Überschreitet der durchschnittliche Monatsverdienst die Verdienstobergrenze von 520 Euro, liegt kein Minijob mehr vor. Für eine geringfügige Beschäftigung ist es jedoch unschädlich, wenn die Geringfügigkeitsgrenze nur gelegentlich und unvorhersehbar überschritten wird. "Gelegentlich" ist ein unvorhersehbares Überschreiten von bis zu zwei Kalendermonaten innerhalb eines Zeitjahres. Darüber hinaus darf die Überschreitung maximal 520 Euro monatlich betragen, sodass auf Jahressicht ein maximaler Verdienst bis zur Höhe des 14-fachen der Minijobgrenze möglich sein wird. Ein geringfügig Beschäftigter darf also grundsätzlich 6.240 Euro und in begründetem Ausnahmefall höchstens 7.280 Euro innerhalb von zwölf Monaten verdienen.

Kürzlich haben die Spitzenverbände der Sozialverbände die Geringfügigkeits-Richtlinien überabeitet, in denen viele Anwendungs- und Zweifelsfragen rund um Mini- und Aushilfsjobs geklärt werden. Sie datieren vom 16.8.2022. Es würde den Rahmen dieser Mandanteninformation sprengen, auf alle Punkte detailliert einzugehen. Wir möchten aber auf Folgendes hinweisen:

Wie erwähnt führt ein gelegentliches und nicht vorhersehbares Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze bis zum Doppelten der Geringfügigkeitsgrenze (1.040 Euro) nicht zur Beendigung der geringfügig entlohnten Beschäftigung. Als gelegentlich ist dabei ein Zeitraum von bis zu zwei Kalendermonaten innerhalb eines Zeitjahres anzusehen. Der Jahreszeitraum ist aber nicht der Zeitraum 1.1. bis 31.12., also das Kalenderjahr. Er ist vielmehr in der Weise zu ermitteln, dass vom letzten Tag des jeweiligen Beschäftigungsmonats ein Jahr zurückgerechnet wird.

Als unvorhersehbar gilt die Zahlung eines Arbeitsentgelts, das der Arbeitgeber im Rahmen seiner vorausschauenden Jahresbetrachtung nicht mit hinreichender Sicherheit berücksichtigen konnte, weil es zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt war. Darunter fallen beispielsweise Mehrarbeiten aus unvorhersehbarem Anlass (z.B. Krankheitsvertretung) sowie Einmalzahlungen, die dem Grunde und der Höhe nach vom Geschäftsergebnis oder einer individuellen Arbeitsleistung des Vorjahres abhängen.

In einem Sonderfall sind auch mehrfache Überschreitungen der 520-Euro-Grenze zulässig: Beschäftigungen mit schwankendem Arbeitsentgelt. Dann darf das Arbeitsentgelt in dem Zeitjahr aber den Betrag von (12 x 520 Euro =) 6.240 Euro insgesamt nicht überschreiten. Beispiel: Ein gesetzlich krankenversicherter Kellner im Eiscafé erzielt in den Monaten April bis September monatlich 600 Euro und in den Monaten Oktober bis März monatlich 440 Euro. Das für die versicherungsrechtliche Beurteilung maßgebende Arbeitsentgelt ist wie folgt zu ermitteln: April bis September (6 x 600 Euro =) 3.600 Euro; Oktober bis März (6 x 440 Euro =) 2.640 Euro; zusammen 6.240 Euro. Ein Zwölftel dieses Betrages beläuft sich auf (6.240 Euro : 12 =) 520 Euro und übersteigt die Geringfügigkeitsgrenze nicht, so dass der Kellner geringfügig entlohnt beschäftigt ist. Doch Vorsicht: Zum einen darf der "Charakter der regelmäßigen geringfügig entlohnten Beschäftigung" nicht verlorengehen. Zum anderen dürfen die Schwankungen nicht erheblich sein.
gepostet: 23.10.2022
Energiepreispauschale für Rentner: Auszahlung voraussichtlich im Dezember
Auch Rentner sollen eine Energiepauschale in Höhe von 300 Euro erhalten. Dies hat die Ampelkoalition beschlossen. Die Energiepauschale erhält, wer zum Stichtag 1. Dezember 2022 Anspruch auf eine Alters-, Erwerbsminderungs- oder Hinterbliebenenrente der gesetzlichen Rentenversicherung oder auf Versorgungsbezüge nach dem Beamten- oder dem Soldatenversorgungsgesetz hat. Anspruch besteht nur bei einem Wohnsitz im Inland. Soweit von einer Person mehrere der genannten Renten nebeneinander bezogen werden, wird die Energiepreispauschale nur einmal ausgezahlt. Eine Antragstellung zur Auszahlung der Energiepauschale ist nicht erforderlich. Die Auszahlung erfolgt automatisch. Die Leistung wird als Einmalzahlung durch die Rentenzahlstellen bis zum 15. Dezember 2022 erfolgen. Die Energiepreispauschale unterliegt der Steuerpflicht, jedoch nicht der Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Sie wird auch nicht bei einkommensabhängigen Sozialleistungen angerechnet (Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales).

Die FAQ des BAMS sahen für die Bezieher einer Waisenrente (Hinterbliebenenrente) in der ursprünglichen Fassung übrigens die Einschränkung vor, dass diese keinen eigenen Anspruch auf die Energiepreispauschale haben. In den aktuellen FAQ des BAMS findet sich diese Einschränkung nicht mehr. Das bedeutet offenbar, dass Bezieher einer Waisenrente die Energiepreispauschale erhalten. Hier geht es zu den Fragen und Antworten zur Energiepreispauschale (EPP) für Renten- und Versorgungsbeziehende: FAQ
gepostet: 21.10.2022
Baumaßnahmen am Nachbargrundstück: Entschädigungen sind nicht steuerbar
Baumaßnahmen auf dem Nachbargrundstück können es erforderlich machen, dass das eigene Gebäude vorübergehend oder dauerhaft abgestützt werden muss. Zuweilen wird für die entsprechenden Eingriffe in die Bausubstanz eine Entschädigung gezahlt. Das Finanzgericht München hat entschieden, dass eine Entschädigungszahlung des Nachbarn für Baueingriffe weder zu steuerpflichtigen Mieteinnahmen noch zu sonstigen Einkünften führt, sondern nicht einkommensteuerbar ist (Urteil vom 15.3.2021, 7 K 2118/20). Der Sachverhalt: Der Kläger traf eine Nachbarschaftsvereinbarung mit einer Projektgesellschaft. Diese beabsichtigte den Abriss von Bestandsgebäuden und die anschließende Bebauung der Grundstücke, die unmittelbar an das Grundstück des Klägers angrenzen. Der Kläger gestattete der Projektgesellschaft unter anderem die Durchführung von Abstütz- und Unterfangungsmaßnahmen. Infolge dieser Unterfangung sollten Verpressmittel in dem Grundstück des Klägers verbleiben. Außerdem gestattete der Kläger der Projektgesellschaft, circa 50 Verpressanker als Baubehelf in sein Grundstück einzuführen. Die Projektgesellschaft zahlte dem Kläger eine pauschale Entschädigung in Höhe von 150.000 Euro. Das Finanzamt sah hierin steuerpflichtige Einnahmen, doch die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Nach Auffassung des FG München betrifft die Zahlung die so genannte Vermögenssphäre und ist nicht dem steuerpflichtigen Einkommensbereich zuzuordnen.

Praxistipp:
Im Urteilsfall handelte es sich um ein Grundstück im Privatvermögen. Im Jahre 2018 hat der BFH über eine Entschädigungszahlung für ein Flutungsrecht entschieden. Das entsprechende Grundstück befand sich nicht im Privat-, sondern im Betriebsvermögen. Und hier musste die Zahlung als Betriebseinnahme versteuert werden (BFH-Urteil vom 21.11.2018, VI R 54/16).
gepostet: 19.10.2022
Künstlersozialversicherung: Abgabe in 2023 bei 5,0 Prozent
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat die Ressort- und Verbändebeteiligung zur Künstlersozialabgabe-Verordnung 2023 (KSA-VO 2023) eingeleitet. Nach der neuen Verordnung wird der Abgabesatz zur Künstlersozialversicherung im Jahr 2023 auf 5,0 Prozent angehoben. Der Künstlersozialabgabesatz lag seit 2018 - auch während der Corona-Pandemie - unverändert bei 4,2 Prozent. Dies wurde durch zusätzliche Bundesmittel in Höhe von insgesamt 117 Mio. Euro in den Jahren 2021 und 2022 gewährleistet. Angesichts der großen wirtschaftlichen Schäden in der Kunst- und Kulturwirtschaft infolge der Pandemie hätte der Abgabesatz für 2023 eigentlich auf 5,9 Prozent angehoben werden müssen. Dank weiterer Bundesmittel ("Stabilisierungszuschuss") in Höhe von rund 58,9 Mio. Euro wird der Anstieg des Abgabesatzes im Jahr 2023 auf 5,0 Prozent begrenzt. Dies ist eine angemessene Lastenverteilung zwischen Bund und abgabepflichtigen Unternehmen - so das BMAS in einer Pressemitteilung vom 11.8.2022.

Über die Künstlersozialversicherung werden mehr als 190.000 selbständige Künstler und Publizisten als Pflichtversicherte in den Schutz der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung einbezogen. Die selbständigen Künstler und Publizisten tragen, wie abhängig beschäftigte Arbeitnehmer, die Hälfte ihrer Sozialversicherungsbeiträge. Die andere Beitragshälfte wird durch einen Bundeszuschuss (20 Prozent) und durch die Künstlersozialabgabe der Unternehmen (30 Prozent), die künstlerische und publizistische Leistungen verwerten, finanziert. Die Künstlersozialabgabe wird als Umlage erhoben. Der Abgabesatz wird jährlich für das jeweils folgende Kalenderjahr festgelegt. Bemessungsgrundlage sind alle in einem Kalenderjahr an selbständige Künstler und Publizisten gezahlten Entgelte.
gepostet: 17.10.2022
Klimakur: Attest muss konkrete Angaben zum Kurort enthalten
Bei bestimmten Krankheiten ist das Klima von entscheidender Bedeutung. So genannte Klimakuren können den Heilvorgang begünstigen oder zumindest das Leiden mindern. Sie können allerdings teuer sein und mitunter tragen die Betroffenen trotz eventueller Kostenübernahmen der Krankenversicherung hohe Eigenaufwendungen. Grundsätzlich ist anerkannt, dass diese Kosten - nach Abzug einer zumutbaren Belastung - steuerlich als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG abziehbar sind. Allerdings gibt es eine wichtige Voraussetzung, die sich in § 64 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung findet: Es ist die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen zu bestätigen, und zwar - vor Antritt der Kur - durch ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung. Bei einer Klimakur sind zusätzlich der medizinisch angezeigte Kurort und die voraussichtliche Kurdauer zu bescheinigen.

Erst kürzlich hat das Finanzgericht Münster entschieden, dass Aufwendungen für eine Klimakur nicht als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG absetzbar sind, wenn der erforderliche Nachweis nicht vollständig vorgelegt wird (Urteil vom 23.2.2022, 7 K 2261/20 E). Der Sachverhalt: Ein Mann leidet unter Bechterew im fortgeschrittenen Stadium. Zudem leidet er unter rheumatischen Beschwerden. Zur Linderung seiner Schmerzen verbrachte er den Winter in Thailand. Laut einer amtsärztlichen Bescheinigung wurde ihm auch bestätigt, dass sein Aufenthalt "in den Wintermonaten in tropischem Klima aus gesundheitlichen Gründen" erfolge. Allerdings enthielt das Attest keine hinreichend konkrete Angabe zum Kurort. Die Angabe "in tropischem Klima" reiche nicht aus, um den Kurort zu bestimmen - so die Richter. Es müsse sich aus dem Attest ergeben, dass der Steuerpflichtige krank und der Aufenthalt an einem bestimmten Kurort für einen gewissen Zeitraum medizinisch angezeigt ist. Die Einordnung, wo konkret aufgrund der bestehenden Erkrankungen eine Klimakur medizinisch indiziert ist, müsse der Amtsarzt in seiner Stellungnahme ausführen.
gepostet: 15.10.2022
Zweitwohnungsteuer: Allein schon die Möglichkeit zur Eigennutzung reicht aus
Die Zweitwohnungsteuer wird von vielen Kommunen erhoben, um einerseits reine Ferienhaus- oder Wochenendsiedlungen zu verhindern und um andererseits Einnahmen zu generieren. Manch Wohnungsinhaber hat seine Wohnung aber über Monate oder gar über Jahre gar nicht selbst genutzt, vielleicht sogar gar nicht nutzen können. Darf in einem solchen Fall dennoch die Zweitwohnungsteuer erhoben werden? Antwort: Grundsätzlich fällt die Zweitwohnungsteuer an, solange jemand über eine Wohnung verfügen kann. Auf die tatsächliche Nutzung kommt es nicht an. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg musste kürzlich folgenden Sachverhalt beurteilen: Zwei Schwestern waren in ungeteilter Erbengemeinschaft Eigentümer eines Einfamilienhauses in Überlingen. Über die Nutzung der Immobilie konnten sie sich nicht einigen. Die Klägerin war mit Hauptwohnsitz in Stuttgart gemeldet. Die Stadt Überlingen verlangte von ihr eine Zweitwohnungsteuer von mehreren tausend Euro. Die hiergegen gerichtete Klage blieb erfolglos.

Mitglieder einer Erbengemeinschaft können eine zum Nachlass gehörende Wohnung innehaben und zur Zweitwohnungsteuer herangezogen werden, ohne dass es darauf ankommt, ob und inwiefern sie sich über die Nutzung der Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf geeinigt haben - so das Gericht. Für das Innehaben einer Zweitwohnung sei nicht erforderlich, dass der Steuerpflichtige über die Wohnung jederzeit tatsächlich verfügen kann; auch sei es nicht notwendig, dass er sie mit einer gewissen Regelmäßigkeit, wenn auch in größeren Zeitabständen, tatsächlich aufsucht. Eine tatsächliche Nutzung zu Wohnzwecken sei nicht nötig. Ausreichend für das Innehaben einer Zweitwohnung sei vielmehr grundsätzlich eine objektiv-rechtliche Nutzungsmöglichkeit. Dies gelte, solange der Zweitwohnungsinhaber keine objektiven Umstände vorträgt, die diese Vermutung erschüttern (Beschluss vom 1.4.2022, 2 S 3636/21).
gepostet: 13.10.2022
Unterkunftsgestellung: Zur Bewertung des Sachbezugs bei Wohngemeinschaft
Stellen Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern eine freie Unterkunft, so handelt es sich um einen Sachbezug, der steuer- und sozialversicherungspflichtig ist. Der zu versteuernde Wert richtet sich nach der Sozialversicherungsentgeltverordnung. Im Jahre 2022 beträgt der monatliche Sachbezugswert einer freien Unterkunft 241 Euro. Dieser Wert wird allerdings gekürzt, wenn es sich um eine Gemeinschaftsunterkunft handelt. Bei einer Belegung mit zwei Personen erfolgt zum Beispiel eine Kürzung um 40 Prozent. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs ist der Wert allerdings nicht zu mindern, wenn ein Arbeitnehmer zwar in einer Wohngemeinschaft mit einem anderen Beschäftigten untergebracht ist, er jedoch nicht das zur Verfügung gestellte Zimmer mit diesem teilen muss. Die Richter des BFH werten das Zimmer als die eigentliche "Unterkunft" und führen zur Begründung aus, dass nach der Leitvorstellung des Verordnungsgebers dem Sachbezugswert für freie Unterkunft der Preis für das Zimmer eines Untermieters zugrunde liege (BFH-Beschluss vom 12.5.2022, VI B 73/21).
gepostet: 12.10.2022
Künstlersozialversicherung: Keine Abgabe für einmaligen Webdesign-Auftrag
Wer einen Webdesigner für die Gestaltung oder Überarbeitung seiner Homepage beauftragt, soll hierfür nach dem Willen der Künstlersozialkasse üblicherweise eine Abgabe zur Künstlersozialversicherung zahlen. Eine Ausnahme gilt, wenn das beauftragte Unternehmen als juristische Person, also zum Beispiel als GmbH, firmiert. Im Jahr 2022 beträgt der Beitragssatz zur Künstlersozialversicherung 4,2 Prozent des Honorars. Kürzlich hat das Bundessozialgericht aber entschieden, dass die Abgabepflicht zur Künstlersozialversicherung eine gewisse Regelmäßigkeit voraussetzt. Für einmalige Aufträge an Webdesigner fallen keine Beiträge an (BSG-Urteil vom 1.6.22, B 3 KS 3/21 R).

Sachverhalt: Der klagende Rechtsanwalt beauftragte in 2017 einen Webdesigner mit der Erstellung einer Website für seine Kanzlei und zahlte hierfür 1.750 Euro netto. Nach einer Betriebsprüfung wurde eine Künstlersozialabgabe von 84 Euro nachgefordert (damals 4,8 Prozent). Der Kläger habe Aufträge an einen Webdesigner erteilt und dafür Honorarzahlungen geleistet. Die Grenze der nur gelegentlich erteilten Aufträge nach § 24 Abs 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 KSVG von 450 Euro sei hierdurch überschritten. Doch die Richter des BSG sehen keine Pflicht zur Zahlung der Künstlersozialabgabe. Zu der Abgabe sind unter anderem Unternehmer verpflichtet, die für Zwecke ihres eigenen Unternehmens Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit betreiben und dabei nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteilen (so genannte Eigenwerber). Der Kläger ist als Rechtsanwalt Unternehmer in diesem Sinne und er hat mit der Erstellung einer Website für seine Kanzlei einen Webdesigner beauftragt. Das begründet indes noch nicht seine Verpflichtung zur Künstlersozialabgabe. Abgabepflichtig ist nur, wer nicht nur gelegentlich Aufträge erteilt.
gepostet: 11.10.2022
Corona-Soforthilfen: Rückforderungen in NRW oftmals nicht rechtens
Die Bescheide, mit denen die Bezirksregierung Düsseldorf geleistete Corona-Soforthilfen von den Empfängern teilweise zurückgefordert hat, sind rechtswidrig. Den gegen diese Schlussbescheide gerichteten Klagen dreier Zuwendungsempfänger gegen das Land Nordrhein-Westfalen hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf stattgegeben (Urteile vom 16.8.2022, Az. 20 K 7488/20, 20 K 217/21 und 20 K 393/22). Zum Hintergrund: Als im Frühjahr 2020 kleine Unternehmen und Selbständige durch verschiedene infektionsschutzrechtliche Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie in wirtschaftliche Notlagen gerieten, schufen Bund und Länder Programme, um kurzfristig Finanzhilfen bereitzustellen. Solche Soforthilfen von jeweils 9.000 Euro erhielten auch die Kläger der entschiedenen Verfahren. Alle drei Unternehmer mussten hohe Umsatzeinbußen hinnehmen, hatten allerdings keine hohen Betriebskosten. Daher wurden die Soforthilfen später zu großen Teilen zurückgefordert. Doch das Verwaltungsgericht hat nun entschieden, dass die entsprechenden Schlussbescheide rechtswidrig sind.

Begründung: Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Schlussbescheide kam es auf die Förderpraxis des Landes während des Antragsverfahrens bis zum Erlass der Bewilligungsbescheide an. Die in den Bewilligungsbescheiden zum Ausdruck gekommene Verwaltungspraxis des Landes stimmte mit den in den Schlussbescheiden getroffenen Festsetzungen nicht überein. Während des Bewilligungsverfahrens durften die Hilfeempfänger auf Grund von Formulierungen in online vom Land bereit gestellten Hinweisen, den Antragsvordrucken und den Zuwendungsbescheiden eher davon ausgehen, dass pandemiebedingte Umsatzausfälle für den Erhalt und das Behaltendürfen der Geldleistungen ausschlaggebend sein sollten. Demgegenüber stellte das Land bei Erlass der Schlussbescheide auf das Vorliegen eines Liquiditätsengpasses ab, der eine Differenz zwischen den Einnahmen und Ausgaben des Geschäftsbetriebes, also einen Verlust, voraussetzte. Dies ist rechtsfehlerhaft, weil diese Handhabung von der maßgeblichen Förderpraxis abwich. Mit Blick darauf konnte auch die Richtlinie des damaligen Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes NRW vom 31.5.2020, die erstmals eine Definition des Begriffs des Liquiditätsengpasses enthielt, trotz ihres rückwirkenden Inkrafttretens bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Schlussbescheide nicht berücksichtigt werden. Abgesehen davon waren die ursprünglichen Bewilligungsbescheide hinsichtlich einer etwaigen Rückerstattungsverpflichtung auch missverständlich formuliert. Insbesondere konnten die Zuwendungsempfänger dem Inhalt der Bescheide nicht verlässlich entnehmen, nach welchen Parametern eine Rückzahlung zu berechnen sei.

Praxistipp:
Beim Verwaltungsgericht Düsseldorf sind noch ca. 500 weitere Klageverfahren rund um den Komplex der Corona-Soforthilfen anhängig. Wie mit diesen umzugehen ist, wird das Gericht in Kürze entscheiden. In den drei aktuell entschiedenen Streitigkeiten, die repräsentativ für einen Großteil der weiteren Verfahren sind, hat die Kammer die Berufung zum Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen wegen der grundsätzlichen Bedeutung zugelassen (Quelle: VG Düsseldorf, Pressemitteilung vom 16.8.2022). Im Übrigen hat auch das Verwaltungsgericht Hamburg die Rückforderungspraxis gerügt, in diesem Fall natürlich hinsichtlich des Hamburger Corona Soforthilfe-Programmes (Urteil vom 14.3.2022, 17 K 4793/21). Man darf davon ausgehen, dass in vielen weiteren Bundesländern in Kürze Urteile zu dem Thema ergehen werden.
gepostet: 09.10.2022
Fahrtkosten zur Fernuniversität Hagen: Dienstreise- statt Pendlerpauschale
Im Rahmen des Fernstudiums an der Fernuniversität Hagen sind mitunter gelegentliche Fahrten zur Universität erforderlich. Nach einem Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts sind die Fahrtkosten mit den tatsächlichen Kosten oder der Dienstreisepauschale von 30 Cent je gefahrenem Kilometer abzugsfähig. Das gilt zumindest bei einem Teilzeitstudium (Urteil vom 16.2.2022, 4 K 113/20). Der Sachverhalt: Ein arbeitsloser Mann belegte nach abgeschlossenem Studium im Jahre 2017 einen weiteren Studiengang an der Fernuniversität Hagen und ist dort als Teilzeitstudent eingeschrieben. Er machte Aufwendungen für 29 Hin- und Rückfahrten zwischen Wohnung und Fernuni zu je 277 km mit der Dienstreisepauschale von 30 Cent je Fahrtkilometer, also insgesamt rund 4.800 Euro als Werbungskosten geltend. Das beklagte Finanzamt wollte nur die Pendlerpauschale von 30 Cent je Entfernungskilometer anerkennen. Doch die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg.

Wenn eine Bildungseinrichtung im Rahmen eines Vollzeitstudiums oder einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme aufgesucht wird, stellt diese Einrichtung eine erste Tätigkeitsstätte dar. In diesem Fall können die Fahrten lediglich mit der Pendlerpauschale als Werbungskosten oder Sonderausgaben berücksichtigt werden. Diese Überlegung des Gesetzgebers sei jedoch nur sachgerecht, wenn das Studium oder die Bildungsmaßnahme wenigstens einen Großteil der regelmäßigen Arbeitszeit des Steuerpflichtigen in Anspruch nimmt. Ein Teilzeitstudium sei gerade nicht darauf ausgerichtet, dass sich der Student ihm vollumfänglich widmen muss. Vielmehr sei das Teilzeitstudium nach der eigenen Beschreibung der Fernuniversität gerade zur Ausübung neben einer Berufstätigkeit angelegt. Die Richter folgten nicht der Ansicht der Finanzverwaltung, dass im Falle einer Erwerbslosigkeit stets ein Vollzeitstudium oder eine vollzeitige Bildungsmaßnahme gegeben ist. Dies lasse sich aus dem Gesetzestext nicht herleiten.

Praxistipp:
Kosten für ein Zweitstudium stellen grundsätzlich Werbungskosten dar, die in unbeschränkter Höhe abgezogen werden dürfen. Aufwendungen für ein Erststudium hingegen sind mit maximal 6.000 Euro pro Jahr als Sonderausgaben abziehbar. Letztere sind im Übrigen steuerlich verloren, wenn in dem betreffenden Jahr keine oder nur geringe Einkünfte vorliegen, denn ein Vortrag der Kosten auf Folgejahre ist nicht möglich.

Praxistipp:
Gegen das Urteil des Niedersächsischen FG liegt die Revision beim Bundesfinanzhof unter dem Az. VI R 7/22 vor. Man darf gespannt sein, ob die obersten deutschen Steuerrichter den Kollegen aus Niedersachsen folgen werden.
gepostet: 07.10.2022
Renten: Zum Besteuerungsanteil von Renten aus Versorgungswerken
Renten aus berufsständischen Versorgungswerken gelten grundsätzlich als so genannte Basisversorgung und sind daher genauso wie Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu versteuern. Das heißt, der Besteuerungsanteil der Rente richtet sich nach dem Jahr des erstmaligen Rentenbezugs. Bei erstmaligem Rentenbezug in 2022 beträgt dieser Besteuerungsanteil 82 Prozent. Insbesondere bei Freiberuflern ist oft der Fall anzutreffen, dass diese jahrelang gesetzlich rentenversichert waren, bevor sie in ein berufsständisches Versorgungswerk wechseln konnten. Sie erwerben dann zwei Rentenansprüche. Werden beide Renten beispielsweise erstmalig im Jahre 2022 gezahlt, so ist klar, dass beide Renten dem erwähnten Besteuerungsanteil von 82 Prozent unterliegen. Was aber gilt, wenn die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung etwa schon seit 2020 gezahlt wird, weil der Freiberufler in diesem Jahr das 65. Lebensjahr vollendet hatte, er die Rente aus dem Versorgungswerk aber erst ab dem 67. Lebensjahr bezieht? Gilt dann für die zweite Rente ein neuer, höherer Besteuerungsanteil oder kommt dem Steuerzahler noch der niedrigere Besteuerungsanteil der ersten Rente zugute? Das Finanzgericht Hamburg hat diesbezüglich entschieden, dass in einem Fall wie dem obigen zwei eigenständige Renten vorliegen. Für die beiden Renten ist folglich jeweils gesondert der Besteuerungsanteil zu ermitteln. Die Rente aus dem Versorgungswerk ist keine "Folgerente" zur gesetzlichen Rente, so dass bei dem späteren Bezug der höhere Besteuerungsanteil anzuwenden ist (FG Hamburg, Urteil vom 12.5.2022, 5 K 46/21).

Die Vorschrift des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG ermögliche zwar, dass "Folgerenten" - vereinfacht ausgedrückt - dem Besteuerungsanteil der Erstrente unterliegen. Doch diese Vorschrift stelle ausdrücklich darauf ab, dass die zunächst gezahlte und die begünstigte (Folge-)Rente aus derselben Versicherung stammen. Dies ist nicht gegeben, wenn einerseits eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und andererseits eine Rente aus einem berufsständischen Versorgungswerk vorliegt.

Praxistipp:
Das Gericht hat keine Revision zugelassen. Ähnlich gelagerte Fälle sind auch nicht von dem Vorläufigkeitsvermerk umfasst, den Steuerbescheide derzeit hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Rentenbesteuerung enthalten. Denn in Fällen wie dem obigen geht es um "einfachgesetzliche", nicht aber um verfassungsrechtliche Fragen.
gepostet: 05.10.2022
Grunderwerbsteuer: Sonderwünsche erhöhen die Steuerlast
Wer ein schlüsselfertiges Haus mitsamt Grund und Boden erwirbt, muss die Grunderwerbsteuer auf den Gesamtpreis zahlen. Wer hingegen den Grund und Boden separat erwirbt und das Haus im Anschluss errichten lässt, muss die Grunderwerbsteuer nur auf den Kaufpreis des zunächst noch unbebauten Grundstücks abführen. Der Gesetzgeber hat im Grunderwerbsteuergesetz aber eine Regelung geschaffen, die Häuslebauer unbedingt beachten müssen: Besteht ein Zusammenhang zwischen Grundstückskauf- und Bauvertrag, so entsteht die Grunderwerbsteuer sowohl auf den Kaufpreis für das unbebaute Grundstück als auch auf den Baupreis für das Haus. Die Fachbegriffe lauten "einheitliches Vertragswerk" oder "einheitlicher Erwerbsgegenstand" (§ 8 Abs. 2 Satz 2 GrEStG).

Beim Hausbau - wie auch beim Erwerb noch zu errichtender Eigentumswohnungen - ist es durchaus üblich, dass während der Bauphase gegenüber dem Bauträger Sonderwünsche geäußert werden. Vielfach ist nur der Bauträger oder eine von ihm beauftragte Handwerksfirma berechtigt, die Zusatzarbeiten durchzuführen. Werden diese dem Käufer bzw. dem Bauherren anschließend in Rechnung gestellt, wird auch hierauf Grunderwerbsteuer fällig, sofern das oben beschriebene einheitliche Vertragswerk vorliegt. Zumindest gilt dies nach dem Willen der Finanzverwaltung und des Finanzgerichts Bremen. In dem Fall, der dem Urteil des Gerichts zugrunde liegt, wurden nach Beginn der Rohbauarbeiten Sonderwünsche gegenüber dem Bauträger geäußert. Dieser führte die entsprechenden Arbeiten aus und stellte die Mehrkosten von rund 35.000 Euro in Rechnung. Vertraglich durften die Arbeiten nicht vom Bauherrn selbst oder durch eine von ihm beauftragte Fremdfirma durchgeführt werden. Auf den Betrag von 35.000 Euro setze das Finanzamt Grunderwerbsteuer fest. Dies war rechtens (Urteil vom 9.8.2021, 2 K 77/21).

Praxistipp:
Gegen das Urteil liegt die Revision beim Bundesfinanzhof unter dem Az. II R 15/22 vor. Zudem liegt eine weitere Revision unter dem Az. II R 18/22 im Anschluss an ein Urteil des Niedersächsischen FG vom 5.5.2021 (7 K 208/19) vor.
gepostet: 04.10.2022
Apple-Geräte: Streit um Höhe des Werbungskostenabzuges
Apple-Geräte, also iPhone, iPad oder MacBook, sind zumeist teurer als Android-Geräte bzw. als Computer mit einer Microsoft-Plattform. Doch spricht der höhere Anschaffungspreis per se dafür, dass immer auch eine private Veranlassung für deren Erwerb eine Rolle spielt? Und sind die Anschaffungskosten daher niemals zu 100 Prozent als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig? Ein Finanzamt aus dem Bereich Berlin-Brandenburg jedenfalls war dieser Ansicht, unterlag aber vor dem Finanzgericht (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 8.11.2021, 16 K 11381/18).

Der Sachverhalt: Ein Großkundenbetreuer erwarb in kurzer Zeit mehrere Apple-Geräte, so ein iPad, ein iPad Mini, ein MacBook und ein MacBook Air. Das Finanzamt versagte den Abzug der Anschaffungskosten für die Geräte mit der Begründung, dass bei der Anschaffung von hochpreisigen Apple-Geräten und vielen Produkten der Apple-Familie immer auch private Gründe mitspielen würden. Beim iPad seien schon gar keine Gründe für eine berufliche Nutzung erkennbar. Das Gericht sieht das anders. Einen Satz aus der Urteilsbegründung möchten wir Ihnen nicht vorenthalten: "Im Übrigen hat bisher auch noch kein Finanzamt je argumentiert, dass wer einen Mercedes oder BMW als Dienstwagen wählt, damit die überwiegend berufliche Nutzung weniger wahrscheinlich macht gegenüber jemandem, der einen VW oder Opel möchte."

Praxistipp:
Einen Erfolg auf ganzer Linie konnte der Steuerpflichtige dennoch nicht verbuchen, denn das Gericht schätzte die private Nutzung bei den verschiedenen Computern auf 30 Prozent und kürzte die Werbungskosten insoweit. Zudem wurde der Kostenabzug für ein angeblich gestohlenes Gerät versagt.
gepostet: 03.10.2022
Betriebsprüfung: Unmittelbare Anschlussprüfung fast immer zulässig
Betriebsprüfungen der Finanzämter können auch bei Klein- und Kleinstbetrieben stattfinden. Üblicherweise werden diese Betriebe allerdings nicht permanent geprüft; mancher Betrieb bleibt über viele Jahre "verschont". Dennoch kommt es vor, dass selbst kleinere Betriebe einer so genannten Anschlussprüfung unterliegen, das heißt, dass nach Abschluss der ersten Prüfung unmittelbar eine zweite erfolgt. Die Gründe für Anschlussprüfungen können vielfältig sein: Zumeist gibt es einen konkreten Anlass, zum Beispiel eine Bilanzierungsfrage, die vielleicht in der vorherigen Prüfung für Diskussionen gesorgt hat und die das Finanzamt in den Folgejahren erneut prüfen möchte. Manchmal ist es aber auch nur eine Zufallsauswahl. Doch gegen eine solche Anschlussprüfung können sich Betroffene kaum erfolgreich wehren. Es sei in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs geklärt, dass die Finanzbehörden auch bei Mittel-, Klein- und Kleinstbetrieben gesetzlich nicht an einen bestimmten Prüfungsturnus gebunden sind. Daher dürfen die Finanzämter selbst kleinste Betriebe einer Anschlussprüfung unterwerfen - so der BFH mit Beschluss vom 7.6.2022 (VIII B 105/21).

Praxistipp:
Zwar gibt es ein altes Urteil des BFH vom 24.1.1985 (IV R 232/82), mit dem dieser entschieden hatte, dass Gründe in den betrieblichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen vorliegen müssen, wenn bei ihm außerhalb des allgemeinen Prüfungsrhythmus eine Betriebsprüfung durchgeführt werden soll. Aber der BFH hat diese Entscheidung in der Folge immer wieder relativiert (z.B. BFH-Urteil vom 17.11.1992, VIII R 25/89).
gepostet: 01.10.2022
September 2022
Influencer: Kurzer Steuerguide der Finanzverwaltung
Influencer können heutzutage hohe Einnahmen erzielen und erhalten im Übrigen vielfach Gratisprodukte von Unternehmen, die sich anschließend eine positive Bewertung der Influencer erhoffen. Selbstverständlich müssen auch Influencer zahlreiche steuerliche Vorschriften beachten, wenn sie ihre Tätigkeit selbstständig, wiederholt und vor allem mit Gewinnerzielungsabsicht ausüben. Wer hingegen nur gelegentlich als Influencer tätig ist, bleibt von der Steuer grundsätzlich verschont, wenn er weniger als 256 Euro im Jahr verdient und zudem keine Rechnung mit offenem Ausweis der Umsatzsteuer ausstellt. Das Finanzministerium Baden-Württemberg hat auf seiner Homepage einen "Steuerguide für Influencer" veröffentlicht, den Interessierte herunterladen können. Er ist recht kurz gehalten, aber durchaus geeignet, um einen ersten Überblick über die Besteuerung von Influencern zu erhalten (https://fm.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse-und-oeffentlichkeitsarbeit/pressemitteilung/pid/steuerguide-fuer-influencer/).
gepostet: 29.09.2022
Künstliche Befruchtung: Einklang mit Embryonenschutzgesetz für Kostenabzug
Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung sind steuerlich als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG absetzbar, soweit die Kosten nicht von den Versicherungen übernommen werden. Der Eigenanteil der Aufwendungen wirkt sich steuerlich nach Abzug einer zumutbaren Belastung aus. Der Bundesfinanzhof hat allerdings in mehreren Urteilen entschieden, dass Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung unter Verwendung von gespendeten Eizellen im Ausland nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind, weil die Behandlung nicht mit dem deutschen Embryonenschutzgesetz vereinbar ist. Dies gelte auch dann, wenn die Eizellen von einer verwandten Spenderin stammen (BFH-Urteile vom 25.1.2022, VI R 34/19, VI R 35/19, VI R 36/19).

Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung der Behandlungskosten sei, dass die den Aufwendungen zugrunde liegende Behandlung mit der innerstaatlichen Rechtsordnung im Einklang stehe. Eine nach nationalem Recht verbotene Behandlung könne keinen zwangsläufigen Aufwand gemäß § 33 Abs. 1 EStG begründen. Aufwendungen für nach objektiv-rechtlichen Maßstäben verbotene Behandlungsmaßnahmen seien selbst dann nicht zwangsläufig, wenn sie nicht straf- oder bußgeldbewehrt sind oder wegen eines Strafausschließungsgrunds nicht geahndet werden. Als außergewöhnliche Belastungen seien daher Kosten für eine künstliche Befruchtung nur zu berücksichtigen, wenn die Behandlung insbesondere nicht gegen das Embryonenschutzgesetz (ESchG) verstößt. Diese Beurteilung stehe nicht im Widerspruch zu Art. 3 Abs. 2 und 3 des Grundgesetzes.
gepostet: 27.09.2022
Berufsgenossenschaften: Neue Unternehmensnummer ab 1.1.2023
Mitgliedsunternehmen von Berufsgenossenschaften und Unfallkassen erhalten zum 1. Januar 2023 eine bundesweit einheitliche Unternehmensnummer. Die Umstellung soll die Kommunikation zwischen Unternehmen und den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung beschleunigen und vereinfachen. Die Unternehmensnummer löst bei der VBG die bisherige Kundennummer ab. Betriebe benötigen sie also zwingend, um zum Beispiel UV-Jahresmeldungen oder Lohnnachweise digital zu übermitteln. Die Umstellung soll automatisch und rechtzeitig vor dem 1. Januar 2023 erfolgen. Die Mitgliedsbetriebe erhalten im Herbst 2022 eine schriftliche Information über den Nummernwechsel. Ab diesem Zeitpunkt ist die neue Unternehmensnummer anstelle der bisherigen Kundennummer zu verwenden. Die neue Unternehmensnummer besteht insgesamt aus 15 Ziffern. Die ersten zwölf Zeichen setzen sich aus einer zufälligen Ziffernfolge zusammen und werden für den Unternehmer vergeben. Die letzten drei Ziffern kennzeichnen immer das zugehörige Unternehmen. Betreibt eine Unternehmerin oder ein Unternehmer mehrere Unternehmen, erfolgt die Zuordnung in numerisch aufsteigender Folge (Quelle: Verwaltungs-Berufsgenossenschaft - VBG).

Praxistipp:
Die VBG hat auf ihren Internetseiten einen Fragen-Antworten-Katalog mit weiteren Hinweisen zur neuen Unternehmensnummer ab 1. Januar 2023 veröffentlicht.
gepostet: 25.09.2022
Ambulante Pflege: Kostenübernahme durch Sohn oder Tochter begünstigt
Für die Inanspruchnahme von Pflege- und Betreuungsleistungen können Steuerbürger die Ermäßigung nach § 35a EStG in Anspruch nehmen. Für die Beauftragung eines Pflegedienstes dürfen 20 Prozent der Kosten, höchstens 4.000 Euro, direkt von der Steuer abgezogen werden. Doch zuweilen werden die Kosten nicht von den Betreuten selbst, sondern von einem Angehörigen, etwa Sohn oder Tochter, übernommen. Dann stellt sich die Frage, ob dem Angehörigen die Steuerermäßigung nach § 35a EStG zusteht.
Im Jahre 2019 hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die Steuermäßigung gemäß § 35a EStG nur für Aufwendungen gewährt wird, die einem Steuerbürger für seine eigene Unterbringung in einem Heim oder für seine eigene Pflege entstehen. Hingegen ist der Steuervorteil ausgeschlossen für Aufwendungen, die er für eine andere Person übernimmt, das heißt wenn Kinder die Kosten für ihre Eltern übernehmen (BFH-Urteil vom 3.4.2019, VI R 19/17). Nunmehr liegt aber ein aktuelles Urteil des BFH vor, in dem dieser zwischen der Kostenübernahme bei stationärer Pflege und bei ambulanter Pflege differenziert (BFH-Urteil vom 12.4.2022, VI R 2/20).

Stationäre Unterbringung/Pflege: Hier bleibt es dabei, dass nur derjenige die Steuerermäßigung beanspruchen kann, dem die Aufwendungen wegen seiner eigenen Unterbringung/Pflege entstanden sind. Wenn Sohn oder Tochter für die Betreuungsleistungen zahlen, können sie folglich keine Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienste beanspruchen. Maßgebend ist § 35a Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz EStG.

Ambulante Pflege/Betreuung: Aufwendungen, die einem Dritten, zum Beispiel Sohn oder Tochter, für die ambulante Pflege und Betreuung einer anderen Person, also eines Elternteils erwachsen, sind hingegen begünstigt, und zwar nach § 35a Abs. 2 Satz 2 erster Halbsatz EStG. Folglich können Kinder die Kosten für eine ambulante Pflege ihrer Eltern abziehen, wenn sie die Kosten getragen haben. Dies gilt auch, wenn die Pflege- und Betreuungsleistungen nicht im eigenen Haushalt des Steuerpflichtigen, sondern im Haushalt der gepflegten oder betreuten Person ausgeübt oder erbracht werden.

In dem BFH-Urteil vom 12.4.2022 ging es um folgenden Sachverhalt: Die Mutter der Klägerin wohnt in einem eigenen Haushalt, knapp 100 km vom Wohnort der Tochter entfernt. Sie bedurfte Hilfe für Einkäufe und Wohnungsreinigung. Mit einer Sozialstation wurde eine Vereinbarung zur Erbringung von Pflegeleistungen abgeschlossen. Die Mutter ist als Leistungsnehmerin aufgeführt, der Vertrag ist jedoch von der Tochter unterschrieben worden. Die Rechnungen wiesen die Mutter als Rechnungsempfängerin aus und wurden der Tochter übersandt, die sie jeweils per Banküberweisung beglich. Mit ihrer Einkommensteuererklärung machte die Tochter den Gesamtbetrag ihrer Aufwendungen für die Mutter in Höhe von 1.071 Euro geltend. Finanzamt und Finanzgericht lehnten den Abzug nach § 35a EStG ab, doch der BFH sieht die Sache - wie erwähnt - anders.

Praxistipp:
Das Verfahren ist allerdings noch nicht beendet. Zwar hat die Tochter die von der Sozialstation zugunsten ihrer Mutter erbrachten und dieser in Rechnung gestellten Leistungen beglichen. Für den BFH war jedoch nicht ersichtlich, ob die Tochter hiermit eigene Aufwendungen oder den Aufwand ihrer Mutter getragen hat. Die Steuerermäßigung kann nur im ersten Fall, also bei eigenem Aufwand aufgrund eines eigenen Schuldverhältnisses, gewährt werden. Im zweiten Fall würde so genannter Drittaufwand vorliegen, der steuerlich nicht berücksichtigt wird. Ausweislich des Pflegevertrags waren sowohl die Tochter als auch ihre Mutter als Leistungsnehmerinnen bezeichnet. Das bedeutet: Wenn die Tochter den Pflegevertrag in eigenem Namen, wenn auch zugunsten ihrer Mutter abgeschlossen hat, wären ihre Kosten abzugsfähig. Wenn sie aber die Mutter nur bei deren eigenem Vertragsabschluss vertreten hat, würde eine Abzug der Kosten ausscheiden. Die Vorinstanz muss nun entsprechende Feststellungen nachholen.
gepostet: 23.09.2022
Betriebsausgaben: Kosten für bürgerliche Kleidung sind nicht abziehbar
Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 16.3.2022 (VIII R 33/18) entschieden, dass ein Betriebsausgabenabzug für bürgerliche Kleidung auch dann ausscheidet, wenn diese bei der Berufsausübung getragen wird. Die Kläger waren als selbständige Trauerredner tätig. Bei der Gewinnermittlung machten sie Aufwendungen u.a. für schwarze Anzüge, Blusen und Pullover als Betriebsausgaben geltend. Das Finanzamt lehnte die steuerliche Berücksichtigung dieser Aufwendungen ab. Der BFH gab der Finanzverwaltung recht. Aufwendungen für Kleidung sind als unverzichtbare Aufwendungen der Lebensführung nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG grundsätzlich nicht abziehbar. Sie sind nur dann als Betriebsausgaben zu berücksichtigen, wenn es sich um Aufwendungen für typische Berufskleidung handelt. Schwarze Anzüge, Blusen und Pullover fallen nicht hierunter, da es sich um bürgerliche Kleidung handelt, die auch privat getragen werden kann. Für diese ist kein Betriebsausgabenabzug zu gewähren, selbst wenn die Kleidung ausschließlich bei der Berufsausübung benutzt oder das Tragen von schwarzer Kleidung von den Trauernden erwartet wird.
gepostet: 21.09.2022
Erbschaftsteuer: Zur Steuerbefreiung für ein Familienheim bei Auszug
Die Vererbung des selbstgenutzten Familienheims ist unter bestimmten Voraussetzungen ganz oder zumindest teilweise von der Erbschaftsteuer befreit. Wichtig ist unter anderem, dass der Erblasser das Familienheim vor dem Erbfall selbst bewohnt hat und der Erbe die Immobilie nach der Erbschaft zehn Jahre lang selbst zu Wohnzwecken nutzt. Die Steuerbefreiung bleibt aber trotz Auszuges aus dem Familienheim innerhalb der Zehn-Jahres-Frist bestehen, wenn objektiv "zwingende Gründe" vorliegen, die den Erwerber an der Selbstnutzung des Familienheims hindern. Geregelt ist dies in § 13 Abs. 1 Nr. 4b und 4c des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes. Nun hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass ein Erbe die Steuerbefreiung für ein Familienheim nicht verliert, wenn ihm die eigene Nutzung des Familienheims aus gesundheitlichen Gründen unmöglich oder unzumutbar ist (BFH-Urteil vom 1.12.2021, II R 18/20).

Die Klägerin hatte das von ihrem Vater ererbte Einfamilienhaus zunächst selbst bewohnt, war aber bereits nach sieben Jahren ausgezogen. Im Anschluss wurde das Haus abgerissen. Die Klägerin machte gegenüber dem Finanzamt und dem Finanzgericht erfolglos geltend, sie habe sich angesichts ihres Gesundheitszustands kaum noch in dem Haus bewegen und deshalb ohne fremde Hilfe dort nicht mehr leben können. Das Finanzgericht war der Ansicht, dies sei kein zwingender Grund für den Auszug, da sich die Klägerin fremder Hilfe hätte bedienen können. Der BFH hat das Urteil aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen. Grundsätzlich setze die Steuerbefreiung voraus, dass der Erbe das Familienheim für zehn Jahre selbst nutzt, es sei denn, er ist aus zwingenden Gründen daran gehindert. "Zwingend“, so der BFH, erfasse nicht nur den Fall der Unmöglichkeit, sondern auch die Unzumutbarkeit der Selbstnutzung des Familienheims. Reine Zweckmäßigkeitserwägungen, wie etwa die Unwirtschaftlichkeit einer Sanierung, genügten nicht. Anders liege es, wenn der Erbe aus gesundheitlichen Gründen für eine Fortnutzung des Familienheims so erheblicher Unterstützung bedürfe, dass nicht mehr von einer selbständigen Haushaltsführung zu sprechen sei. Das Finanzgericht müsse deshalb unter Mitwirkung der Klägerin das Ausmaß ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen prüfen.

Praxistipp:
Der BFH hat nun klargestellt, dass nicht nur eine Pflegebedürftigkeit als "zwingender Grund" für einen Auszug gelten kann, sondern auch eine altersbedingte gesundheitliche Einschränkung. Mit Urteil vom gleichen Tag hat der BFH im Übrigen entschieden, dass auch eine psychische Erkrankung des länger lebenden Ehegatten ein zwingender Grund für einen Auszug sein kann, wenn ihm ein Verbleib im Familienheim nicht zuzumuten ist (Az. II R 1/21). Allerdings werden betroffene Erben in der Nachweispflicht sein. Die Finanzämter werden sich mit bloßen Behauptungen nicht zufriedengeben.
gepostet: 19.09.2022
Gewerbesteuer: Kürzung des Gewerbeertrages bei Wohnungsunternehmen
Wohnungsunternehmen, die außer der Immobilienverwaltung sowie der Verwaltung eigenen Kapitalvermögens keine anderen Aktivitäten entfalten, profitieren von einer besonderen Regelung im Gewerbesteuergesetz: Nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG greift die "erweiterte Gewerbesteuerkürzung", die selbst hohe Gewinne komplett von der Gewerbesteuer befreit. Doch die Finanzverwaltung ist recht streng: Übrige Aktivitäten, die in der Vorschrift nicht genannt sind, führen zu einem Entzug der erweiterten Gewerbesteuerkürzung. Eine - wie auch immer geartete - gewerbliche Betätigung wäre also schädlich. Dazu gehörte nach früherem Verständnis auch der Betrieb einer Fotovoltaikanlage.

Das im Jahre 2021 verabschiedete Fondsstandortgesetz sieht hier aber eine Erleichterung vor: So sind die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen (§ 3 Nr. 21 EEG) und der Betrieb von E-Ladestationen für die erweiterte Kürzung unschädlich. Wohnungsunternehmen können die erweiterte Kürzung weiterhin in Anspruch nehmen, wenn ihre diesbezüglichen Einnahmen nachweislich nicht höher sind als 10 Prozent der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grundbesitzes. Der Strom aus den Energieerzeugungsanlagen darf dabei nur ins Netz eingespeist oder an die Mieter des Grundstücksunternehmens geliefert werden. Die Neuregelungen gelten seit dem Erhebungszeitraum 2021 (§ 9 Nr. 1 Sätze 3 und 4, § 36 GewStG). Die obersten Finanzbehörden der Länder haben nun umfassend zu Zweifelsfragen der Gesetzesänderung Stellung genommen (Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 17.6.2022). Unter anderem wird Folgendes verfügt:

Ausgangsgröße für die Berechnung der prozentualen Grenze sind die Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des gesamten eigenen Grundbesitzes des Grundstücks- bzw. Wohnungsunternehmens. Hierzu gehören insbesondere die vereinbarten Miet- und Pachteinnahmen inklusive sämtlicher umlagefähiger Betriebskosten. Die Umsatzsteuer bleibt bei der Ermittlung der Einnahmen außer Ansatz (Nettobetrachtung). Bei einer temporären Mietfreistellung durch den Vermieter (beispielsweise bei Vertragsbeginn oder in Krisensituationen) ist grundsätzlich von einer vereinbarten Miete von Null Euro auszugehen.

Im Falle einer ertragsteuerlichen Organschaft sind die Voraussetzungen aller zum Organkreis gehörenden Unternehmen getrennt zu prüfen. Einnahmen aus der Veräußerung oder der Demontage von Anlagen sind bei der Prüfung der 10-Prozent-Grenze einzubeziehen.

Erneuerbare Energien im Sinne des § 3 Nr. 21 EEG sind Wasserkraft, Windenergie, solare Strahlungsenergie, Geothermie und Energie aus Biomassen. Ein Blockheizkraftwerk stellt wegen des ausdrücklichen Bezugs auf § 3 Nr. 21 EEG hingegen grundsätzlich keine Anlage dar, die für die Gewerbesteuerkürzung unschädlich wäre. Blockheizkraftwerke können jedoch ausnahmsweise eine "unschädliche" Anlage darstellen, soweit das Blockheizkraftwerk ausschließlich mit Biomasse im Sinne des § 3 Nr. 21 EEG betrieben wird.

Der Selbstverbrauch von erzeugtem Strom durch das Grundstücks- bzw. Wohnungsunternehmen steht der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags grundsätzlich nicht entgegen. Wird selbst produzierter Strom jedoch zunächst in das Netz eines Netzbetreibers eingespeist und sodann wieder bezogen, so liegt kein Selbstverbrauch vor.

Unschädlich für die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags sind Einnahmen aus der Lieferung von Strom aus dem Betrieb von Ladestationen für Elektrofahrzeuge einschließlich Elektrofahrräder, wenn die Unschädlichkeitsgrenze nicht überschritten wird. Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine "Unschädlichkeit" sind allerdings nur dann erfüllt, wenn neben der Überlassung der Ladestation auch die Stromlieferung durch das Grundstücks- bzw. Wohnungsunternehmen erfolgt (Lieferung von Strom aus dem Betrieb von Ladestationen). Die Lieferung von Strom aus dem Betrieb von Ladestationen für Elektrofahrzeuge einschließlich Elektrofahrräder ist auch dann unschädlich für die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags, wenn sie nicht (ausschließlich) an Mieter erfolgt.

Praxistipp:
Die aktuelle Anweisung der Finanzverwaltung enthält zahlreiche weitere Ausführungen und auch Beispiele, die wir Ihnen bei Interesse gerne näher vorstellen.
gepostet: 17.09.2022
Private Lebensversicherung: Renten aus Altverträgen können steuerfrei sein
Lebensversicherungen, deren Vertragsabschluss vor dem Jahr 2005 liegt, waren - und sind noch - steuerlich etwas privilegierter als Versicherungsverträge jüngeren Datums. Etwas vereinfacht ausgedrückt ist die Versicherungsleistung von Altverträgen im Erlebensfall komplett steuerfrei, wenn die Vertragslaufzeit mindestens zwölf Jahre beträgt. Dies gilt nicht nur für Kapitallebensversicherungen, sondern auch für Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht. Aber: Wird bei Fälligkeit das Kapitalwahlrecht nicht ausgeübt, sondern eine Rentenzahlung gewünscht, so sind diese Renten - nach Auffassung der Finanzverwaltung - mit dem so genannten Ertragsanteil steuerpflichtig. Die Höhe des Ertragsanteils richtet sich nach dem Lebensalter des Berechtigten zu Beginn der Rentenzahlung. Jüngst hat der Bundesfinanzhof die Besteuerung des Ertragsanteils jedoch verworfen und zugunsten der Versicherten entschieden, dass bei einer steuerbegünstigten privaten Rentenversicherung mit Verzicht auf das Kapitalwahlrecht die Rentenzahlungen grundsätzlich nicht der Besteuerung unterliegen (BFH-Urteil vom 1.7.2021, VIII R 4/18). Eine Einschränkung gibt es allerdings: Die Gesamtbezüge bei Ausübung des Rentenwahlrechts sind nicht der Besteuerung zu unterwerfen, soweit die Summe der ausgezahlten Rentenbeträge das in der Ansparzeit angesammelte Kapitalguthaben einschließlich der Überschussanteile nicht übersteigt. Das bedeutet: Steuerzahler, die recht alt werden und daher lange von der Rentenzahlung profitieren, müssen ab einem bestimmten Zeitpunkt eventuell doch Steuern auf die Rentenzahlungen leisten.
gepostet: 15.09.2022
Nachweisgesetz: Mehr Pflichten für Arbeitgeber, mehr Rechte für Arbeitnehmer
Der deutsche Gesetzgeber war aufgrund einer EU-Richtlinie verpflichtet, Neuregelungen zu schaffen, die für mehr Transparenz bei der Vereinbarung von Arbeitsverhältnissen sorgen. Das heißt, ein Arbeitgeber soll einem Arbeitnehmer, der eine neue Arbeitsstelle antritt, über alle Haupt- und Nebenpflichten und auch über dessen Rechte informieren, damit für ihn die Bedingungen seiner Beschäftigung klar und vorhersehbar sind. Diese EU-Arbeitsbedingungenrichtlinie ist zum 1. August 2022 in Deutschland umgesetzt worden und muss nun von Arbeitgebern beachtet werden. Im Rahmen dieser Mandanteninformation sollen einige Neuregelungen aufgezeigt werden. Von besonderer Bedeutung dürften für viele Arbeitgeber die Änderungen des Nachweisgesetzes sein. In diesem Gesetz ist unter anderem geregelt, dass dem Arbeitnehmer alle wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses mitzuteilen sind. Mit den Änderungen zum Nachweisgesetz gibt es insoweit Verschärfungen für Arbeitgeber und mehr Rechte für Arbeitnehmer:

Die wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses sind dem Arbeitnehmer wie bisher in Schriftform zur Verfügung zu stellen. Eine elektronische Form ist ausdrücklich ausgeschlossen.

Bei befristeten Arbeitsverträgen ist die Angabe des Enddatums oder der vorhersehbaren Dauer des Arbeitsverhältnisses erforderlich. Dies kann in Form einer konkreten Zeitbestimmung bzw. eines konkreten Enddatums oder - falls es sich um einen zweckbefristeten Arbeitsvertrag handelt - durch Angabe des Zwecks erfolgen. Sofern eine Probezeit vereinbart wurde, ist der Arbeitnehmer hierüber zu unterrichten.

In der Niederschrift über die wesentlichen Vertragsbedingungen ist der Arbeitsort aufzunehmen oder, falls der Arbeitnehmer nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig sein soll, ein Hinweis darauf, dass der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten beschäftigt werden kann. Sofern der Arbeitnehmer seinen Arbeitsort frei wählen kann, ist er auch hierüber zu informieren.

Die Bestandteile des Arbeitsentgelts einschließlich der eventuellen Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sind getrennt auszuweisen. Die Art der Auszahlung (beispielsweise Barauszahlung/Überweisung) ist anzugeben.

Es besteht eine Verpflichtung des Arbeitgebers, im Rahmen der Unterrichtung über die vereinbarte Arbeitszeit auch über vereinbarte Ruhepausen und vereinbarte tägliche und wöchentliche Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit zudem über das Schichtsystem (zum Beispiel Drei-Schicht-System), den Schichtrhythmus (zum Beispiel wöchentlicher Wechsel von Früh-, Spät- und Nachtschicht) und gegebenenfalls die Voraussetzungen von Schichtänderungen zu informieren. Die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen, sofern diese vereinbart wurden, sind dem Arbeitnehmer mitzuteilen.

Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung über einen externen Versorgungsträger zugesagt hat, sind Name und Anschrift dieses Versorgungsträgers in der Niederschrift aufzunehmen. Eine Nachweispflicht besteht nicht, wenn der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist.

Zu informieren ist auch über den Umfang des Anspruchs auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildungen, sofern ein solcher Anspruch besteht sowie über den Kündigungsschutz. Dazu gehören Form und Fristen der Kündigung, aber zusätzlich eine Information über die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage. Sofern eine Probezeit vereinbart wurde, umfasst die Nachweispflicht auch die verkürzte Kündigungsfrist.

Bei Arbeit auf Abruf hat der Arbeitgeber die Arbeitnehmer darüber zu informieren, wie ihre Arbeitszeiten festgelegt werden. Dabei hat er mindestens mitzuteilen, dass die Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen ist, das Zeitfenster, bestimmt durch Referenztage und Referenzstunden, das für die Erbringung der Arbeitsleistung festgelegt ist und außerhalb dessen der Arbeitgeber keine Arbeitsleistung verlangen darf, sowie die Mindestankündigungsfrist für die Arbeitsleistung. Außerdem hat der Arbeitgeber über die Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden zu informieren.

Bei einem Verstoß gegen die Pflichten, die sich aus dem Nachweisgesetz ergeben, droht ein Bußgeld gegen den Arbeitgeber von bis zu 2.000 Euro.

Praxistipp:
Bei Arbeitsverhältnissen, die bereits vor dem 1. August 2022 bestanden haben, wird eine Informationspflicht des Arbeitgebers erst auf Verlangen des Nachweises des Arbeitnehmers ausgelöst. Dieser muss er aber - von Ausnahmen abgesehen - innerhalb von sieben Tagen nachkommen.

Weitere Änderungen betreffen zum Beispiel das Arbeitnehmer-Überlassungsgesetz, das Arbeitnehmer-Entsendegesetz, die Gewerbeordnung und das Teilzeit- und Befristungsgesetz. So wird ein Verleiher verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer die Firma und die Anschrift des entleihenden Unternehmers vor jeder Überlassung mitzuteilen. Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat, und die ihrem Arbeitgeber in Textform ihren Wunsch nach einer Vollzeit- anstelle einer Teilzeitarbeit angezeigt haben, müssen von diesem nun eine begründete Antwort in Textform innerhalb eines Monats nach Zugang der Anzeige erhalten (§ 7 TzBfG). Ähnliches gilt bei befristeten Arbeitsverträgen: Der Arbeitgeber hat einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden und der ihm in Textform den Wunsch nach einem unbefristeten Arbeitsvertrag angezeigt hat, innerhalb eines Monats nach Zugang der Anzeige eine begründete Antwort in Textform mitzuteilen. Dies gilt nicht, sofern der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber diesen Wunsch in den letzten zwölf Monaten vor Zugang der Anzeige bereits einmal angezeigt hat (§ 18 TzBfG).

Praxistipp:
Angesichts der neuen Informationspflichten ist es ratsam, von vornherein schriftliche Arbeitsverträge abzuschließen. Sofern Sie in Ihrem Unternehmen Musterarbeitsverträge einsetzen, sollten Sie diese unter Hinzuziehung eines Arbeitsrechtlers prüfen und gegebenenfalls anpassen.
gepostet: 13.09.2022
Gewerbesteuer: Hinzurechnung von Mieten für Messestandflächen
Für Zwecke der Gewerbesteuer wird der Gewinn aus Gewerbebetrieb durch Hinzurechnungen und Kürzungen modifiziert. Hinzuzurechnen sind unter anderem im bestimmten Umfang Miet- und Pachtzinsen, die zuvor als Betriebsausgaben abgezogen wurden. Seit Jahren besteht ein Streit darüber, ob auch Entgelte für Messestandflächen unter die Hinzurechnung fallen. Hierzu hat der Bundesfinanzhof nun wie folgt entschieden: Entgelte für Messestandflächen, die ein Unternehmen zu Ausstellungszwecken anmietet, unterliegen nur dann der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung, wenn die Messestandfläche bei unterstelltem Eigentum des ausstellenden Unternehmens zu dessen Anlagevermögen gehören würde (BFH-Beschluss vom 23.3.20222, III R 14/21). Die Klägerin ist eine GmbH, deren Gegenstand die Entwicklung, Herstellung und der Vertrieb von Maschinen ist. Sie selbst hat keinen Direktvertrieb, sondern verkauft ihre Produkte durch ein stehendes Händlernetz. In den Streitjahren mietete die Klägerin wiederholt auf bestimmten turnusmäßig stattfindenden Messen Ausstellungsflächen und Räumlichkeiten an, um ihre Produkte dort zu präsentieren. Sie zog die Kosten hierfür von ihrem Gewinn ab, nahm jedoch keine Hinzurechnung eines Anteils dieser Ausgaben nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG vor. Das Finanzamt war der Auffassung, dass der gewerbliche Gewinn um den gesetzlich vorgesehenen Teil der Mietzinsen erhöht werden müsse.

Das Finanzgericht entschied hingegen, dass eine Hinzurechnung nicht in Betracht komme. Der BFH bestätigte das Urteil. Die gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung setze voraus, dass die gemieteten oder gepachteten Wirtschaftsgüter bei fiktiver Betrachtung Anlagevermögen des Steuerpflichtigen wären, wenn sie in seinem Eigentum stehen würden. Für die Zugehörigkeit zum Anlagevermögen kommt es darauf an, ob der Geschäftszweck des betreffenden Unternehmens und auch die speziellen betrieblichen Verhältnisse (z.B. Bedeutung der Messepräsenz innerhalb des von dem Unternehmen praktizierten Vertriebssystems) das dauerhafte Vorhandensein einer entsprechenden Messestandfläche erfordert. Die Messestandflächen waren im Streitfall aber durch die vereinzelt kurzzeitige Anmietung unter Berücksichtigung des Geschäftsgegenstand und der speziellen betrieblichen Verhältnisse nicht dem (fiktiven) Anlagevermögen zuzuordnen.
gepostet: 12.09.2022
Verluste: Knock-out-Zertifikate sind keine Termingeschäfte
Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 8.12.2021 (I R 24/19) entschieden, dass der Verlust aus dem fallenden Kurs von Knock-out-Produkten in Form von Unlimited Turbo Bull-Zertifikaten steuerlich voll abziehbar ist und nicht dem Ausgleichs- und Abzugsverbot für Termingeschäfte unterfällt. Zum Hintergrund: Nach § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG unterliegen Verluste aus Termingeschäften grundsätzlich einem Ausgleichs- und Abzugsverbot, das heißt, sie können nur sehr eingeschränkt mit Gewinnen aus ebensolchen Geschäften verrechnet werden, sie mindern aber im Übrigen nicht die Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer oder der Einkommensteuer.

Im Streitfall hatte die Klägerin, eine GmbH, von einer Bank ausgegebene Unlimited Turbo Bull-Zertifikate erworben. Als so genannte Knock-out-Zertifikate zeichneten sie sich durch die Möglichkeit aus, mit relativ geringem Kapitaleinsatz überproportional an der Wertentwicklung des zugrunde liegenden Basiswerts zu partizipieren. Erreichte oder durchbrach der Basiswert jedoch eine bestimmte Kursschwelle, dann verfielen die Zertifikate nahezu wertlos. Bedingt durch ein Absinken des jeweiligen Indexstandes fiel der Wert der von der Klägerin erworbenen Zertifikate, wodurch diese einen erheblichen Verlust realisierte. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Zertifikatsverluste dem Ausgleichs- und Abzugsverbot unterliegen. Der BFH sah die Sache anders: Die Anwendung des § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG hänge entscheidend davon ab, ob ein Termingeschäft vorliege. Dieses sei vom so genannten Kassageschäft abzugrenzen, bei dem der Leistungsaustausch sofort oder innerhalb einer kurzen Frist zu vollziehen sei. Bei Knock-out-Produkten in Form von Zertifikaten handelt es sich aber, so der BFH weiter, um gewöhnliche Schuldverschreibungen, die im Streitfall Zug um Zug gegen Bezahlung übertragen worden seien; an dem für ein Termingeschäft typischen Hinausschieben des Erfüllungszeitpunkts habe es gefehlt.
gepostet: 11.09.2022
Erbschaftsteuer: Kosten für Haushaltsauflösung ausnahmsweise abziehbar
Erben sollten nach Möglichkeit alle Kosten zusammenstellen, die ihnen im Zusammenhang mit dem Tod des Erblassers entstanden sind, um die Erbschaftsteuer zu reduzieren. Darunter können auch die Kosten für die Auflösung des Haushalts des Erblassers fallen. Grundsätzlich gilt zwar, dass die Kosten für die Räumung einer vom Erblasser selbst bewohnten Wohnung als Teil der Nachlassverwertung nicht abzugsfähig sind. Doch kürzlich hat die Finanzverwaltung in einem Erlass eine Billigkeitsregelung geschaffen (Oberste Finanzbehörden der Länder vom 9.2.2022, S 3810, BStBl 2022 I S. 224): Es liegen abziehbare Nachlassregelungskosten vor, soweit die Auflösung des Haushalts des Erblassers darauf gerichtet ist festzustellen, inwieweit die in der Wohnung befindlichen Gegenstände zum Nachlass gehören. Kosten für die Auflösung des Haushalts und Räumung der Wohnung des Erblassers, welche in den ersten sechs Monaten nach dem Erbfall entstehen, sind aus Vereinfachungsgründen der Feststellung des Nachlasses zuzurechnen. Für anschließend entstehende Kosten hat der Steuerpflichtige darzulegen, dass die Kosten aufgrund der Umstände des Einzelfalls zur Feststellung des Nachlasses gehören.

Praxistipp:
Die Kosten der Wohnungsauflösung sind innerhalb der genannten Sechs-Monats-Frist also als Nachlassregelungskosten abzugsfähig. Zu den Nachlassregelungskosten gehören auch die Kosten für die Bestattung des Erblassers, die Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal sowie die Aufwendungen für die übliche Grabpflege. Hierfür kann insgesamt ein Betrag von 10.300 Euro ohne Nachweis abgezogen werden. Das bedeutet aber letztlich, dass sich einzelne Kosten erst auswirken, wenn der Betrag von 10.300 Euro insgesamt überschritten wird. Nachlassverwertungskosten sind dagegen überhaupt nicht abziehbar.
gepostet: 09.09.2022
Vermieter: Bei Aufträgen an Bauleistende Freistellungsbescheinigung anfordern
Wer Bauunternehmer oder Handwerker mit Arbeiten an vermieteten oder unternehmerisch genutzten Immobilien beauftragt, sollte stets daran denken, eine Freistellungsbescheinigung des Auftragnehmers anzufordern. Ohne Freistellungsbescheinigung ist der Auftraggeber verpflichtet, 15 Prozent der Rechnungssumme des Bauunternehmers oder Handwerkers einzubehalten, an das für ihn zuständige Finanzamt abzuführen und hierüber eine Steueranmeldung auf amtlichem Formular abzugeben. An den Bauleistenden dürfen folglich nur 85 Prozent des Rechnungsbetrages überwiesen werden. Die Bauabzugsteuer stellt keine zusätzliche Steuer dar. Der Auftraggeber zahlt lediglich einen Teil der Steuer des Auftragnehmers vorab an dessen Finanzamt. Hiermit soll eine Vorauszahlung auf die Steuerschuld des Bauunternehmers geleistet werden, die später auf dessen Steuern angerechnet wird (§§ 48 ff. EStG).

Das Bundesfinanzministerium hat die Grundsätze zur Bauabzugsteuer soeben in einem umfangreichen Erlass aktualisiert (BMF-Schreiben vom 19.7.2022, IV C 8 -S 2272/19/10003 :002). Danach gilt unter anderem: Bauleistungen, die der Bauabzugsteuer unterliegen, sind alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Die Begriffe "Bauwerke" und "Bauleistungen" sind dabei weit auszulegen. Zu den Bauleistungen gehören u.a. auch der Einbau von Fenstern und Türen sowie Bodenbelägen und Heizungsanlagen. Ebenso stellt die Installation einer Fotovoltaikanlage eine Bauleistung dar. Damit unterliegen Leistungen für Fotovoltaikanlagen in, an oder auf einem Gebäude grundsätzlich der Bauabzugsteuer. Auch für die Errichtung von so genannten Freiland-Fotovoltaikanlagen kann die Steuer anfallen.

Als Vermieter sind Sie vom Steuerabzug befreit, wenn Sie nicht mehr als zwei Wohnungen vermieten, wenn Ihnen der Bauleistende eine Freistellungsbescheinigung vorlegt, wenn die Bauleistungen für Ihre Privatwohnung anfallen oder wenn eine bestimmte Bagatellgrenze nicht überschritten wird. Diese beträgt für Mandanten, die ausschließlich Vermietungsumsätze haben, 15.000 Euro im Kalenderjahr. Für andere Unternehmer, also für Steuerzahler mit anderen als reinen Vermietungsumsätzen, beträgt sie 5.000 Euro im Kalenderjahr. Maßgebend für die Bagatellgrenze ist der Rechnungsbetrag einschließlich Umsatzsteuer. Die Grenze gilt gesondert je Bauunternehmer und nicht je Auftraggeber oder je Objekt. Sobald der Auftragswert an einen einzelnen Bauunternehmer die Bagatellgrenze im Kalenderjahr übersteigt, müssen Sie vom gesamten Rechnungsbetrag dieses Unternehmers den Steuerabzug vornehmen, wenn keine Freistellungsbescheinigung vorliegt.

Praxistipp:
Die Freistellungsbescheinigung muss spätestens bei Zahlung des Rechnungsbetrages vorliegen; sie kann nicht nachgereicht werden. Sie sollten die Gültigkeit der vorgelegten Freistellungsbescheinigung zudem überprüfen; insbesondere sollten Sie sich vergewissern, ob die Freistellungsbescheinigung mit einem Dienstsiegel versehen ist und eine Sicherheitsnummer trägt. Bei Vorlage einer Kopie müssen alle Angaben auf der Freistellungsbescheinigung lesbar sein. Sie können die Gültigkeit einer Freistellungsbescheinigung online überprüfen, und zwar beim Bundeszentralamt für Steuern (https://eibe.bff-online.de/eibe).

Praxistipp:
In dieser Mandanteninformation ging es um den Steuereinbehalt nach dem Einkommensteuergesetz. Eine etwas andere Regelung gilt im Umsatzsteuerrecht. Dabei werden gewisse Unternehmer, die Bauleistungen in Auftrag geben, zum Schuldner der Umsatzsteuer. Die Steuerschuld wechselt also vom Leistenden zum Auftraggeber (§ 13b UStG). Beide Regelungen haben aber das gleiche Ziel, nämlich Schwarzarbeit zu verhindern und das Steueraufkommen zu sichern.
gepostet: 07.09.2022
Corona-Pflegebonus: Fragen-Antworten-Katalog des Bundesfinanzministeriums
Mit dem Vierten Corona-Steuerhilfegesetz wurde ein so genannter Corona-Pflegebonus beschlossen. Sonderzahlungen zur Anerkennung besonderer Leistungen während der Corona-Krise, die von Arbeitgebern an Arbeitnehmer gewährt werden, die in bestimmten Einrichtungen (insbesondere Krankenhäusern) tätig sind, sind danach bis zu einem Betrag von 4.500 Euro steuerfrei (§ 3 Nr. 11b EStG). Darüber hinaus besteht die Möglichkeit der Steuerfreiheit auch bei Zahlungen an Beschäftigte in Einrichtungen für ambulantes Operieren, bestimmten Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, Dialyseeinrichtungen, Arzt- und Zahnarztpraxen sowie für Rettungsdienste. Begünstigt sind Auszahlungen zwischen dem 18.11.2021 und dem 31.12.2022.

Das Bundesfinanzministerium nimmt in einem umfassenden Fragen-Antworten-Katalog zu vielen Zweifelsfragen rund um den Corona-Pflegebonus Stellung
(https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Steuern/2020-04-01-FAQ_Corona_Steuern.html) Beispiele:

Sind auch Auszubildende in Krankenhäusern begünstigt? Antwort: Ja. Begünstigt sind unter anderem auch Auszubildende, Praktikanten, Freiwillige im Sinne des § 2 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes, Freiwillige im Sinne des § 2 des Jugendfreiwilligendienstegesetzes im freiwilligen sozialen Jahr und geringfügig Beschäftigte ("Minijobber“), wenn sie in den entsprechenden genannten Einrichtungen oder Diensten tätig sind.

Sind freiwillige Leistungen des Arbeitgebers begünstigt? Antwort: Ja. Begünstigt sind nicht nur Leistungen, die aufgrund bundes- oder landesrechtlicher Regelungen (insbesondere Pflegebonusgesetz) oder aufgrund von Beschlüssen der Bundes- oder einer Landesregierung gewährt werden, sondern auch freiwillige Leistungen der Arbeitgeber (zum Beispiel freiwillige Aufstockungen der Leistungen nach dem Pflegebonusgesetz).

Sind auch nicht pflegerisch tätige Personen begünstigt? Antwort: Ja. Der Kreis der Anspruchsberechtigten in Bezug auf die Steuerbefreiung umfasst nicht nur Pflegekräfte, sondern auch weitere Arbeitnehmer, die in den begünstigten Einrichtungen oder Diensten tätig sind.

Gelten für Leistungen des Arbeitgebers die Steuerbefreiungen für die "Corona-Prämie“ bis zur Höhe von 1.500 Euro und für den Corona-Pflegebonus bis zur Höhe von 4.500 Euro nebeneinander? Antwort: Die Steuerbefreiung für den Corona-Pflegebonus (§ 3 Nr. 11b EStG ) geht der Steuerbefreiung für die Corona-Prämie (§ 3 Nr. 11a EStG) vor. Das bedeutet, dass Leistungen, die der Arbeitgeber in der Zeit vom 18.11.2021 bis 31.3.2022 an seine Arbeitnehmer gewährt, die in begünstigten Einrichtungen oder Diensten tätig sind, nur unter die Steuerbefreiung des § 3 Nr.11b EStG fallen. Insoweit scheidet eine Addition der beiden Höchstbeträge aus. Für Corona-Prämien nach § 3 Nr. 11a EStG, die in der Zeit vom 1.3.2020 bis 17.11.2021 gewährt wurden, bleibt die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11a EStG hingegen erhalten.
gepostet: 05.09.2022
Geringfügig Beschäftigte: Arbeitgeber muss die Krankenkasse erfragen
Zum 1.1.2023 soll das Verfahren der elektronischen AU-Bescheinigungen für Arztpraxen, Krankenkassen und Arbeitgeber verpflichtend werden; die bisherigen Papierbescheinigungen sollen dann - von Ausnahmen abgesehen - der Vergangenheit angehören. Das heißt: Ein Arbeitnehmer muss seine AU-Bescheinigung künftig nicht mehr selbst beim Arbeitgeber vorlegen, sondern teilt diesem nur noch seine Krankmeldung mit. Die vom Arzt ausgestellte AU-Bescheinigung kann der Arbeitgeber in der Folge selbst elektronisch bei der Krankenkasse abrufen. Die Krankenkasse des Arbeitnehmers hält die Zeiten der Arbeitsunfähigkeit und Vorerkrankungszeiten zum Abruf bereit. Der Krankenkasse selbst werden die Daten elektronisch vom Arzt übermittelt. Bei geringfügig Beschäftigten wissen viele Arbeitgeber allerdings gar nicht, welcher Krankenkasse diese angehören. Da die Arbeitgeber nur Pauschalbeiträge zur Krankenversicherung abführen, ist es für sie bislang nur wichtig zu wissen, ob ihre geringfügig Beschäftigten gesetzlich oder privat krankenversichert sind. Mit dem Verfahren zur elektronischen AU-Bescheinigung ändert sich dies. Damit die Arbeitgeber die AU-Bescheinigung ihrer Minijobber abrufen können, müssen sie die Krankenkasse ihrer gesetzlich krankenversicherten Mitarbeiter, also auch der Minijobber, kennen und im Lohnabrechnungsprogramm eintragen.

Praxistipp:
Arbeitgeber sollten alsbald für alle gesetzlich krankenversicherten Minijobber prüfen, ob ihnen die Krankenkasse bereits bekannt ist. Das gilt zum Beispiel auch für eine Familienversicherung über den Ehepartner oder die Eltern. Ist die Krankenversicherung nicht bekannt, sollten Arbeitgeber diese zeitnah erfragen und in den Entgeltunterlagen vermerken. Außerdem sollten sie ihre Arbeitnehmer darauf hinweisen, dass sie über einen Krankenkassenwechsel informiert werden müssen. Für privat krankenversicherte Arbeitnehmer und für Minijobber in Privathaushalten ist die elektronische AU-Bescheinigung zunächst nicht vorgesehen (Quelle: Minijob-Newsletter 3/2022).
gepostet: 03.09.2022
Vorsteuerabzug: Manchmal kann ein Direktanspruch gegen den Fiskus bestehen
Wer als Unternehmer umsatzsteuerpflichtige Umsätze tätigt, darf seinerseits die Umsatzsteuer für Eingangsleistungen als Vorsteuer abziehen. Leider gibt es manchmal Fälle, in denen sich erst nach Jahren herausstellt, dass der Leistende die Umsatzsteuer nicht oder nicht in der entsprechenden Höhe hätte ausweisen dürfen. Das Finanzamt verlangt dann vom Leistungsempfänger die bereits erstattete Vorsteuer ganz oder teilweise zurück, wenn die jeweiligen Steuerfestsetzungen noch änderbar sind. Grundsätzlich steht dem Leistungsempfänger in der Folge ein Erstattungsanspruch gegenüber dem Leistenden zu, der zivilrechtlich geltend zu machen ist. Doch wenn der Leistende nicht mehr auffindbar oder insolvent ist, geht der Erstattungsanspruch ins Leere. Folge: Die Vorsteuer ist verloren.

Für derartige Fälle hat der Europäische Gerichtshof schon vor langer Zeit geurteilt, dass der benachteiligte Unternehmer die Vorsteuer von seinem Finanzamt zurückverlangen kann. Man spricht hier von dem so genannten Direktanspruch gegen den Fiskus. Das heißt: Wenn der Leistungsempfänger seinen Vorsteueranspruch ohne Verschulden verloren und diesen vom Leistungserbringer nicht mehr zurückfordern kann, soll ein unmittelbarer Anspruch gegen das Finanzamt bestehen. Schließlich hat das Finanzamt ja bereits die Umsatzsteuer für die damalige Leistung vereinnahmt und erleidet keinen Schaden, wenn es die Vorsteuer auszahlt - vorausgesetzt natürlich, dass der Leistende die Umsatzsteuer ans Finanzamt gezahlt hatte (EuGH-Urteil vom 15.3.2007, C-35/05).

Nunmehr hat das Bundesfinanzministerium zu dem EuGH-Urteil und der nachfolgenden Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs Stellung bezogen (BMF-Schreiben vom 12.4.2022, BStBl 2022 I S. 655). Kurz gefasst: Zwar verkündet das BMF die grundsätzliche Anwendung der Rechtsprechung, stellt in der Folge aber sehr hohe Hürden auf. So muss gesichert sein, dass ein Anspruch aufgrund eines abgeschlossenen Insolvenzverfahrens oder mangels Masse abgelehnten Insolvenzantrages tatsächlich nicht beim Leistenden geltend gemacht werden kann. Dann ist beim Finanzamt ein Antrag auf Erlass einer Billigkeitsregelung nach §§ 163, 227 AO zu stellen.

Praxistipp:
Die Möglichkeit des Direktanspruchs, also des Antrags auf Erlass einer Billigkeitsregelung, kann als letzter Rettungsanker genutzt werden, wenn der Zivilrechtsweg gegenüber dem Leistenden ausgeschöpft ist oder zumindest keinerlei Aussicht auf Erfolg hat. Betroffene sollten sich aber darauf einstellen, dass sich das Entgegenkommen ihres Finanzamts trotz allem in engen Grenzen halten wird. Dafür spricht allein schon die Tatsache, dass das BMF-Schreiben erst 15 Jahre nach dem EuGH-Urteil ergangen ist. Hinzuweisen ist noch darauf, dass sich der EuGH bald erneut mit dem Direktanspruch befassen muss. Im zugrundeliegenden Fall hatte der Leistende gegenüber dem Leistungsempfänger eine zu hohe Umsatzsteuer (19 statt 7 Prozent) ausgewiesen. Letzterem wurde später ein Teil des Vorsteuerabzugs gestrichen, doch vom Leistenden konnte er diesen zivilrechtlich nicht zurückfordern, da dieser die Einrede der Verjährung geltend gemacht hat. Der EuGH soll klären, ob nun ein Direkt-anspruch gegen das Finanzamt besteht (Beschluss FG Münster vom 27.6.2022, 15 K 2327/20 AO).
gepostet: 01.09.2022
August 2022
Familienversicherung: Einkommensgrenze steigt auf 520 Euro
Familienangehörige sind unter bestimmten Bedingungen beitragsfrei in der Kranken- und Pflegeversicherung mitversichert. Die Familienversicherung setzt aber unter anderem voraus, dass das Gesamteinkommen des Familienangehörigen einen bestimmten Betrag nicht überschreitet. Konkret: Er darf "kein Gesamteinkommen haben, das regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV überschreitet". Derzeit beträgt diese Einkommensgrenze 470 Euro monatlich. Aufgrund der Erhöhung der Minijob-Grenze auf 520 Euro zum 1. Oktober 2022 wurde allerdings auch die Grenze für die Familienversicherung angepasst. Der Gesetzgeber verfügt in § 10 Abs. 1 Nr. 5 SGB V, dass ein regelmäßiges monatliches Gesamteinkommen bis zur Geringfügigkeitsgrenze zulässig ist. Ab dem 1. Oktober 2022 ist folglich ein monatliches Gesamteinkommen bis zu 520 Euro für die Familienversicherung unschädlich ("Gesetz zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung").

Praxistipp:
Nicht ganz klar ist, wie oft die Grenze überschritten werden darf, ohne dass die Familienversicherung gefährdet ist. Sie sollten aber davon ausgehen, dass entsprechend der Neuregelung zu den Minijobs wohl nur ein zweimaliges Überschreiten pro Jahr (mit jeweils maximal 520 Euro) erlaubt ist. Die Sozialversicherungsträger werden zu dieser Frage sicherlich noch Stellung nehmen.
gepostet: 31.08.2022
Abfindung für Arbeitsplatzverlust: Vorsicht bei gestaffelter Auszahlung
Abfindungen für den Verlust des Arbeitsplatzes werden im Rahmen der so genannten Fünftel-Regelung tarifermäßigt besteuert. Voraussetzung für die Begünstigung ist aber, dass die Abfindung zusammengeballt in einem Jahr ausgezahlt wird. Von diesem Grundsatz gibt es nur wenige Ausnahmen. In einem aktuellen Fall hat der Bundesfinanzhof eine solche Ausnahme nicht anerkannt und wie folgt entschieden: Wenn neben einer Abfindung eine so genannte Startprämie dafür geleistet wird, dass der Arbeitnehmer sein Beschäftigungs- und Qualifizierungsverhältnis bei einer Transfergesellschaft vorzeitig kündigt, weil er bei einem anderen Arbeitgeber ein neues Arbeitsverhältnis beginnt, so wird die Tarifermäßigung insgesamt verwehrt, wenn die beiden Auszahlungen in unterschiedlichen Veranlagungszeiträumen erfolgen (BFH-Urteil vom 6.12.2021, IX R 10/21).

Der Sachverhalt: Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde aufgelöst und er wechselte in eine Transfergesellschaft. Im Aufhebungsvertrag wurde vereinbart, dass ihm eine Abfindung in Höhe von 115.700 Euro zusteht. Darüber hinaus gab es ein gestaffeltes System von Zusatzabfindungen, die an bestimmte Bedingungen geknüpft waren. So sollte der Mitarbeiter eine Startprämie erhalten, sofern er ein Arbeitsverhältnis bei einem neuen Arbeitgeber antritt und deshalb das Arbeitsverhältnis bei der Transfergesellschaft gekündigt oder ruhend gestellt wird. Tatsächlich trat er relativ frühzeitig eine neue Arbeitsstelle an. Letztlich erhielt er folgende Zahlungen: 115.700 Euro brutto im Jahre 2015 und 59.250 Euro brutto in 2016. Das Finanzamt unterwarf beide Beträge der tariflichen Einkommensteuer. Klage und Revision wurden zurückgewiesen. Begründung: Die Fünftel-Regelung ist trotz Zuflusses einer Abfindung in zwei verschiedenen Veranlagungszeiträumen ausnahmsweise auch dann anwendbar, wenn die ganz überwiegende Hauptleistung in einem Jahr und daneben nur eine geringfügige Teilleistung in einem anderen Jahr ausgezahlt wird. Eine Ausnahme vom Grundsatz der Zusammenballung ist auch in solchen Fällen geboten, in denen - neben der Hauptentschädigungsleistung - in späteren Veranlagungszeiträumen aus Gründen der sozialen Fürsorge für eine gewisse Übergangszeit Entschädigungszusatzleistungen gewährt werden. Solche Ausnahmefälle lagen hier aber nicht vor. Schon angesichts der Höhe der Zusatzabfindung und der Startprämie scheidet die Annahme unschädlicher geringfügiger Teilleistungen aus.
gepostet: 30.08.2022
Umsatzsteuer: Unterliegen Hotelumsätze komplett dem ermäßigten Steuersatz?
Hoteliers erbringen neben der reinen Beherbergung eine Reihe weiterer Leistungen. Zumindest ist es die Frühstücksgestellung, oftmals kommen aber zum Beispiel auch die Zurverfügungstellung eines Fitnessraums oder die Parkplatzgestellung hinzu. Die deutsche Finanzverwaltung sieht in diesem Leistungsbündel mehrere einzelne Umsätze, die ihrem jeweiligen Steuersatz unterliegen, also 7 Prozent für die Übernachtung und 19 Prozent für weitere Leistungen. Lediglich in der Coronazeit gilt in Bezug auf die Mahlzeitengestellung der ermäßigte Steuersatz. Fachleute sprechen insoweit von dem Aufteilungsgebot des § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG. Ob dieses Aufteilungsgebot Bestand hat, wird der Bundesfinanzhof entscheiden müssen. Bereits jetzt hat er aber ernsthafte Zweifel an dem Erfordernis der Aufteilung angemeldet (BFH-Beschluss vom 7.3.2022, XI B 2/21).

Zum Hintergrund: Der Europäische Gerichtshof hat vor einigen Jahren entschieden, dass eine einheitliche Leistung, die aus einem Haupt- und einem Nebenbestandteil besteht, für die bei getrennter Erbringung unterschiedliche Mehrwertsteuersätze gälten, nur dem Steuersatz zu unterwerfen ist, der sich nach dem Hauptbestandteil richte (EuGH-Urteil vom 18.1.2018, C-463/16). In der Folge sind auch in Deutschland immer mehr Fälle aufgetreten, in denen unter Berufung auf den EuGH ein einheitlicher Steuersatz bei "Mischfällen" begehrt wird - im Falle der Hotelumsätze also 7 Prozent auf alle Leistungen. Aktuell hat der BFH in einem Aussetzungsverfahren grundsätzliche Bedenken geäußert, und zwar speziell für den eingangs erwähnten Fall der Hotelumsätze. Es sei ernstlich zweifelhaft, ob das in § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG im nationalen Recht angeordnete Aufteilungsgebot für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, mit Unionsrecht vereinbar ist.

Praxistipp:
Das Verfahren in der Hauptsache steht noch aus und wird auch möglicherweise erst aufgenommen, wenn der EuGH in einem weiteren, bereits anhängigen Verfahren entschieden hat (C-516/21). Von daher wird sicherlich noch einige Zeit bis zu einer endgültigen Klärung vergehen. Zumindest besteht aber etwas Hoffnung, dass der BFH einen einheitlichen Steuersatz von 7 Prozent zulässt. Von einer eventuell positiven Entscheidung des BFH kann aber nur profitiert werden, wenn der Steuersatz von 19 Prozent auf die vermeintlichen Nebenleistungen in den Rechnungen nicht offen ausgewiesen wird. Denn dadurch ergäbe sich - eine positive Gerichtsentscheidung vorausgesetzt - eine Steuer nach § 14c UStG.

Praxistipp:
Für die Abgabe von Speisen gilt in der Gastronomie seit dem 1.7.2020 bis zum 31.12.2022 der ermäßigte Steuersatz. Die Abgabe von Getränken unterliegt weiterhin dem vollen Steuersatz.
gepostet: 29.08.2022
Energiepreispauschale: Fragen-Antworten-Katalog des BMF
Ab dem 1. September 2022 soll allen einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen einmalig eine Energiepreispauschale von 300 Euro als Zuschuss zum Gehalt ausgezahlt werden. Selbstständige erhalten einen Vorschuss über eine einmalige Kürzung ihrer Einkommensteuervorauszahlung. Bereits jetzt sind zahlreiche Zweifelsfragen zur Energiepreispauschale aufgekommen. Daher hat das Bundesfinanzministerium einen umfangreichen Fragen-Antworten-Katalog erstellt, der über die Homepage des BMF abrufbar ist (www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/FAQ/2022-06-17-Energiepreispauschale.html).

Insbesondere wird erläutert, wer konkret anspruchsberechtigt ist, wie die Auszahlung an Arbeitnehmer durch Arbeitgeber erfolgt, was bei einem Wechsel des Dienstverhältnisses zu beachten ist, wann und wie die Energiepreispauschale zu versteuern ist und ob Arbeitnehmer, an die die Energiepreispauschale über den Arbeitgeber ausgezahlt wird, allein deshalb verpflichtet sind, eine Einkommensteuererklärung abzugeben. Auch wird klargestellt, dass die Energiepreispauschale keine beitragspflichtige Einnahme in der Sozialversicherung darstellt und bei einkommensabhängigen Sozialleistungen nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist.

Es sei noch einmal darauf hingewiesen, dass auch geringfügig Beschäftige in den Genuss der Energiepreispauschale kommen können. Bei Minijobbern erfolgt die Auszahlung der Energiepreispauschale über den Arbeitgeber aber nur dann, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber vorher schriftlich bestätigt hat, dass es sich um das erste Dienstverhältnis handelt. Die Bestätigung ist zum Lohnkonto zu nehmen.

Praxistipp:
Das BMF veröffentlicht hierzu folgendes Muster für eine Bestätigung: „Hiermit bestätige ich …..………… . (Arbeitnehmer), dass mein am 1. September 2022 bestehendes Dienstverhältnis mit ………………… (Arbeitgeber) mein erstes Dienstverhältnis (Haupt-Dienstverhältnis) ist. Mir ist bekannt, dass bei einer unrichtigen Angabe der Tatbestand einer Steuerstraftat oder -ordnungswidrigkeit vorliegen kann. Hinweis: Die Energiepreispauschale steht jeder anspruchsberechtigten Person nur einmal zu, auch wenn im Jahr 2022 mehrere Tätigkeiten ausgeübt werden. In den Fällen einer geringfügigen Beschäftigung (Minijob) darf der Arbeitgeber die Energiepreispauschale nur dann an den Arbeitnehmer auszahlen, wenn es sich bei der Beschäftigung um das erste Dienstverhältnis (Haupt-Dienstverhältnis) handelt. Dadurch soll verhindert werden, dass die Energiepreispauschale an einen Arbeitnehmer mehrfach ausgezahlt wird.“
gepostet: 27.08.2022
Grundstücksverkauf: Option zur Umsatzsteuer nur im ersten Notarvertrag gültig
Beim Verkauf einer Immobilie zwischen Unternehmern mit umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen wird zuweilen auf die Umsatzsteuerfreiheit verzichtet. Das heißt, der Veräußerer optiert zur Umsatzsteuerpflicht für das Grundstücksgeschäft. Manchmal stellt sich aber erst nach Unterzeichnung des notariellen Kaufvertrages heraus, dass der Immobilienverkauf mit Ausweis von Umsatzsteuer hätte erfolgen sollen, doch tatsächlich haben die Vertragsparteien eine umsatzsteuerfreie Veräußerung vereinbart. Kann die Option dann nachträglich erfolgen? Leider nein. Der Bundesfinanzhof hat bestätigt, dass die Option zur Umsatzsteuerpflicht nur im ursprünglichen Notarvertrag erklärt werden kann, den Verkäufer und Käufer unterzeichnen. Eine Ausnahme gilt nur im Falle einer Zwangsversteigerung (BFH-Beschluss vom 25.1.2022, XI B 60/20).

Der BFH hatte bereits mit Urteil vom 21.10.2015 (XI R 40/13) entschieden, dass der Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung für die Lieferung eines Grundstücks - außerhalb eines Zwangsversteigerungsverfahrens - nur in dem originären Notarvertrag erklärt werden kann. Eine spätere Option ist also unwirksam, auch wenn sie notariell beurkundet wird. Das Gesagte gilt selbst dann, wenn die nachträgliche Option zur Umsatzsteuerpflicht zwischen den Vertragsbeteiligten einvernehmlich erfolgen und keine Gefahr von Steuerausfällen bestehen würde.
gepostet: 25.08.2022
Forschungspreisgeld: Steuerpflichtiger Arbeitslohn eines Hochschulprofessors
Ein Forschungspreisgeld, das ein Hochschulprofessor für bestimmte wissenschaftliche Leistungen in seinem Forschungsbereich erhält, ist dem steuerpflichtigen Arbeitslohn hinzuzurechnen (FG Münster, Urteil vom 16.3.2022, 13 K 1398/20 E). Der Kläger veröffentlichte im Rahmen eines Habilitationsvorhabens in den Jahren 2006 bis 2016 insgesamt acht Publikationen zu seinem Forschungsfeld. Aufgrund dieser Arbeiten und einer Probevorlesung erkannte die Universität A dem Kläger im Jahr 2016 die Habilitation zu. Bereits im Jahr 2014 wurde er zum Professor an der Hochschule B berufen, wobei eine Habilitation dort keine Voraussetzung für die Berufung als Professor war. Für seine Habilitation erhielt der Kläger im Streitjahr 2018 einen mit einem Geldbetrag dotierten Forschungspreis. Das Finanzamt versteuerte den Forschungspreis als Arbeitslohn. Hiergegen wandte der Steuerpflichtige ein, dass der Erhalt des Forschungspreises nicht an sein Dienstverhältnis gekoppelt gewesen sei und sich auch nicht als Gegenleistung für seine Arbeit als Professor darstelle, da die Erlangung des Forschungspreises keine Dienstaufgabe sei. Doch die Finanzrichter des Finanzgerichts Münster haben die Klage abgewiesen.

Der Forschungspreis sei bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Tätigkeit zu erfassen. Auch Preise und die damit verbundene Dotation führten zu Erwerbseinnahmen und damit zu Arbeitslohn, wenn die Zuwendung wirtschaftlich den Charakter eines leistungsbezogenen Entgelts habe. Im Streitfall stelle sich der Erhalt des Preisgeldes im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Klägers als Professor bei der Hochschule B dar, da Forschung und die Publikation von Forschungsergebnissen zu den Dienstaufgaben als Hochschullehrer gehörten. Damit bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Habilitation des Klägers als wissenschaftlicher Forschungsleistung und dessen Dienstverhältnis. Dieser Einschätzung stehe nicht entgegen, dass der Kläger bereits im Jahr 2014, zeitlich vor der Zuerkennung der Habilitation, als Professor an die Hochschule B berufen worden sei und die Habilitation keine Voraussetzung für diese Berufung gewesen sei, denn die Habilitation ab dem Zeitpunkt ihrer Zuerkennung habe die berufliche Tätigkeit als Professor gefördert.
gepostet: 23.08.2022
Umsatzsteuer: Bundesfinanzhof urteilt zur Steuerpflicht bei Sportvereinen
Der Bundesfinanzhof hat entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass sich Sportvereine nicht auf das EU-Recht berufen können, wenn sich die Steuerfreiheit ihrer Leistungen nicht bereits aus dem nationalen Recht ergibt (BFH-Urteil vom 21.4.2022, V R 48/20/V R 20/17). Das klingt zunächst sehr technisch und es scheint, als wenn es hier nur um das steuerliche Verfahrensrecht geht. Doch weit gefehlt: Das aktuelle Urteil dürfte für viele Sportvereine von enormer Bedeutung sein.

Im Streitfall ging es um einen Golfverein, der über die Mitgliedsbeiträge hinaus eine Reihe von Leistungen gegen gesondertes Entgelt erbrachte. Dabei handelte es sich um die Berechtigung zur Nutzung des Golfspielplatzes, die leihweise Überlassung von Golfbällen für das Abschlagstraining mittels eines Ballautomaten, die Durchführung von Golfturnieren und Veranstaltungen, bei denen der Verein Startgelder für die Teilnahme vereinnahmte, die mietweise Überlassung von Caddys und um den Verkauf eines Golfschlägers. Das Finanzamt sah diese gesondert vergüteten Leistungen als steuerbar und umsatzsteuerpflichtig an. Die dem Grunde nach mögliche Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG für den Veranstaltungsbereich versagte das Finanzamt, da es den Golfverein nicht als gemeinnützig ansah, was es insbesondere damit begründete, dass es an einer hinreichenden Vermögenszweckbindung für den Fall der Vereinsauflösung fehlte. Das Finanzgericht gab der hiergegen eingelegten Klage statt, da es nach Maßgabe der bisherigen Rechtsprechung des BFH davon ausging, dass sich der Golfverein auf eine weiter gefasste Steuerfreiheit nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL berufen könne. Doch der BFH wollte sich dem nicht einfach anschließen, sondern rief im Revisionsverfahren den Europäischen Gerichtshof an. Dieser entschied, dass eine Berufung auf die Steuerfreiheit nach der MwStSystRL nicht möglich sei.

Naturgemäß ist der BFH nun der Auffassung der Europa-Richter gefolgt. Danach war das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen. Dies gilt auch für die eigentlich unter § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG fallende Durchführung von Golfturnieren und Veranstaltungen, bei denen der Verein Startgelder für die Teilnahme vereinnahmte. Denn der EuGH hatte ergänzend entschieden, dass die Steuerfreiheit im Sportbereich voraussetzt, dass das Vereinsvermögen im Auflösungsfall nur zweckgebunden verteilt werden kann, woran es im Streitfall fehlte.

Praxistipp:
Die Entscheidung des BFH betrifft unmittelbar zwar nur Leistungen, die Sportvereine gegen gesonderte Vergütung erbringen. Sie ist aber für die Umsatzbesteuerung im Sportbereich von grundsätzlicher Bedeutung, denn bei konsequenter Umsetzung könnten auch Mitgliedsbeiträge steuerpflichtig werden. Vorerst müssen Vereine aber nicht beunruhigt sein, soweit es um "echte" Mitgliedsbeiträge geht. Denn in Bezug auf die "echten" Mitgliedsbeiträge können sich Sportvereine noch auf Abschnitt 1.4 UStAE berufen. Danach gilt: "Soweit eine Vereinigung zur Erfüllung ihrer den Gesamtbelangen sämtlicher Mitglieder dienenden satzungsgemäßen Gemeinschaftszwecke tätig wird und dafür echte Mitgliederbeiträge erhebt, die dazu bestimmt sind, ihr die Erfüllung dieser Aufgaben zu ermöglichen, fehlt es an einem Leistungsaustausch mit dem einzelnen Mitglied." Voraussetzung für die Annahme echter Mitgliederbeiträge ist aber, dass die Beiträge gleich hoch sind oder nach einem für alle Mitglieder verbindlichen Bemessungsmaßstab gleichmäßig errechnet werden.
gepostet: 21.08.2022
Bonusleistungen einer Krankenkasse: Nichtbeanstandungsgrenze von 150 Euro
Die gesetzlichen Krankenkassen bieten ihren Kunden oftmals Bonusprogramme für gesundheitsbewusstes Verhalten an und zahlen dafür Geldprämien. Bei bestimmten Bonuszahlungen der gesetzlichen Krankenkassen handelt es sich rechtlich nicht um eine Beitragsrückerstattung. Folge: Die als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge werden nicht gemindert. Vor einiger Zeit hat das Bundesfinanzministerium erneut zur Abgrenzung von Bonuszahlungen und Beitragsrückerstattungen Stellung bezogen (BMF-Schreiben vom 16.12.2021, BStBl 2022 I S. 155). Danach gilt unter anderem:

Beitragsrückerstattungen, die den Sonderausgabenabzug mindern, sind auch Prämienzahlungen nach § 53 SGB V. Das sind zum Beispiel Prämien für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung teilnehmen. Eine Beitragsrückerstattung liegt zudem vor, wenn sich ein Bonus der gesetzlichen Krankenkasse auf eine Maßnahme bezieht, die vom Basiskrankenversicherungsschutz umfasst ist (insbesondere gesundheitliche Vorsorge- oder Schutzmaßnahmen, z.B. zur Früherkennung bestimmter Krankheiten) oder für aufwandsunabhängiges Verhalten (z.B. Nichtraucherstatus, gesundes Körpergewicht) gezahlt wird.

Werden von der gesetzlichen Krankenkasse im Rahmen eines Bonusprogramms nach § 65a SGB V Kosten für Gesundheitsmaßnahmen erstattet bzw. bonifiziert, die nicht im regulären Versicherungsumfang des Basiskrankenversicherungsschutzes enthalten sind (z.B. Osteopathie-Behandlung) bzw. der Förderung gesundheitsbewussten Verhaltens dienen (z.B. Mitgliedschaft in einem Sportverein oder einem Fitnessstudio) und von den Versicherten privat finanziert werden bzw. worden sind, handelt es sich nicht um eine Beitragsrückerstattung. Die als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge sind daher nicht um den Betrag der Kostenerstattung bzw. des darauf entfallenden Bonus zu mindern. Eine pauschale Bonusleistung muss die tatsächlich entstandenen bzw. entstehenden Kosten nicht exakt abdecken.

Aus Vereinfachungsgründen darf davon ausgegangen werden, dass Bonuszahlungen, die auf der Grundlage von § 65a SGB V geleistet werden, bis zur Höhe von 150 Euro pro versicherte Person den Sonderausgabenabzug nicht mindern.

Praxistipp:
Bonuszahlungen einer privaten Krankenversicherung zur Förderung kostenbewussten Verhaltens sind hingegen als Beitragserstattung zu werten. Sie mindern die abzugsfähigen Sonderausgaben, wenn die Boni unabhängig davon gezahlt werden, ob dem Versicherungsnehmer finanzieller Gesundheitsaufwand entstanden ist oder nicht (BFH-Urteil vom 16.12.2020, X R 31/19).
gepostet: 19.08.2022
Erbschaftsteuer: Kein höherer Freibetrag bei Erbverzicht der Eltern
Eine Erbschaft von Großvater oder Großmutter bleibt bis zu einem Betrag von 200.000 Euro steuerfrei. Etwas anderes gilt, wenn Vater oder Mutter bereits verstorben sind. Dann wird ein Freibetrag von 400.000 Euro gewährt. Die Erbschaft wird dann steuerlich so behandelt, als wenn eine Übertragung auf ein Kind und nicht auf ein Enkelkind erfolgt wäre (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG). Der höhere Freibetrag wird aber nicht bei einem Erbverzicht der Elterngeneration gewährt. So hat das Niedersächsische Finanzgericht mit Urteil vom 28.2.2022 (3 K 176/21) entschieden.

Der Sachverhalt: Der Kläger beerbte seinen Großvater gemäß testamentarischer Verfügung. Der Großvater hatte mit dem Vater des Klägers Jahre zuvor einen Erbverzichtsvertrag geschlossen. Hintergrund war eine drohende Überschuldung des Vaters. Mit der Erbschaftsteuererklärung beantragte der Kläger, aufgrund der durch den Erbverzicht ausgelösten "Vorversterbensfiktion" in die Erbschaftsteuerklasse I Nr. 2 mit einem Freibetrag von 400.000 Euro eingeordnet zu werden. Dem folgte das Finanzamt nicht und berücksichtigte lediglich einen Freibetrag von 200.000 Euro, da der Vater des Klägers tatsächlich nicht vorverstorben war. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Begründung: Zunächst ist zu berücksichtigen, dass das Enkelkind nicht im Wege der gesetzlichen Erbfolge, sondern aufgrund einer testamentarischen Verfügung des Erblassers zum Erben geworden ist. Zudem gilt: Nach dem Wortlaut von § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG steht der Freibetrag von 400.000 Euro Kindern vorverstorbener Kinder zu. Er beschränkt sich nur auf tatsächlich vorverstorbene Kinder eines Erblassers. Dieser Tatbestand ist vorliegend nicht erfüllt.

Praxistipp:
Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen. Ob diese tatsächlich eingelegt worden ist, ist noch nicht bekannt.
gepostet: 17.08.2022
Gesetzgebung: Erhöhung des Übergangsbereichs auf bis zu 1.600 Euro
Ein Gehalt oberhalb der Minijob-Grenze unterliegt zwar der Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung, doch im Übergangsbereich (früher: Gleitzone) bis 1.300 Euro werden die Sozialabgaben für die Arbeitnehmer von einer ermäßigten Bemessungsgrundlage berechnet - und zwar nach einer komplizierten Berechnungsformel. Für diese so genannten Midijobs gibt es zum 1. Oktober 2022 eine wichtige Änderung: Ab diesem Zeitpunkt liegt der Übergangsbereich zwischen 520,01 Euro und 1.600 Euro, wobei sich der Beginn des Übergangsbereichs aufgrund der dynamischen Ausgestaltung der Minijob-Grenze kontinuierlich erhöhen wird.

Um Midijobs - anstelle von Minijobs - attraktiver zu machen, sollen Arbeitnehmer im gesamten Übergangsbereich finanziell entlastet und Arbeitgeber dafür stärker belastet werden. Der Beitragssprung oberhalb der Minijob-Schwelle wird abgeflacht. Das bedeutet: Der "Arbeitgeberbeitrag" beträgt an der Geringfügigkeitsgrenze (520 Euro) zunächst wie beim Minijob 28 Prozent und wird dann gleitend bis zur Obergrenze von 1.600 Euro auf den regulären Sozialversicherungsbeitrag von rund 20 Prozent abgeschmolzen. Der "Arbeitnehmerbeitrag" beträgt an der Geringfügigkeitsgrenze 0 Euro und steigt bis zur Obergrenze von 1.600 Euro linear auf den regulären Beitragssatz von rund 20 Prozent an. Dann ergibt sich der Arbeitgeberbeitrag als Differenz aus dem Gesamtbeitrag und dem Arbeitnehmerbeitrag.

Praxistipp:
Für versicherungspflichtig Beschäftigte, für die am Tag vor Inkrafttreten des Gesetzes die Regelungen für den Übergangsbereich gelten und die ein regelmäßiges monatliches Arbeitsentgelt in Höhe von 450,01 Euro bis 520 Euro erzielen, gelten befristete Bestandsschutzregelungen in der Kranken-, Pflege und Arbeitslosenversicherung. Diese Beschäftigten haben ein Optionsrecht auf Befreiung von der Versicherungspflicht. Diese Bestandschutzregelungen gelten bis zum 31.12.2023.
gepostet: 15.08.2022
Miles and More: Keine Betriebsausgabe bei Nutzung von Bonusmeilen
Zahlreiche Unternehmen bieten Kundenbindungsprogramme an und schreiben ihren Mitgliedern zum Beispiel Bonuspunkte oder Bonusmeilen gut, wenn diese Dienstleistungen in Anspruch nehmen oder Waren erwerben. In diesem Zusammenhang stellte sich folgende Frage: Kann ein Einnahmen-Überschussrechner Betriebsausgaben geltend machen, wenn er für betrieblich veranlasste Flüge "Meilen einsetzt", die er zuvor ebenfalls auf betrieblich veranlassten Flügen gesammelt hat? Das Finanzgericht Hessen hat einen Betriebsausgabenabzug verneint. Mangels Wertabfluss aus dem Betriebsvermögen führe die Inanspruchnahme der Bonusmeilen zu keinen Betriebsausgaben. Eine den Gewinn mindernde Einlage nach § 4 Abs. 1 Satz 8 EStG, die auch bei der Einnahmen-Überschussrechnung zur Gewinnkorrektur führt, liege nicht vor (FG Hessen vom 13.7.2021, 4 K 404/20).

Praxistipp:
Die Richter haben zwar die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen. Diese ist aber - soweit erkennbar - nicht eingelegt worden.
gepostet: 14.08.2022
Erkrankung des Kindes: Kindergeldverlust bei Ausbildungsunterbrechung
Für ein Kind zwischen dem 18. und dem 25. Lebensjahr besteht Anspruch auf Kindergeld, wenn das Kind für einen Beruf ausgebildet wird. Wenn ein Kind während der Ausbildung erkrankt und seine Ausbildung unterbrechen muss, führt dies zwar noch nicht unmittelbar zum Verlust des Kindergeldes. Etwas anderes gilt aber, wenn die Erkrankung länger als sechs Monate dauert. Dann ist im Einzelfall zu prüfen, ob mit einer Fortsetzung der Ausbildung noch zu rechnen ist oder nicht. Ist nicht mehr von einer Fortführung der Ausbildung auszugehen, wird das Kindergeld nicht mehr länger gewährt. Kürzlich hat der Bundesfinanzhof erneut zum Thema "Kindergeld für ein langfristig erkranktes Kind" Stellung genommen. Danach gilt: Eine Kindergeldgewährung wegen Berufsausbildung ist selbst dann nicht möglich, wenn das Ausbildungsverhältnis zwar fortbesteht, Ausbildungsmaßnahmen wegen einer langfristigen Erkrankung des Kindes aber unterbleiben (BFH-Urteil vom 15.12.2021, III R 43/20). Es ging um folgenden Sachverhalt: Ein junger Erwachsener erlitt während seiner Ausbildung einen schweren Unfall. Nach dem Krankenhausaufenthalt durchlief er verschiedene Reha-Maßnahmen, von denen die letzte 17 Monate nach dem Unfall begann. Das Finanzgericht sprach zwar Kindergeld für die ersten acht Monate nach dem Unfall zu, weil das Ausbildungsverhältnis fortbestanden habe und der Wille, die Ausbildung baldmöglichst fortzusetzen, in mehrfacher Hinsicht belegt sei. Der BFH ist jedoch anderer Auffassung: Ein Kind befinde sich nur dann in einer Berufsausbildung im steuerlichen Sinne, wenn es sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Eine Unterbrechung der Ausbildung, zum Beispiel wegen einer Erkrankung, ist unschädlich, wenn diese vorübergehend ist. Wird die Erkrankung aber mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate andauern, kann das Kind nicht mehr wegen seiner Ausbildung berücksichtigt werden.

Die Vorinstanz muss nun klären, ob die sechs Monate übersteigende Erkrankungsdauer bereits in den ersten Monaten nach dem Unfall mit hoher Wahrscheinlichkeit erwartet wurde. Falls zunächst aber doch eine schnellere Genesung möglich erschien, könnte der Kindergeldanspruch für diesen Zeitraum noch wegen des fortbestehenden Ausbildungsverhältnisses begründet sein.

Praxistipp:
Im Falle einer Erkrankung eines Kindes, das an sich ausbildungswillig ist, ist das voraussichtliche Ende der Erkrankung durch eine Bescheinigung des behandelnden Arztes nachzuweisen. Zudem sollte sehr frühzeitig eine schriftliche Erklärung an die Familienkasse erfolgen, dass der Wille des Kindes besteht, sich unmittelbar nach Wegfall der Hinderungsgründe um eine Berufsausbildung zu bemühen, sie zu beginnen oder fortzusetzen. Im Übrigen sollte geprüft werden, ob eventuell eine Behinderung des Kindes aufgrund der langen und schwerwiegenden Krankheit festzustellen ist. Gegebenenfalls käme dann doch eine Fortzahlung des Kindergeldes infrage.
gepostet: 13.08.2022
Projektcontrolling: Bei Finanzierungszusammenhang sofort abziehbare Kosten
Wer ein Darlehen für die Finanzierung einer vermieteten Immobilie aufnimmt, darf die Schuldzinsen üblicherweise im Jahr der Zahlung in voller Höhe steuerlich abziehen. Anschaffungs- oder Herstellungskosten hingegen sind nur im Wege der Absetzung für Abnutzung (AfA) zu berücksichtigen. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs ist der Begriff der Schuldzinsen weit zu verstehen. So können hierunter auch Kosten für ein Projektcontrolling fallen. Das ist der Fall, wenn sie als Finanzierungskosten zu beurteilen sind, weil die Auszahlung der Darlehensraten durch die Bank davon abhängt, dass im Rahmen des Controllings für die Bank relevante Unterlagen vorbereitet und Controlling-Reports erstellt werden (BFH-Urteil vom 6.12.2021, IX R 8/21).

Der Sachverhalt: Die Kläger errichteten vier Mehrfamilienhäuser. Die Bank erteilte eine Darlehenszusage über insgesamt 2 Mio. Euro, verlangte aber ein Projektcontrolling. Dieses wurde auch in Auftrag gegeben. Es umfasste unter anderem eine Beratung zur Baukostenplanung, die Überprüfung der Fortführung der Kostenverfolgung und Bauzeitplanung sowie deren Einhaltung und regelmäßige Baubegehungen. In ihren Einkommensteuererklärungen machten die Kläger die Kosten für das Projektcontrolling in Höhe von insgesamt über 100.000 Euro als sofort abzugsfähige Finanzierungskosten geltend. Das Finanzamt war hingegen der Auffassung, dass es sich um Herstellungskosten handele, die nur im Wege der AfA zu berücksichtigen seien. Doch die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg und der BFH hat der Vorinstanz im Ergebnis zugestimmt. Die streitigen Aufwendungen für das Projektcontrolling sind sofort abziehbare Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

Begründung: Der Begriff der Schuldzinsen ist nicht in einem zivilrechtlichen (engen) Sinne zu verstehen, sondern weit auszulegen. Hierunter fallen sämtliche Aufwendungen zur Erlangung oder Sicherung eines Kredits. Dazu gehören auch die Nebenkosten der Darlehensaufnahme einschließlich der Geldbeschaffungskosten. Danach sind etwa Aufwendungen für eine Wirtschaftlichkeitsberechnung als Schuldzinsen im weiteren Sinne abziehbar, soweit diese Finanzierungszwecken - und nicht der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit des Herstellungsvorgangs - dient. Zwar rechnen Aufwendungen der Baubetreuung, soweit es sich um Kosten der Verwaltung im Herstellungsbereich handelt, zu den Herstellungskosten. Und auch Aufwendungen für die Aufstellung eines Geldbedarfs- und Zahlungsplans, der der Koordination des Zahlungsverkehrs für das gesamte Bauprojekt dient, können Herstellungskosten sein. Doch im Urteilsfall trat dies in den Hintergrund, denn ohne das Projektcontrolling hätte die Bank die Finanzierung nicht bereitgestellt. Dies reiche zur Begründung des erforderlichen Zusammenhangs mit der Finanzierung des Objekts aus.
gepostet: 11.08.2022
Gesetzgebung: Mindestlohn und geringfügige Beschäftigung
Zum 1. Oktober 2022 gilt in Deutschland ein gesetzlicher Mindestlohn von 12 Euro brutto pro Stunde. Dies hat der Bundestag am 3. Juni 2022 beschlossen; der Bundesrat hat das Gesetz eine Woche später gebilligt. Zudem wurde die so genannte Minijob-Grenze zum 1. Oktober 2022 auf 520 Euro angehoben. Genau genommen wurde die Grenze nun dynamisch ausgestaltet. Das heißt: Die Minijob-Grenze wird künftig berechnet, indem der Mindestlohn mit 130 vervielfacht, durch drei geteilt und auf volle Euro aufgerundet wird.

Ab dem 1. Oktober 2022 orientiert sich die Geringfügigkeitsgrenze an einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden zum gesetzlichen Mindestlohn. Damit ergeben sich 520 Euro (12 Euro x 130 / 3). Dieser Maßstab gilt auch bei künftigen Mindestlohnerhöhungen; die Minijobgrenze wächst also mit. Überschreitet der durchschnittliche Monatsverdienst die Minijob-Grenze, liegt kein Minijob mehr vor.

Für eine geringfügige Beschäftigung ist es unschädlich, wenn die Geringfügigkeitsgrenze nur gelegentlich und unvorhersehbar überschritten wird. Ab dem 1. Oktober 2022 werden die Möglichkeit und die Grenzen eines gelegentlichen und unvorhergesehenen Überschreitens der Geringfügigkeitsgrenze gesetzlich geregelt: "Gelegentlich" ist dann ein unvorhersehbares Überschreiten bis zu zwei Kalendermonaten innerhalb eines Zeitjahres. Darüber hinaus darf die Überschreitung maximal 520 Euro monatlich betragen, sodass auf Jahressicht ein maximaler Verdienst bis zur Höhe des 14-fachen der Minijob-Grenze möglich sein wird. Ein Minijobber darf also grundsätzlich 6.240 Euro über 12 Monate und in begründetem Ausnahmefall höchstens 7.280 Euro im Jahr verdienen.

Praxistipp:
Die gesetzliche Festlegung des Mindestlohns weicht vom üblichen Erhöhungsverfahren ab. Eigentlich schlägt die so genannte Mindestlohnkommission, in der Gewerkschaften und Arbeitgeber vertreten sind, regelmäßig Anpassungen am Mindestlohn vor, die dann durch Rechtsverordnung umgesetzt werden. In 2022 lag der Mindestlohn zunächst bei 9,82 Euro, zum 1. Juli ist er turnusmäßig auf 10,45 Euro gestiegen. Einmalig zum Oktober 2022 wird er nun per Gesetz auf 12 Euro angehoben. Zukünftige Anpassungen werden dann wieder auf Vorschlag der Mindestlohnkommission erfolgen, heißt es in der amtlichen Begründung des Gesetzes.
gepostet: 09.08.2022
Einnahmen-Überschussrechner: Aktuelles zur Zehn-Tage-Regelung
Im Rahmen der Einnahmen-Überschussrechnung sind Betriebsausgaben grundsätzlich in dem Jahr anzusetzen, in dem sie bezahlt worden sind. Und auch Betriebseinnahmen sind dem Jahr der Vereinnahmung zuzuordnen. Allerdings gibt es eine wichtige Ausnahme: Nach der Zehn-Tage-Regel des § 11 EStG gehören Zahlungen, die innerhalb von zehn Tagen nach Ablauf des Jahres geleistet werden, noch zum alten Jahr, wenn es sich a) um regelmäßig wiederkehrende Betriebseinnahmen und -ausgaben handelt und b) sie wirtschaftlich noch dem alten Jahr zuzurechnen sind. Nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesfinanzhofs setzen regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben aber voraus, dass sie nicht nur kurze Zeit nach dem Kalenderjahr gezahlt, sondern auch rund um den Jahreswechsel fällig geworden sind (BFH-Urteil vom 16.2.2022, X R 2/21). Der Kläger ermittelte seinen gewerblichen Gewinn per Einnahmen-Überschussrechnung. Er zahlte die Umsatzsteuer für die Monate Mai bis Juli 2017 verspätet erst am 9.1.2018, machte die Zahlung dennoch als Betriebsausgabe für das Streitjahr 2017 geltend. Das Finanzamt gewährte den Abzug nicht. Es meinte, es lägen keine regelmäßig wiederkehrenden Ausgaben im Sinne des Einkommensteuergesetzes vor, da die betroffene Umsatzsteuer nicht rund um die Jahreswende 2017/2018, sondern weitaus früher fällig geworden sei. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Der BFH wies die Revision zurück. Zwar handele es sich bei Umsatzsteuerzahlungen um regelmäßig wiederkehrende Ausgaben. Der Kläger habe die dem Streitjahr 2017 wirtschaftlich zuzuordnende Umsatzsteuer auch innerhalb kurzer Zeit nach dem 31.12.2017 gezahlt. Hinzukommen müsse aber, dass die jeweilige Ausgabe auch kurze Zeit vor bzw. nach Ende des Jahres der wirtschaftlichen Zugehörigkeit fällig geworden sei. Dies folge aus dem Zweck des § 11 EStG, der eine Aus
gepostet: 08.08.2022
Kinderfreibetrag: Bei zusammenlebenden Eltern keine Übertragung möglich
Der steuerliche Kinderfreibetrag steht grundsätzlich beiden Elternteilen jeweils zur Hälfte zu. Bei getrennt lebenden Elternteilen erhält also jeder den halben Kinderfreibetrag. Der halbe Kinderfreibetrag wird aber auf Antrag dann übertragen, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil seiner Unterhaltsverpflichtung nicht im Wesentlichen nachkommt oder mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist. Eine Übertragung scheidet hingegen aus, wenn Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.

Eine Übertagung des halben Kinderfreibetrages ist dann unzulässig, wenn nicht miteinander verheiratete Eltern zusammen in einem Haushalt leben. Dies gilt auch in den Fällen, in denen einer der beiden Elternteile recht wenig verdient und der andere Elternteil - in finanzieller Hinsicht - fast allein für den Unterhalt des Kindes aufkommt. Denn bei der Frage, ob Mutter oder Vater ihrer Unterhaltspflicht nachkommen, darf nicht nur auf das rein Finanzielle abgestellt werden. Ein Elternteil, der ein minderjähriges unverheiratetes Kind betreut, erfüllt seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, in der Regel durch die Pflege und Erziehung des Kindes - so der BFH mit Urteil vom 15.12.2021 (III R 24/20).

Der Sachverhalt: Die Mutter, die beiden Kinder und deren Vater lebten in den Streitjahren in einem gemeinsamen Haushalt. Die Eltern waren nicht miteinander verheiratet. Der Vater erzielte damals Einkünfte in Höhe von ca. 10.000 Euro. Der Gesamtbetrag der Einkünfte der Mutter hingegen lag in den Streitjahren zwischen 72.000 Euro und 77.000 Euro. Das Finanzamt berücksichtigte bei der Mutter jeweils die halben Kinderfreibeträge. Diese war hingegen der Ansicht, dass ihr die vollen Freibeträge zustünden. Sie habe Anspruch auf Übertragung der hälftigen Freibeträge des Kindsvaters, weil dieser seiner Unterhaltspflicht nicht zu mindestens 75 Prozent nachgekommen sei. Klage und Revision blieben jedoch ohne Erfolg. Die Begründung des BFH: Der Vater sei seiner Unterhaltsverpflichtung über die Betreuung der Kinder in vollem Umfang nachgekommen. Der von ihm geleistete Betreuungsunterhalt sei auch nicht etwa zu monetarisieren und ins Verhältnis zu den von der Mutter erbrachten Beiträgen zu setzen.

Praxistipp:
Eine andere Beurteilung hätte sich eventuell ergeben können, wenn der Vater seiner Betreuungspflicht krankheitsbedingt nicht nachkommen konnte. Über diesen speziellen Fall musste der BFH aber nicht entscheiden.
gepostet: 07.08.2022
Grunderwerbsteuer: Förderung für Eigenheimkäufe in Nordrhein-Westfalen
Wer in Nordrhein-Westfalen eine Immobilie erwirbt, muss eine Grunderwerbsteuer in Höhe von 6,5 Prozent des Kaufpreises zahlen. Immerhin gibt es nun eine Förderung: Für Kaufverträge über Eigenheime, die in 2022 beurkundet werden, kann ein Zuschuss in Höhe von 2 Prozent der Bemessungsgrundlage beantragt werden, und zwar bei der NRW.Bank über das Programm NRW.Zuschuss Wohneigentum. Die NRW.Bank ist die Förderbank des Landes Nordrhein-Westfalen.

Das Förderprogramm richtet sich ausschließlich an natürliche Personen, die in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2022 selbstgenutztes Wohneigentum oder Bauland zur Bebauung mit einer selbstgenutzten Wohnimmobilie erworben haben bzw. erwerben. Die Förderung durch NRW.Zuschuss Wohneigentum ist entsprechend einer Stichtagsregelung nur für notariell beurkundete Kaufverträge mit Datum zwischen dem 1. Januar 2022 und 31. Dezember 2022 möglich. Entscheidend ist also der Tag der Beurkundung. Bei Erwerb im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens kommt es auf den rechtskräftigen Zuschlagsbeschluss an.

Es gilt ein fester Fördersatz von 2 Prozent des auf die wohnwirtschaftliche Selbstnutzung entfallenden notariell beurkundeten Kaufpreises, jedoch maximal 10.000 Euro. Das heißt: Nur die ersten 500.000 Euro eines Kaufpreises werden gefördert. Die Antragstellung soll ab dem 30. August 2022 möglich sein. Anträge für Erwerbsvorgänge im Jahr 2022 können vorbehaltlich der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel bis zum 30. Juni 2023 gestellt werden. Die Antragstellung kann ausschließlich über das Onlineportal der NRW.BANK erfolgen (Quelle: NRW.Bank).

Praxistipp:
Einzelheiten zur Förderung und einen Fragen-Antworten-Katalog finden Sie auf der Internetseite der NRW.Bank: www.nrwbank.de/de/privatpersonen
gepostet: 05.08.2022
Gesetzgebung: Mindestlohn und geringfügige Beschäftigung
Zum 1. Oktober 2022 gilt in Deutschland ein gesetzlicher Mindestlohn von 12 Euro brutto pro Stunde. Dies hat der Bundestag am 3. Juni 2022 beschlossen; der Bundesrat hat das Gesetz eine Woche später gebilligt. Zudem wurde die so genannte Minijob-Grenze zum 1. Oktober 2022 auf 520 Euro angehoben. Genau genommen wurde die Grenze nun dynamisch ausgestaltet. Das heißt: Die Minijob-Grenze wird künftig berechnet, indem der Mindestlohn mit 130 vervielfacht, durch drei geteilt und auf volle Euro aufgerundet wird.

Ab dem 1. Oktober 2022 orientiert sich die Geringfügigkeitsgrenze an einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden zum gesetzlichen Mindestlohn. Damit ergeben sich 520 Euro (12 Euro x 130 / 3). Dieser Maßstab gilt auch bei künftigen Mindestlohnerhöhungen; die Minijobgrenze wächst also mit. Überschreitet der durchschnittliche Monatsverdienst die Minijob-Grenze, liegt kein Minijob mehr vor.

Für eine geringfügige Beschäftigung ist es unschädlich, wenn die Geringfügigkeitsgrenze nur gelegentlich und unvorhersehbar überschritten wird. Ab dem 1. Oktober 2022 werden die Möglichkeit und die Grenzen eines gelegentlichen und unvorhergesehenen Überschreitens der Geringfügigkeitsgrenze gesetzlich geregelt: "Gelegentlich" ist dann ein unvorhersehbares Überschreiten bis zu zwei Kalendermonaten innerhalb eines Zeitjahres. Darüber hinaus darf die Überschreitung maximal 520 Euro monatlich betragen, sodass auf Jahressicht ein maximaler Verdienst bis zur Höhe des 14-fachen der Minijob-Grenze möglich sein wird. Ein Minijobber darf also grundsätzlich 6.240 Euro über 12 Monate und in begründetem Ausnahmefall höchstens 7.280 Euro im Jahr verdienen.

Praxistipp:
Die gesetzliche Festlegung des Mindestlohns weicht vom üblichen Erhöhungsverfahren ab. Eigentlich schlägt die so genannte Mindestlohnkommission, in der Gewerkschaften und Arbeitgeber vertreten sind, regelmäßig Anpassungen am Mindestlohn vor, die dann durch Rechtsverordnung umgesetzt werden. In 2022 lag der Mindestlohn zunächst bei 9,82 Euro, zum 1. Juli ist er turnusmäßig auf 10,45 Euro gestiegen. Einmalig zum Oktober 2022 wird er nun per Gesetz auf 12 Euro angehoben. Zukünftige Anpassungen werden dann wieder auf Vorschlag der Mindestlohnkommission erfolgen, heißt es in der amtlichen Begründung des Gesetzes.
gepostet: 03.08.2022
Firmen-Pkw: Fahrtenbuch für Investitionsabzugsbetrag nicht absolut zwingend
Wenn kleine und mittlere Betriebe in den kommenden drei Jahren Investitionen planen, dürfen sie zuvor einen Investitionsabzugsbetrag (IAB) nach § 7g EStG bilden, und zwar in Höhe von 50 Prozent der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Eine Voraussetzung für die Bildung eines IAB ist, dass das Wirtschaftsgut mindestens bis zum Ende des folgenden Jahres, das auf die Investition folgt, ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird. Und "fast ausschließlich" bedeutet mindestens 90 Prozent. Für die geplante Anschaffung eines Firmen-Pkw ist das eine hohe Hürde. Die Finanzämter verlangen hier zumeist, dass die hohe berufliche Nutzung eines Pkw per ordnungsgemäßem Fahrtenbuch nachzuweisen ist. Die Bildung eines IAB für einen Firmenwagen, für den die Ein-Prozent-Regelung angewandt wird, ist damit nicht möglich. Genauer gesagt ist es unmöglich, den IAB zu "behalten", denn das Finanzamt wird diesen rückgängig machen, wenn es erkennt, dass für das Kfz kein Fahrtenbuch geführt worden ist.

Doch die Führung eines Fahrtenbuchs ist nicht zwingend erforderlich; ein Steuerpflichtiger kann die Anteile der betrieblichen und der außerbetrieblichen Nutzung eines Firmen-Pkw auch durch andere Beweismittel nachweisen - so hat der Bundesfinanzhof bereits mit Urteil vom 15.7.2020 (III R 62/19) entschieden. Jüngst hat der BFH, dieses Mal ein anderer Senat, die Auffassung bestätigt, dass ein Fahrtenbuch nicht zwingend erforderlich ist, um den IAB zu bilden und zu behalten (BFH-Urteil vom 16.3.2022, VIII R 24/19). Zwar sei geklärt, dass der Nachweis einer ausschließlichen betrieblichen Nutzung eines Pkw nicht anhand der Ein-Prozent-Regelung geführt werden kann. Der Nachweis der fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung eines Pkw sei aber nicht auf ordnungsgemäße Fahrtenbücher beschränkt. Einem Unternehmer sei es nicht verwehrt, weitere Belege vorzulegen, um für die Zwecke des § 7g EStG die betriebliche Veranlassung der aufgezeichneten Fahrten und damit die fast ausschließliche betriebliche Nutzung des Pkw zu dokumentieren.

Praxistipp:
Leider haben die BFH-Richter die Frage, welche Nachweise beigebracht werden können, auch dieses Mal nicht konkret beantwortet. Das wird nun der Vorinstanz überlassen. Es dürften aber wohl insbesondere der Terminkalender und ein angebotener Zeugenbeweis als Nachweis dienen.

Praxistipp:
Auch wenn der BFH hier zugunsten des Steuerzahlers entschieden hat, so ist in der Praxis dennoch die Führung eines Fahrtenbuchs angezeigt, denn so kann die ganz überwiegend betriebliche Nutzung am sichersten dokumentiert werden. Das Urteil betrifft im Übrigen nur die Frage des IAB und der Sonderabschreibung nach § 7g EStG. Geht es generell um die Geltendmachung eines möglichst hohen betrieblichen Nutzungsanteils und um die Vermeidung der Ein-Prozent-Regelung zur Besteuerung des Privatanteils, bleibt es dabei, dass nur ein - ordnungsgemäßes - Fahrtenbuch weiterhilft.
gepostet: 01.08.2022
Juli 2022
Unterhalt an Bedürftige: Unschädliche Vermögensgrenze unverändert niedrig
Wer einen unterhaltsberechtigten Angehörigen finanziell unterstützt, darf seine Leistungen im gewissen Rahmen steuerlich geltend machen (§ 33a Abs. 1 EStG). Voraussetzung ist unter anderem, dass weder der Leistende noch eine andere Person Anspruch auf einen Kinderfreibetrag oder Kindergeld für die unterhaltene Person hat und die unterhaltene Person kein oder nur ein geringes Vermögen besitzt. Unschädlich ist ein geringes Vermögen bis zu einem Verkehrswert von 15.500 Euro. Das bedeutet: Wenn der Angehörige über eigenes Vermögen von mehr als 15.500 Euro verfügt, wird das Finanzamt Unterhaltszahlungen nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkennen. Gewisse Vermögenswerte bleiben allerdings als Schonvermögen außer Betracht. Hierunter fallen insbesondere ein angemessenes Hausgrundstück, das vom Unterhaltsempfänger allein oder zusammen mit Angehörigen selbst bewohnt wird, sowie Vermögensgegenstände, deren Veräußerung offensichtlich eine Verschleuderung bedeuten würde. Kürzlich hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz entschieden, dass die Grenze für das geringfügige Vermögen in Höhe von 15.500 Euro auch im Jahr 2019 noch zu beachten ist (FG Rheinland-Pfalz vom 26.8.2021, 6 K 1098/21).

Praxistipp:
Die unschädliche Vermögensgrenze von 15.500 Euro (früher 30.000 DM) gilt seit über 40 Jahren und ist seitdem nicht angepasst worden. Daher mehren sich die Stimmen, die diese Grenze als nicht mehr sachgerecht ansehen. Folglich wurde die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen. Diese liegt nunmehr beim Bundesfinanzhof unter dem Az. VI R 21/21 vor.
gepostet: 29.07.2022
Beherbergungsbetriebe: Übernachtungsteuer ist verfassungsgemäß
Die Erhebung einer Steuer auf entgeltliche Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben (Übernachtungsteuer) ist verfassungsgemäß. Das Bundesverfassungsgericht hat mehrere Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen, die die entsprechende Steuer in Hamburg, Bremen und Freiburg im Breisgau betrafen (Beschluss vom 22.3.2022, 1 BvR 2868/15, 1 BvR 354/16, 1 BvR 2887/15, 1 BvR 2886/15). Hintergrund: Eine Vielzahl von Städten und Gemeinden erhebt seit dem Jahr 2005 von den ansässigen Beherbergungsbetrieben eine Übernachtungsteuer. Ausgenommen sind beruflich veranlasste Übernachtungen. Das BVerfG hat nun entschieden, dass die jeweiligen Vorschriften mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Die Übernachtungsteuern sind aber nicht nur formell, sondern auch materiell verfassungsgemäß.

Dass Beherbergungsbetriebe zu Steuerschuldnern bestimmt werden, verletze den Grundsatz der gerechten Lastenverteilung nicht. Die indirekte Erhebung der Übernachtungsteuern bei den Beherbergungsbetrieben sei im Sinne einer gleichheitsgerechten Steuererhebung nachvollziehbar und nicht willkürlich. Eine direkte Erhebung bei den Übernachtungsgästen wäre nicht praktikabel. Den Unternehmen sei es insgesamt zumutbar, die Steuererhebung durch ihre Mitwirkung zu ermöglichen. Durch die Pflichten insbesondere zur Steueranmeldung sowie zur Abführung der Steuer entstehe ihnen zwar ein zusätzlicher, allein der Übernachtungsteuer geschuldeter Aufwand. Diese zusätzlichen Pflichten im Besteuerungsverfahren stellen aber eine unternehmenstypische Tätigkeit dar, die über ähnliche Belastungen des Melderechts und des Umsatzsteuerrechts nicht hinausgeht. Die Beschwerdeführerinnen können die Übernachtungsteuer ohne Weiteres von den Übernachtungsgästen, die aus nicht-beruflichem Anlass übernachten, vereinnahmen. Die Ausnahmen von der Besteuerung für beruflich veranlasste Übernachtungen seien im Übrigen mit dem Gleichheitsgrundrecht (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar.

Praxistipp:
Das BVerfG gibt den Gemeinden noch einen Wink mit dem Zaunpfahl: "Der Gesetzgeber kann zudem beruflich veranlasste Übernachtungen von der Aufwandbesteuerung ausnehmen, muss dies aber nicht."
gepostet: 27.07.2022
Lohnsteuer: Arbeitgeberzuschüsse während der Gültigkeit des 9-Euro-Tickets
Zuschüsse, die Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern zu deren Aufwendungen für Tickets für öffentliche Verkehrsmittel gewähren, sind steuerfrei. Allerdings ist die Steuerfreiheit auf die Höhe der Aufwendungen des Arbeitnehmers beschränkt. Zudem müssen die Zuschüsse zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden (§ 3 Nr. 15 EStG). Während der Gültigkeitsdauer des so genannten 9-Euro-Tickets gelten diesbezüglich die folgenden Grundsätze:

Für die Monate Juni, Juli und August 2022 wird es für die Anwendung des § 3 Nr. 15 EStG aus Vereinfachungsgründen nicht beanstandet, wenn Zuschüsse des Arbeitgebers die Aufwendungen des Arbeitnehmers für Tickets für öffentliche Verkehrsmittel im Kalendermonat übersteigen, soweit die Zuschüsse die Aufwendungen bezogen auf das Kalenderjahr 2022 insgesamt nicht übersteigen (Jahresbetrachtung). Werden bezogen auf das Kalenderjahr 2022 insgesamt höhere Zuschüsse gezahlt als der Arbeitnehmer Aufwendungen hatte, ist der Differenzbetrag als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu behandeln (BMF-Schreiben vom 30.5.2022, IV C 5 -S 2351/19/10002 :007).

Die nach § 3 Nr. 15 EStG steuerfreien Arbeitgeberleistungen mindern den als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag des jeweiligen Arbeitnehmers und sind vom Arbeitgeber zu bescheinigen. Bescheinigt werden müssen die gesamten nach § 3 Nr. 15 EStG steuerfreien Arbeitgeberzuschüsse im Kalenderjahr.
gepostet: 25.07.2022
Kindergeld: Was gilt bei krankheitsbedingtem Abbruch einer Ausbildung?
Für ein volljähriges Kind wird Kindergeld auch gezahlt, wenn es eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann. Voraussetzung ist, dass sich das Kind ernsthaft um eine Ausbildungsstelle oder um die Fortsetzung der Ausbildung bemüht und nicht älter als 25 Jahre ist. Anspruch auf Kindergeld besteht auch, wenn ein Kind seine Ausbildung wegen einer Erkrankung unterbrechen muss, weil es aus objektiven Gründen zeitweise nicht in der Lage ist, die Ausbildung fortzusetzen. Das heißt: Handelt es sich um eine nur vorübergehende Erkrankung und ist das Kind nachweislich weiter ausbildungswillig, kann es als ausbildungsplatzsuchendes Kind berücksichtigt werden. Wie der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 21.8.2021 (III R 41/19) entschieden hat, ist eine Kindergeldgewährung aber nicht mehr möglich, wenn das Ausbildungsverhältnis wegen einer Erkrankung des Kindes beendet wurde.

Der Sachverhalt: Die Klägerin ist die Mutter einer volljährigen Tochter, die im Februar 2016 eine zweijährige schulische Ausbildung begann. Die Familienkasse gewährte daher zunächst Kindergeld. Im Herbst 2017 erfuhr die Familienkasse, dass die Tochter bereits im März 2017 von der Schule abgegangen war und ab September eine Vollzeitbeschäftigung aufgenommen hatte. Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung daher ab April 2017 auf. Die Klägerin legte verschiedene Atteste vor, mit denen sie nachzuweisen versuchte, dass ihre Tochter nur aufgrund einer Erkrankung die Schule nicht mehr weiter habe besuchen können. Der Familienkasse genügte dies nicht. Sie forderte eine alle sechs Monate zu erneuernde ärztliche Bescheinigung, aus der sich die Erkrankung und deren voraussichtliches Ende ergeben. Außerdem ging sie davon aus, dass die Tochter schon im April 2017 gegenüber der Familienkasse hätte erklären müssen, dass sie sich zum nächstmöglichen Zeitpunkt um eine Berufs- oder Schulausbildung bewerben werde. Der BFH hält die Auffassung der Familienkasse für rechtens.

Eine Berücksichtigung als in Ausbildung befindliches Kind setzt voraus, dass das Ausbildungsverhältnis weiter besteht. Hieran fehlt es, wenn ein Kind während der Ausbildung erkrankt und das Ausbildungsverhältnis durch Abmeldung von der Schule, Kündigung oder Aufhebungsvertrag beendet wird. In einem solchen Fall kommt zwar eine Berücksichtigung als ausbildungsplatzsuchendes Kind in Betracht. Das setzt allerdings voraus, dass es sich um eine vorübergehende, das heißt ihrer Art nach voraussichtlich nicht länger als sechs Monate dauernde Krankheit handelt. Außerdem muss nachgewiesen werden, dass das Kind trotz vorübergehender Ausbildungsunfähigkeit weiterhin ausbildungswillig ist. Bei voraussichtlich länger als sechs Monate andauernder Erkrankung kommt eine Berücksichtigung als behindertes Kind in Betracht. Dem Finanzgericht wurde daher für den zweiten Rechtsgang aufgegeben, nähere Feststellungen dazu zu treffen, ob die Tochter als ausbildungsplatzsuchendes oder behindertes Kind berücksichtigt werden kann.
gepostet: 23.07.2022
Virtuelle Währungen: Einzelfragen zur steuerlichen Behandlung
Virtuelle Währungen, auch Kryptowährungen genannt, werden von den einen als Kapitalanlage oder Spekulationsobjekt angesehen, für andere gelten sie bereits als übliche Zahlungsmittel. Am bekanntesten sind sicherlich Bitcoins, doch die Liste der Kryptowährungen ist mittlerweile recht lang geworden. Die Frage, wie Geschäfte rund um Bitcoins und anderen Kryptowährungen steuerlich zu beurteilen sind, beschäftigt seit Jahren die Finanzverwaltung und die Finanzgerichte. Das Bundesministerium der Finanzen hat nun ein Schreiben veröffentlicht, das Praktikern in Finanzverwaltung und Wirtschaft, aber auch den einzelnen Steuerpflichtigen einen rechtssicheren und einfach anwendbaren Leitfaden zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung von virtuellen Währungen und sonstigen Token an die Hand gibt - so jedenfalls lautet die dazu ergangene Pressemitteilung des BMF.

Das BMF-Schreiben behandelt verschiedene Krypto-Sachverhalte, die technisch erläutert und ertragsteuerlich eingeordnet werden. Neben dem An- und Verkauf etwa von Bitcoin betrifft dies insbesondere die Blockerstellung (bei Bitcoin spricht man von Mining). Daneben beschäftigt sich das BMF-Schreiben mit Staking, Lending, Hard Forks, Airdrops, den ertragsteuerrechtlichen Besonderheiten von Utility und Security Token sowie Token als Arbeitnehmereinkünfte (BMF-Schreiben vom 10.5.2022, IV C 1 - S 2256/19/10003 :001). Es würde den Rahmen dieser Mandanteninformation sprengen, auf alle Details des BMF-Schreibens einzugehen. Daher sollen nur einige Punkte herausgegriffen werden:

Die Finanzverwaltung ist der Ansicht, dass Kryptowährungen Gegenstand eines privaten Veräußerungsgeschäfts gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG sein können. Das heißt für Geschäfte des Privatvermögens: Veräußerungsgewinne aus dem Tausch oder Rücktausch von Bitcoins etc. in Euro oder eine andere Kryptowährung innerhalb eines Jahres sind zu versteuern. Ein Gewinn bleibt (nur) steuerfrei, wenn er unterhalb einer Freigrenze von 600 Euro bleibt.

Bei Privatpersonen ist der Verkauf von erworbenen Bitcoin etc. nach einem Jahr steuerfrei. Die Frist verlängert sich auch dann nicht auf zehn Jahre, wenn etwa Bitcoins zuvor für "Lending" genutzt wurden oder die Steuerbürger beispielsweise Ether einem anderen für dessen Blockerstellung als "Stake" zur Verfügung gestellt haben.

Vorgänge im Zusammenhang mit virtuellen Währungen können aber auch dem Betriebsvermögen zuzuordnen sein. Dabei kommt es unter anderem darauf an, ob eine Tätigkeit nachhaltig, also mit einer gewissen Intensität, ausgeübt wird. So ist die Blockerstellung nachhaltig, wenn sie auf Wiederholung angelegt ist.

Werden Einheiten einer virtuellen Währung oder sonstige Token wiederholt angekauft und verkauft (einschließlich des Tausches in Einheiten anderer virtueller Währungen oder sonstige Token), kann ein solcher Handel eine gewerbliche Tätigkeit darstellen.

Die Blockerstellung stellt keine private Vermögensverwaltung dar. Sowohl beim Mining als auch beim Forging erhalten die Blockerstellenden die Blockbelohnung und die Transaktionsgebühren im Tausch für die Erstellung neuer Blöcke. Die Tätigkeit entspricht damit dem Bild eines Dienstleisters und ist gewerblich.

Sind die Einheiten einer virtuellen Währung oder sonstigen Token Betriebsvermögen, sind die Veräußerungserlöse Betriebseinnahmen, und zwar unabhängig von der Jahresfrist, wie sie bei Veräußerungen aus dem Privatvermögen heraus gelten würde. Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns sind die individuellen - gegebenenfalls fortgeführten - Anschaffungskosten der veräußerten Einheiten einer virtuellen Währung und sonstigen Token abzuziehen.

Einkünfte aus der Blockerstellung, die keiner anderen Einkunftsart zugerechnet werden können, können als Leistung nach § 22 Nr. 3 EStG steuerbar sein. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn mangels Nachhaltigkeit keine gewerbliche Tätigkeit vorliegt. Sie sind nicht einkommensteuerpflichtig, wenn sie zusammen mit anderen Einkünften aus Leistungen weniger als 256 Euro im Kalenderjahr betragen haben.

Praxistipp:
Jüngst haben sowohl das Finanzgericht Baden-Württemberg (Urteil vom 11.6.2021, 5 K 1996/19) als auch das Finanzgericht Köln (Urteil vom 25.11.2021, 14 K 1178/20) die Auffassung der Finanzverwaltung hinsichtlich der privaten Verkäufe von Bitcoins etc. gestützt. Gegen das Urteil des FG Köln liegt allerdings die Revision beim Bundesfinanzhof unter dem Az. IX R 3/22 vor. Insofern ist das BMF-Schreiben noch nicht der Schlusspunkt zu dem Thema. Im Übrigen ist ein ergänzendes Schreiben zu den Mitwirkungs- und Aufzeichnungspflichten der Steuerpflichtigen bereits in Arbeit.
gepostet: 21.07.2022
Gesetzgebung: Viertes Corona-Steuerhilfegesetz beschlossen
Der Bundestag hat am 19.5.2022 das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz verabschiedet; der Bundesrat hat dem Gesetz zugestimmt. Unter anderem wurden folgende Maßnahmen beschlossen:

Die Abgabefristen für die Steuererklärungen wurden verlängert. Beratene Steuerpflichtige müssen beispielsweise die Steuererklärung 2020 (erst) bis zum 31.8.2022 abgeben, die Steuererklärung 2021 bis zum 31.8.2023. Die Möglichkeit der Vorweganforderung durch die Finanzämter bleibt aber bestehen.

Sonderzahlungen zur Anerkennung besonderer Leistungen während der Corona-Krise, die von Arbeitgebern an in bestimmten Einrichtungen - insbesondere Krankenhäusern - tätige und Arbeitnehmer gewährt werden, sind bis zu einem Betrag von 4.500 Euro steuerfrei und werden auch in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II nicht angerechnet. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit der Steuerfreiheit auch bei Zahlungen an Beschäftigte in Einrichtungen für ambulantes Operieren, bestimmte Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, Dialyseeinrichtungen, Arzt- und Zahnarztpraxen sowie für Rettungsdienste. Begünstigt sind Auszahlungen zwischen dem 18.11.2021 und dem 31.12.2022.

Die steuerliche Förderung der steuerfreien Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld wird um sechs Monate bis Ende Juni 2022 verlängert.

Die bestehende Regelung zur Homeoffice-Pauschale wird um ein Jahr bis zum 31. Dezember 2022 verlängert, das heißt, es können 5 Euro pro Tag, maximal 600 Euro jährlich, als Werbungskosten oder Betriebsausgaben geltend gemacht werden.

Die Möglichkeit zur Inanspruchnahme der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz eingeführt wurde und eigentlich bereits ausgelaufen ist, wird um ein Jahr verlängert für Wirtschaftsgüter, die im Jahr 2022 angeschafft oder hergestellt werden.

Die erweiterte Verlustverrechnung wird bis Ende 2023 verlängert: Für 2022 und 2023 wird der Höchstbetrag beim Verlustrücktrag auf 10 Mio. Euro bzw. auf 20 Mio. Euro bei Zusammenveranlagung angehoben. Der Verlustrücktrag wird darüber hinaus ab 2022 dauerhaft auf zwei Jahre ausgeweitet und erfolgt in die unmittelbar vorangegangenen beiden Jahre.

Die steuerlichen Investitionsfristen für Reinvestitionen nach § 6b EStG werden um ein weiteres Jahr verlängert.

Die Investitionsfristen für steuerliche Investitionsabzugsbeträge nach § 7g EStG, die in 2022 auslaufen, werden um ein weiteres Jahr verlängert.

Nach der bisherigen Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG sind unverzinsliche Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von mindestens zwölf Monaten unter Berücksichtigung eines Rechnungszinsfußes von 5,5 Prozent abzuzinsen. Aufgrund der anhaltenden geänderten Marktsituation werden die Regelungen zur Abzinsung von Verbindlichkeiten aufgehoben. Dies gilt für unverzinsliche Verbindlichkeiten in nach dem 31. Dezember 2022 endenden Wirtschaftsjahren. Auf formlosen Antrag kann aber die Abzinsungspflicht bereits in vor dem 1. Januar 2023 endenden Wirtschaftsjahren vorzeitig entfallen, soweit die betroffenen Veranlagungen nicht bestandskräftig sind. Das Abzinsungsgebot bei Rückstellungen für Verpflichtungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG) bleibt allerdings unverändert bestehen.
gepostet: 19.07.2022
Auszug des Mieters: Was gilt bei anschließender Eigennutzung?
Zieht ein Mieter aus einer Wohnung aus und werden die Räumlichkeiten anschließend wieder vermietet, so können eventuelle Renovierungskosten selbstverständlich als Werbungskosten abgezogen werden. Manchmal wird die Wohnung nach dem Auszug des letzten Mieters aber durch den Eigentümer selbst genutzt. Dann stellt sich die Frage, ob die Renovierungskosten dennoch als Werbungkosten berücksichtigt werden dürfen. Das Finanzgericht Hamburg hat dazu in einem aktuellen Urteil folgende Grundsätze aufgestellt (Urteil vom 5.11.2021, 2 K 163/19):

Im Regelfall können Renovierungskosten, die nach tatsächlichem Auszug des Mieters getätigt werden, als vorweggenommene Werbungskosten abgezogen werden, wenn sie im Hinblick auf eine vom Steuerpflichtigen beabsichtigte Anschlussvermietung getätigt werden. Eine Berücksichtigung von Renovierungskosten, die nach Auszug des Mieters entstanden sind, ist hingegen regelmäßig in den Fällen ausgeschlossen, in denen sich an die bisherige Vermietung der Wohnung eine Eigennutzung durch den Vermieter anschließt.

Besteht die Vermietungsabsicht im Zeitpunkt der vorgenommenen Renovierung nicht fort, können Aufwendungen unter bestimmten Voraussetzungen dennoch ausnahmsweise als nachträgliche Werbungskosten aus Vermietung angesehen werden. Dafür müssen die Kosten wiederum in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang mit der früheren Vermietung stehen. Beispiel: Malerarbeiten sind in erster Linie durch die Abnutzung der Wohnung durch den vormaligen Mieter verursacht worden. Die vom Mieter verursachte Abnutzung und die dadurch erforderliche Renovierung dürfen aber nicht von der Tatsache überlagert werden, dass der Renovierungsaufwand vornehmlich dazu dient, die Wohnung in der Zukunft nutzen zu können. Aufwendungen für Reparaturen können im Einzelfall auch dann als Werbungskosten zu berücksichtigen seien, wenn sie zur Beseitigung eines Schadens getätigt wurden, der die mit dem gewöhnlichen Gebrauch der Mietsache verbundene Abnutzung deutlich übersteigt, etwa bei mutwilligen Schäden.

Praxistipp:
In den Fällen, in denen ein Abzug der Kosten dem Grunde nach möglich ist, trägt der Steuerpflichtige die Darlegungs- und Beweislast. Das heißt, es muss - zum Beispiel anhand von Fotos und Zeugenaussagen - nachgewiesen werden, dass die Schäden tatsächlich durch die vorherige Nutzung veranlasst sind und deren Reparatur nicht aufgrund der beabsichtigen Eigennutzung vorgenommen wird.

Praxistipp:
Im Ausnahmefall kann es vorkommen, dass zwar zunächst die Absicht besteht, die Wohnung wieder zu vermieten, sich dieser Entschluss aber ändert und die Wohnung dann doch selbstgenutzt wird. Wer in einem solchen Fall nachweisen kann, dass die Vermietungsabsicht tatsächlich bestanden kann, darf die Instandhaltungskosten eventuell doch abziehen, da die Absicht der Vermietung die tatsächliche Nutzung überlagert. Aber: Ein solcher Sachverhalt bedarf gegenüber dem Finanzamt einer detaillierten Dokumentation der zunächst bestandenen Vermietungsabsicht. Reine Behauptungen reichen keinesfalls aus. Die Finanzämter sind in derartigen Fällen sehr streng.
gepostet: 17.07.2022
Betriebliche Elektrofahrzeuge: Verkauf der THG-Quote ist Betriebseinnahme
Halter von reinen Elektrofahrzeugen können Prämienzahlungen vereinnahmen, indem sie die CO2-Emissionseinsparung, die durch den Betrieb der Elektrofahrzeuge erzielt wird, "verkaufen." Dies geschieht über den Handel mit Treibhausgasminderungs-Quoten (THG-Quoten), das heißt, die THG-Quote wird über gewisse Anbieter an Unternehmen vermittelt, die die Quote ihrerseits ankaufen, um Strafzahlungen zu entgehen, weil sie zu viel CO2 produzieren.

Das Bundesfinanzministerium hat nun zur ertragsteuerlichen Behandlung der Erlöse aus dem Verkauf der THG-Quoten Stellung bezogen (Meldung vom 16.5.2022 auf der Homepage des BMF). Danach gilt: Gehört das Kfz zum Privatvermögen, ist der Erlös aus dem Verkauf der THG-Quote keiner Einkunftsart zuzuordnen. Erhaltene Zahlungen sind daher privat und unterliegen nicht der Einkommensteuer. Befindet sich das Kfz im Betriebsvermögen, sind erhaltene Zahlungen Betriebseinnahmen und damit als Teil des Gewinns steuerpflichtig. Bei der Überlassung eines betrieblichen Fahrzeugs an Arbeitnehmer (Dienstwagen) ist regelmäßig der Arbeitgeber der Fahrzeughalter. Die Prämie steht daher im Regelfall dem Arbeitgeber zu. Lohnsteuerliche Konsequenzen für den Arbeitnehmer ergeben sich dann nicht. Der Arbeitgeber muss den Erlös aus dem Verkauf der THG-Quote aber als Betriebseinnahme versteuern.
gepostet: 15.07.2022
Gesetzgebung: Einzelheiten zur Energiepreispauschale
Wie oben berichtet haben Bundestag und Bundesrat das Steuerentlastungsgesetz 2022 beschlossen. Die meistdiskutierte Maßnahme ist dabei wohl die Einführung einer Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro. Die Auszahlung erfolgt ab dem 1.9.2022 an Steuerpflichtige. Die Auszahlung der Energiepreispauschale über den Arbeitgeber ist folgendermaßen geregelt:

§ 117 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes definiert zunächst den Personenkreis, an den Arbeitgeber die Energiepreispauschale auszahlen müssen: Dazu gehören Arbeitnehmer, die am 1.9.2022 in einem gegenwärtigen ersten Dienstverhältnis stehen und in eine der Steuerklassen 1 bis 5 eingereiht sind oder nach § 40a Abs. 2 pauschal besteuerten Arbeitslohn beziehen. Damit kann die Energiepreispauschale also auch geringfügig Beschäftigen ausgezahlt werden. In den Fällen des § 40a Abs. 2 EStG, in denen der Arbeitgeber keine elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale abruft, erfolgt eine Auszahlung der Energiepreispauschale an den Arbeitnehmer aber nur, wenn dieser dem Arbeitgeber vor der Auszahlung der Energiepreispauschale schriftlich bestätigt hat, dass es sich um das erste Dienstverhältnis handelt. Die Bestätigung ist zum Lohnkonto zu nehmen. Dies dient der Vermeidung eines möglichen Missbrauchs zum Beispiel in Fällen, in denen Arbeitnehmer mehrfach geringfügig beschäftigt sind.

Die Energiepreispauschale wird nicht über den Arbeitgeber ausgezahlt, wenn er keine Lohnsteuer-Anmeldung abgibt. Das sind nicht nur, aber doch insbesondere Fälle einer geringfügigen Beschäftigung im Privathaushalt, bei denen die Lohnsteuer nach § 40a EStG pauschal erhoben wird. Damit werden unbillige Härten auf Seiten der Arbeitgeber vermieden. Die Arbeitnehmer können in diesem Fall die Energiepreispauschale über die Abgabe einer Einkommensteuererklärung erhalten.

Soweit Arbeitgeber die Energiepreispauschale auszahlen müssen, haben sie die Energiepreispauschale vom Gesamtbetrag der einzubehaltenden Lohnsteuer zu entnehmen und diese gesondert bei der Lohnsteuer-Anmeldung - abhängig vom Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum - für August 2022, das dritte Quartal 2022 oder das Kalenderjahr 2022 abzusetzen.

Übersteigt die insgesamt zu gewährende Energiepreispauschale den Betrag, der insgesamt an Lohnsteuer abzuführen ist, so wird der übersteigende Betrag dem Arbeitgeber von dem Finanzamt, an das die Lohnsteuer abzuführen ist, aus den Einnahmen der Lohnsteuer ersetzt. Technisch wird dies über eine so genannte Minus-Lohnsteuer-Anmeldung abgewickelt; ein gesonderter Antrag des Arbeitgebers ist nicht erforderlich.

Die Auszahlung der Energiepreispauschale ist vom Arbeitgeber in der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung mit dem Großbuchstaben E anzugeben.

Bei Arbeitnehmern erhöht die Energiepreispauschale die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für den Veranlagungszeitraum 2022; dies gilt auch wenn der Steuerpflichtige weitere Einkünfte aus anderen Einkunftsarten hat.

§ 118 EStG enthält die Regelung zur Auszahlung der Energiepreispauschale für die Einkommensteuer-Vorauszahlenden. Einkommensteuer-Vorauszahlungen werden quartalsweise festgesetzt. Die bereits für das dritte Quartal 2022 festgesetzten Vorauszahlungen der Anspruchsberechtigten werden für den 10.9.2022 jeweils um 300 Euro gekürzt. Bei Anspruchsberechtigten, für die für den 10.9.2022 weniger als 300 Euro an Vorauszahlungen festgesetzt wurden, mindert die Energiepreispauschale die Vorauszahlungen auf 0 Euro.

Bei Steuerpflichtigen, die nicht Arbeitnehmer sind, gilt die Energiepreispauschale als Einnahme im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG für den Veranlagungszeitraum 2022 und erhöht dort diese Einkünfte um 300 Euro. Die sonst übliche Freigrenze des § 22 Nr. 3 EStG von 256 Euro findet allerdings keine Anwendung. Damit soll ausgeschlossen werden, dass eine Zusammenrechnung von negativen Einkünften im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG mit der Energiepreispauschale deren Besteuerung verhindert. Die Energiepreispauschale gehört nicht zu Gewinneinkünften. Damit wird auch eine Gewerbesteuerpflicht der Energiepreispauschale ausgeschlossen.

In den Fällen des § 40a EStG, also bei kurzfristig oder geringfügig Beschäftigten mit pauschal besteuertem Arbeitslohn, wird aus Vereinfachungsgründen und zur Vermeidung möglicher Wechselwirkungen auf eine Besteuerung der Energiepreispauschale verzichtet.
gepostet: 31.07.2022
Rabatte: Ungünstige Regelung für Mitarbeiter von Konzerntöchtern
Wer Waren und Dienstleistungen von seinem Arbeitgeber verbilligt bezieht, muss den so genannten geldwerten Vorteil versteuern. Oftmals erhalten Mitarbeiter die Rabatte auch dann, wenn sie "nur" bei einem Konzernunternehmen angestellt sind. Grundsätzlich müssen sie die Vorteile aber auch in diesem Fall versteuern. Der Bundesfinanzhof musste kürzlich erneut über einen Fall entscheiden, in dem es um Rabatte an Mitarbeiter in einem Konzern ging. Sein Urteil lautet: Gewährt ein Automobilhersteller Arbeitnehmern eines Zulieferers, an dem er kapitalmäßig beteiligt ist und dem er eigene Arbeitnehmer überlässt, die nämlichen Rabatte beim Erwerb von Fahrzeugen wie seinen eigenen Arbeitnehmern, handelt es sich bei den Preisnachlässen um lohnsteuerbaren Drittlohn (BFH-Urteil vom 16.2.2022, VI R 53/18).

Der Sachverhalt: Der Kläger war bei einem Zulieferbetrieb eines Autoherstellers beschäftigt. Der Autobauer war mit 50 Prozent an dem Zulieferer beteiligt und nahm dessen Mitarbeiter in sein Rabattprogramm für Werksangehörige auf. Der Kläger kaufte 2015 ein Neufahrzeug und erhielt dabei im Rahmen der Mitarbeiterkonditionen einen Preisvorteil, der ca. 1.700 Euro über dem üblichen Händlerabschlag lag. Außerdem wurden ihm die Überführungskosten in Höhe von 700 Euro erlassen. Das Finanzamt behandelte diese Vorteile beim Kläger als steuerpflichtigen Arbeitslohn. Nach Auffassung der Vorinstanz habe der Autobauer die Rabatte im eigenwirtschaftlichen Verkaufsinteresse und nicht für die Arbeitsleistung des Klägers gewährt. Daher gab sie der Klage statt. Doch der BFH ist anderer Ansicht.

Bei Drittzuwendungen sei kein eindeutiger Veranlassungszusammenhang zum Dienstverhältnis erforderlich. Der Vorteil müsse sich vielmehr nur als Frucht der nichtselbständigen Arbeit darstellen. Anders als das Finanzgericht meint, stehe dem Vorliegen von Arbeitslohn auch ein eigenes wirtschaftliches Interesse des Autobauers an dem verbilligten Erwerb des Pkw nicht entgegen. Folglich sei der Rabatt als Arbeitslohn zu versteuern. Zudem wird der Rabattfreibetrag von 1.080 Euro (§ 8 Abs. 3 Satz 2 EStG) nicht gewährt. Dieser gelte ausschließlich für solche Zuwendungen, die der eigene Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer aufgrund des Dienstverhältnisses gewährt. Für Vorteile von konzernzugehörigen Unternehmen, die dem Arbeitgeber nahestehen, wird er nicht gewährt. Eine Ausnahme gelte nur, wenn der eigene Arbeitgeber derart gewichtig am Herstellungsprozess der rabattierten Ware beteiligt ist, dass er bei wertender Betrachtung (ebenfalls) als Hersteller anzusehen ist. Dieser Fall läge hier aber nicht vor.

Praxistipp:
Im Urteilsfall war mitentscheidend, dass der Automobilhersteller seinem Zulieferer zahlreiche eigene Arbeitnehmer überlassen hatte, die dort tätig waren. Folglich waren die Unternehmen nicht nur finanziell, sondern auch arbeitsmäßig eng miteinander verbunden. Ob sich eine andere Beurteilung ergeben hätte, wenn keine enge Verflechtung vorgelegen hätte, musste der BFH nicht entscheiden.
gepostet: 13.07.2022
Bewirtungskosten: Reichen handgeschriebene Rechnungen aus?
Wer Geschäftsfreunde in einer Gaststätte aus betrieblichem Anlass bewirtet, darf seine Kosten zu 70 Prozent als Betriebsausgaben abziehen. Zum Abzug der Kosten bedarf es zunächst einer ordnungsgemäßen Rechnung der Gaststätte. Diese muss grundsätzlich maschinell erstellt und registriert sein. Bei einem Rechnungsbetrag über 250 Euro muss die Rechnung auf den Namen des Bewirtenden ausgestellt sein. Neben der Gaststättenrechnung sind Angaben zur Bewirtung zu machen. Dies geschieht üblicherweise auf der Rückseite der Rechnung, die insoweit bereits als Bewirtungsbeleg ausgestaltet ist oder es ist ein zusätzlicher Eigenbeleg (Bewirtungsbeleg) zu erstellen (BMF-Schreiben vom 30.6.2021, BStBl 2021 I S. 908).

Aber lässt sich die Voraussetzung "maschinell erstellte Rechnung" überhaupt aus dem Gesetz ableiten? Nein, sagt das Finanzgericht Berlin-Brandenburg. Auch handgeschriebene Rechnungen sind formell als Bewirtungsrechnungen ausreichend. Für die von der Finanzverwaltung angenommene Anforderung nach maschineller Rechnung findet sich keine Rechtsgrundlage (Urteil vom 8.11.2021, 16 K 11381/18).

Praxistipp:
Das Urteil ist zwar zu begrüßen. Wir empfehlen aber dennoch, dass Sie auf einem maschinell erstellten Beleg bestehen sollten, wenn in dem Restaurant eine elektronische Registrierkasse eingesetzt wird. Achten Sie darauf, dass die Ihnen erteilten Rechnungen mit einer Transaktionsnummer und der Seriennummer des elektronischen Aufzeichnungssystems bzw. der Seriennummer des Sicherheitsmoduls, gegebenenfalls in Form eines QR-Codes, versehen worden sind. Unabhängig davon sollten Sie berücksichtigen, dass Bewirtungsaufwendungen einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufgezeichnet werden müssen.
gepostet: 11.07.2022
Gesetzgebung: Steuerentlastungsgesetz 2022 beschlossen
Der Bundestag hat am 12.5.2022 das Steuerentlastungsgesetz 2022 verabschiedet, der Bundesrat hat dem Gesetz am 20.5.2022 zugestimmt. Folgende Maßnahmen wurden beschlossen:

Der Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer von derzeit 9.984 Euro wird um 363 Euro auf 10.347 Euro erhöht, und zwar rückwirkend zum 1.1.2022.

Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag für Werbungskosten wird - ebenfalls rückwirkend zum 1.1.2022 - von 1.000 Euro auf 1.200 Euro erhöht.

Die Entfernungspauschale wird ab dem 21. Entfernungskilometer um drei Cent auf 0,38 Euro je vollen Entfernungskilometer erhöht. Diese Anhebung war bereits für einen späteren Zeitraum vorgesehen, gilt nun aber bereits ab dem Jahre 2022.

Es wird einmalig eine Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro ausgezahlt. Die Auszahlung erfolgt ab dem 1.9.2022 an Steuerpflichtige. Arbeitnehmer erhalten die Pauschale über den Arbeitslohn. Bei Einkünften aus Landwirtschaft, Gewerbebetrieb und freiberuflicher Tätigkeit wird die Pauschale über eine Kürzung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen gewährt. Empfänger von Versorgungsbezügen (Beamtenpensionäre) sowie Rentner (falls keine Einkünfte aus Landwirtschaft, Gewerbebetrieb, freiberuflicher Tätigkeit oder als Arbeitnehmer vorliegen) erhalten die Pauschale nicht. Auch für Steuerpflichtige ohne Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt in Deutschland und für beschränkt steuerpflichtige Grenzpendler gibt es keine Pauschale. Die Energiepreispauschale ist steuerpflichtig, aber sozialabgabenfrei.

Das Kindergeld wird um einen Einmalbetrag in Höhe von 100 Euro aufgestockt. Der Kinderbonus soll im Juli 2022 gezahlt und unabhängig von existenzsichernden Sozialleistungen gewährt werden.
gepostet: 09.07.2022
Kapitalerträge: Ist die Abgeltungsteuer verfassungswidrig zu niedrig?
Zinserträge und Dividenden unterliegen - von einigen Ausnahmen abgesehen - der Kapitalertragsteuer von 25 Prozent. Zugegebenermaßen wird diese so genannte Abgeltungsteuer von einigen als zu hoch betrachtet, von anderen aber wiederum als zu niedrig. Künftig muss sich möglicherweise das Bundesverfassungsgericht mit der Höhe der Abgeltungsteuer befassen. Hintergrund ist ein Beschluss des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 18.3.2022 (7 K 120/21). Es geht um folgenden Sachverhalt: Der Kläger erzielte als selbständiger Versicherungsmakler gewerbliche Einkünfte, die mit seinem persönlichen Einkommensteuersatz besteuert wurden. Dieser lag über 25 Prozent. Daneben erhielt er Kapitaleinkünfte in Form von verdeckten Gewinnausschüttungen aus mehreren Beteiligungen an Kapitalgesellschaften und von Zinsen. Diese unterlagen der Kapitalertragsteuer von 25 Prozent. Im Rahmen einer Betriebsprüfung erhöhte das Finanzamt den gewerblichen Gewinn des Klägers. Hiergegen wandte sich dieser.

Die Richter folgten insoweit zwar der Auffassung des Klägers. Aber: Sie gelangten zu der Überzeugung, dass die Anwendung der Abgeltungsteuer, also der Ansatz des Steuersatzes von 25 Prozent, gegen das Gebot der Gleichbehandlung aller Einkunftsarten verstoße und damit verfassungswidrig sei. Die Abgeltungsteuer führe zu einer Ungleichbehandlung zwischen Beziehern privater Kapitaleinkünfte und den übrigen Steuerpflichtigen. Während die Bezieher von Kapitaleinkünften mit einem Sondersteuersatz von 25 Prozent abgeltend belastet werden, unterliegen die übrigen Steuerpflichtigen einem Steuersatz von bis zu 45 Prozent.

Praxistipp:
Es kommt nicht oft vor, dass ein Finanzgericht die Verfassungshüter in Karlsruhe anruft. Und dass es dann um die Überprüfung einer Vorschrift zu Ungunsten der Steuerzahler gehen soll, ist noch ungewöhnlicher. Doch Anleger und auch Gesellschafter von Kapitalgesellschaften sollten nicht beunruhigt sein, denn selbst wenn das Bundesverfassungsgericht die Sache zur Entscheidung annimmt, dürften noch Jahre bis zu einem Urteil vergehen.
gepostet: 07.07.2022
Grunderwerbsteuer: Grundstückskauf- und Bauvertrag als einheitlicher Erwerb
Wer ein schlüsselfertiges Haus mitsamt Grund und Boden erwirbt, muss die Grunderwerbsteuer auf den Gesamtpreis zahlen. Wer hingegen den Grund und Boden separat erwirbt und das Haus im Anschluss errichten lässt, muss die Grunderwerbsteuer nur auf den Kaufpreis des zunächst noch unbebauten Grundstücks abführen. Aber: Der Gesetzgeber hat im Grunderwerbsteuergesetz eine Regelung geschaffen, die Häuslebauer unbedingt beachten müssen: Besteht ein Zusammenhang zwischen Grundstückskauf- und Bauvertrag, so entsteht auch die Grundsteuer sowohl auf den Kaufpreis für das unbebaute Grundstück als auch auf den Baupreis für das Haus. Die Fachbegriffe lauten "einheitliches Vertragswerk" oder "einheitlicher Erwerbsgegenstand" (§ 8 Abs. 2 Satz 2 GrEStG).

Die Finanzverwaltung ist äußerst aufmerksam, wenn es um die Prüfung des Zusammenhangs zwischen Grundstückskauf- und Bauvertrag geht. Und selbst ein mittelbarer Zusammenhang reicht für die Annahme eines einheitlichen Erwerbsgegenstandes aus - so auch in einem aktuellen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof, das wir Ihnen kurz vorstellen möchten (BFH-Beschluss vom 7.2.2022, II B 6/21). Die Kläger erwarben in 2017 ein unbebautes Grundstück, zwar mit Bauverpflichtung, jedoch ausdrücklich ohne Bauträger- oder Architektenbindung. Dem war die Tätigkeit einer Projektierungsgesellschaft vorausgegangen, die die Grundstücke für die Veräußerin vermarktete und dabei verschiedene Haustypen unter Angabe von Architekten bzw. Bauunternehmern vorstellte. Änderungen hieran sowie individuelle Entwürfe mussten über die Projektierungsgesellschaft genehmigt werden. Bereits im Juli 2016 schlossen die Kläger mit dieser Gesellschaft über das Grundstück eine Reservierungsvereinbarung, in der die Errichtung eines bestimmten Haustyps durch einen dritten Bauträger angedacht war. Dieser Bauträger stellte für die Kläger den Bauantrag. Erst Ende 2017 schlossen die Kläger mit diesem Bauträger den Bauvertrag, auf Grundlage dessen auf dem Grundstück ein Haus des ins Auge gefassten Typs errichtet wurde. Das Finanzamt setzte die Grunderwerbsteuer fest und bezog die Baukosten in die Bemessungsgrundlage ein. Der BFH hat diesem Ergebnis zugestimmt.

Praxistipp:
Die Entscheidung verdeutlicht, dass es nicht einmal darauf ankommt, dass beide Verträge zeitgleich abgeschlossen werden oder dass eine "starke" vertragliche Verbindung zwischen den beiden Geschäften vorliegt. Sobald der Grundstücksverkäufer und die Baufirma in irgendeiner Beziehung zueinanderstehen, besteht die Gefahr, dass das Finanzamt einen einheitlichen Erwerbsgegenstand annimmt und die volle Grunderwerbsteuer auch auf den Baupreis verlangt.
gepostet: 05.07.2022
Steuerfreie Nachtzuschläge: Zur Berechnung des Grundlohns
Zuschläge für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit, die neben dem Grundlohn gezahlt werden, sind bis zu bestimmten Höchstgrenzen steuer- und sozialversicherungsfrei. Zuschläge für Nachtarbeit dürfen beispielsweise 25 Prozent des Grundlohns nicht übersteigen (§ 3b EStG). Der Begriff des Grundlohns kann aber durchaus umstritten sein, so etwa bei Bereitschaftsdiensten. Diese werden üblicherweise wesentlich geringer vergütet als die "normale" Tätigkeit. Wenn nun aber ein Bereitschaftsdienst in den Nachtstunden geleistet wird und dafür - neben dem niedrigen Bereitschaftslohn - ein Nachtzuschlag gezahlt wird, so könnte man auf den Gedanken kommen, dass dieser Zuschlag nur 25 Prozent des Bereitschaftslohns und nicht 25 Prozent des normalen Lohns betragen darf, um steuerfrei zu bleiben.

Erfreulicherweise hat das Niedersächsische Finanzgericht diesen Gedanken eines Finanzamtes verworfen und wie folgt entschieden: Ist ein Bereitschaftsdienst am Arbeitsplatz abzuleisten, bemisst sich der Grundlohn nach dem regulären, vertraglich vereinbarten - auf eine Stunde umgerechneten - Arbeitslohn und nicht nach dem geringeren Stundenlohn, der sich für die vergütete Bereitschaftsdienstzeit ergibt (Urteil vom 15.12.2021, 14 K 268/18). Der Sachverhalt: Die Klägerin betreibt eine Förderschule mit angeschlossenem Internat für Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen. Die in Wohngruppen lebenden Kinder und Jugendlichen wurden von dem Betreuungspersonal ganztägig betreut. Die Betreuerinnen und Betreuer verbrachten auch die Nacht in den jeweiligen Wohngruppen. Für die Ableistung des Bereitschaftsdienstes erhielten die Mitarbeiter ein Viertel des regulären Gehalts und in den Nachtstunden je Stunde einen Zuschlag in Höhe von 15 Prozent des auf eine Stunde umgerechneten individuellen Tabellenentgelts. Das Finanzamt wollte diese Zuschläge teilweise versteuern. Aufgrund der geringeren Beeinträchtigung beim Bereitschaftsdienst im Vergleich zum regulären Dienst sei die Grenze nicht auf der Grundlage des regulären Stundenlohns zu berechnen, sondern lediglich auf der Grundlage der Bereitschaftsentschädigung, die nur 25 Prozent der eigentlichen Vergütung betrage. Doch dem sind die Finanzrichter entgegengetreten. Die grundsätzliche Verpflichtung, sich während der Bereitschaftszeiten am Arbeitsort aufzuhalten, werde durch den monatlich gezahlten Lohn mit abgegolten, sodass die Zuschläge nicht auf der Grundlage des für den Bereitschaftsdienst gezahlten Entgelts, sondern gemäß der gesetzlichen Definition des Grundlohns in § 3b Abs. 2 EStG vom regulären Monatslohn zu berechnen sind.

Praxistipp:
Die Richter haben die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen, die auch bereits unter dem Az. VI R 1/22 vorliegt.
gepostet: 03.07.2022
Gewerbesteuer: Hinzurechnung vertraglich auf Mieter umgelegter Grundsteuer
Für Zwecke der Gewerbesteuer wird der Gewinn aus Gewerbebetrieb durch Hinzurechnungen und Kürzungen modifiziert. Hinzuzurechnen ist unter anderem ein Achtel der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, soweit die Aufwendungen bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind (§ 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG). Auch Grundsteuer, die vom Vermieter geschuldet, aber vertraglich auf den gewerbetreibenden Mieter umgelegt wird, gehört zur Miete und ist deshalb gewerbesteuerrechtlich dem Gewinn zum Teil hinzuzurechnen - so der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 2.2.2022 (III R 65/19).

Im Streitfall hatte die Klägerin, eine GmbH, von ihren Gesellschaftern ein Betriebsgebäude gemietet. Im Mietvertrag war vereinbart, dass die Klägerin als Mieterin die Grundsteuer tragen sollte. Das Finanzamt vertrat die Ansicht, dass die auf die Klägerin vertraglich umgelegte Grundsteuer zu der von ihr zu zahlenden Miete gehöre und deshalb gewerbesteuerrechtlich hinzuzurechnen sei. Der BFH hat der Auffassung der Finanzverwaltung zugestimmt.

Der vom Gesetz verwendete Begriff der Miet- und Pachtzinsen sei wirtschaftlich zu verstehen. Dazu gehörten auch vom Mieter getragene Aufwendungen, die nach dem gesetzestypischen Lastenverteilungssystem eigentlich vom Vermieter zu tragen wären, aber vertraglich vom Mieter übernommen werden. Ein derartiger Fall lag hier vor. Schuldner der Grundsteuer ist der Eigentümer, das heißt der Vermieter. Zivilrechtlich kann die Grundsteuer jedoch auf den Mieter überwälzt werden. Sie fließt damit in den Mietzins ein, der gewerbesteuerrechtlich zum Teil hinzuzurechnen ist. Die Hinzurechnung kann somit nicht dadurch reduziert werden, dass der Mieter Aufwendungen übernimmt, die eigentlich vom Vermieter zu tragen wären und dieser im Gegenzug einen entsprechend geminderten Mietzins akzeptiert.
gepostet: 01.07.2022
Juni 2022
Müllabfuhr und Abwasserentsorgung: Sind dies haushaltsnahe Dienste?
Steuerbürger dürfen die Kosten für haushaltsnahe Dienstleistungen mit 20 Prozent, höchstens 4.000 Euro im Jahr, direkt von der Steuerschuld abziehen (§ 35a Abs. 2 EStG). Die Steuervergünstigung ist also äußerst attraktiv. Was tatsächlich als haushaltsnahe Dienstleistung gilt, kann aber durchaus umstritten sein, so etwa hinsichtlich der Kosten für die Müllabfuhr und die Abwasserentsorgung. Die Finanzverwaltung sieht hierin keine haushaltsnahe Dienstleistungen und versagt den Abzug nach § 35a EStG. Kürzlich hat das Finanzgericht Münster diese Sichtweise zwar bestätigt, aber ausdrücklich die Revision zugelassen, die auch bereits vorliegt (Urteil vom 24.2.2022, 6 K 1946/21 E).

Die Klägerin machte die Abgaben für die Müllabfuhr sowie für die Schmutzwasserentsorgung als haushaltsnahe Dienstleistungen geltend. Das Finanzamt gewährte die Steuerermäßigung nach § 35a EStG nicht, weil die Entsorgungsleistungen außerhalb des Haushalts erbracht worden seien. Die hiergegen gerichtete Klage wurde abgewiesen. Begründung: Nach der Intention des Gesetzgebers sollen nur typische hauswirtschaftliche Arbeiten begünstigt werden. Die Entsorgung von Müll und die Ableitung von Schmutzwasser werden aber üblicherweise nicht von Haushaltsangehörigen erledigt. Die hierfür von der Gemeinde erhobenen Abgaben decken gerade nicht die von der Klägerin auf ihrem eigenen Grundstück erbrachten Leistungen wie das Sortieren des Mülls, Verbringen des Mülls in die Tonne, Bereitstellen der Tonne am Straßenrand und Öffnen des Wasserablaufs ab. Vielmehr handelt es sich um Aufgaben, die aufgrund ihres Umfangs typischerweise von den Kommunen übernommen würden. Darüber hinaus erfolgen die Müllabfuhr und die Abwasserbeseitigung nicht "im Haushalt" der Klägerin. Das Einsammeln und Befördern der Abfälle finden nicht auf ihrem Grundstück statt. Das bloße Bereitstellen der Tonne stellt nicht die Hauptleistung der Gemeinde dar. Gleiches gilt für die Entsorgung des Schmutzwassers, die frühestens ab der Einleitung in die städtische Kanalisation beginne.

Praxistipp:
Die Revision wurde zugelassen, da bisher keine höchstrichterliche Entscheidung zur Frage der Abzugsfähigkeit von Gebühren für die Entsorgung von Abwasser und Müll nach § 35a EStG vorliegt. Die Klärung der Rechtsfrage ist für eine Vielzahl von Haushalten von Bedeutung. Das Az. der Revision vor dem Bundesfinanzhof lautet VI R 8/22.
gepostet: 30.06.2022
Genossenschaftsanteile: Eine Mietminderung kann Kapitalertrag sein
In Deutschland gibt es zahlreiche Wohnungsbaugenossenschaften. Ziel ist es üblicherweise, den Neubau von Wohnraum zu fördern und den Mitgliedern Wohnungen zu bezahlbaren Mieten anzubieten. Die Mitglieder zeichnen Anteile an der Genossenschaft und erwerben damit üblicherweise eine Gewinnbezugsberechtigung. Doch wenn die Berechtigung eingeschränkt und an deren Stelle eine Mietminderung gewährt wird, führt diese zu einem steuerpflichtigen Kapitalertrag gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Dies hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 15.6.2021 (9 K 9068/20) entschieden.

Der Sachverhalt: Die Kläger waren Mitglieder einer Wohnungsbaugenossenschaft und nutzten eine Genossenschaftswohnung. Sie erwarben zusätzlich freiwillige Genossenschaftsanteile ohne Dividendenberechtigung. Im Gegenzug wurde die zu zahlende Wohnungsmiete, auch als Nutzungsgebühr bezeichnet, herabgesetzt. Die Höhe der Verringerung der Wohnungsmiete erfolgte dabei in Abhängigkeit der von der Vertreterversammlung beschlossenen Dividende auf freiwillige Anteile, die an Gewinnausschüttungen teilnahmen. Die sich ergebende Mietminderung wurde von der jeweiligen monatlichen Bruttomiete abgesetzt. Das Finanzamt kam zu dem Schluss, dass es sich bei den Mietminderungen, die den Mitgliedern gewährt wurden, aus deren Sicht um Einnahmen aus Kapitalvermögen handele. Die hiergegen gerichtete Klage blieb ohne Erfolg.

Der Anspruch der Kläger auf Minderung des Nutzungsentgelts für die von ihnen bewohnte Genossenschaftswohnung stelle einen besonderen Vorteil im Sinne des § 20 Abs. 3 EStG dar, der wiederum zu einem Kapitalertrag gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG führe. Ein solcher besonderer Vorteil sei auch dann als Kapitalertrag zu versteuern, wenn er nicht unmittelbar auf einem gesellschaftsrechtlichen Gewinnverwendungsbeschluss beruht, sondern lediglich wirtschaftlich an die Stelle einer offenen Gewinnausschüttung tritt.

Praxistipp:
Das Finanzgericht hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen, die unter dem Az. VIII R 23/21 anhängig ist.
gepostet: 28.06.2022
Umsatzsteuer: Leistungszeitpunkt für Tätigkeit von Aufsichtsratsmitgliedern
Trägt das Mitglied eines Aufsichtsrats aufgrund einer nicht variablen Festvergütung kein Vergütungsrisiko, ist es nicht als Unternehmer tätig. So hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 27.11.2019 (V R 23/19 / V R 62/17) entschieden. Er begründet dies mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Nachdem zwischenzeitlich mehrere Finanzgerichte zu Einzelfragen dieser umsatzsteuerlichen Thematik geurteilt haben, hatte auch das Bundesfinanzministerium Stellung bezogen (BMF-Schreiben vom 8.7.2021, BStBl 2021 I S. 919). Nunmehr hat das BMF weitere Fragen geklärt (BMF-Schreiben vom 29.3.2022, III C 2 - S 7104/19/10001 :005). Danach gilt unter anderem:

Besteht die Vergütung des Aufsichtsratsmitglieds sowohl aus festen als auch variablen Bestandteilen, ist es grundsätzlich selbständig tätig, wenn die variablen Bestandteile im Geschäftsjahr (bislang: Kalenderjahr) mindestens zehn Prozent der gesamten Vergütung, einschließlich erhaltener Aufwandsentschädigungen, betragen. Reisekostenerstattungen sind keine Vergütungsbestandteile und demzufolge bei der Ermittlung der Zehn-Prozent-Grenze nicht zu berücksichtigen. Das Gesagte ist für jedes Mandat eines Aufsichtsrates separat zu prüfen. Ausnahmen von der Zehn-Prozent-Grenze sind in begründeten Fällen möglich.

Bei der Prüfung, ob die variablen Bestandteile im Geschäftsjahr der Gesellschaft mindestens zehn Prozent der gesamten Vergütung, einschließlich erhaltener Aufwandsentschädigungen betragen, sind nur die Vergütungsbestandteile zu berücksichtigen, die für Leistungen gezahlt werden, die in dem betreffenden Geschäftsjahr der Gesellschaft ausgeführt werden.

Maßgeblicher Leistungszeitpunkt für die allgemeine Tätigkeit des Aufsichtsratsmitglieds ist der Ablauf des Geschäftsjahrs der Gesellschaft. Erhält ein Aufsichtsratsmitglied für die tatsächliche Teilnahme an einer Aufsichtsratssitzung Auslagenersatz und Sitzungsgeld, ist der maßgebliche Leistungszeitpunkt der Tag der Aufsichtsratssitzung.

In die Prüfung der Zehn-Prozent-Grenze sind als variable Vergütungsbestandteile die Sitzungsgelder aller geplanten Sitzungen eines Geschäftsjahrs der Gesellschaft, unabhängig von der tatsächlichen Teilnahme des Aufsichtsratsmitglieds, mit einzubeziehen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Zehn-Prozent-Grenze ist der Beginn des Geschäftsjahrs der Gesellschaft; nachträgliche Änderungen bleiben unberücksichtigt.

Praxistipp:
Für Geschäftsjahre der Gesellschaft, die vor dem 1.1.2022 enden, wird es nicht beanstandet, wenn als Leistungszeitpunkt für die allgemeine Tätigkeit als Mitglied eines Aufsichtsrats die Teilnahme an der Hauptversammlung mit dem Ziel der Entlastung zu Grunde gelegt wird.
gepostet: 27.06.2022
Verdienst: Entwurf des Mindestlohnerhöhungsgesetzes liegt vor
Die Bundesregierung will den für Arbeitnehmer geltenden Mindestlohn zum 1. Oktober 2022 auf einen Bruttostundenlohn von 12 Euro erhöhen. Hierfür hat sie den Entwurf eines Mindestlohnerhöhungsgesetzes vorgelegt. Zudem soll sich die Geringfügigkeitsgrenze (Minijobgrenze) künftig an einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden zu Mindestlohnbedingungen orientieren. Mit der Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns soll sie auf 520 Euro monatlich erhöht und dynamisch ausgestaltet werden. Die Höchstgrenze für eine Beschäftigung im Übergangsbereich, früher als Gleitzone bezeichnet, soll nach dem Willen der Bundesregierung von monatlich 1.300 Euro auf 1.600 Euro angehoben werden. Damit will sie eine weitergehende Entlastung von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten mit geringem Arbeitsentgelt erreichen. Der Ausgang des Gesetzgebungsverfahrens bleibt zwar abzuwarten, doch Arbeitgeber sollten sich darauf einstellen, dass die Maßnahmen wie geplant umgesetzt werden.
gepostet: 26.06.2022
Aufnahme von Flüchtlingen: Abzug von Unterhalt nur bei gesetzlicher Pflicht?
Viele Bürger nehmen gerade jetzt Kriegsflüchtlinge auf. Doch auch in der Vergangenheit haben hilfsbereite Menschen Flüchtlinge aufgenommen, insbesondere aus Syrien sowie - seit 2014 - aus dem Osten der Ukraine. Bei der Aufnahme der Flüchtlinge haben sie oftmals eine Verpflichtungserklärung gemäß § 68 Aufenthaltsgesetz abgegeben, die dazu führt, dass sie "sämtliche öffentlichen Mittel erstatten müssen, die für den Lebensunterhalt des Ausländers einschließlich der Versorgung mit Wohnraum sowie der Versorgung im Krankheitsfalle und bei Pflegebedürftigkeit aufgewendet werden, …". Man könnte annehmen, dass die Kosten als Unterhaltsleistungen im Rahmen der Höchstbeträge (§ 33a EStG) oder zumindest als außergewöhnliche Belastungen allgemeiner Art (§ 33 EStG) steuerlich abziehbar sind. Doch der Bundesfinanzhof versagt den Abzug, wenn keine gesetzliche Unterhaltspflicht besteht, sondern sich diese "nur" aus § 68 AufenthG ergibt.

Der Sachverhalt: Eine Steuerpflichtige nimmt im Jahre 2014 ihre Schwester mit Ehemann und Tochter aus der Ukraine in ihrem Haushalt auf. Die aufgenommenen Personen erhalten den Status "Aussetzung der Abschiebung" (Duldung). Die Steuerpflichtige macht einen Betrag von 15.800 Euro als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Finanzamt erkennt die Kosten jedoch nicht an, weil keine gesetzliche Unterhaltspflicht vorliegt. Und auch der Abzug als außergewöhnliche Belastungen allgemeiner Art nach § 33 EStG wird verneint. Der BFH stimmt dem Finanzamt zu. Ein Abzug nach § 33a EStG scheide aus, weil die Schwester mit Ehemann und Kind nicht zu den unterhaltsberechtigten Angehörigen gehören. Ein Abzug nach § 33 EStG kommt ebenfalls nicht in Betracht, auch wenn eine sittliche Verpflichtung anzunehmen ist. Denn das besondere Regelungswerk des § 33a EStG, konkret des Absatz 4 dieser Vorschrift, stehe einem Abzug nach § 33 EStG entgegen.

Praxistipp:
Im Urteilsfall war bedeutsam, dass die aufgenommenen Personen lediglich geduldet waren (§ 60a AufenthG). Das Bundesfinanzministerium hat im Jahre 2015 verfügt, dass Aufwendungen für den Unterhalt von Personen, die eine Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis nach § 23 AufenthG haben, unabhängig von einer gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung nach § 33a EStG berücksichtigt werden. Auf die gesetzliche Unterhaltspflicht komme es in diesem Fall nicht an. Voraussetzung sei allerdings, dass der Unterstützer eine Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG abgegeben hat. Insofern ist für den Kostenabzug also zwischen den jeweiligen Duldungs- und Aufenthaltsgenehmigungen zu unterscheiden (BMF-Schreiben vom 27.5.2015, BStBl. 2015 I S. 474).
gepostet: 24.06.2022
Handwerkerleistungen: Keine Steuerermäßigung für statische Berechnungen
Aufwendungen für Handwerkerleistungen im Zusammenhang mit der selbst genutzten Wohnung können mit 20 Prozent, höchstens 1.200 Euro im Jahr, geltend gemacht werden. Das Finanzgericht Baden-Württemberg hatte entschieden, dass auch Aufwendungen für statische Berechnungen, die zur Durchführung der Handwerkerleistungen erforderlich sind, wie die eigentlichen Handwerkerarbeiten steuerlich begünstigt sind (FG Baden-Württemberg vom 4.7.2019, 1 K 1384/19). Doch jüngst hat der Bundesfinanzhof dieses Urteil aufgehoben und die Steuervergünstigung nach § 35a Abs. 3 EStG verweigert (BFH-Urteil vom 4.11.2021, VI R 29/19).

Der Sachverhalt: Im Eigenheim mussten schadhafte Holzstützen durch Stahlstützen ersetzt werden. Nach Ansicht des Handwerkers war eine vorherige statische Berechnung erforderlich, die der Hauseigentümer auch tatsächlich in Auftrag gab. Für die statische Berechnung wurde ihm eine Rechnung in Höhe von 535,50 Euro ausgestellt, mit der ausschließlich Arbeitskosten geltend gemacht wurden. Das Finanzamt lehnte die Anerkennung der Kosten ab, weil es sich hier um eine nicht begünstigte Gutachterleistung handele. Der BFH gab dem Finanzamt recht. Begründung: Ein Tragwerksplaner (Statiker) sei grundsätzlich nicht handwerklich tätig, sondern erbringe Leistungen im Bereich der Planung und rechnerischen Überprüfung von Bauwerken sowie der Beurteilung der baulichen Gesamtsituation. Die statischen Berechnungen stellen auch nicht deshalb eine Handwerkerleistung dar, weil diese für die Handwerkerleistung unerlässlich waren. Die beiden Leistungen mögen zwar "sachlich verzahnt" sein, dies führt aber nicht dazu, dass die Leistung des Statikers als anteilige Handwerkerleistung anzusehen ist. Vielmehr seien beide Leistungen jeweils getrennt zu betrachten und hinsichtlich ihrer Eigenschaft als "Handwerkerleistungen" gemäß § 35a Abs. 3 EStG zu beurteilen.
gepostet: 22.06.2022
Sportvereine: Zuschüsse der Gemeinde für Bewirtschaftung von Sportanlagen
Zahlreiche Sportvereine haben Verträge mit den Gemeinden abgeschlossen, die es ihnen ermöglichen, Sportanlagen langfristig zu nutzen. Im Zuge dieser oder gesonderter Verträge haben sie sich verpflichtet, die Sportanlagen zu bewirtschaften, also zum Beispiel die Grünflächen und Außenanlagen instand zu halten. Dafür wiederum erhalten sie Zuschüsse von den Gemeinden. Der Bundesfinanzhof hat jüngst entschieden, dass die entsprechenden Zahlungen der Gemeinde nicht umsatzsteuerbare Zuschüsse für die Tätigkeit des Sportvereins darstellen können. Voraussetzung für die Annahme eines so genannten echten Zuschusses ist unter anderem, dass der Verein nicht verpflichtet ist, bestimmte Sportangebote vorzuhalten (BFH-Urteil vom 18.11.2021, V R 17/20).

Es ging um folgenden Sachverhalt: Ein eingetragener Sportverein darf eine gemeindliche Sportanlage kostenfrei nutzen. Nach einem Nutzungsvertrag übernimmt er gegen eine pauschale Kostenerstattung die Bewirtschaftung der gesamten Sportanlage. Der Verein ist nicht verpflichtet, bestimmte Sportangebote vorzuhalten. Das Finanzamt sah die Zahlungen der Gemeinde dennoch als steuerbares Entgelt für Leistungen an, die durch den Verein an die Gemeinde erbracht werden. Der BFH ist dem jedoch entgegengetreten. Er sieht in den pauschalen Zuwendungen nicht umsatzsteuerbare echte Zuschüsse. Die Abgrenzung zwischen umsatzsteuerbarem Entgelt und einem nicht steuerbaren echten Zuschuss werde vor allem nach der Person des Bedachten und dem Förderungsziel vorgenommen. Spricht die wirtschaftliche Realität, hier etwa der langfristige Vertrag, dafür, dass die Gemeinde keinen eigenen Nutzen aus der Bewirtschaftung der Sportanlage durch den Verein erzielt, sondern dieser vielmehr befähigt werden soll, seiner gemeinnützigen Aufgabe nachzugehen, so deutet dies auf einen echten Zuschuss hin.

Praxistipp:
Der Sachverhalt wäre wohl anders entschieden worden, wenn der Verein verpflichtet gewesen wäre, seinerseits Sportangebote, zum Beispiel für den Schulsport, vorzuhalten. Dann hätte durchaus ein steuerbarer "Leistungsaustausch" gegeben sein können. Auch wenn das aktuelle Urteil des BFH in vielen Fällen positiv ist, darf nicht vergessen werden, dass es eine Kehrseite hat: Den betroffenen Vereinen geht der Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen verloren. Im Besprechungsfall muss die Vorinstanz zur Höhe der Vorsteuerkürzung nun weitere Feststellungen treffen.
gepostet: 21.06.2022
Alleinerziehende: Entlastungsbetrag kann zeitanteilig zu gewähren sein
Alleinerziehenden steht ein steuerlicher Entlastungsbetrag zu, wenn zu ihrem Haushalt mindestens ein Kind gehört, für das sie Kindergeld oder den steuerlichen Kinderfreibetrag erhalten, und ansonsten im Haushalt keine andere erwachsene Person lebt. Geregelt ist dies in § 24b des Einkommensteuergesetzes. Seit 2020 beträgt der Entlastungsbetrag 4.008 Euro zuzüglich eines Erhöhungsbetrages für das zweite und jedes weitere Kind von jeweils 240 Euro.

Die Finanzverwaltung will den Entlastungsbetrag aber dann nicht gewähren, wenn für die beiden Elternteile eine Ehegattenveranlagung möglich wäre. Sprich: Ein Abzug soll dann nicht in Betracht kommen, wenn zwei Alleinerziehende im Laufe das Jahres heiraten oder wenn sich ein Ehepaar trennt und jeder eine eigene Wohnung bezieht. Der Abzugsbetrag soll dann für das ganze Jahr entfallen; eine zeitanteilige Berücksichtigung sei nicht vorgesehen. Der Bundesfinanzhof ist aber anderer Auffassung:

Zusammen veranlagte Ehegatten können den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende im Jahr der Eheschließung zeitanteilig in Anspruch nehmen, wenn sie vor der Heirat nicht mit einer anderen volljährigen Person in einer Haushaltsgemeinschaft gelebt haben (BFH-Urteil vom 28.10.2021, III R 57/20).

Im Trennungsjahr ist der Entlastungsbetrag zeitanteilig für die Monate nach der Trennung zu gewähren, wenn die Einzelveranlagung gewählt wird und im Haushalt keine andere volljährige Person lebt (BFH-Urteil vom 28.10.2021, III R 17/20).

Exemplarisch soll hier kurz der Sachverhalt des erstgenannten Urteils vorgestellt werden: Die alleinerziehende Frau X heiratet im Dezember 2015 Herrn Y, ebenfalls alleinerziehend. Am gleichen Tag ziehen die Ehegatten zusammen. Für das Jahr 2015 wählen sie die Zusammenveranlagung und beantragen für ihre Kinder jeweils den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende. Das Finanzamt verweigert die Entlastungsbeträge, da die Voraussetzungen für die Anwendung des so genannten Splittingtarifs gegeben sind.

Doch der BFH urteilt, dass Sinn und Zweck für die Anwendung des Monatsprinzips im Jahr der Eheschließung und damit für die zeitanteilige Gewährung des Entlastungsbetrages sprechen. Denn Ziel des Entlastungsbetrages sei es, die höheren Kosten für die eigene Lebens- und Haushaltsführung der Alleinerziehenden abzugelten. In der Situation eines Alleinerziehenden befinden sich auch Steuerpflichtige, die vor der Heirat im Jahr der Eheschließung allein mit ihren berücksichtigungsfähigen Kindern leben und die in dieser Zeit die alleinige Verantwortung für Haushalt und Kinder tragen. Gleiches gelte für Steuerpflichtige, die im Trennungsjahr zeitweise allein mit ihren berücksichtigungsfähigen Kindern leben.
gepostet: 19.06.2022
Verbilligte Vermietung: Kostenkürzung trotz Einhaltung der 66-Prozent-Grenze?
Wer eine Wohnung verbilligt vermietet, darf seine Werbungskosten steuerlich auch dann voll geltend machen, wenn die Miete mindestens 50 Prozent der ortsüblichen Miete beträgt. Liegt die Miete darunter, sind die Kosten aufzusplitten in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil. Soweit die Werbungskosten auf den unentgeltlichen Teil entfallen, werden sie steuerlich nicht berücksichtigt. Beträgt die Miete mindestens 50 Prozent, jedoch weniger als 66 Prozent der ortsüblichen Miete, ist eine so genannte Totalüberschussprognose zu erstellen. Der Vermieter muss also nachweisen können, dass er zumindest über einen längeren Zeitraum betrachtet einen Überschuss aus der Vermietung erzielt. Werden mindestens 66 Prozent der Marktmiete verlangt, ist eine Totalüberschussprognose nicht erforderlich.

Der Grundsatz, dass eine Totalüberschussprognose bei Einhaltung der 66-Prozent-Grenze entbehrlich ist, gilt aber nicht ausnahmslos - so hat zumindest das Finanzgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 22.1.2021 (5 K 1938/19) entschieden. Eine Totalüberschussprognose sei nämlich erforderlich, wenn es sich um die Vermietung eines aufwendig gestalteten Wohngebäudes handelt. Im konkreten Fall wurde ein Einfamilienhaus mit weit über 250 qm Wohnfläche verbilligt überlassen. Ob sich diese Auffassung halten lässt, muss nun allerdings der Bundesfinanzhof entscheiden. Die Revision liegt unter dem Az. IX R 17/21 vor.

Praxistipp:
In der Vergangenheit hat der BFH durchaus erkennen lassen, dass er ähnlicher Auffassung wie jetzt das FG Baden-Württemberg ist (z.B. BFH-Urteil vom 30.9.1997, IX R 80/94 und BFH-Urteil vom 6.10.2004, IX R 30/03). Ob er seine Haltung bekräftigt, wird das aktuelle Revisionsverfahren zeigen.
gepostet: 17.06.2022
Wiederauffüllung einer Rentenanwartschaft: Zahlungen nur begrenzt abziehbar
Kommt es im Rahmen einer Scheidung zum Versorgungsausgleich, verliert der Ausgleichsverpflichtete einen Teil seiner Rentenanwartschaften. Nach dem Sozialgesetzbuch und den Satzungen der Versorgungswerke besteht allerdings zumeist die Möglichkeit, die Rentenanwartschaften ganz oder teilweise wieder aufzufüllen (§ 187 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI). Die Wiederauffüllungszahlungen sind steuerlich jedoch nur als Sonderausgaben im Rahmen des jeweils zulässigen Höchstbetrages steuerlich abziehbar. Dies hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 19.8.2021 (X R 4/19) entschieden.

Der Sachverhalt: Ein angestellter Rechtsanwalt hatte Versorgungsanwartschaften aus dem Versorgungswerk der Rechtsanwälte erworben. Bei seiner Scheidung wurde ein Teil davon im Wege der internen Teilung an seine Ehefrau übertragen. Der Anwalt nahm die Möglichkeit wahr, seine durch den Versorgungsausgleich gekürzte Rentenanwartschaft durch eine zusätzliche Zahlung in Höhe von 75.000 Euro um die Hälfte wieder aufzufüllen. Er machte diesen Betrag in voller Höhe als Werbungskosten geltend, während das Finanzamt die Zahlung - nur begrenzt - im Rahmen der Sonderausgaben berücksichtigte. Die Haltung des Finanzamts ist rechtens - so der BFH. Die Begründung ist allerdings nur schwer nachzuvollziehen: Die geleistete Wiederauffüllungszahlung an den Versorgungsträger führe ihrer Rechtsnatur nach zwar zu Werbungskosten, da sie Kürzungen der Altersrente vermeidet. Dennoch sei sie nur als Sonderausgaben zu berücksichtigen, da sie zuvorderst als Beitrag zur Rentenversicherung bzw. zu einem berufsständischem Versorgungswerk zu qualifizieren sei. Folglich sei die Zahlung lediglich gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG im Rahmen des zulässigen Höchstbetrages abziehbar.

Praxistipp:
Im Jahre 2022 sind die Altersvorsorgebeiträge insgesamt absetzbar bis zu 25.639 Euro bei Ledigen und 51.278 Euro bei Verheirateten. Davon wirken sich 94 Prozent steuermindernd aus. Die Höchstbeträge sind allerdings schon zum Teil durch die laufenden Rentenversicherungsbeiträge ausgeschöpft, so dass sich zusätzliche (Einmal-)Zahlungen nur begrenzt auswirken. Sofern möglich und nach der jeweiligen Satzung des Versorgungsträgers zulässig, sollten Wiederauffüllungszahlungen daher gegebenenfalls auf mehrere Jahre verteilt werden.
gepostet: 15.06.2022
Arbeitslohn: Erstattung von Parkgebühren ist lohnsteuerpflichtig
Arbeitnehmer dürfen ihre Fahrten zur Arbeit, das heißt zur ersten Tätigkeitsstätte, nur mit der Entfernungspauschale steuerlich geltend machen. Mit dieser Pauschale sind alle gewöhnlichen Aufwendungen abgegolten, und zwar auch die Parkgebühren für das Abstellen des Kfz während der Arbeitszeit. Erstattet der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer die Parkgebühren, wird insoweit Arbeitslohn angenommen, der der Lohnsteuer unterliegt. Hat ein Arbeitnehmer indes die Möglichkeit, sein Kfz kostenlos auf dem Firmengelände seines Arbeitgebers abzustellen, gilt dies nicht als geldwerter Vorteil, der zu versteuern wäre (Finanzministerium Nordrhein-Westfalen vom 28.9.2006, S 2334 - 61 - VB 3). Damit werden die beiden Fälle steuerlich unterschiedlich behandelt. Das heißt: "Unterm Strich" ist zwar keiner der beiden Arbeitnehmer mit Parkgebühren belastet, doch im ersten Fall muss der Arbeitnehmer auf die Erstattung der Parkgebühren vielleicht 30 oder 35 Prozent Lohnsteuer und obendrein noch Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Dabei kann er die Parkgebühren nicht einmal gesondert als Werbungskosten abziehen. Das erscheint äußerst ungerecht.

Das Niedersächsische Finanzgericht konnte sich in einem aktuellen Urteil allerdings nicht dazu durchringen, diese vermeintliche Ungerechtigkeit zu beseitigen. Es hat entschieden, dass die Erstattung von Parkgebühren an Arbeitnehmer bei diesen zu Arbeitslohn führt, wenn die Kosten bereits mit der gesetzlichen Entfernungspauschale abgegolten sind (Urteil vom 27.10.2021, 14 K 239/18). Die Klägerin ist eine Krankenhausgesellschaft. An einem ihrer Standorte verfügte sie über keinen eigenen Parkplatz. Der gegenüber dem Klinikgelände gelegene Parkplatz wurde von einem Fremdanbieter betrieben und war entsprechend kostenpflichtig. Um der Forderung des Betriebsrats nach kostenfreien Parkplätzen für die Klinikbelegschaft nachzukommen, erstattete die Klägerin den Beschäftigten, die den kostenpflichtigen Parkplatz am Krankenhaus nutzten, gegen Nachweis die Parkgebühren. Nach Ansicht des Finanzamts und des Finanzgerichts waren diese Erstattungen lohnsteuerpflichtig. Das Urteil ist rechtskräftig.
gepostet: 13.06.2022
Tagesmütter und -väter: Ungekürzte Betriebsausgabenpauschale trotz Lockdown
Selbstständige Tagesmütter und -väter, die ihre Einkünfte versteuern müssen, dürfen die mit der Betreuung verbundenen Aufwendungen als Betriebsausgaben absetzen, und zwar entweder in tatsächlicher Höhe gegen Nachweis oder in Höhe einer Betriebsausgabenpauschale. Bei einer wöchentlichen Betreuungszeit von 40 Stunden sind das 300 Euro je Kind und Monat. Bei geringerer Betreuungszeit wird die Pauschale zeitanteilig gekürzt, bei längerer Betreuungszeit aber nicht erhöht (BMF-Schreiben vom 11.11.2016, BStBl 2016 I S. 1236). Während der Corona-Pandemie sind viele Tagespflegepersonen durch behördliche Auflagen an der Betreuung der Kinder gehindert gewesen. Das Finanzministerium Schleswig-Holstein hatte bereits darauf hingewiesen, dass die Betriebsausgabenpauschale in diesem Fall dennoch in voller Höhe geltend gemacht werden darf. Voraussetzung sei jedoch, dass die Betreuungsgelder weitergezahlt oder sonstige Ausgleichs- und Entschädigungszahlungen geleistet werden, die als Betriebseinnahmen zu erfassen sind (FinMin Schleswig-Holstein, VI 302 - S 2246 B -019).

Und auch die Bundesregierung hat Stellung bezogen: Der Abzug der Betriebsausgabenpauschale für Kindertagespflegepersonen ist auch für Zeiträume möglich, in denen die Kindertagespflegestelle coronabedingt oder aufgrund eines Lockdowns geschlossen war (BT-Drucksache 20/534 vom 28.1.2022). Die Bundesregierung führt ferner aus: Als Soloselbstständige, die ihre Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit erzielen, können und konnten Kindertagespflegepersonen zudem die Neustarthilfe 2022, Neustarthilfe Plus und die Neustarthilfe beantragen, sofern sie die Kriterien zur Antragsberechtigung erfüllt haben bzw. erfüllen. Insbesondere durch die Beantragung der Neustarthilfe (Förderzeitraum vom 1. Januar 2021 bis zum 30. Juni 2021) konnten Kindertagespflegepersonen die Einkommensverluste, die ihnen durch die coronabedingten Schließungen entstanden sind, mildern. Im Hinblick auf etwaige Rückzahlungen von Corona-Wirtschaftshilfen, die sich bei den nachträglichen Überprüfungen aufgrund von höheren Einnahmen als bei Antragstellung erwartet ergeben können, besteht bei vielen Bewilligungsstellen die Möglichkeit, anfallende Rückzahlungen über Stundungen und Ratenzahlungen zu gestalten. Für die noch anstehenden Überprüfungen der Corona-Soforthilfen wurde den Ländern durch eine Verlängerung der Frist zur Vorlage der Schlussberichte mehr Flexibilität ermöglicht, damit erneute Liquiditätsengpässe der betroffenen Unternehmen und Selbstständigen möglichst vermieden werden.
gepostet: 12.06.2022
Freiberufler-Sozietäten: Schädliche Organisationsarbeiten eines Gesellschafters
Freiberufler erzielen Einkünfte aus selbstständiger Arbeit und unterliegen nicht der Gewerbesteuerpflicht. Haben sich Freiberufler zu einer Sozietät zusammengeschlossen, ist aber eine Steuerfalle zu beachten, die unter den Namen "Abfärberegelung" und "Infektionstheorie" bekannt ist. Danach dürfen einzelne Gesellschafter keiner gewerblichen Tätigkeit nachgehen. Verstoßen sie gegen dieses Gebot, werden die Einkünfte aller Gesellschafter gewerblich "infiziert". Folge: Die Sozietät unterliegt insgesamt der Gewerbesteuerpflicht. Nun wird zumeist darauf geachtet, keine typischen gewerblichen Handlungen auszuführen, beispielsweise den Verkauf von Zahnpflegeartikeln in einer Zahnarztpraxis. Etwas weniger bekannt ist aber, dass eine gewerbliche Tätigkeit auch dann vorliegen kann, wenn einer der Gesellschafter - auf seinem Fachgebiet - nicht (mehr) leitend und eigenverantwortlich tätig ist.

Ein aktuelles Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz lässt insoweit aufhorchen. Es hat entschieden, dass eine Gemeinschaftspraxis von Zahnärzten insgesamt als Gewerbebetrieb einzustufen ist, wenn einer der Ärzte für die Organisation, Verwaltung und Leitung der Praxis zuständig ist und nur noch in geringem Umfang eigene zahnärztliche Beratungs- und Behandlungsleistungen am Patienten erbringt. Dann ist die gesamte Sozietät gewerbesteuerpflichtig (Urteil vom 16.9.2021, 4 K 1270/19). Die Klägerin ist eine Partnerschaftsgesellschaft, in der sich mehrere approbierte Zahnärzte zusammengeschlossen haben. Im Streitjahr erzielte die Praxis Umsatzerlöse von rund 3,5 Mio. Euro, wovon nur ca. 900 Euro auf einen der Seniorpartner entfielen, der hauptsächlich für die Organisation, Verwaltung und Leitung der Praxis zuständig war.

Das Finanzamt war der Auffassung, dass die Einkünfte der Gemeinschaftspraxis nicht mehr als freiberuflich, sondern als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren seien. Das Finanzgericht hat die Klage der Ärzte abgewiesen. Bei einer Gemeinschaftspraxis müsse jeder der Gesellschafter in eigener Person die Hauptmerkmale des freien Berufes erfüllen, das heißt nicht nur über die persönliche Berufsqualifikation verfügen, sondern die freiberufliche Tätigkeit tatsächlich auch entfalten. Dabei müsse die Tätigkeit durch die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung des Berufsträgers geprägt sein. Diese Tätigkeit könne nicht - auch nicht durch eine besonders intensive - leitende Tätigkeit ersetzt werden, wie zum Beispiel Organisation des Sach- und Personalbereichs, Arbeitsplanung, Arbeitsverteilung, Aufsicht über Mitarbeiter und deren Anleitung und die stichprobenweise Überprüfung der Ergebnisse.

Ein Arzt schulde eine höchstpersönliche und individuelle Arbeitsleistung am Patienten und müsse deshalb einen wesentlichen Teil der ärztlichen Leistungen selbst erbringen. Grundsätzlich sei zwar eine gewisse Arbeitsteilung bzw. Teamarbeit unschädlich. So könne der Arzt etwa in Routinefällen die jeweils anstehenden Voruntersuchungen bei den Patienten durchführen, die Behandlungsmethode festlegen und sich die Behandlung problematischer Fälle vorbehalten bzw. die Erbringung der eigentlichen ärztlichen Behandlungsleistung an angestellte Ärzte delegieren. Erforderlich sei aber, dass sich jeder Gesellschafter kraft seiner persönlichen Berufsqualifikation an der Teamarbeit im arzttypischen Heilbereich beteilige. Übernehme er (nahezu) nur kaufmännische Leitungs- oder sonstige Managementaufgaben, sei er nicht freiberuflich, sondern gewerblich tätig. Dies führe dazu, dass die gesamte Tätigkeit der Gemeinschaftspraxis als gewerblich anzusehen sei.

Praxistipp:
Gegen das Urteil wurde zwar die Revision zugelassen, so dass das letzte Wort möglicherweise noch nicht gesprochen ist. Dennoch ist in Sozietäten große Vorsicht angebracht. Dies gilt umso mehr, weil die Berufsvorschriften für Kammerberufe immer mehr gelockert werden und sich zuweilen Freiberufler unterschiedlicher Fachrichtungen zusammenschließen.
gepostet: 10.06.2022
Kindergeld für Kinder mit Behinderung: BFH berechnet Fähigkeit zum Selbstunterhalt
Eltern erhalten das Kindergeld für ein Kind mit Behinderung über dessen 25. Lebensjahr hinaus, wenn dieses we-gen seiner Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Voraussetzung ist, dass die Behinderung bereits vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist. Doch wann liegt eine Unfähigkeit zum Selbstunterhalt vor? Der Bundesfinanzhof hat hierzu in einem aktuellen Urteil sehr ausführlich Stellung genommen (BFH-Urteil vom 27.10.2021, III R 19/19).

Reichen die Einkünfte, Bezüge und sonstigen Einnahmen des Kindes nicht aus, um den Grundbedarf und den behinderungsbedingten Mehrbedarf zu decken, sind es zumeist die Eltern, die das Kind finanziell unterstützen. Und aufgrund dieser "Minderung ihrer Leistungsfähigkeit" steht ihnen das Kindergeld oder - sofern von den steuerlichen Auswirkungen her günstiger - der Kinderfreibetrag bei der Einkommensteuer zu.

Zur Bemessung des Grundbedarfs ist an den steuerlichen Grundfreibetrag anzuknüpfen, der im Jahre 2022 - entsprechend einer voraussichtlichen Gesetzesänderung - 10.347 Euro beträgt. Der behinderungsbedingte Mehrbedarf umfasst Aufwendungen, die gesunde Kinder nicht haben. Diese können einzeln nachgewiesen werden. Erbringt der Steuerpflichtige keinen Einzelnachweis, kann der maßgebliche Behinderten-Pauschbetrag als Anhalt für den Mehrbedarf dienen. Ein behinderungsbedingter Betreuungsbedarf kann zum Beispiel auch dadurch nachgewiesen werden, dass das Kind Eingliederungshilfe erhält, welche gegebenenfalls um einen Verpflegungsanteil zu kürzen ist.

Zu den finanziellen Mitteln des volljährigen Kindes mit Behinderung gehören seine Einkünfte und Bezüge. Als Einnahmen sind zudem laufende oder einmalige Geldzuwendungen von dritter Seite anzusehen, soweit sie nicht der Kapitalanlage dienen, sondern den Unterhaltsbedarf des Kindes decken und damit die Eltern bei ihren Unterhaltsleistungen entlasten sollen. Unterhaltsleistungen des Kindergeldberechtigten an das Kind selbst sind nicht als Einnahmen zu berücksichtigen. Sozialleistungen, mit deren Hilfe das Kind seinen existenziellen Grundbedarf oder behinderungsbedingten Mehrbedarf decken kann, sind dagegen zu berücksichtigen, soweit das Kind nicht vom Sozialleistungsträger zu einem Kostenbeitrag herangezogen wird. Auch die Eingliederungshilfe ist als Einnahme zu erfassen, wobei diese - wie oben aufgeführt - auch beim behinderungsbedingten Mehraufwand anzusetzen ist. Allein aus dem Umstand, dass der Sozialleistungsträger den Kindergeldberechtigten auf Zahlung eines Unterhaltsbeitrags für das Kind in Anspruch nimmt, ist nicht abzuleiten, dass dieses zum Selbstunterhalt außerstande ist.
gepostet: 08.06.2022
Kryptowährungen: Veräußerungsgewinne sind steuerpflichtig
Die Finanzverwaltung ist der Ansicht, dass Kryptowährungen Gegenstand eines privaten Veräußerungsgeschäfts gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG sein können und "Veräußerungsgewinne" daher der Einkommensteuer unterliegen. Ein Gewinn ist also auch dann zu versteuern, wenn das Geschäft im Privat- und nicht im Betriebsvermögen abgewickelt wird. Jüngst haben sowohl das Finanzgericht Baden-Württemberg (Urteil vom 11.6.2021, 5 K 1996/19) als auch das Finanzgericht Köln (Urteil vom 25.11.2021, 14 K 1178/20) die Auffassung der Finanzverwaltung gestützt. Bei Kryptowährungen wie zum Beispiel Bitcoin, Ethereum und Monero handele es sich um "andere Wirtschaftsgüter". Die Qualifikation als Wirtschaftsgut verstoße nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz, da über den Gegen-stand des Wirtschaftsguts keine Unklarheiten bestünden. Die Kryptowerte seien verkehrsfähig und selbstständig bewertbar. Zudem bestehe eine strukturelle Vergleichbarkeit mit Fremdwährungen. Im Übrigen liege ein strukturelles Vollzugsdefizit nicht vor. Dieses werde insbesondere nicht durch die anonyme Veräußerung begründet.

Praxistipp:
Gegen das Urteil des FG Köln liegt die Revision beim Bundesfinanzhof unter dem Az. IX R 3/22 vor. Die gegen das Urteil des FG Baden-Württemberg eingelegte Revision (Az. IX R 27/21) wurde hingegen zurückgenommen. Im Übrigen hat die Finanzverwaltung soeben erst noch einmal ausführlich zur steuerlichen Behandlung von virtuellen Währungen Stellung bezogen (BMF-Schreiben vom 10.5.2022, Z IV C 1 - S 2256/19/10003 :001). Wir werden Sie darüber noch gesondert informieren.
gepostet: 06.06.2022
Energetische Maßnahmen am Eigenheim: Sonnenschutz kann förderfähig sein
Nach § 35c des Einkommensteuergesetzes werden bestimmte energetische Maßnahmen am Eigenheim steuerlich gefördert. Werden die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt, können 20 Prozent der Aufwendungen direkt von der Steuerschuld abgezogen werden. Maximal sind 40.000 Euro je Objekt abzugsfähig, und zwar verteilt über 3 Jahre:

7 Prozent im ersten und zweiten Jahr, höchstens jeweils 14.000 Euro, und 6 Prozent im dritten Jahr, höchstens 12.000 Euro. Das begünstigte Objekt muss bei Beginn der energetischen Maßnahme älter als zehn Jahre sein. Die Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen kann zudem nur in Anspruch genommen werden, wenn die Bescheinigung eines Fachunternehmens nach amtlichem Muster vorliegt. Welches Unternehmen als "Fachunter-nehmen" in diesem Sinne gilt, ist wiederum in § 2 Absatz 1 ESanMV (Energetische Sanierungsmaßnahmen-Verordnung) geregelt. Als energetische Maßnahmen sind nicht nur Wärmedämmungen, die Erneuerung von Fenstern und Außentüren oder die Erneuerung der Heizungsanlage förderfähig, sondern seit dem Jahre 2021 auch der "sommerliche Wärmeschutz" (Anlage 4a zur ESanMV). Gefördert wird der Ersatz oder erstmalige Einbau von außenliegenden Sonnenschutzeinrichtungen mit optimierter Tageslichtversorgung zum Beispiel über Lichtlenksysteme oder strahlungsabhängige Steuerung. Wichtig: Es ist nicht per se jeder Wärmeschutz begünstigt. Vielmehr sind die Vorgaben der DIN 4108-2:2013-02 zum sommerlichen Mindestwärmeschutz einzuhalten. Interessierte Immobilienbesitzer sollten daher frühzeitig mit einem Fachunternehmen besprechen, ob die Vorgaben eingehalten werden können.
gepostet: 04.06.2022
Verlust des Arbeitsplatzes: Wann ist eine Lohnnachzahlung begünstigt?
Erhalten Arbeitnehmer für den Verlust ihres Arbeitsplatzes eine Abfindung, wird diese nach der so genannten Fünftel-Regelung grundsätzlich ermäßigt besteuert. Das heißt: Die Abfindung erhöht zwar üblicherweise die Steuerprogression, doch um diese zu mildern, sieht das Gesetz die Besteuerung mit einem ermäßigten Steuersatz vor (§ 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG). Was aber gilt, wenn es neben der reinen Abfindung auch zu einer Lohnnachzahlung für mehrere Monate kommt, etwa weil man sich hierauf erst nach einem langwierigen arbeitsgerichtlichen Verfahren geeinigt hat? Hier gilt: Wird die Vergütung für einen Zeitraum von bis zu zwölf Monaten nachgezahlt, erfolgt insoweit keine Begünstigung der Lohnnachzahlung, sondern nur der Abfindung. Umfasst die Nachzahlung einen Lohnzahlungszeitraum von mehr als zwölf Monaten, kommt eine Tarifermäßigung hingegen zumeist in Betracht. Der Bundesfinanzhof hat diese Grundsätze Ende 2021 bestätigt (BFH-Urteil vom 16.12.2021, VI R 10/18).

Es ging um folgenden Sachverhalt: Einem Arbeitnehmer war in 2012 fristlos gekündigt worden. Der folgende arbeitsgerichtliche Prozess wurde Anfang 2013 mit einem Vergleich abgeschlossen. Der Kläger hatte Anspruch auf eine Abfindung in Höhe von 30.000 Euro und das Arbeitsverhältnis wurde zum 31.3.2013 für beendet erklärt. Der Arbeitgeber erstellte im Jahr 2013 monatliche Lohnabrechnungen für die Zeiträume März 2012 bis Januar 2013 und zahlte den hierbei errechneten Nettolohn aus. Die Monate Februar bis März 2013 inklusive der vereinbarten Abfindung in Höhe von 30.000 Euro rechnete er etwas später, aber noch im Frühjahr ab. Zum Zeitpunkt des Vergleichs waren die Löhne für Februar und März noch nicht fällig. Der Arbeitnehmer beantragte die steuerliche Ermäßigung nach der Fünftel-Regelung für die gesamten Zahlungen, die in 2013 durch seinen ehemaligen Arbeitgeber geleistet wurden. Das Finanzamt gewährte die Tarifbegünstigung jedoch nur für den Anteil in Höhe von 30.000 Euro, der aus der Abfindung resultierte, nicht jedoch für die übrigen nachträglichen Lohnzahlungen. Klage und Revision blieben ohne Erfolg.

Die Begründung des BFH: Um die Fünftel-Regelung für den nachgezahlten Lohn zu erreichen, muss eine Vergütung für einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten und "veranlagungszeitraumübergreifend" geleistet werden. Der Vergleich zwischen dem Kläger und seinem ehemaligen Arbeitgeber wurde Anfang 2013 geschlossen. Als nachgezahlte Vergütung gilt der Arbeitslohn für den Zeitraum von März 2012 bis Januar 2013. Das sind nur elf Monate. Die im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses noch nicht fälligen Löhne für Februar und März 2013 erhielt der Kläger noch als laufenden Lohn. Daher sind sie in die Prüfung, ob die Zwölf-Monats-Frist überschritten ist, nicht einzubeziehen.
gepostet: 03.06.2022
Computer und Software: Keine Sofortabschreibung in der Handelsbilanz
Grundsätzlich müssen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von abnutzbaren Wirtschaftsgütern mit einer Nutzungsdauer von mehr als einem Jahr auf die Jahre der Nutzung verteilt, das heißt abgeschrieben werden. Eine Ausnahme gilt indes für geringwertige Wirtschaftsgüter mit Anschaffungskosten von maximal 800 Euro (netto). Diese dürfen sofort in einer Summe abgeschrieben werden.

Zur Förderung der Arbeit im Homeoffice hat die Finanzverwaltung im letzten Jahr überraschend verfügt, dass die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von Computer-Hardware und Anwendersoftware generell ein Jahr beträgt, wenn Geräte oder Lizenzen seit dem 1. Januar 2021 erworben worden sind. Das bedeutet: Die Anschaffungskosten können im Jahr der Anschaffung in vollem Umfang als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgesetzt werden, und zwar unabhängig von der Höhe des Kaufpreises. Die vorherige Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter spielt für PCs, Notebooks und Software keine Rolle mehr (BMF-Schreiben vom 26.2.2021, BStBl 2021 I S. 2989). Mit einem weiteren Schreiben vom 22.2.2022 (BStBl 2022 I S. 187) hat das BMF im Anschluss zahlreiche Zweifelsfragen geklärt. So etwa, dass die volle Abschreibung auch bei einem unterjährigen Kauf möglich ist und auch, dass die Wirtschaftsgüter trotz Sofortabschreibung im Bestandsverzeichnis aufzuführen sind.

Naturgemäß muss sich das BMF aber nur zu steuerlichen und nicht zu handelsbilanziellen Fragen äußern. Dies hat im Zusammenhang mit der AfA für PCs und Software nun aber das Institut der Wirtschaftsprüfer übernommen. Es führt unter anderem aus: "Wir gehen weiterhin davon aus, dass die steuerliche Fiktion einer Nutzungsdauer von nur einem Jahr grundsätzlich nicht der Bemessung der handelsrechtlichen Abschreibung digitaler Vermögensgegenstände zugrunde gelegt werden kann (sondern diese über ihre jeweilige tatsächliche betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzuschreiben sind)." (Quelle: Eingabe des IDW zur Abschreibung sog. digitaler Wirtschaftsgüter, IDW online 25.3.2022).
gepostet: 01.06.2022
Mai 2022
Häusliches Arbeitszimmer: Erforderlichkeit für die Tätigkeit nicht zwingend
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer können nur dann als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn für die berufliche oder betriebliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall können Aufwendungen bis zu 1.250 Euro berücksichtigt werden. Bildet das Arbeitszimmer gar den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung, können die Aufwendungen der Höhe nach unbeschränkt abgezogen werden. Nun hat der Bundesfinanzhof bestätigt, dass ein Abzug von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht zusätzlich voraussetzt, dass das Arbeitszimmer für die Tätigkeit des Steuerpflichtigen erforderlich ist. Wird der Raum ausschließlich oder nahezu ausschließlich für berufliche oder betriebliche Zwecke genutzt, genügt das für den Abzug (BFH-Urteil vom 3.4.2019, VI R 46/17, erst jetzt veröffentlicht).

Im Streitfall machte eine Flugbegleiterin Aufwendungen in Höhe von 1.250 Euro für ein häusliches Arbeitszimmer geltend. Für die dort verrichteten Arbeiten stand ihr unstreitig kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. Das Finanzamt akzeptierte die Kosten jedoch nicht. Wegen des sehr geringen zeitlichen Umfangs der Arbeiten, die im Arbeitszimmer verrichtet wurden, sei das Vorhalten des Arbeitszimmers nicht erforderlich, da diese Arbeiten auch andernorts, etwa am Küchentisch, hätten ausgeführt werden können. Dem folgte der BFH nicht. Ob ein Steuerpflichtiger die Arbeiten, für die ihm kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, leicht an einem anderen Ort in der Wohnung - am Küchentisch, im Esszimmer oder in einem anderen Raum - erledigen könne, sei unerheblich.

Praxistipp:
Trotz des positiven Urteils ist der Abzug der Kosten für das häusliche Arbeitszimmer noch nicht sicher - der Fall wurde an die Vorinstanz zurückverwiesen. Diese müsse prüfen, ob das Arbeitszimmer nahezu ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt wurde oder ob die Klägerin dort auch private Tätigkeiten verrichtet hat. Gelangt das Finanzgericht zu der Erkenntnis, dass ein nicht unerheblicher Anteil der Nutzung des Arbeitszimmers auf private Tätigkeiten (z.B. Erledigung privater Korrespondenz, Aufbewahrung privater Unterlagen) entfällt, scheidet ein Abzug der Aufwendungen wegen der "gemischten Nutzung" aus.
gepostet: 30.05.2022
Hohe Energiekosten: Geplante Maßnahmen zur Entlastung der Bürger
Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Steuerentlastungsgesetzes 2022 beschlossen. Mit einigen steuerlichen Erleichterungen sollen die erheblich gestiegenen Energiepreise ein Stück weit kompensiert werden. Insbesondere Fernpendler sollen entlastet werden. Der Gesetzentwurf sieht folgende steuerliche Maßnahmen vor: Anhebung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags von 1.000 Euro auf 1.200 Euro; Anhebung des Grundfreibetrages auf 10.347 Euro; Anhebung der Entfernungspauschale ab dem 21. Kilometer auf 38 Cent. Alle Maßnahmen sollen bereits rückwirkend ab dem 1. Januar 2022 gelten. Die - befristete - Anhebung der Entfernungspauschale war bereits für einen späteren Veranlagungszeitraum beschlossen, soll nun aber auf das Jahr 2022 vorgezogen werden. Diese Entlastung für Fernpendler gilt unabhängig vom benutzten Verkehrsmittel. Das Gesetz bedarf noch der Zustimmung des Bundesrats.

Am 23. März 2022 hat der Koalitionsausschusses zusätzlich ein Maßnahmenpaket des Bundes zum Umgang mit den hohen Energiekosten beschlossen. Dieses sieht unter anderem vor, dass allen einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen (Steuerklassen 1-5) einmalig eine Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro als Zuschuss zum Gehalt ausgezahlt werden soll. Die Auszahlung erfolgt über die Lohnabrechnung des Arbeitgebers bzw. des Dienstherren. Die Pauschale unterliegt der Einkommensteuer. Selbstständige erhalten einen Vorschuss über eine einmalige Senkung ihrer Einkommensteuer-Vorauszahlung. Ergänzend zum Kindergeld soll es einen Einmalbonus in Höhe von 100 Euro geben. Der Bonus wird auf den Kinderfreibetrag angerechnet. Befristet für drei Monate soll die Energiesteuer auf Kraftstoffe auf das europäische Mindestmaß abgesenkt werden. Und der öffentliche Personennahverkehr soll attraktiver gemacht werden, indem es für drei Monate ein Ticket für jeweils 9 Euro/Monat geben soll. Auch bei diesen - geplanten - Maßnahmen muss das Gesetzgebungsverfahren abgewartet werden.
gepostet: 28.05.2022
Umsatzsteuer: Steuerfreie Leistungen im Zusammenhang mit betreutem Wohnen
Leistungen, die der Betreiber einer Seniorenresidenz im Zusammenhang mit dem so genannten betreuten Wohnen erbringt, können von der Umsatzsteuer befreit sein. So hat das Finanzgericht Münster mit Urteil vom 25.1.2022 (15 K 3554/18 U) entschieden.

Die Klägerin betreibt eine Seniorenresidenz, bestehend aus einem Pflegeheim und sieben Wohnungen des betreuten Wohnens. Die Wohnungen befinden sich im Gebäude des Pflegeheims. Mit den Bewohnern des betreuten Wohnens schloss die Klägerin Betreuungsverträge ab, die diverse Leistungen einer (erweiterten) Grundversorgung und Wahlleistungen einschließlich eines Notrufsystems umfassten. Die Leistungen wurden durch das im Pflegeheim eingesetzte Personal erbracht. Die Klägerin vertrat die Auffassung, dass diese Umsätze teilweise steuerfrei seien, soweit die entsprechenden Leistungen eng mit der Pflege und Betreuung hilfsbedürftiger Personen zusammenhingen. Dem folgte das Finanzamt nicht. Das Finanzgericht hat der Klage stattgegeben. Die gegenüber einzelnen Bewohnern erbrachten Umsätze des betreuten Wohnens seien im von der Klägerin beantragten Umfang gemäß § 4 Nr. 16 UStG steuerfrei. Nach dieser Vorschrift seien die eng mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen verbundenen Leistungen steuerfrei, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder bestimmten Einrichtungen erbracht werden.

Im Streitfall zählten die Bewohner des betreuten Wohnens zum Kreis der hilfsbedürftigen Personen im Sinne der genannten Vorschrift, weil sie an altersbedingten Einschränkungen der Alltagskompetenzen litten. Die von der Klägerin im Rahmen des betreuten Wohnens erbrachten Leistungen seien auch eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden. Die Klägerin biete den Bewohnern des betreuten Wohnens ein breites Angebot an Leistungen an, die zur ambulanten Pflege gehörten und der Altenhilfe im Sinne des § 71 SGB XII zuzurechnen seien. Hierzu gehörten verschiedene Betreuungsleistungen im Rahmen der ambulanten Pflege, aber auch die Bereitstellung eines Notrufdienstes und bedarfsweise die kurzfristige Übernahme pflegerischer Leistungen, die hauswirtschaftliche Versorgung, das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung und das Waschen der Kleidung. Soweit diese Leistungen auch der Befriedigung von Grundbedürfnissen dienten, seien diese spezifisch auf die Behebung altersspezifischer Einschränkungen gerichtet, weil auch diese Leistungen durch das im Pflegeheim eingesetzte und hierfür geschulte Personal erbracht würden.

Praxistipp:
Im Einzelfall gibt es Seniorenresidenzen, die keine Verträge mit Sozialträgern abgeschlossen haben und bei denen auch die Bewohner nicht auf Erstattungen ihrer Kranken- oder Pflegekasse angewiesen sind. In einem solchen Fall können die Leistungen der Seniorenbetreuung doch umsatzsteuerpflichtig sein (BFH-Beschluss vom 1.6.2021, XI B 27/20). Im Übrigen ist zu beachten, dass auch bestimmte Wahlleistungen trotz des aktuellen Urteils des FG Münster umsatzsteuerpflichtig sein können.
gepostet: 27.05.2022
Häusliches Arbeitszimmer: Erforderlichkeit für die Tätigkeit nicht zwingend
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer können nur dann als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn für die berufliche oder betriebliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall können Aufwendungen bis zu 1.250 Euro berücksichtigt werden. Bildet das Arbeitszimmer gar den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung, können die Aufwendungen der Höhe nach unbeschränkt abgezogen werden. Nun hat der Bundesfinanzhof bestätigt, dass ein Abzug von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht zusätzlich voraussetzt, dass das Arbeitszimmer für die Tätigkeit des Steuerpflichtigen erforderlich ist. Wird der Raum ausschließlich oder nahezu ausschließlich für berufliche oder betriebliche Zwecke genutzt, genügt das für den Abzug (BFH-Urteil vom 3.4.2019, VI R 46/17, erst jetzt veröffentlicht).

Im Streitfall machte eine Flugbegleiterin Aufwendungen in Höhe von 1.250 Euro für ein häusliches Arbeitszimmer geltend. Für die dort verrichteten Arbeiten stand ihr unstreitig kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. Das Finanzamt akzeptierte die Kosten jedoch nicht. Wegen des sehr geringen zeitlichen Umfangs der Arbeiten, die im Arbeitszimmer verrichtet wurden, sei das Vorhalten des Arbeitszimmers nicht erforderlich, da diese Arbeiten auch andernorts, etwa am Küchentisch, hätten ausgeführt werden können. Dem folgte der BFH nicht. Ob ein Steuerpflichtiger die Arbeiten, für die ihm kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, leicht an einem anderen Ort in der Wohnung - am Küchentisch, im Esszimmer oder in einem anderen Raum - erledigen könne, sei unerheblich.

Praxistipp:
Trotz des positiven Urteils ist der Abzug der Kosten für das häusliche Arbeitszimmer noch nicht sicher - der Fall wurde an die Vorinstanz zurückverwiesen. Diese müsse prüfen, ob das Arbeitszimmer nahezu ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt wurde oder ob die Klägerin dort auch private Tätigkeiten verrichtet hat. Gelangt das Finanzgericht zu der Erkenntnis, dass ein nicht unerheblicher Anteil der Nutzung des Arbeitszimmers auf private Tätigkeiten (z.B. Erledigung privater Korrespondenz, Aufbewahrung privater Unterlagen) entfällt, scheidet ein Abzug der Aufwendungen wegen der "gemischten Nutzung" aus.
gepostet: 25.05.2022
Jobrad: Kein Gleichklang zwischen Einkommen- und Umsatzsteuer
Immer mehr Unternehmer nutzen ein Fahrrad für den Weg zum Betrieb oder überlassen ihren Mitarbeitern ein "Jobrad". Üblicherweise werden die Fahrräder auch privat genutzt bzw. den Mitarbeitern auch zur privaten Nutzung überlassen. Einkommensteuerlich müssen Unternehmer die Privatnutzung allerdings nicht versteuern. Und für die Überlassung an Arbeitnehmer gibt es ebenfalls Begünstigungen. Seit 2019 ist der private Nutzungswert aus der Überlassung eines Firmenfahrrads steuer- und sozialversicherungsfrei, wenn das Fahrrad zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn überlassen wird, z.B. anstelle einer Gehaltserhöhung. Die Begünstigungen gelten auch für die Überlassung eines E-Bikes, wenn es verkehrsrechtlich nicht als "Fahrzeug" gilt.

Erfolgt die Überlassung im Wege einer Gehaltsumwandlung, wie zumeist üblich, beträgt der private Nutzungsanteil in aktuellen Fällen monatlich nur 1 Prozent von einem Viertel der unverbindlichen Preisempfehlung des Fahrrades (koordinierter Ländererlass vom 9.1.2020, S 2334). Selbst bei E-Bikes, die 4.000 Euro kosten, hält sich der zu versteuernde Pauschalwert also in engen Grenzen. Das heißt: Bei einem (Elektro-)Fahrrad mit einer unverbindlichen Preisempfehlung von 4.000 Euro werden pro Monat 1 % von ¼ von 4.000 Euro, also 10 Euro lohnversteuert. Das sind im Jahr 120 Euro. Bei schnellen E-Bikes, so genannten S-Pedelecs, die verkehrsrechtlich als Fahrzeug eingestuft sind, gilt für die Überlassung in aktuellen Fällen ebenfalls die "Viertel-Regelung." Hier ist aber noch ein Zuschlag für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte erforderlich. Bei Fahrrädern und E-Bikes, die verkehrsrechtlich als Fahrrad eingestuft sind, unterbleibt ein solcher Zuschlag.

Die einkommen- und lohnsteuerlichen Vergünstigungen werden aber nicht auf die Umsatzsteuer übertragen. Das heißt: Grundlage für die Besteuerung der Privatnutzung durch Unternehmer und für die Überlassung an Arbeitnehmer bildet die Ein-Prozent-Regelung. Die Fahrtenbuchmethode ist bei Fahrrädern ausgeschlossen, da eine objektive Überprüfung anhand eines Tachometers nicht möglich ist (BMF-Schreiben vom 7.2.2022, III C 2 - S 7300/19/10004 :001).

Beispiel: Herr Müller hat von seinem Arbeitgeber im Jahre 2021 ein E-Bike (kein S-Pedelec) auch zur privaten Nutzung erhalten. Die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers beträgt 5.000 Euro. Herr Müller muss monatlich 0,25 % von 5.000 Euro, also 12,50 Euro lohnversteuern. Im Jahr sind das 150 Euro. Die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage beträgt hingegen 5.000 Euro x 1 % = 50 Euro, 12 Monate = 600 Euro. Umsatzsteuer pro Jahr somit: 19/119 von 600 Euro = 95,80 Euro. Diesen Betrag muss der Arbeitgeber ans Finanzamt zahlen.

Praxistipp:
Falls der Wert des Fahrrades, also die unverbindliche Preisempfehlung, weniger als 500 Euro beträgt, wird es nicht beanstandet, wenn abweichend von dem Vorstehenden von keiner entgeltlichen Überlassung des Fahrrades ausgegangen wird. In diesen Fällen ist keine Umsatzbesteuerung der Leistung an den Arbeitnehmer erforderlich. Leider ist die Besteuerung von Firmenfahrrädern fast schon zu einer eigenen Wissenschaft geworden. Bitte sprechen Sie uns bei Zweifelsfragen rechtzeitig an.
gepostet: 23.05.2022
Kindergartenbeitrag: Arbeitgeberzuschuss mindert abziehbaren Betrag
Kinderbetreuungskosten, also auch Kindergartenbeiträge, sind unter bestimmten Voraussetzungen als Sonderausgaben absetzbar, und zwar mit zwei Drittel der Aufwendungen, höchstens 4.000 Euro je Kind. Begünstigt sind Dienstleistungen zur Betreuung eines Kindes, das das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Sonderregelungen gelten für Kinder mit einer Behinderung. Darüber hinaus sind Leistungen des Arbeitgebers zur Unterbringung und Betreuung von nicht schulpflichtigen Kindern der Mitarbeiter in Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen steuerfrei, wenn diese zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden (§ 3 Nr. 33 EStG). Aber: Die als Sonderausgaben abziehbaren Kindergartenbeiträge sind um die dazu geleisteten steuerfreien Arbeitgeberzuschüsse zu kürzen. Dies hat der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 14.4.2021 (III R 30/20) entschieden und nun in einem aktuellen Urteil erneut bekräftigt (BFH-Urteil vom 1.9.2021, III R 54/20).

Der Sachverhalt: Das im Oktober 2016 geborene Kind besuchte im Jahre 2018 den Kindergarten. Die Eltern zahlten hierfür Kindergartenbeiträge in Höhe von 4.265 Euro. In dieser Höhe erhielt der Vater von seinem Arbeitgeber zur Unterbringung und Betreuung des Kindes Leistungen, die nach § 3 Nr. 33 EStG steuerfrei belassen wurden. In ihrer Einkommensteuererklärung machten die Eltern die von ihnen gezahlten Kindergartenbeiträge als Sonderausgaben geltend, was ihnen jedoch vom Finanzamt versagt wurde. Klage und Revision scheiterten. Begründung: Soweit eine steuerfreie Leistung durch den Arbeitgeber nach § 3 Nr. 33 EStG erfolgt, stellt die Zahlung wirtschaftlich betrachtet eine Erstattung der Kinderbetreuungskosten dar. Ein Sonderausgabenabzug kann aber nur bei Kosten erfolgen, mit denen der Steuerpflichtige wirtschaftlich belastet ist.
gepostet: 21.05.2022
Reform der Grundsteuer: Bald sind die Feststellungserklärungen einzureichen
Im Jahre 2018 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die alten Einheitswerte nicht mehr als Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Grundsteuer dienen dürfen. Dem Gesetzgeber wurde aber eine Übergangsfrist zur Neuregelung eingeräumt. Im November 2019 haben Bundestag und Bundesrat daraufhin das Grundsteuer-Reformgesetz beschlossen, mit dem das Grundsteuer- und das Bewertungsrecht geändert werden. Die Finanzverwaltung ist aufgerufen, auf den 1.1.2022 neue Grundsteuerwerte für alle "wirtschaftlichen Einheiten des Grundbesitzes" in Deutschland zu ermitteln. Diese Werte dienen zwar erst ab dem 1.1.2025 für die Festsetzung der "neuen" Grundsteuer, doch da es um rund 36 Mio. wirtschaftliche Einheiten geht, ist ein entsprechend langer zeitlicher Vorlauf erforderlich.

Immobilieneigentümer werden nun aufgefordert, zwischen dem 1.7. und dem 31.10.2022 eine "Erklärung zur Feststellung der Grundsteuerwerte" zu erstellen und beim Finanzamt einzureichen. Dies muss grundsätzlich auf elektronischem Wege erfolgen.

Es würde den Rahmen dieser Mandanteninformation sprengen, die Reform der Grundsteuer in ihren Einzelheiten darzustellen. Wichtig sind aber folgende Punkte: Das bisherige Verfahren zur Ermittlung der Grundsteuer bleibt im Grundsatz erhalten. Das heißt, es wird ein Grundsteuerwert (früher "Einheitswert") ermittelt, der mit der so genannten Steuermesszahl multipliziert wird. Das ergibt dann den Grundsteuermessbetrag. Auf diesen wiederum wendet die jeweilige Gemeinde ihren individuellen Hebesatz an, der letztlich zur Höhe der Grundsteuer führt. Der Hebesatz soll durch die Städte so angepasst werden, dass die Grundsteuerreform für die jeweilige Kommune möglichst aufkommensneutral ist. Für die einzelnen Steuerpflichtigen kann sich die Höhe der Grundsteuer jedoch ändern.

Wie der Grundsteuerwert zu ermitteln ist, regeln zum einen das bereits erwähnte Grundsteuer-Reformgesetz, zum anderen aber auch einzelne Ländergesetze. Das macht es insbesondere für Mandanten kompliziert, die Grundstücke in mehr als einem einzigen Bundesland besitzen. Konkret:

- Die Bewertung der Immobilien erfolgt grundsätzlich nach dem so genannten Bundesmodell, das auch als wertabhängiges Modell bezeichnet wird. Dabei fließen verschiedene Faktoren in die Ermittlung des Grundsteuerwertes ein.

- Die Mehrzahl der Bundesländer setzt die neue Grundsteuer nach dem Bundesmodell um: Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen.

- Im Bereich der Grundsteuer B (Grundvermögen / Grundstücke) weichen die Länder Saarland und Sachsen lediglich bei der Höhe der Steuermesszahlen vom Bundesmodell ab.

- Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke sowie Wohnungseigentum sind beim Bundesmodell im Ertragswertverfahren zu bewerten. Das betrifft also die ganz überwiegende Anzahl der zu bewertenden Immobilien. Geschäftsgrundstücke, gemischtgenutzte Grundstücke, Teileigentum und sonstige bebaute Grundstücke sind im Sachwertverfahren zu bewerten. Bei unbebauten Grundstücken wird der Grundsteuerwert durch Multiplikation der Grundstücksfläche mit dem Bodenrichtwert ermittelt.

- Die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen wenden hingegen ein eigenes Grundsteuermodell an. Diese Länder nutzen die so genannte Öffnungsklausel im Gesetz. Deren Modelle werden zumeist als wertunabhängig bezeichnet, auch wenn das nur bedingt zutrifft, denn ganz ohne Werte kommen natürlich auch diese Länder nicht aus. So sind insbesondere die Grundstücks- und die Wohnfläche maßgebende Faktoren.

Praxistipp:
Eigentümer von Grundbesitz sollten möglichst bald die erforderlichen Unterlagen zusammenstellen, um die Feststellungserklärung ausfüllen zu können oder aber - sofern gewünscht - durch ihren steuerlichen Berater erstellen zu lassen. Folgende Informationen und Unterlagen könnten benötigt werden: Flurstück, Grundbuchblatt, Gemarkung, Grundstücksart (Einfamilienhaus, Zweifamilienhaus etc.), Größe der Grundstücksfläche, Bodenrichtwert laut Gutachterausschuss, Baujahr, eventuell Jahr einer Kernsanierung, Größe der Wohnfläche/Nutzfläche, Eigentumsverhältnisse/Miteigentumsanteil. Möglicherweise wird die Finanzverwaltung den Grundstückseigentümern die bei ihr gespeicherten Daten mitteilen. Das kann aber von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sein. Der Vollständigkeit halber: Zwar wird in dieser Information von Grundstückseigentümern gesprochen, doch auch Erbbauberechtigte sind zur Abgabe der Feststellungserklärung verpflichtet.
gepostet: 19.05.2022
Arbeitslohn: Steuerermäßigung für zusammengeballte Überstundenvergütungen
Erhalten Arbeitnehmer Vergütungen für mehrere Jahre zusammengeballt in einem Jahr ausgezahlt, so können die Zahlungen nach der so genannten Fünftel-Regelung tarifermäßigt besteuert werden. Zahlungen gelten als Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit, wenn sich die entsprechende Arbeit über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst. Mit Urteil vom 2.12.2021 (VI R 23/19) hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass nachgezahlte Überstundenvergütungen, die für einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten veranlagungszeitraumübergreifend geleistet werden, der Fünftel-Regelung unterliegen.

Im Streitfall hatte der Kläger über einen Zeitraum von drei Jahren in erheblichem Umfang Überstunden geleistet. Erst im vierten Jahr wurden dem Kläger die Überstunden in einer Summe vergütet. Das Finanzamt unterwarf die Überstundenvergütung dem normalen Einkommensteuertarif. Der BFH folgte indes der Ansicht des Klägers und unterwarf den Nachzahlungsbetrag dem ermäßigten Steuertarif. Die Richter des BFH haben klargestellt, dass die Tarifermäßigung nicht nur auf die Nachzahlung von Festlohnbestandteilen, sondern auch auf Nachzahlungen von variablen Lohnbestandteilen - hier in Form der Überstundenvergütungen - Anwendung findet. Es sei entscheidend, dass die nachgezahlte Vergütung für einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten veranlagungszeitraumübergreifend geleistet worden ist. Dies sei hier gegeben. Zudem müssten wirtschaftlich vernünftige Gründe für eine Zusammenballung vorliegen. Auch diese Voraussetzung war im Urteilsfall erfüllt.
gepostet: 17.05.2022
Umsatzsteuer: Kantinenpächter erbringt Leistungen zum vollen Steuersatz
Ein Unternehmer, der in einer Betriebskantine Speisen portioniert, auf Mehrweggeschirr mit Mehrwegbesteck ausgibt sowie das Geschirr und Besteck nach dessen Rückgabe reinigt, erbringt eine sonstige Leistung, die vor dem 1. Juli 2020 dem vollen Umsatzsteuersatz von 19 Prozent unterlag. So lautet das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 20.10.2021 (XI R 2/21). Die Vorinstanz hatte den Sachverhalt noch anders beurteilt und den ermäßigten Steuersatz zugelassen (Sächsisches FG, Urteil vom 16.12.2020, 2 K 1072/19).

Es ging um folgenden Sachverhalt: Der Kläger betreibt eine Betriebskantine bei der X-GmbH. Nach dem Bewirtschaftungsvertrag war er in den Streitjahren 2011 bis 2016 verpflichtet, Speisen anzubieten. Es handelte sich sowohl um typische Tellergerichte als auch um kleinere Imbisse. Der Kläger gab die Speisen auf Mehrweggeschirr mit Besteck aus und nahm nach der Rückgabe die Reinigung vor. Die Gäste verzehrten die Speisen in einem Aufenthaltsraum, der den Mitarbeitern aller Schichten rund um die Uhr zur Verfügung stand. Der Kläger erklärte Umsätze sowohl zum ermäßigten als auch zum Regelsteuersatz. Das Finanzamt ging indes davon aus, dass die vom Kläger abgegebenen Speisen dem Regelsteuersatz von 19 Prozent und nicht dem ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent zu unterwerfen seien. Der BFH stützt die Auffassung der Finanzverwaltung.

Die Begründung lautet unter anderem: Die Abgabe von standardisiert zubereiteten Speisen durch einen Imbissstand zum Verzehr an einem Tisch mit Sitzgelegenheiten führt zu einem Restaurantumsatz, der dem Steuersatz von 19 Prozent unterliegt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Bereitstellung von Geschirr, Besteck oder Mobiliar einen gewissen personellen Einsatz erfordert, um das gestellte Material herbeizuschaffen, zurückzunehmen und gegebenenfalls zu reinigen. Auch bei einem Partyservice reicht schon die Bereitstellung und Rücknahme von Geschirr und Besteck sowie dessen Reinigung aus, um den Regelsteuersatz zur Anwendung zu bringen, weil auch hier die Leistungen einen gewissen personellen Einsatz verlangen. Dies gilt aus Gründen der Wahrung des Grundsatzes der Neutralität ebenso für den Betreiber einer Betriebskantine, zumal dieser üblicherweise mit der Sauberhaltung des Raumes einschließlich der sich dort befindlichen Möbel sogar umfassendere unterstützende Leistungen als ein Partyservice erbringt. Ob die Ausgabe, Rücknahme und Reinigung des Geschirrs und Bestecks rund um den Verzehr von Speisen in einem Aufenthaltsbereich erfolgt, der einem Betrieb zuzurechnen ist, führt insoweit zu keinem abweichenden Ergebnis.

Praxistipp:
Für die Abgabe von Speisen gilt in der Gastronomie seit dem 1. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2022 der ermäßigte Steuersatz. Die Abgabe von Getränken unterliegt weiterhin dem vollen Steuersatz. Insofern hat die Rechtsprechung derzeit zunächst nur für Altfälle Bedeutung.
gepostet: 15.05.2022
Sofortabschreibung für Computer bei Kauf: BMF klärt mehrere Zweifelsfragen
Grundsätzlich müssen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von abnutzbaren Wirtschaftsgütern mit einer Nutzungsdauer von mehr als einem Jahr auf die Jahre der Nutzung verteilt, das heißt abgeschrieben werden. Eine Ausnahme gilt indes für geringwertige Wirtschaftsgüter mit Anschaffungskosten von maximal 800 Euro (netto). Diese dürfen sofort in einer Summe abgeschrieben werden.

Zur Förderung der Arbeit im Homeoffice hat die Finanzverwaltung im letzten Jahr überraschend verfügt, dass die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von Computer-Hardware und Anwendersoftware generell ein Jahr beträgt, wenn Geräte oder Lizenzen seit dem 1. Januar 2021 erworben worden sind. Das bedeutet: Die Anschaffungskosten können im Jahr der Anschaffung in vollem Umfang als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgesetzt werden, und zwar unabhängig von der Höhe des Kaufpreises. Die vorherige Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter spielt für PCs, Notebooks und Software keine Rolle mehr (BMF-Schreiben vom 26.2.2021, BStBl 2021 I S. 2989). Wie zu erwarten, gab es bereits zahlreiche Fragen zu der Neuregelung. Zumindest einige dieser Fragen hat das Bundesfinanzministerium nun beantwortet (BMF-Schreiben vom 22.2.2022, IV C 3 - S 2190/21/10002 :025). Zum Beispiel:

Es kam die Frage auf, ob bei einem unterjährigen Kauf tatsächlich die volle Sofortabschreibung möglich ist oder ob - zum Beispiel bei einem Kauf im Dezember - lediglich zeitanteilig 1/12 abgezogen werden dürfen. Das BMF stellt nun klar: Es wird nicht beanstandet, wenn die Abschreibung im Jahr der Anschaffung oder Herstellung in voller Höhe vorgenommen wird. Offenbar war auch zweifelhaft, ob Unternehmer und Arbeitnehmer statt der Sofortabschreibung weiterhin über drei Jahre abschreiben dürfen. Die Antwort: Wer möchte, kann Geräte und Software aber auch wie bisher über drei Jahre abschreiben.

Bei Unternehmern stellte sich zudem die Frage, ob die voll abgeschriebenen Computer - mit einem Erinnerungswert von 1 Euro - in einem Anlageverzeichnis aufzuführen sind. Auch diesbezüglich sorgt das BMF aktuell für Klarheit: Die Wirtschaftsgüter sind in das Bestandsverzeichnis aufzunehmen (R 5.4 EStR 2012).

Praxistipp:
Wer die aktuelle Anweisung der Finanzverwaltung liest, kann schnell den Eindruck gewinnen, dass die Anschaffungskosten für Computer und Notebooks "ohne Wenn und Aber" steuerlich abziehbar sind. Doch ganz so einfach ist es nicht. Unternehmer, die Geräte für sich oder für die Nutzung durch ihre Mitarbeiter anschaffen, werden zwar selten Probleme mit dem Finanzamt haben. Arbeitnehmer, die Computer selbst kaufen, werden die berufliche Nutzung ihres PCs oder Notebooks gegenüber dem Finanzamt aber - wie auch früher schon - glaubhaft machen müssen, um einen vollen oder zumindest einen anteiligen Abzug als Werbungskosten zu erreichen.
gepostet: 13.05.2022
Trikotsponsoring an Jugendteams: Ist die Vorsteuer abziehbar?
Viele Unternehmer statten die Jugendmannschaften der örtlichen Sportvereine mit Trikots aus. Dabei wird die Sportbekleidung oftmals mit einem Logo des "Sponsors" versehen. In umsatzsteuerlicher Hinsicht stellt sich dann die Frage, ob es sich tatsächlich um ein echtes Sponsoring handelt oder eher um eine Spende, weil die Überlassung der Sportbekleidung aus einem rein ideellen Interesse heraus erfolgt. Nur im ersten Fall ist die Vorsteuer aus der Anschaffung der Sportbekleidung abzugsfähig. Kürzlich hat das Niedersächsische Finanzgericht zugunsten des überlassenden Unternehmers, einer Fahrschule, entschieden: Ein Unternehmer, der Sportbekleidung mit Werbeaufdrucken für sein Unternehmen anschafft und Sportvereinen unentgeltlich zur Verfügung stellt, kann die Vorsteuerbeträge aus den Anschaffungskosten steuermindernd geltend machen, wenn der Nutzen für das Unternehmen erkennbar ist. Dies kann auch bei der Überlassung an Jugendmannschaften der Fall sein (Urteil vom 3.1.2022, 11 K 200/20).

Der Kläger hatte Sportbekleidung mit dem Werbeaufdruck "Fahrschule X“ erworben und die Trikots verschiedenen Vereinen in der Region rund um seine Fahrschule unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Es handelte sich vor allem um Jugendmannschaften in unterschiedlichen Sportarten. Die Vorsteuer wurde vom Finanzamt nicht zum Abzug zugelassen. Zur Begründung führte es an, dass die Spiele der fraglichen Mannschaften vor allem solche im Jugendbereich beträfen, die kaum Publikum anziehen würden. Es sei deshalb davon auszugehen, dass die Aufdrucke keine nennenswerte Werbewirkung erzielen würden. Das Überlassen der Sportbekleidung sei deshalb dem ideellen Bereich zuzuordnen, die Vorsteuer also nicht abziehbar. Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg.

Die Begründung des Gerichts: Es sei zwar richtig, dass die Jugendmannschaften in aller Regel nicht vor einem größeren Publikum spielten. Darauf komme es jedoch nicht an, denn die jugendlichen Sportler seien zumeist im Alter von 15 bis 20 Jahren und demgemäß gerade die Zielgruppe, die der Kläger mit seiner Fahrschule ansprechen möchte. Die Verwendung der Trikots mit dem Werbeaufdruck stelle deshalb eine Dienstleistung der Vereine dar und damit eine Gegenleistung für die Überlassung der Sportbekleidung. Es handele sich deshalb um ein Sponsoring und nicht um eine bloße Spende. Praxistipp:
Der überlassende Unternehmer muss also einen Werbenutzen glaubhaft machen, um den Vorsteuerabzug zu erreichen. Gelingt diese Glaubhaftmachung nicht, droht ein Verlust des Vorsteuerabzugs. Zu beachten ist allerdings, dass Sportteams, die eine konkrete Werbeleistung erbringen, ihrerseits mit dieser Leistung der Umsatzsteuer unterliegen können. Wer die Themen "Sachspende" und "Vorsteuerabzug" von vornherein vermeiden möchte, sollte übrigens in Erwägung ziehen, der Einfachheit halber eine Geldspende an den Verein zu leisten oder dessen Werbeleistung unmittelbar zu vergüten.
gepostet: 11.05.2022
Erbschaftsteuer: Steuerbefreiung betrifft nur ein einziges Familienheim
Die Vererbung des selbstgenutzten Familienheims an die Kinder ist von der Erbschaftsteuer befreit. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass der Erblasser das Familienheim vor dem Erbfall selbst bewohnt hat und der Erbe die Immobilie nach der Erbschaft zehn Jahre lang selbst zu Wohnzwecken nutzt. Die Vergünstigung greift, soweit die Wohnfläche der geerbten Wohnung 200 qm nicht übersteigt.

Zumindest vereinzelt gibt es Fälle, in denen der Erblasser zwei Wohnungen selbst nutzt und zwischen seinen beiden Wohnsitzen pendelt. Beispiel: Die beiden erwachsenen Kinder wohnen weit voneinander entfernt. Um jeweils einen Teil des Jahres mit ihnen zu verbringen, hat die Mutter in der Nähe der Wohnsitze der Kinder Eigentumswohnungen erworben, die sie auch tatsächlich selbst nutzt. Angenommen, nach dem Tode der Mutter zieht Kind 1 in die Wohnung 1 ein und Kind 2 in die Wohnung 2, so stellt sich die Frage, ob beide Übertragungen von der Erbschaftsteuer verschont bleiben. Antwort: Nach Ansicht des Finanzgericht München ist eine doppelte Steuerbefreiung ausgeschlossen (Urteil vom 16.6.2021, 4 K 692/20).

Nur die Übertragung eines einzigen Familienheims ist begünstigt. Dies gelte sowohl bei gleichzeitiger Eigennutzung mehrerer Immobilien durch den Erblasser zu seinen Lebzeiten als auch im Falle zeitlich aufeinander folgender Eigennutzung verschiedener in seinem Eigentum stehender Immobilien. Die Steuerbefreiungsvorschrift begründe kein Recht des Erben, nach dem Erbfall auszuwählen, welche von mehreren ererbten Immobilien als Familienheim begünstigt sein soll. Die Richter verstehen den Zweck der Steuerbegünstigung in dem Sinne, dass die Steuerbefreiung nur auf diejenige Immobilie Anwendung finden soll, die als zeitlich letzte vor dem Erbfall die Funktion als Familienheim des Erblassers erfüllt hat.
gepostet: 09.05.2022
Freibetrag für Betriebsfeiern: Verfassungsbeschwerde ist anhängig
Betriebsfeiern und - ausflüge sind in steuerlicher Hinsicht "geldwerte Vorteile" der Arbeitnehmer. Diese Vorteile bleiben aber im bestimmtem Rahmen steuer- und sozialversicherungsfrei. Konkret: Zuwendungen des Arbeitgebers an einen Arbeitnehmer und dessen Begleitperson anlässlich einer Betriebsveranstaltung führen bis zu 110 Euro (einschl. Umsatzsteuer) pro Arbeitnehmer nicht zu Arbeitslohn. Der Freibetrag gilt für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen pro Jahr.

Das Finanzgericht Köln hatte entschieden, dass die Aufwendungen des Arbeitgebers nicht einfach durch die tatsächlich anwesenden Teilnehmer dividiert werden dürfen, sondern durch alle angemeldeten Personen geteilt werden müssen. Die vergeblichen Kosten für die Arbeitnehmer, die nach ursprünglicher Anmeldung zur Betriebsfeier kurzfristig wieder absagen, dürften sich auf die Höhe des steuerpflichtigen Arbeitslohns der teilnehmenden Arbeitnehmer nicht auswirken (FG Köln, Urteil vom 27.6.2018, 3 K 870/17). Der Bundesfinanzhof hat das Urteil anschließend "kassiert" und vertritt vielmehr die Auffassung der Finanzverwaltung: Die Gesamtkosten des Arbeitgebers sind zu gleichen Teilen auf die bei der Betriebsveranstaltung anwesenden und nicht auf alle angemeldeten Teilnehmer aufzuteilen (BFH-Urteil vom 29.4.2021, VI R 31/18). Doch ob diese Auffassung zutreffend ist, wird das Bundesverfassungsgericht entscheiden müssen, denn nunmehr liegt die Verfassungsbeschwerde vor (Az. 2 BvR 1443/21).

Folgender Sachverhalt liegt dem Verfahren zugrunde: Im Jahre 2016 plante der Arbeitgeber einen Kochkurs als Weihnachtsfeier, zu der alle Betriebsangehörigen eingeladen waren. Insgesamt 27 Arbeitnehmer sagten ihre Teilnahme zu. Da zwei Arbeitnehmer kurzfristig absagten, nahmen tatsächlich nur 25 Arbeitnehmer teil, ohne dass dies zu einer Verminderung der Veranstaltungskosten führte. Nun wurde zunächst mit dem Finanzamt und dann vor Gericht darum gestritten, ob die Kosten, die für die beiden abwesenden Mitarbeiter anfielen, steuerlich ohne Belang seien oder ob die tatsächlich anwesenden Kollegen deren Anteil sozusagen mitversteuern mussten. Der BFH sieht die "Mitversteuerung" als gerechtfertigt an. Begründung: Bei der Bewertung von Arbeitslohn anlässlich einer Betriebsveranstaltung sind alle mit dieser in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Aufwendungen des Arbeitgebers anzusetzen, ungeachtet dessen, ob sie beim Arbeitnehmer einen Vorteil begründen können. Die danach zu berücksichtigenden Aufwendungen (Gesamtkosten) des Arbeitgebers sind zu gleichen Teilen auf die bei der Betriebsveranstaltung anwesenden Teilnehmer aufzuteilen.

Praxistipp:
Arbeitgeber dürfen den steuerpflichtigen Vorteil aus einer Betriebsveranstaltung pauschal versteuern (§ 40 Abs. 2 EStG). Bitte beachten Sie im Übrigen, dass das BFH-Urteil zur neuen Rechtslage ergangen ist. Vor 2015 gab es eine Freigrenze und keinen Freibetrag. Zudem war die Grenze etwas anders ausgestaltet als der Freibetrag nach neuem Recht. Beispiel: Nach Ansicht des BFH gehören die Kosten für einen Eventmanager nicht zu den oben genannten Gesamtkosten (BFH-Urteil vom 13.5.2020, VI R 13/18). Doch auf aktuelle Fälle ist das Urteil wohl nicht anwendbar; die Kosten sind also einzubeziehen (BT-Drucks 18/3017, S. 479).
gepostet: 07.05.2022
Firmenwagen: Veräußerungserlös trotz Privatnutzung voll steuerpflichtig?
Wer als Unternehmer ein Kfz verkauft, das zu seinem steuerlichen Betriebsvermögen gehört, muss den Veräußerungsgewinn voll versteuern. Dabei ist es ohne Belang, wenn der Firmenwagen umfassend privat genutzt worden ist und sich die AfA für das Fahrzeug daher nur zum Teil steuerlich ausgewirkt hat. Der Umstand, dass die tatsächlich für das Fahrzeug in Anspruch genommene AfA infolge der Besteuerung der Privatnutzung teilweise neutralisiert wird, rechtfertige keine Gewinnkorrektur. Dies hatte der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 16.6.2020 (VIII R 9/18) entschieden. Nun ist aber bekannt geworden, dass Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des BFH eingelegt wurde. Die Beschwerde wird beim Bundesverfassungsgericht unter dem Az. 2 BvR 2161/20 geführt.

Es geht in dem Verfahren um folgenden Sachverhalt: Der Kläger nutzte einen Pkw, den er im Jahr 2008 angeschafft und seinem Betriebsvermögen zugeordnet hatte, zu 25 Prozent für seine freiberufliche Tätigkeit und zu 75 Prozent für private Zwecke. Ab dem Jahr 2008 berücksichtigte das Finanzamt einerseits AfA für den Pkw. Andererseits erfasste es wegen der privaten Nutzung des betrieblichen Pkw auch Betriebseinnahmen in Höhe von 75 Prozent der für das Fahrzeug entstandenen Aufwendungen einschließlich der AfA. Dies führte dazu, dass der steuermindernde Effekt der AfA infolge der Besteuerung der Privatnutzung teilweise "neutralisiert“ wurde. Wegen dieses Effektes setzte der Kläger, als er das Fahrzeug 2013 nach vollständiger Abschreibung verkaufte, lediglich ein Viertel des Verkaufserlöses als Betriebseinnahme an. Das Finanzamt war demgegenüber der Meinung, der Kläger müsse den vollen Verkaufserlös versteuern. Dies hat der BFH als zutreffend bestätigt.

Der Veräußerungserlös sei - trotz vorangegangener Besteuerung der Privatnutzung - in voller Höhe als Betriebseinnahme zu berücksichtigen. Er sei weder anteilig zu kürzen, noch finde eine gewinnmindernde Korrektur in Höhe der auf die private Nutzung entfallenden AfA statt. Aus dem Gesetz lasse sich kein anderes Ergebnis herleiten. Wie erwähnt wird dieses Ergebnis nun von den Verfassungshütern in Karlsruhe überprüft. Bis zu einer Entscheidung können aber noch einige Jahre vergehen.
gepostet: 05.05.2022
Studienfahrt: Kosten für Israelreise einer Religionslehrerin nicht abziehbar
Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass die Aufwendungen einer Religionslehrerin für eine Israelreise nicht als Werbungskosten absetzbar sind, wenn die Reise sowohl beruflich als auch privat veranlasst ist und sich die beiden Veranlassungsbeiträge nicht nach objektiven Kriterien trennen lassen (Urteil vom 27.1.2022, 1 K 224/21 E). Die Lehrerin wandte zwar ein, dass sich das Konzept der Studienreise an den Lehrplänen des Landes Nordrhein-Westfalen und der Schule orientiert habe und sie die Erkenntnisse, die für ihre Unterrichtsgestaltung von Belang gewesen seien, in ein auf den Unterricht abgestimmtes Reisetagebuch habe eintragen können. Ferner seien die besuchten Orte für die christlichen Religionen von herausragender Bedeutung. Doch zunächst das Finanzamt und später das Finanzgericht entgegneten, dass das Programm fast ausschließlich Ziele von allgemein-touristischem und kulturellem Interesse enthalten habe, die typischerweise auch von privaten Israel-Touristen besucht würden. Die beruflichen und die privaten Veranlassungsmomente der Reise seien auch nicht nach objektiven Kriterien trennbar, da kein Programmpunkt eindeutig ausschließlich dem beruflichen oder dem privaten Be-reich zugeordnet werden könne. Insbesondere sei keine Abgrenzung nach Zeitanteilen möglich.

Praxistipp:
Der Bundesfinanzhof hat mit Beschluss vom 21.9.2009 (GrS 1/06 BStBl 2010 II S. 672) entschieden, dass Aufwendungen für beruflich und privat veranlasste Reisen in abziehbare Werbungskosten/Betriebsausgaben einerseits und nicht abziehbare Aufwendungen für die private Lebensführung andererseits aufgeteilt werden können. Dazu müssen die beruflich veranlassten Zeitanteile aber feststehen und dürfen nicht von untergeordneter Bedeutung sein. Im Urteilsfall war eine solche Aufteilung nicht möglich.
gepostet: 03.05.2022
Führung eines Fahrtenbuchs: Handschrift muss für jedermann leserlich sein
Wer seinen Firmen- oder Geschäftswagen auch privat nutzt bzw. nutzen darf, muss einen Privatanteil versteuern. Dieser wird per Ein-Prozent-Regelung ermittelt, es sei denn, es wird ein Fahrtenbuch geführt. Dieses muss allerdings ordnungsgemäß sein. Kleinere Mängel sollen zwar nicht zur Verwerfung des Fahrtenbuchs und zur Anwendung der Ein-Prozent-Regelung führen, doch die Praxis ist oft eine andere. Die Finanzämter sind streng und verzeihen Fehler eher selten.

Im Jahre 2021 hat das Finanzgericht München entschieden, dass ein handschriftlich geführtes Fahrtenbuch leserlich sein muss, und zwar für die Mitarbeiter der Finanzverwaltung oder die Richter des Finanzgerichts. Es reicht nicht aus, dass der Kfz-Halter seine eigene Handschrift "entziffern" kann (Urteil vom 9.3.2021, 6 K 2915/17). Der Sachverhalt: Der Steuerzahler gab zum einen an, er hätte dem Finanzamt bereits die Originale der Fahrtenbücher ausgehändigt und die geminderte Qualität, die durch die Kopien hervorgerufen worden sei, müsse das Finanzamt gegen sich gelten lassen. Zum anderen versuchte er, seine offenbar wenig leserliche Handschrift damit zu entschuldigen, dass er an Arthritis leide. Finanzamt und Finanzgericht ließen die Argumente aber nicht gelten und verwarfen die Fahrtenbücher.

Handschriftliche Aufzeichnungen müssen lesbar sein, da sie andernfalls ihren Zweck nicht erfüllen können. Dazu genüge es nicht, dass der Steuerpflichtige vorgibt, seine Aufzeichnungen selbst lesen zu können, denn sie dienen nicht dem Steuerpflichtigen als Erinnerungsstütze, sondern zum Nachweis gegenüber dem Finanzamt. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Originale besser lesbar sein könnten. Eine Beweiserhebung über die Fahrtenbücher durch das Gutachten eines Graphologen komme im Streitfall nicht in Betracht. Den Finanzrichtern im zuständigen Senat genüge die eigene Sachkunde im Punkt Lesen. Dabei gehe man davon aus, dass für ein ordentliches Fahrtenbuch die allgemeine Lesbarkeit Voraussetzung ist.

Praxistipp:
Gegen das Urteil liegt zwischenzeitlich die Revision beim Bundesfinanzhof vor (Az. VIII R 12/21). Unter anderem muss dieser nun der Frage nachgehen, ob die Unleserlichkeit von Fahrtenbüchern durch ein nachträglich erstelltes Transkript geheilt werden kann. In der Praxis sollte man es aber auf einen Streit erst gar nicht ankommen lassen, sondern Fahrtenbücher ordnungsgemäß führen.
gepostet: 01.05.2022
April 2022
Steuerverzinsung: Zinssatz von 0,15 Prozent pro Monat ist geplant
Wie bereits mehrfach berichtet hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass ein Zinssatz von 0,5 Prozent monatlich bzw. 6 Prozent jährlich für die Verzinsung von Steuernachzahlungen und -erstattungen verfassungswidrig ist. Der Zinssatz ist ab dem 1.1.2019 zu korrigieren, wobei der Gesetzgeber bis zum 31.7.2022 Zeit hat, um die Neuregelung zu verabschieden (BVerfG-Beschluss vom 8.7.2021, 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17).

Nunmehr liegt der Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen zur Neuregelung der Steuerverzinsung vor. Danach soll der Zinssatz für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen (§ 233a AO) für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2019 rückwirkend auf 0,15 Prozent pro Monat, also 1,8 Prozent pro Jahr, gesenkt werden. Die Angemessenheit dieses Zinssatzes soll unter Berücksichtigung der Entwicklung des Basiszinssatzes nach § 247 BGB alle drei Jahre mit Wirkung für nachfolgende Verzinsungszeiträume evaluiert werden, und zwar erstmals zum 1.1.2026.

Der neue Zinssatz soll auch für noch nicht bestandskräftig festgesetzte Erstattungszinsen gelten. Vorläufig festgesetzte Erstattungszinsen, die noch 0,5 Prozent pro Monat betrugen, müssen aber offenbar nicht (anteilig) zurückgezahlt werden. Eine besondere Berechnung soll es indes für so genannte Mischfälle geben, in denen diverse Zinsfestsetzungen verfahrensrechtlich "offen" und sowohl Erstattungs- als auch Nachzahlungszinsen entstanden sind. Hier soll zunächst eine Saldierung erfolgen, das heißt, der Steuerzahler soll bei mehreren offenen Verzinsungen nicht einerseits von einem hohen Erstattungszins profitieren, während er zeitgleich den nunmehr niedrigeren Nachzahlungszins geltend macht. Natürlich muss der Ausgang des Gesetzgebungsverfahrens abgewartet werden. Andere Verzinsungen, die im Steuerrecht vorgesehen sind, sollen von der Neuregelung ausgenommen bleiben, also Stundungs-, Aussetzungs- und Hinterziehungszinsen sowie Säumniszuschläge.
gepostet: 30.04.2022
Streit um Verrechnung von Aktienverlusten: Steuerbescheide ergehen vorläufig
Gewinne aus der Veräußerung von Aktien unterliegen der Einkommensteuer bzw. der Abgeltungsteuer. Verluste aus der Veräußerung von Aktien können zwar verrechnet werden, aber nur mit Gewinnen aus der Veräußerung von Aktien und nicht mit sonstigen positiven Einkünften aus Kapitalvermögen. Der Bundesfinanzhof hält diese Einschränkung für verfassungswidrig und hat daher das Bundesverfassungsgericht angerufen (Vorlagebeschluss vom 17.11.2020, VIII R 11/18). Das Bundesfinanzministerium verfügt nun, dass Steuerbescheide, in denen der Verlustausgleich bei Aktienveräußerungen streitig ist, in dem betreffenden Punkt vorläufig ergehen. Kapitalanleger müssen also keinen Einspruch gegen die entsprechenden Steuerbescheide einlegen (BMF-Schreiben vom 31.1.2022, V A 3-S 0338/19/10006 :001).

Praxistipp:
Bevor Steuerbescheide wegen der Verlustverrechnung bei Aktien überhaupt vorläufig ergehen können, müssen die (nicht ausgeglichenen) Aktienverluste natürlich zunächst in der Steuererklärung angegeben werden. Dazu wiederum benötigen Sie eine Verlustbescheinigung Ihrer Bank, die Sie jeweils bis zum 15. Dezember für das laufende Jahr beantragen können. Bitte benachrichtigen Sie uns frühzeitig, wenn bei Ihnen Aktienverluste vorhanden sind, die verrechnet werden sollen.

Praxistipp:
Um Missverständnisse auszuschließen sei darauf hingewiesen, dass es um tatsächliche Veräußerungsverluste und nicht um die Thematik "Ausbuchung von wertlos gewordenen Aktien" geht. Seit 2020 ist gesetzlich klargestellt, dass Verluste aus der Ausbuchung von Aktien und anderer Wertpapiere abziehbar sind. Es gibt aber auch hier eine Einschränkung: Die Verluste können nur mit Einkünften aus Kapitalvermögen bis zur Höhe von 20.000 Euro ausgeglichen werden. Nicht verrechnete Verluste sind dann auf Folgejahre vorzutragen. Die Neuregelung gilt für Verluste, die ab dem 1.1.2020 entstehen. Sie ist ebenfalls umstritten, doch bislang ist nicht ersichtlich, dass sich die Gerichte mit ihr befassen mussten. Der neue Vorläufigkeitsvermerk umfasst diese Streitfrage jedenfalls nicht.
gepostet: 29.04.2022
Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschläge: Steuerfreiheit auch bei Reisetätigkeit
Fahren Profisportler im Mannschaftsbus zu Auswärtsspielen, dann sind die hierfür vom Arbeitgeber geleisteten Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit steuerfrei. Dies hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 16.12.2021 (VI R 28/19) entschieden. Zugegebenermaßen betrifft das Urteil auf den ersten Blick nicht allzu viele Steuerzahler, da nur die wenigsten Profisportler sind. Doch bei genauerem Studium der Entscheidung finden sich Aspekte, die auch in anderen Fällen wichtig sein können.

Zum Hintergrund: Die Klägerin nimmt mit einer Mannschaft am Spielbetrieb einer deutschen Profiliga teil. Die bei ihr angestellten Spieler und Betreuer sind verpflichtet, zu Auswärtsspielen im Mannschaftsbus anzureisen. Erfolgte die Anreise an Sonn- oder Feiertagen oder in der Nacht, dann erhielten Spieler und Betreuer hierfür neben ihrem Grundgehalt steuerfreie Zuschläge (gemäß § 3b EStG). Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass für die Beförderungszeiten zu Auswärtsspielen, soweit diese nicht mit belastenden Tätigkeiten verbunden seien (bloßer Zeitaufwand im Mannschaftsbus), keine steuerfreien Zuschläge geleistet werden könnten. Der hierauf entfallende Teil der Zuschläge sei daher von der Klägerin nachzuversteuern. Dagegen wehrte sich die Klägerin mit Erfolg.

Für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiungsvorschrift des § 3b EStG genüge es, wenn der Arbeitnehmer - wie hier - zu den in § 3b EStG genannten Zeiten im Interesse seines Arbeitgebers tatsächlich tätig wird, für diese Tätigkeit ein Vergütungsanspruch besteht und noch zusätzlich Zuschläge gewährt werden. Ob sich die Reisezeiten im Mannschaftsbus für Spieler und Betreuer als individuell belastende Tätigkeit darstellen, sei hingegen unerheblich. Ob die zu diesen Zeiten verrichtete Tätigkeit den einzelnen Arbeitnehmer in besonderer Weise fordert oder ihm "leicht von der Hand" geht, sei nicht entscheidend.
gepostet: 27.04.2022
Stundungen: Zum Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs des Leistungsempfängers
Wer als Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, darf die Vorsteuer in dem Voranmeldungszeitraum abziehen, in dem die Leistung ausgeführt worden ist. Genauer gesagt "muss“ die Vorsteuer sogar in dem Voranmeldungszeitraum abgezogen werden, eine spätere Geltendmachung ist nach deutschem Verständnis unzulässig. Voraussetzung ist selbstverständlich, dass eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt. Das Gesagte gilt selbst dann, wenn die Zahlung erst Monate nach der Leistungserbringung erfolgt, insbesondere im Falle von Stundungen. Auch hier, zum Beispiel bei der Stundung von Miete oder Pacht, bleibt es dabei, dass die Vorsteuer bereits bei Leistungserbringung abgezogen werden muss. Dabei ist es unerheblich, ob der Vermieter seinerseits Soll- oder Ist-Versteuerer ist. Doch die deutsche Haltung ist soeben vom Europäischen Gerichtshof verworfen worden. Im Einzelfall kann die Haltung des EuGH zwar vorteilhaft sein, doch es steht zu befürchten, dass sie langfristig eher negative Auswirkungen haben wird (EuGH-Urteil vom 10.2.2022, C-9/20).

Hier zunächst der Sachverhalt des Urteils: Eine Unternehmerin, die Klägerin, hatte Räumlichkeiten mit Ausweis von Umsatzsteuer angemietet. Sowohl der Mieterin als auch der Vermieterin war von der Finanzverwaltung gestattet worden, die Steuer nicht nach vereinbarten Entgelten, sondern nach den vereinnahmten Entgelten zu berechnen (Ist-Versteuerung). Mietzahlungen wurden der Klägerin teilweise gestundet, die Vorsteueransprüche machte sie immer erst geltend, wenn die Zahlung erfolgte. Diese Verfahrensweise wurde vom Finanzamt beanstandet und die Vorsteuer nunmehr bereits im Zeitraum der Ausführung des Umsatzes - monatsweise Mietüberlassung - berücksichtigt. Infolge zwischenzeitlich eingetretener Verjährung konnte die Vorsteuer in den Änderungsbescheiden für vergangene Jahre aber teilweise nicht mehr abgezogen werden. Hiergegen richtete sich die Klage.

Nach deutschem Recht entsteht der Vorsteueranspruch eines Leistungsempfängers bereits bei Ausführung der Leistung und nicht erst mit der Entrichtung des Entgelts. Unerheblich ist, ob der Leistende Soll- oder Ist-Versteuerer ist. Das heißt, der Leistungsempfänger zieht die Vorsteuer ab, obwohl er die Leistung noch nicht bezahlt hat, während der Leistende die entsprechende Steuer noch nicht schuldet. Doch diese Regelung widerspricht dem Unionsrecht. Beim Leistungsbezug von einem Ist-Versteuer darf der Leistungsempfänger die Vorsteuer erst bei Zahlung abziehen - so der EuGH. Für den Kläger im Streitfall ist diese Auffassung positiv, denn ihm dürfte der Vorsteuerabzug nun doch noch zustehen. Wie erwähnt wird die Entscheidung bei konsequenter Umsetzung in Deutschland aber nachteilig sein.

Praxistipp:
Leistungsempfänger können sich zunächst noch auf die deutsche Regelung berufen und den Vorsteuerabzug weiterhin frühzeitig geltend machen (Abschnitt 15.2 UStAE). Bis zu einer Stellungnahme der Finanzverwaltung sollten sie sich auch an die bisherige Rechtsauffassung halten. Das heißt: Sowohl bei einem Leistungsbezug von einem Soll-Versteuerer als auch bei Bezug von einem Ist-Versteuerer ist die Vorsteuer im Voranmeldungszeitraum des Leistungsbezugs geltend zu machen. In Sachverhalten wie denen des Streitfalls hingegen, bei denen die Vorsteuer noch nicht geltend gemacht wurde und der Verlust des Abzugs droht, sollten sich Betroffene auf die EuGH-Entscheidung berufen.
gepostet: 25.04.2022
Bergschäden bei vermieteten Häusern: Schadensersatz oftmals nicht steuerbar
In Regionen, in denen Bergbau betrieben wurde oder noch wird, kommt es auch heute noch vielfach zu Bergschäden. Viele Hauseigentümer sind betroffen. Gelingt es den Geschädigten, bei den Bergbauunternehmen einen Schadensersatz durchzusetzen, so stellt sich bei vermieteten Immobilen die Frage, ob die Zahlung zu steuerbaren Einnahmen führt oder aber eventuelle Werbungskosten zu kürzen sind.

Erfreulicherweise hat der Bundesfinanzhof zugunsten der Hauseigentümer wie folgt entschieden: Eine Zahlung, die von einem Bergbauunternehmen als Ersatz für festgestellte reparable Bergschäden geleistet wird, zählt - ebenso wie die Immobilie selbst - zur Vermögenssphäre. Die Ersatzleistung führt nicht zu Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, soweit sie nicht nachweislich dazu dient, bei diesen Einkünften geltend gemachte Werbungskosten zu ersetzen. Lässt sich nicht aufklären, für welchen Aufwand das Bergbauunternehmen Ersatz geleistet hat, geht dies zu Lasten des Finanzamts. Die Entscheidung betrifft zum Privatvermögen gehörende, vermietete Immobilien (BFH-Urteil vom 9.7.2021, IX R 11/20).

Der Sachverhalt: Die Kläger trugen in den Jahren 2010 und 2011 Erhaltungsaufwendungen an vermieteten Immobilen und setzten diese als Werbungskosten ab. Ende 2011 erhielten die Kläger eine Entschädigung für den Ersatz bergbaubedingter (reparabler) Schäden an den Immobilien. Dem Protokoll der Schlichtungsstelle Bergschaden NRW war nicht zu entnehmen, für welche Aufwendungen der Ersatzbetrag konkret geleistet worden ist. Das Finanzamt war der Ansicht, der Ersatz bergbaubedingter Schäden führe dazu, dass damit in Zusammenhang stehende, teilweise schon im Vorjahr (2010) geltend gemachte Werbungskosten nicht abziehbar seien. Das Finanzgericht ließ zwar die Werbungskosten weiter zum Abzug zu, hat aber den Schadensersatz als Einnahme gegengerechnet. Der BFH hingegen sieht keinerlei steuerliche Relevanz der Zahlung. Zu Unrecht habe das Finanzgericht die Schadensersatzzahlung als Einnahme bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt. Die als Ersatz für bergbaubedingte reparable Schäden an den betroffenen Immobilien geleistete Zahlung gehöre zur Vermögenssphäre. Die Ersatzleistung führe weder zu Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung noch zu einer Minderung der Werbungskosten.

Praxistipp:
Im Streitfall war hilfreich, dass die Kläger Bescheinigungen der Handwerkerfirmen beibringen konnten, wonach die Reparaturarbeiten keinen Bezug zu den an den Immobilien festgestellten Bergbauschäden hatten.
gepostet: 23.04.2022
Doppelte Haushaltsführung: Zweitwohnungsteuer auch bei hoher Miete abziehbar
Wer aus beruflichen Gründen einen zweiten Haushalt am Arbeitsort führt, darf die Kosten der doppelten Haushaltsführung steuerlich geltend machen. Die Kosten der zweiten Unterkunft können mit den tatsächlichen Aufwendungen angesetzt werden, höchstens aber mit 1.000 Euro im Monat. Zu den abzugsfähigen Kosten gehören auch Ausgaben für die Anschaffung von notwendigen Einrichtungsgegenständen und Hausrat. Dabei sind solche Aufwendungen selbst dann abziehbar, wenn der Höchstbetrag von monatlich 1.000 Euro für die Wohnungsnutzung, also für die Miete, bereits ausgeschöpft ist. Dies hatte der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 4.4.2019 (VI R 18/17) entschieden.

Kürzlich hat das Finanzgericht München entschieden, dass auch die Zweitwohnungsteuer nicht zu den Unterkunftskosten gehört, die mit höchstens 1.000 Euro im Monat als Werbungskosten anerkannt werden können. Vielmehr kann die Zweitwohnungsteuer zusätzlich als "sonstige Aufwendungen" im Rahmen der doppelten Haushaltsführung anerkannt werden (FG München vom 26.11.2021, 8 K 2143/21).

Aus der Gesetzesbegründung ergebe sich, dass für den anzuerkennenden monatlichen Höchstbetrag allein die Bruttokaltmiete zuzüglich Betriebskosten zuzüglich etwaiger Mietaufwendungen für Kfz-Stellplätze und Kosten für Sondernutzungen maßgebend sind. Der Gesetzgeber habe allein die berücksichtigungsfähigen Unterkunftskosten und nicht die (gesamten) Kosten des Zweithaushalts auf höchstens 1.000 Euro im Monat begrenzt.

Praxistipp:
Wenn die Anschaffungskosten für die Einrichtung und Ausstattung der Zweitwohnung - ohne Arbeitsmittel - insgesamt nicht höher sind als 5.000 Euro einschließlich Umsatzsteuer, ist aus Vereinfachungsgründen davon auszugehen, dass diese Kosten als "notwendig" bzw. als nicht überhöht gelten und ohne weitere Prüfung als Werbungskosten anzuerkennen sind (BMF-Schreiben vom 25.11.2020, BStBl 2020 I S. 1228, Tz. 108).

Praxistipp:
Nach Ansicht des Finanzgericht des Saarlandes gehören auch die Kosten für einen angemieteten Stellplatz oder für eine Garage nicht zu den Unterkunftskosten und fallen damit ebenfalls nicht unter die 1.000 Euro-Grenze (Gerichtsbescheid vom 20.5.2020, 2 K 1251/17).
gepostet: 21.04.2022
Umsatzsteuer: Handelsübliche Bezeichnung in der Leistungsbeschreibung
Rechnungen müssen unter anderem Angaben zur Art der gelieferten Gegenstände enthalten. Der Gesetzgeber verlangt insoweit eine "handelsübliche Bezeichnung". Im Jahre 2019 musste sich der Bundesfinanzhof mit der Frage befassen, ob bei der Lieferung von Waren im Niedrigpreissegment die bloße Angabe der Warengattung eine handelsübliche Bezeichnung darstellt. Die Finanzverwaltung sah die reine Gattungsangabe, etwa bei Textilien und Modeschmuck, als unzureichend an und versagte den Vorsteuerabzug aus den entsprechenden Rechnungen. Der BFH ist den überbordenden Anforderungen jedoch entgegengetreten (BFH-Urteil vom 10.7.2019, XI R 28/18).

Die Handelsüblichkeit einer Bezeichnung sei immer von den Umständen des Einzelfalles abhängig, wie etwa der jeweiligen Handelsstufe, der Art und des Inhalts des Geschäftes sowie insbesondere dem Wert der einzelnen Waren. Weiter führte er aus, dass nach Verkehrskreisen zu differenzieren sei - nämlich dem Handel mit Waren im mittleren und oberen Preissegment einerseits und dem Handel mit Waren im Niedrigpreissegment andererseits. Das Bundesfinanzministerium verfügt nun die Anwendung der Rechtsprechung (BMF-Schreiben vom 1.12.2021, BStBl 2021 I S. 2486). Das heißt, dass die Finanzämter die von Kaufleuten gewählte "handelsübliche Bezeichnung" grundsätzlich akzeptieren müssen und den Vorsteuerabzug nicht ohne Weiteres versagen dürfen.

Doch Vorsicht: In Zweifelsfällen ist der Unternehmer nachweispflichtig, dass eine in der Rechnung aufgeführte Bezeichnung (z.B. bloße Gattungsbezeichnung wie "T-Shirts“, "Bluse“ o.ä.) auf der betroffenen Handelsstufe handelsüblich ist. Zudem ist zu beachten, dass die neue Rechtsprechung nur bei Lieferungen und nicht bei sonstigen Leistungen gilt. Der Umfang und die Art von erbrachten Dienstleistungen sind zu präzisieren. Dies bedeutet zwar nicht, dass die konkret erbrachten Dienstleistungen erschöpfend beschrieben werden müssen. Allein nicht ausreichend sind aber allgemeine Angaben wie "Erbringung juristischer Dienstleistungen“, "Bauarbeiten“ oder "Beratungsleistung“.

Und eine weitere Einschränkung ist zu berücksichtigen: Bei höherpreisigen Waren bleibt es dabei, dass umfassende Leistungsbeschreibungen erforderlich sind. So hatte der BFH Leistungsbeschreibungen für teure Markenuhren, die lediglich die Begriffe "diverse Armbanduhren" enthielten, als unzureichend angesehen (BFH-Beschluss vom 29.11.2002, V B 119/02).

Praxistipp:
Auch wenn das aktuelle BMF-Schreiben zu begrüßen ist, so sollte es nicht als Freibrief verstanden werden. Leistungsempfänger sollten gegenüber ihrem Lieferanten auf einer präzisen Leistungsbeschreibung bestehen, um Streitigkeiten von vornherein zu vermeiden.
gepostet: 19.04.2022
Impfzentren: Verlängerung steuerlicher Erleichterungen für Freiwillige
Bereits in den Jahren 2020 und 2021 konnten die freiwilligen Helferinnen und Helfer in den Impf- und Testzentren von der so genannten Übungsleiter- oder von der Ehrenamtspauschale profitieren. Die Finanzministerien der Länder sowie das Bundesfinanzministerium haben nun beschlossen, diese Erleichterungen auch für das Jahr 2022 zu verlängern (Quelle: Finanzministerium Baden-Württemberg, Pressemitteilung vom 7.2.2022). Für die Jahre 2020 bis 2022 gelten folgende Regelungen: Für all diejenigen, die direkt an der Impfung oder Testung beteiligt sind - also in Aufklärungsgesprächen oder beim Impfen oder Testen selbst - gilt die Übungsleiterpauschale. Im Jahr 2020 lag die Übungsleiterpauschale bei 2.400 Euro, seit 2021 beträgt sie 3.000 Euro jährlich. Wer sich in der Verwaltung und der Organisation von Impf- oder Testzentren engagiert, kann die Ehrenamtspauschale in Anspruch nehmen. Diese lag 2020 bei 720 Euro und erhöhte sich ab 2021 auf 840 Euro. Das gilt auch für mobile Impf- und Testzentren.

Aufgrund der steuerlichen Vorschriften können die freiwilligen Helferinnen und Helfer in den Testzentren die Übungsleiter- oder Ehrenamtspauschale nur in Anspruch nehmen, wenn es sich beim Auftraggeber oder Arbeitgeber um eine gemeinnützige Einrichtung oder einen öffentlichen Arbeitgeber handelt, also das Land oder eine Kommune. Bei den Impfzentren haben sich Bund und Länder darauf verständigt, dass die Übungsleiter- und die Ehrenamtspauschale auch dann in Betracht kommen, wenn das Impfzentrum im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts unter Hinzuziehung von Privaten oder gänzlich von Privaten betrieben wird.

Sowohl Übungsleiter- als auch Ehrenamtspauschale greifen lediglich bei Vergütungen für nebenberufliche Tätigkeiten. Das ist in der Regel der Fall, wenn diese Tätigkeiten nicht mehr als ein Drittel der Arbeitszeit einer vergleichbaren Vollzeitstelle in Anspruch nehmen oder die regelmäßige Wochenarbeitszeit nicht mehr als 14 Stunden beträgt. Dabei können auch solche Helferinnen und Helfer nebenberuflich tätig sein, die keinen Hauptberuf ausüben, etwa Studentinnen und Studenten oder Rentnerinnen und Rentner.

Die Pauschalen sind Jahresbeträge, die den freiwilligen Helferinnen und Helfern nur einmal pro Kalenderjahr gewährt werden. Bei mehreren Tätigkeiten, für die die Übungsleiterpauschale anzuwenden ist (zum Beispiel Helferin im Impfbereich und Trainerin einer Jugendmannschaft), sind die Einnahmen daher zusammenzurechnen. Das gilt für die Ehrenamtspauschale ebenso. Sind die freiwilligen Helferinnen und Helfer sowohl im Bereich Impfung/Testung als auch im Bereich der Verwaltung/Organisation der Impf- und Testzentren nebenberuflich tätig, können beide Pauschalen nebeneinander berücksichtigt werden. Das setzt aber voraus, dass die Tätigkeiten entsprechend vereinbart und gesondert vergütet werden.
gepostet: 17.04.2022
Dienstfahrten mit eigenem Pkw: Durchschnittskosten statt Km-Pauschale
Wer eine Dienstreise mit seinem eigenen Pkw unternimmt, darf pauschal 30 Cent je Fahrkilometer als Werbungskosten geltend machen. Die Erstattungen des Arbeitgebers sind natürlich gegenzurechnen. Statt die Dienstreisepauschale in Anspruch zu nehmen, darf aber auch der tatsächlich entstandene Kilometer-Kostensatz des Kfz geltend gemacht werden. Dazu sind die Gesamtkosten des Fahrzeugs pro Jahr zu ermitteln und anschließend durch die Gesamtfahrleistung des Jahres zu dividieren. Das kann sich bei teuren Kfz durchaus lohnen, ist aber zeitaufwendig.

Etwas weniger bekannt ist, dass bei der Ermittlung der Gesamtkosten zumindest die Treibstoffkosten geschätzt werden dürfen. Dies ist zulässig, wenn Kosten dem Grunde nach zweifelsfrei entstanden sind. Für die Schätzung nehmen Sie den Durchschnittsverbrauch Ihres Kfz laut Herstellerangaben und den durchschnittlichen Literpreis, den das Statistische Bundesamt für jedes Jahr bekanntgibt. Der Jahres-Durchschnittspreis für das Jahr 2021 betrug für Superbenzin 1,579 Euro und für Diesel 1,385 Euro pro Liter. Um Missverständnisse zu vermeiden: Die Schätzung ist nur zulässig bei der Nutzung eines privaten Kfz. Wer einen Firmenwagen nutzt, muss alle Kosten grundsätzlich per Beleg nachweisen.
gepostet: 15.04.2022
Arbeitslohn: Steuerermäßigung für Langzeitvergütungsmodelle
Erhalten Arbeitnehmer Vergütungen für mehrere Jahre zusammengeballt in einem Jahr ausgezahlt, so können die Zahlungen nach der so genannten Fünftel-Regelung tarifermäßigt besteuert werden. Zahlungen gelten als Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit, wenn sich die entsprechende Arbeit über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst (§ 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG). Nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs können auch die Nutzer so genannter Langzeitvergütungsmodelle von der Tarifermäßigung profitieren. Voraussetzung ist, dass die jeweilige zusammengeballte Zahlung durch wirtschaftlich vernünftige Gründe gerechtfertigt ist (BFH-Urteil vom 2.9.2021, VI R 19/19).

Der Sachverhalt: Der Arbeitgeber bot den Führungskräften jährlich die Teilnahme an einem Langzeitvergütungsmodell (Long Term Incentive Modell - LTI) an. Abhängig von der Entwicklung des Geschäftserfolges und der Kapitalkosten innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren im Vergleich zu den vorangegangenen vier Jahren erhalten die betreffenden Beschäftigten eine entsprechende Vergütung, und zwar nach Ablauf des so genannten ”Performancezeitraumes." Die Auszahlung selbst erfolgte dann zumeist, aber offenbar nicht immer jährlich. Der Arbeitgeber sieht in den Zahlungen des LTI eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit, die der Fünftel-Regelung unterliegt. Der BFH hat dem zugestimmt.

Die Zahlungen erfolgten zweckbestimmt für die Tätigkeit der jeweiligen Berechtigten in einem mehrjährigen Zeitraum, der im konkreten Fall vier Jahre umfasste. Die Einkünfte seien zudem "außerordentlich." Die Zusammenballung der Entlohnung sei schließlich durch wirtschaftlich vernünftige Gründe gerechtfertigt, denn die Klägerin reagierte mit der Einführung des LTI auf geänderte Rahmenbedingungen, die sich etwa aus dem "Deutschen Corporate Governance Kodex" ergeben. Der Fünftel-Regelung stehe es nicht entgegen, dass der Arbeitgeber die entsprechenden Vergütungen jährlich auszahlt.
gepostet: 13.04.2022
Spekulationsgeschäft: Verkauf einer ETW nach Nutzung durch Sohn oder Tochter
Der Verkauf des Eigenheims bleibt selbst dann von der Einkommensteuer verschont, wenn An- und Verkauf innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist liegen. Voraussetzung dafür ist, dass die Immobilie im Zeitraum zwischen Anschaffung bzw. Fertigstellung und Veräußerung ununterbrochen zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde oder im Jahr des Verkaufs und in den beiden Vorjahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. Grundsätzlich gilt auch die kostenlose Überlassung der Wohnung an ein Kind noch als Nutzung zu eigenen Wohnzwecken, so dass ein Verkauf der Immobilie im Prinzip unter eine der beiden Ausnahmeregelungen fällt. Aber: Dies gilt nur, solange das Kind in einer Berufsausbildung ist und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, die Eltern also kindergeldberechtigt sind. Anders ausgedrückt: Überschreitet das Kind während der Überlassung der Wohnung die Altersgrenze (oder beendet bereits zuvor seine Ausbildung) und wird die Immobilie dann verkauft, wird diese im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Der Veräußerungsgewinn kann bei einem Wohnungsverkauf folglich zu versteuern sein.

Bereits im Jahre 2016 hat das Finanzgericht Baden-Württemberg wie folgt entschieden: Ist das Kind, dem die Wohnung überlassen wird, älter als 25 Jahre, wird es bei den Eltern nicht mehr steuerlich berücksichtigt, sodass hinsichtlich der überlassenen Wohnung keine "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" mehr vorliegt. Dies gilt auch dann, wenn die zivilrechtliche Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind über das 25. Lebensjahr hinaus weiter besteht (Urteil vom 4.4.2016, 8 K 2166/14). Der Gewinn aus dem Wohnungsverkauf musste folglich versteuert werden.

Nun hat auch das Niedersächsische Finanzgericht im gleichen Sinne geurteilt und dabei ergänzend entschieden, dass die Steuerbefreiung auch dann entfällt, wenn eine Wohnung sowohl von einem Kind bewohnt wird, das sein Studium beendet hat als auch von einem Kind, das sich noch in der Ausbildung befindet (Urteil vom 16.6.2021, 9 K 16/20).

Der Sachverhalt: Die Mutter besaß eine Wohnung am Studienort der Kinder. Die Wohnung hatte sie im Jahre 2010 für 130.000 Euro erworben. Ende 2016 hat sie die Immobilie für 350.000 Euro wieder verkauft. Die Wohnung wurde ab Erwerb bis zur Veräußerung durch zwei Söhne (Zwillinge) im Rahmen ihres Studiums genutzt. Der dritte Sohn nutzte die Wohnung zumindest an einigen Wochenenden. Eine Fremdvermietung hatte nicht stattgefunden. Die Zwillinge waren im Zeitpunkt des Wohnungsverkaufs bereits 27 Jahre alt, das dritte Kind hat sein 25. Lebensjahr erst nach dem Verkauf vollendet. Das Finanzamt hat den Veräußerungsgewinn besteuert, weil für die Zwillinge kein Anspruch auf Kindergeld mehr bestanden hatte. Daher sei die Wohnung nicht mehr eigengenutzt worden. Die Klage der Mutter blieb ohne Erfolg. Die Begründung des Gerichts: Das Bestehen einer zivilrechtlichen Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern reiche allein nicht aus, um eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken annehmen zu können. Hinzukommen müsse die steuerliche Berücksichtigung der Kinder nach § 32 EStG, also die Kindergeldberechtigung. Die gleichzeitige Überlassung der Wohnung an ein Kind, das zu berücksichtigen ist, hier also an den dritten Sohn, könne die "schädliche" Nutzung nicht aufheben.

Praxistipp:
Gegen das Urteil des Niedersächsischen FG liegt die Revision beim Bundesfinanzhof unter dem Az. IX R 28/21 vor, so dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Unabhängig davon sollte vor dem Verkauf einer Immobilie stets sorgfältig geprüft werden, ob ein "Spekulationsgewinn" anfallen könnte. Bitte sprechen Sie uns frühzeitig vor einem geplanten Verkauf an.
gepostet: 11.04.2022
Riester-Verträge: Rechte der Sparer bei Rückforderungen gestärkt
So genannte Riester-Verträge werden mittels einer Altersvorsorgezulage und gegebenenfalls einem ergänzenden Sonderausgabenabzug gefördert. Nun kommt es vor, dass das Finanzamt die Steuerbescheide für die Vorjahre ändert und den Sonderausgabenabzug streicht, weil es von der Zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) darüber informiert worden ist, dass die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nicht vorliegen. Die Änderung der Steuerbescheide erfolgt in aller Regel ohne vorherige Anhörung des betroffenen Riester-Sparers. Bei einem Einspruch gegen den oder die geänderten Steuerbescheide werden die Betroffenen von den Finanzämtern üblicherweise auf die Zulagenstelle und deren Mitteilung verwiesen, die insoweit als Grundlagenbescheid gelte. Einwendungen müssten bei der Zulagenstelle erfolgen.

Der Bundesfinanzhof hat jedoch entschieden, dass das Finanzamt eigenständig prüfen muss, ob die Voraussetzungen für die Rückgängigmachung des Sonderausgabenabzugs tatsächlich vorliegen. Es ist im Zweifelsfall verpflichtet, die Richtigkeit der Mitteilung der Zulagenstelle im Besteuerungsverfahren zu überprüfen (BFH-Urteile vom 8.9.2020, X R 2/19 und X R 16/19).

Nunmehr hat das Bundesfinanzministerium eingelenkt. Die Finanzämter sollen die Miteilungen der ZfA, die im Wege des automatisierten Datenabgleichs ergehen, zwar prinzipiell verwenden und Einkommensteuerbescheide gegebenenfalls ändern. Aber: Die Mitteilungen stellen keine Grundlagenbescheide dar (BMF-Schreiben vom 11.2.2022, IV C 3 - S 2015/22/10001 :001). Das bedeutet also, dass die Finanzämter bei Rückforderungen selbst in der Prüfungspflicht sind.
gepostet: 09.04.2022
Freikarten: Merkblatt der Finanzverwaltung zur Besteuerung
Im Geschäftsleben werden häufig Sachzuwendungen an Kunden, Geschäftspartner oder Arbeitnehmer erbracht, um die Geschäftsbeziehungen zu sichern oder zu verbessern. Auch sportliche oder kulturelle Einrichtungen geben Eintrittskarten zu Veranstaltungen kostenlos an einen bestimmten Empfängerkreis ab, zum Beispiel an Journalisten. Die Annahme einer Freikarte kann beim Empfänger als steuerpflichtige Einnahme zu erfassen sein. Dies ist der Fall, wenn der Empfänger die Eintrittskarte im Rahmen einer einkommensteuerlichen Einkunftsart erhält.

Da die Beschenkten die Veranstaltung unbeschwert genießen und sich nicht über das Steuerrecht Gedanken machen sollen, hat der Gesetzgeber schon vor Jahren die Möglichkeit eingeräumt, dass der Zuwendende die Steuer übernimmt. Geregelt ist dies in § 37b EStG. Es gilt insoweit ein Pauschsteuersatz von 30 Prozent.

Praxistipp:
Die Senatsverwaltung für Finanzen Berlin hat in einem kurzen Merkblatt die wichtigsten Eckdaten zur Besteuerung von Freikarten zusammengestellt. Sie finden das Merkblatt unter dem Link www.berlin.de/politik-und-verwaltung
gepostet: 07.04.2022
Gesetzgebung: Entwurf des Vierten Corona-Steuerhilfegesetzes
Das Bundeskabinett hat am 16. Februar 2022 den Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Viertes Corona-Steuerhilfegesetz) beschlossen. Folgende steuerliche Maßnahmen sind beabsichtigt:

Vom Arbeitgeber aufgrund bundes- oder landesrechtlicher Regelungen an in bestimmten Einrichtungen - insbesondere Krankenhäusern - tätige Arbeitnehmer gewährte Sonderzahlungen zur Anerkennung besonderer Leistungen während der Corona-Krise werden bis zu einem Betrag von 3.000 Euro steuerfrei gestellt und auch in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach SGB II nicht angerechnet.

Die steuerliche Förderung der steuerfreien Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld wird um sechs Monate bis Ende Juni 2022 verlängert.

Die bestehende Regelung zur Homeoffice-Pauschale (5 Euro pro Tag, maximal 600 Euro) wäre in 2021 ausgelaufen. Sie soll aber um ein Jahr bis zum 31. Dezember 2022 verlängert werden.

Auch die Möglichkeit zur Inanspruchnahme der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens wäre ausgelaufen. Sie wird um ein Jahr verlängert für Wirtschaftsgüter, die im Jahr 2022 angeschafft oder hergestellt werden.

Die erweiterte Verlustverrechnung wird bis Ende 2023 verlängert; für 2022 und 2023 wird der Höchstbetrag beim Verlustrücktrag auf 10 Mio. Euro bzw. auf 20 Mio. Euro bei Zusammenveranlagung angehoben; der Verlustrücktrag wird darüber hinaus ab 2022 dauerhaft auf zwei Jahre ausgeweitet und erfolgt in die unmittelbar vorangegangenen beiden Jahre.

Die Investitionsfristen für steuerliche Investitionsabzugsbeträge nach § 7g EStG ("Ansparabschreibung"), die in 2022 auslaufen, werden um ein weiteres Jahr verlängert.

Auch die steuerlichen Investitionsfristen für Reinvestitionen nach § 6b EStG werden um ein weiteres Jahr verlängert.

Die Frist zur Abgabe von Steuererklärungen 2020 in beratenen Fällen wird voraussichtlich um weitere drei Monate verlängert; hieran anknüpfend werden auch die Erklärungsfristen für 2021 und 2022 verlängert, jedoch in geringerem Umfang.

Praxistipp:
Derzeit handelt es sich nur um einen Gesetzesentwurf, der natürlich noch der Zustimmung von Bundestag und Bundesrat bedarf. Wir werden Sie weiter auf dem Laufenden halten.
gepostet: 05.04.2022
Dienstwagen: Zuschlagsbesteuerung trotz Sammeltransport
In ländlichen Gegenden ohne gute Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr ist es durchaus üblich, dass Arbeitgeber Sammeltransporte organisieren, damit ihre Arbeitnehmer ohne allzu großen Zeitverlust zur Arbeit gelangen können. Meist wird ein Bus- oder Taxiunternehmer beauftragt. Für die Mitarbeiter ist die Sammelbeförderung nach § 3 Nr. 32 EStG steuerfrei. Nun gibt es aber auch Fälle, in denen Arbeitgeber einem oder mehreren Mitarbeitern jeweils Firmen-Pkw zur Verfügung stellen mit der Pflicht, ihre Kolleginnen und Kollegen jeweils morgens und abends mitzunehmen. Für die "per Sammeltransport" zur Arbeit beförderten Mitarbeiter bleibt es wohl dabei, dass kein geldwerter Vorteil für die Fahrten zur Arbeit versteuert werden muss. Anders ist die Sache aber für den Fahrer. Jedenfalls dann, wenn er das Fahrzeug auch nach Feierabend nutzen darf, muss er nicht nur einen geldwerten Vorteil für die Privatnutzung versteuern - zumeist nach der so genannten Ein-Prozent-Regelung -, sondern obendrein noch einen Zuschlag für die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb. Das sind üblicherweise pro Monat 0,03 Prozent des Listenpreises je Entfernungskilometer. So lautet ein Urteil des Finanzgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 14.7.2021 (1 K 65/15), das soeben rechtskräftig geworden ist.

Der Sachverhalt: Der Arbeitgeber stellte einigen Mitarbeitern Dienstwagen zur Verfügung, die sie auch privat nutzen durften. Allerdings beauftragte er sie, zum Beispiel Arbeitnehmer ohne Führerschein mit zur Arbeit zu nehmen. Sämtliche Kosten, die mit dem Betrieb der für den Sammeltransport eingesetzten Kfz entstanden, trug der Arbeitgeber. Das Finanzamt stellte fest, dass der Zuschlag von 0,03 Prozent für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bei den Fahrern bisher nicht angesetzt worden war und holte die Besteuerung nach. Die hiergegen gerichtete Klage blieb ohne Erfolg.

Begründung: Nach § 3 Nr. 32 EStG ist zwar die unentgeltliche oder verbilligte Sammelbeförderung eines Arbeitnehmers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit einem vom Arbeitgeber gestellten Beförderungsmittel steuerfrei, soweit die Sammelbeförderung für den betrieblichen Einsatz des Arbeitsnehmers notwendig ist. Überlässt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer einen Dienstwagen auch uneingeschränkt für private Zwecke, kommt § 3 Nr. 32 EStG allerdings nicht zur Anwendung.
gepostet: 03.04.2022
Rückstellung bei Pflicht zur Wartung und Instandhaltung von Werkzeugen
Nutzt ein Zulieferbetrieb spezielle Werkzeuge für die Produktion von Teilen, die ihm vom jeweiligen Auftraggeber überlassen werden, so muss er eine Rückstellung bilden, wenn ihm eine Verpflichtung zur Wartung, Instandhaltung und Aufbewahrung der zur Verfügung stehenden Werkzeuge obliegt und seine Verpflichtung bereits durch den so genannten Werkzeugvertrag abgegolten wird. So lautet ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs vom 2.7.2021 (XI R 21/19).

Die Klägerin entwickelt als Zulieferbetrieb bestimmte Teile und stellt sie her. Daneben fertigt sie auch die für die Produktion der Teile erforderlichen kundenspezifischen Spezialwerkzeuge und Vorrichtungen, ändert sie und hält sie instand. Sie schloss mit ihren Auftraggebern zum einen jeweils einen Rahmenlieferungsvertrag zur Beschaffung der entsprechenden Teile und zum anderen so genannte Werkzeugverträge ab. Diese Werkzeugverträge sehen u.a. vor, dass das Eigentum an den von der Klägerin im Auftrag des jeweiligen Vertragspartners gefertigten Werkzeugen nach Fertigstellung und mit Bezahlung durch den Auftraggeber auf diesen übergeht. Die Werkzeuge sind dauerhaft derart zu kennzeichnen, dass sie als Eigentum des Auftraggebers erkannt werden können, verbleiben bei der Klägerin und dürfen von ihr zur Ausführung von Bestellungen des jeweiligen Auftraggebers benutzt werden. In den Werkzeugverträgen ist zudem geregelt, dass die Werkzeuge von der Klägerin gegen Feuer, Diebstahl und Wasserschaden zum Wiederbeschaffungswert zu versichern sind. Darüber hinaus trägt die Klägerin die Kosten der laufenden Wartung, Instandhaltung sowie der Reparatur der Werkzeuge. Die tatsächliche Produktion der Teile hat keinen Einfluss auf den für die Werkzeuge zu zahlenden Preis. Die Klägerin bildete aufgrund ihrer vertraglichen Pflichten eine Rückstellung für Werkzeugkosten.

Das Finanzgericht und nun auch der Bundesfinanzhof sehen die Bildung der Rückstellung als rechtens an. Es ist eine Rückstellung wegen Erfüllungsrückstands für die "Nachbetreuungsleistungen“ an den gelieferten Werkzeugen zu bilden, das heißt, eine Rückstellung für die Aufwendungen zur Wartung, Instandhaltung und Aufbewahrung der Werkzeuge. Die Passivierung der Aufwendungen zur Nachbetreuung der Werkzeuge ist auch nicht nach § 5 Abs. 4b Satz 1 EStG ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift dürfen Rückstellungen für Aufwendungen, die in künftigen Wirtschaftsjahren als Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts zu aktivieren sind, nicht gebildet werden. Ein solches Passivierungsverbot lag im Streitfall aber nicht vor.
gepostet: 01.04.2022
März 2022
Leihmutterschaft: Aufwendungen sind keine außergewöhnlichen Belastungen
Aufwendungen, die ein aus zwei Männern bestehendes Ehepaar für eine in den USA durchgeführte Leihmutterschaft tragen, sind nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar. So lautet ein Urteil des Finanzgerichts Münster vom 7.10.2021 (10 K 3172/19 E). Allerdings haben die Richter die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen, die nunmehr unter dem Az. VI R 29/21 vorliegt. Es bleibt also abzuwarten, ob die obersten Steuerrichter den Abzug gegebenenfalls doch zulassen.

Der Sachverhalt: Zwei miteinander verheiratete Männer nahmen die Dienste einer in Kalifornien (USA) lebenden Leihmutter in Anspruch. Diese wurde dort in einer Leihmutterklinik künstlich befruchtet, wobei die Eizelle von einer anderen Frau und die Samenzellen von einem der Männer stammten. Das hieraus entstandene Kind lebt seit seiner Geburt bei den Männern in Deutschland. Die Männer machten die im Zusammenhang mit der Leihmutterschaft angefallenen Aufwendungen (Agentur-, Reise-, Beratungs- und Untersuchungskosten sowie Kosten für Nahrungsergänzungsmittel zur Steigerung der Fertilität) in Höhe von ca. 13.000 Euro als außergewöhnliche Belastungen geltend. Dies lehnte das Finanzamt ab, weil eine Leihmutterschaft nach dem Embryonenschutzgesetz in Deutschland verboten sei.

Das FG Münster hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen. Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung, welche aufgrund der Empfängnisunfähigkeit einer Frau oder der Zeugungsunfähigkeit eines Mannes getätigt würden, seien zwar als Krankheitskosten und damit als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen. Erforderlich sei hierbei aber, dass die künstliche Befruchtung in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht sowie mit den Richtlinien der Berufsordnungen für Ärzte vorgenommen werde.

Von der Rechtsprechung anerkannt worden seien derartige Aufwendungen unabhängig davon, ob die künstlich befruchtete Frau in einer gemischt- oder gleichgeschlechtlichen oder in gar keiner Beziehung lebe. Vor diesem Hintergrund sei nicht von vornherein auszuschließen, dass sich die Rechtsprechung weiterhin dahin entwickele, dass auch zwei Ehemänner Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung geltend machen können, wenn bei einem der Partner Symptome einer psychischen Erkrankung eingetreten seien. Im Streitfall scheitere die Abziehbarkeit allerdings daran, dass die Behandlung nicht nach den Vorschriften des innerstaatlichen Rechts vorgenommen worden sei. Nach dem Embryonenschutzgesetz seien eine künstliche Befruchtung mit der Eizelle einer anderen Frau und ein Leihmutterschaftsverhältnis nicht erlaubt.
gepostet: 31.03.2022
Umsatzsteuer: Leistungen von Bäckereifilialen im Vorkassenbereich
Bäckereifilialen, die sich im Vorkassenbereich von Supermärkten befinden, und zum Beispiel Kuchen oder belegte Brötchen zum Verzehr an Ort und Stelle verkaufen, erbringen damit Leistungen, die vor dem 1. Juli 2020 dem vollen Umsatzsteuersatz von 19 Prozent unterlagen. So lautet ein aktueller Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH 15.9.2021, XI R 12/21 / XI R 25/19).

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin, eine Bäckerei, betreibt auch Konditoreien und Cafés, die sich unter anderem in Vorkassenzonen von Lebensmittelmärkten befinden. In allen Filialen erfolgte die Ausgabe der zum Verzehr vor Ort bestimmten Speisen an den Kunden grundsätzlich direkt am Verkaufstresen. Das Abräumen der - zum Teil dekorierten - Tische oblag in der Regel den Kunden. Wenn die Kunden das Abräumen der Tische unterließen, räumte das Personal der Klägerin das Geschirr von den Tischen. Anschließend wurde das Geschirr von Arbeitnehmern der Klägerin gereinigt, die ausschließlich als Verkaufspersonal für Backwaren und nicht als Kellner, Koch oder gastronomisch ähnlich qualifiziertes Fachpersonal angestellt waren. Im Streitjahr (2006) erklärte die Klägerin Umsätze zum ermäßigten Steuersatz auch für die Speisen bzw. Lebensmittel (belegte Brötchen, Kuchenteile), die zum Verzehr an Ort und Stelle bestimmt waren. Das Finanzamt hingegen unterwarf diesen Teil der Speisen dem regulären Steuersatz. Klage und Revision des Unternehmens blieben ohne Erfolg.

Die Begründung des BFH: Die Abgabe von Speisen kann sowohl im Rahmen einer Lieferung als auch als sonstige Leistung erfolgen. Außerhalb der Corona-Pandemie ist diese Differenzierung von enormer Wichtigkeit, da vor dem 1.7.2020 nur für die reine Lieferung von Nahrungsmitteln der ermäßigte Umsatzsteuersatz in Betracht kam. Geht die Speisenabgabe mit Dienstleistungselementen einher, liegen Restaurationsumsätze vor, die vor dem 1.7.2020 dem regulären Steuersatz unterlagen. Für die Annahme einer Dienstleistung sprechen u.a. Aspekte wie die Anwesenheit von Kellnern sowie die Bereitstellung von Geschirr, Mobiliar oder Gedeck. Eine Lieferung kann hingegen ausnahmsweise vorliegen, wenn nur behelfsmäßige Verzehrvorrichtungen, etwa ganz einfache Verzehrtheken ohne Sitzgelegenheit, vorhanden sind. Eine solche Ausnahme war im Streitfall nach Ansicht der BFH-Richter aber nicht - mehr - gegeben. Durch die Gestellung von Tischen und Stühlen, Geschirr und teilweise auch Dekoration sowie die Erbringung von Reinigungsleistungen im Hinblick auf diese Gegenstände sei die Gesamtleistung einer Bäckereifiliale aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers als Restaurationsleistung und damit als Dienstleistung zu qualifizieren. Soweit Bäckereifilialen nicht über einen abgeschlossenen Speisesaal, eine Garderobe oder Toiletten verfügen, sei dies für die Einordnung als Restaurationsumsatz unerheblich. Ohne Bedeutung sei auch, dass die Kosten der Umsätze gegebenenfalls nicht von der Dienstleistung geprägt sind, sondern vom Einkaufspreis.

Praxistipp:
Für die Abgabe von Speisen gilt in der Gastronomie seit dem 1. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2022 der ermäßigte Steuersatz. Die Abgabe von Getränken unterliegt weiterhin dem vollen Steuersatz. Insofern hat die Rechtsprechung zunächst nur für Altfälle Bedeutung.
gepostet: 29.03.2022
Säumniszuschläge: Sind diese verfassungswidrig zu hoch?
Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet, so verlangt der Fiskus für jeden angefangenen Monat der Säumnis einen Säumniszuschlag von 1 Prozent des rückständigen Steuerbetrags (abgerundet auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag). Säumniszuschläge haben mehrere Funktionen: Zum einen sind sie ein Druckmittel eigener Art, das den Steuerschuldner zur rechtzeitigen Zahlung der festgesetzten Steuer bewegen soll. Zum anderen gleichen sie den Zinsnachteil der Finanzverwaltung aus oder schöpfen - je nach Sichtweise - den Zinsvorteil des Steuerschuldners ab. Durch Säumniszuschläge werden schließlich auch die Verwaltungsaufwendungen abgegolten, die der Finanzverwaltung dadurch entstehen, dass Steuerpflichtige eine fällige Steuer nicht oder nicht fristgemäß zahlen.

Die Höhe des Säumniszuschlags von 1 Prozent pro Monat ist allerdings verfassungsrechtlich umstritten, und zwar nicht erst seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verzinsung von Steuernachforderungen und -erstattungen. Die Verfassungshüter haben entschieden, dass die Steuerverzinsung ("Vollverzinsung") von 0,5 Prozent pro Monat seit dem 1.1.2014 verfassungswidrig ist, auch wenn der Zinssatz erst ab dem 1.1.2019 korrigiert werden muss (BVerfG-Beschluss vom 8.7.2021, 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17).

Nunmehr hat das Finanzgericht Münster ernste verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe des Säumniszuschlags geäußert und deshalb in einem Fall die Aussetzung der Vollziehung gewährt, das heißt die Vollziehung des entsprechenden Abrechnungsbescheides in voller Höhe aufgehoben (FG Münster vom 16.12.2021, 12 V 2684/21 AO). Es ging um Säumniszuschläge, die im Jahre 2019 im Zusammenhang mit einer Grunderwerbsteuerforderung erhoben wurden.

Zuvor hat auch der Bundesfinanzhof erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Höhe der Säumniszuschläge geäußert und die Aussetzung der Vollziehung gewährt. In einem Beschluss vom 26.5.2021 (VII B 13/21 AdV) heißt es: Gegen die Höhe der nach § 240 AO zu entrichtenden Säumniszuschläge bestehen für Jahre ab 2012 jedenfalls insoweit erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken, als den Säumniszuschlägen nicht die Funktion eines Druckmittels zukommt, sondern die Funktion einer Gegenleistung oder eines Ausgleichs für das Hinausschieben der Zahlung fälliger Steuern, mithin also eine zinsähnliche Funktion.

Praxistipp:
Die Entscheidungen sind "nur" zu Aussetzungsverfahren und - noch - nicht in der Hauptsache ergangen. Allerdings sind bereits zwei Revisionsverfahren beim BFH zu der Thematik anhängig (Az. VII R 55/20 und VII R 19/21). Man darf also gespannt sein, ob der BFH seine Bedenken wiederholt und gegebenenfalls das Bundesverfassungsgericht anrufen wird.
gepostet: 27.03.2022
Grundsteuer: Kein Erlass der Steuer bei baurechtswidriger Nutzung
Sofern Vermieter Mietausfälle beklagen müssen, ohne diese verschuldet zu haben, können sie einen teilweisen Erlass der Grundsteuer beantragen. Bei einer Ertragsminderung von mehr als 50 Prozent beträgt der Grundsteuererlass 25 Prozent, bei einer Ertragsminderung von 100 Prozent gibt es 50 Prozent der Grundsteuer zurück. Der Antrag auf den Grundsteuererlass ist jeweils bis zum 31. März für das entsprechende Vorjahr an die zuständige Gemeindeverwaltung zu richten, in Berlin, Bremen (aber nicht Bremerhaven) und Hamburg an das Finanzamt (§ 34 Abs. 1 GrStG).

Ein Grundstückseigentümer hat allerdings keinen Anspruch auf den Erlass der Grundsteuer, wenn ihn ein eigenes Verschulden an einer Ertragsminderung trifft. Dies hat das Verwaltungsgericht Koblenz aktuell bestätigt (Urteil vom 16.11.2021, 5 K 256/21.KO). Der Sachverhalt: Die Klägerin ist Eigentümerin einer Immobilie, die sich in einem Gewerbegebiet befindet und die baurechtlich - bis auf die Hausmeisterwohnung - nur gewerblich als Bürogebäude genutzt werden darf. Die Eigentümerin beantragte einen Grundsteuererlass, da von acht Einheiten des Gebäudes nur eine vermietet worden sei. Die Gemeinde lehnte den begehrten Grundsteuererlass ab und führte aus, die Klägerin habe sich nicht nachhaltig um die Vermietung des Objekts bemüht. Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg.

Begründung: Die Grundsteuer kann nach den gesetzlichen Bestimmungen zwar teilweise erlassen werden, aber nur dann, wenn der Eigentümer die Minderung der Mieteinnahmen nicht zu vertreten hat. Dies sei hier nicht der Fall. Der Klägerin sei bei Erwerb des Gebäudes, das bereits seit 20 Jahren im Eigentum ihrer Familie gestanden habe, bekannt gewesen, dass eine Vermietung mit Blick auf die baurechtlichen Vorschriften nur zu Gewerbezwecken in Betracht komme. Das Objekt weise indes eine deutliche Prägung als reines Wohnhaus auf, was einer Vermietung der Einheiten zu Gewerbezwecken (Büronutzung) entgegenstehe. Die Klägerin habe aber keine baulichen Maßnahmen ergriffen, um die Einheiten einer gewerblichen Nutzung zuzuführen. Habe sie es somit unterlassen, das Objekt in einen Zustand zu versetzen, der sich zur Vermietung für die erlaubte Nutzung der Räumlichkeiten eigne, habe sie die Ursache für den Leerstand des Gebäudes selbst zu verantworten.
gepostet: 25.03.2022
Kindergeld: Schädliche Unterbrechung eines FSJ wegen Krankheit
Leisten Kinder nach ihrer Vollzeitschulpflicht ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr oder bestimmte andere Freiwilligendienste, haben Eltern während dieser Zeit Anspruch auf Kindergeld. Und nicht nur diese Zeit, sondern auch die Übergangszeit davor und danach ist grundsätzlich durch Kindergeld begünstigt - vorausgesetzt, die Übergangszeit dauert nicht länger als vier volle Monate. Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs führt der krankheitsbedingte Abbruch eines Freiwilligendienstes aber zum Verlust des Kindergeldanspruchs (BFH-Urteil vom 9.9.2020, III R 15/20).

Der Sachverhalt: Die Tochter des Klägers begann nach dem Abitur im September 2017 ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) bei der Johanniter-Unfall-Hilfe. Die Tochter litt an Bulimie und Anorexie. Im Mai 2018 verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand derart, dass sie das FSJ zum Ende des Monats kündigte und sich anschließend praktisch durchgängig bis Dezember 2018 in stationärer Behandlung befand. Ab Januar 2019 war die Tochter wieder im Rahmen eines FSJ in einer Behindertenwerkstatt eines anderen Trägers eingesetzt. Die Familienkasse hob die Festsetzung des Kindergeldes ab Juni 2018 auf. Der BFH sieht dies als rechtens an.

Begründung: Die Tochter erfüllte nicht die Voraussetzungen für die Gewährung des Kindergeldes, da sie im Streitzeitraum Juni 2018 bis Dezember 2018 aufgrund ihrer Erkrankung keinen Freiwilligendienst leistete. Der Freiwilligendienst bei der Johanniter-Unfall-Hilfe wurde zum 31.5.2018 gekündigt und damit beendet. Mangels rechtlicher Bindung zu dem Träger (Johanniter-Unfall-Hilfe) liege auch keine möglicherweise unschädliche krankheitsbedingte zeitweise Unterbrechung, sondern eine Beendigung des Freiwilligendienstes vor. Ein Kind wird zwar in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des FSJ berücksichtigt, doch die Unterbrechung dauerte im Streitfall mehr als vier Monate. Bei der Tochter handelte es sich auch nicht um ein Kind, "das eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatz nicht beginnen oder fortsetzen kann" (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG). Ein FSJ stelle nämlich grundsätzlich keine Berufsausbildung dar. Da die Ableistung eines FSJ keine Berufsausbildung darstellt, ist auch das Warten auf eine Stelle für die Ableistung des freiwilligen Dienstes nicht begünstigt.
gepostet: 23.03.2022
Verpflegungspauschalen: Interessantes Urteil für Müllwerker
Wer außerhalb seiner ersten Tätigkeitsstätte beruflich aktiv ist, darf - je nach Dauer der Abwesenheit - bestimmte Verpflegungspauschbeträge steuerlich geltend machen. Bei einer mehr als achtstündigen Abwesenheit sind es 14 Euro pro Tag. Dabei kommt es auf die Abwesenheit von der Wohnung und zusätzlich von der ersten Tätigkeitsstätte an. Sofern keine erste Tätigkeitsstätte vorliegt, kommt es hingegen nur auf die Abwesenheit von der Wohnung an.

Nunmehr hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass der Betriebshof keine erste Tätigkeitsstätte eines Müllwerkers ist, wenn er dort lediglich die Ansage der Tourenleitung abhört, das Tourenbuch, Fahrzeugpapiere und -schlüssel abholt sowie die Fahrzeugbeleuchtung kontrolliert (BFH-Urteil vom 2.9.2021, VI R 25/19). Damit können Müllwerker wohl Verpflegungsmehraufwendungen von 14 Euro täglich steuerlich machen, wenn sie mehr als acht Stunden von ihrer Wohnung abwesend sind. Sie müssen nicht zusätzlich mehr als acht Stunden vom Betriebshof abwesend sein.

Allerdings muss die vorherige Aussage noch unter einen kleinen Vorbehalt gestellt werden, denn der BFH hat die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen. Diese muss nun prüfen, welche Tätigkeiten der Kläger auf dem Betriebshof beim Arbeitsbeginn und auch bei seiner Rückkehr tatsächlich ausgeführt hat und ob er diese arbeitsrechtlich schuldete. Zudem sei zu prüfen, ob sie zum Berufsbild des Klägers gehören. Kommt sie zum Ergebnis, dass der Müllwerker umfassendere Arbeiten am Betriebshof ausgeführt hat als bislang angenommen, könnte der Abzug der Verpflegungspauschalen doch noch gefährdet sein.
gepostet: 21.03.2022
Unterhaltsleistung: Wohnungsüberlassung als abzugsfähige Sonderausgabe?
Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder getrennt lebenden Ehegatten dürfen bis zu 13.805 Euro als Sonderausgaben abgezogen werden, sofern der Empfänger hierzu seine Zustimmung erteilt. Im Gegenzug muss der Empfänger den gleichen Betrag bei den sonstigen Einkünften versteuern ("Realsplitting"). Als Unterhaltsleistungen gelten auch Sachleistungen, insbesondere der Wert der dem Ex-Partner überlassenen Wohnung. Wird die Wohnung aufgrund einer Unterhaltsvereinbarung überlassen und vermindert sich dadurch die Barunterhaltsverpflichtung, kann der Überlassende den Mietwert als Sonderausgabe absetzen (BFH-Urteil vom 12.4.2000, XI R 127/96). Aber: Haben die Ex-Gatten explizit einen Barunterhalt vereinbart, auf den die unentgeltliche Wohnungsgestellung angerechnet wird, so kommt ein Sonderausgabenabzug im Wege des Realsplitting nur in Höhe dieser Anrechnung - nicht aber in Höhe des Mietwerts der Wohnung - in Betracht (Niedersächsisches FG vom 11.6.2020, 1 K 99/19). Der Sachverhalt: In der Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung wurde ein Barunterhalt in Höhe von 600 Euro pro Monat vereinbart. Zudem wurde folgende Regelung getroffen: Solange der ehemalige Partner noch in der früheren Familienwohnung lebt, wird ein Anteil von 400 Euro als dessen Wohnvorteil bewertet und mithin nur ein Betrag in Höhe von 200 Euro vom Unterhaltsverpflichteten ausgezahlt. Tatsächlich betrug der Mietwert aber rund 800 Euro. Demnach machte der Überlassende anstatt von 7.200 Euro einen weit höheren Betrag als Sonderausgaben geltend.

Nach Auffassung der Finanzrichter stellt die Überlassung der Familienwohnung keine Naturalunterhaltsleistung dar. In der Trennung- und Scheidungsfolgenvereinbarung sei ausdrücklich ein Barunterhaltsanspruch in Höhe von 600 Euro pro Monat vereinbart worden. War danach der Kläger grundsätzlich gesetzlich zur Leistung von Barunterhalt in voller Höhe verpflichtet, so war auch der Abschluss eines Mietvertrages grundsätzlich angemessen. Mit Rücksicht auf die Barunterhaltspflicht bestehe für den Unterhaltsverpflichteten regelmäßig kein Anlass, dem Unterhaltsberechtigten eine Wohnung unentgeltlich zur Nutzung zu überlassen. Demnach kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass bei einer Vereinbarung von Barunterhalt, auf den eine unentgeltliche Wohnungsgestellung angerechnet wird, ein Sonderausgabenabzug im Wege des Realsplitting nur in Höhe dieser Anrechnung in Betracht kommt, nicht jedoch in Höhe des Mietwerts der Wohnung.

Praxistipp:
Gegen das Urteil liegt die Revision beim Bundesfinanzhof unter dem Az. X R 33/20 vor, so dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.
gepostet: 19.03.2022
Gewerbesteuer: Veranstaltungs-DJ kann Künstler sein
Vor den Finanzgerichten geht es immer wieder um die Frage, ob Discjockeys Künstler sind und die entsprechenden Veranstaltungen als Konzerte gelten. Wichtig ist dies zum einen für die Frage, ob DJs mit ihren Gewinnen der Gewerbesteuer unterliegen und zum anderen, ob die Eintrittsgelder für die Veranstaltungen dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegen. Nun hat das Finanzgericht Düsseldorf entschieden, dass ein DJ durchaus als Künstler anzusehen sein kann, damit Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit erzielt und folglich keine Gewerbesteuer gezahlt werden muss (Urteil vom 12.8.2021, 11 K 2430/18 G, rechtskräftig).

Der Sachverhalt: Der Kläger legte bei Hochzeiten, Geburtstagsfeiern sowie Firmenveranstaltungen gegen Entgelt auf. Gelegentlich trat er auch in Clubs auf. Mit dem jeweiligen Auftraggeber vereinbarte er, dass er weder in der Programmgestaltung noch in der Darbietung Weisungen unterliegt, auch wenn Stil und Art der Darbietung im Vorfeld abgesprochen werden. Das Finanzamt ordnete die Tätigkeit des Klägers als gewerblich ein und erließ für das Jahr 2016 einen Gewerbesteuermessbescheid. Der Kläger sei nicht künstlerisch tätig, weil er nicht die nötige Gestaltungshöhe erreiche. Der Kläger wandte dagegen ein, dass er Lieder nicht lediglich abspiele, sondern sie in neue, eigene Musikstücke verändere. Er lege andere Beats, welche teilweise selbst erzeugt seien, unter die Songs, variiere die Abspielgeschwindigkeit, verwende Spezialeffekte, spiele Samples (d.h. Teile einer Ton- oder Musikaufnahme) ein oder vermische mehrere Musikstücke. Bekannte Songs erhielten dadurch einen anderen, neuen Charakter. Das FG Düsseldorf hat der Klage stattgegeben; der DJ unterliegt nicht der Gewerbesteuer.

Begründung: Der Kläger spiele nicht nur Lieder anderer Interpreten ab. Vielmehr biete er neue Musik dar. Er gebe den Musikstücken anderer Künstler durch Vermischung und Bearbeitung einen neuen Charakter. Er führe sie damit in dem ihm eigenen Stil auf und vollbringe eine eigenschöpferische Leistung.
gepostet: 17.03.2022
Investmentfonds: Keine steuerpflichtige Vorabpauschale für 2022
Zu Beginn des Jahres 2018 ist die Besteuerung von Investmentfonds neu geregelt worden. Unter anderem gibt es nun die so genannte Vorabpauschale für thesaurierende und teilweise thesaurierende Fonds, also Fonds, die ihre Gewinne nicht oder nicht vollständig ausschütten. Diese Vorpauschale führt zu einer gewissen Mindestbesteuerung, das heißt, durch die Vorabpauschale sollen Werterhöhungen des Fonds vorab versteuert und die Verlagerung von Steuerzahlungen in kommende Jahre vermieden werden.

Die Vorabpauschale beträgt 70 Prozent des jährlichen Basiszinses der Bundesbank multipliziert mit dem Wert des Fondsanteils zum Jahresbeginn (sog. Basisertrag). Sofern der tatsächliche Wertzuwachs des Fonds im Kalenderjahr geringer ist, wird aber nur dieser angesetzt. Gab es keine Wertsteigerung, erfolgt auch keine Vorabbesteuerung. Zugegebenermaßen ist die Besteuerung von Fonds alles andere als leicht. Wichtig für Anleger ist aber, dass für das Jahr 2021 keine Vorabpauschale zu versteuern ist. Grund ist, dass bereits der Basiszins für 2021 mit -0,45 Prozent negativ war. Folglich kann sich rein rechnerisch auch keine steuerpflichtige Vorabpauschale ergeben (BMF-Schreiben vom 6.1.2021, IV C 1-S 1980-1/19/10038:0004). Jüngst hat das Bundesfinanzministerium bekannt gegeben, dass auch für 2022 keine Vorabpauschale zu versteuern ist, denn der Basiszins war - bzw. ist - weiterhin negativ (BMF-Schreiben vom 7.1.2022, IV C 1-S 1980-1/19/10038:0005).
gepostet: 15.03.2022
Erbschaftsteuer: Übertragung der Nachbarwohnung kann steuerfrei sein
Die Vererbung des selbstgenutzten Familienheims an die Kinder ist von der Erbschaftsteuer befreit. Das gilt auch für eine hinzuerworbene Doppelhaushälfte oder Nachbarwohnung, die mit der bereits genutzten eigenen Wohnung verbunden wird. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist allerdings, dass der Erblasser das Familienheim vor dem Erbfall selbst bewohnt hat und der Erbe die Immobilie nach der Erbschaft zehn Jahre lang selbst zu Wohnzwecken nutzt. Die Vergünstigung greift, soweit die Wohnfläche der geerbten Wohnung 200 qm nicht übersteigt. Im Übrigen ist eine weitere wichtige Voraussetzung zu beachten: Die hinzuerworbene Wohnung muss unverzüglich zur Selbstnutzung bestimmt sein (BFH-Urteil vom 6.5.2021, II R 46/19).

"Unverzüglich" bedeutet im Grundsatz, dass der Erbe bereits kurz nach dem Erbfall in das Familienheim einziehen muss, wenn er nicht bereits darin wohnt. Üblicherweise gilt hier eine Frist von maximal sechs Monaten. So hat der Bundesfinanzhof bereits entschieden, dass Kinder eine von ihren Eltern bewohnte Immobilie nur dann steuerfrei erben können, wenn sie die Selbstnutzung als Wohnung innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall aufnehmen. Doch diese Regel gilt nicht uneingeschränkt. Auch ein späterer Einzug kann in besonders gelagerten Ausnahmefällen zum steuerfreien Erwerb des Familienheims führen, etwa im Fall einer dringend notwendigen Renovierung (BFH-Urteil vom 28.5.2019, II R 37/16). Der Erbe muss dann aber glaubhaft darlegen, dass er die Verzögerung nicht zu vertreten hat. Es obliegt ihm, die Renovierungsarbeiten und die Beseitigung etwaiger Mängel zeitlich so zu fördern, dass es nicht zu Verzögerungen kommt, die nach der Verkehrsanschauung als unangemessen anzusehen sind. Ein unverhältnismäßiger Aufwand zur zeitlichen Beschleunigung ist jedoch nicht erforderlich. Vielmehr reicht es aus, wenn der Erwerber alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergreift.

Praxistipp:
Eine zeitliche Verzögerung des Einzugs aufgrund von Renovierungsarbeiten ist dem Erwerber nicht anzulasten, wenn er die Arbeiten unverzüglich in Auftrag gibt, die beauftragten Handwerker sie aber aus Gründen, die der Erwerber nicht zu vertreten hat, z.B. wegen einer hohen Auftragslage, nicht rechtzeitig ausführen können - so der BFH in dem o.g. Urteil vom 6.5.2021. Ein weiteres Indiz für die unverzügliche Bestimmung zur Selbstnutzung ist die zeitnahe Räumung bzw. Entrümpelung der erworbenen Wohnung. Verzögert sich der Einzug hingegen deshalb, weil zunächst ein gravierender Mangel beseitigt werden muss, ist eine spätere Entrümpelung der Wohnung unschädlich, wenn sie nicht ihrerseits zu einem verzögerten Einzug führt.
gepostet: 13.03.2022
Abfindungen an weichende Mieter: Kein Sofortabzug, sondern nur AfA möglich
Die umfassende Renovierung einer Immobilie ist zuweilen nur möglich, wenn die Mieter zuvor ausgezogen sind. Sofern den Mietern für den - vorzeitigen - Auszug Abfindungen gezahlt werden, ist in steuerlicher Hinsicht die Frage zu beantworten, ob die Entschädigungen sofort abziehbar sind oder ob sie zu Herstellungskosten führen und nur im Wege der Absetzung für Abnutzung (AfA) mit 2 oder 2,5 Prozent jährlich zu berücksichtigen sind. Im November 2021 hat das Finanzgericht Münster entschieden, dass an Mieter gezahlte Abfindungen für die vorzeitige Räumung der Wohnungen zum Zweck der Durchführung von Renovierungsmaßnahmen zu anschaffungsnahen Herstellungskosten führen können. Sie sind dann nur per AfA abziehbar (Urteil vom 12.11.2021, 4 K 1941/20 F).

Der Sachverhalt: Ein Vermieter erwarb im Jahr 2016 eine denkmalgeschützte Immobilie mit vier Wohnungen für 1,2 Mio. Euro, die er in den folgenden zwei Jahren für 615.000 Euro renovierte. Vom Kaufpreis entfielen rund 836.000 Euro auf das Gebäude. Um die Mieter zum vorzeitigen Auszug zu bewegen und die Renovierungsarbeiten dadurch einfacher zu gestalten, zahlte der Vermieter Mieterabfindungen von insgesamt 35.000 Euro. Diesen Betrag machte er als sofort abzugsfähige Werbungskosten geltend. Das Finanzamt behandelte die Abfindungen dagegen als anschaffungsnahe Herstellungskosten und versagte den sofortigen Abzug. Die hiergegen gerichtete Klage blieb ohne Erfolg.

Begründung: Zu den Herstellungskosten eines Gebäudes gehören auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen (netto) 15 Prozent der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen (anschaffungsnahe Herstellungskosten gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG). Die Mieterabfindungen seien als solche anschaffungsnahen Herstellungskosten zu behandeln. Der Wortlaut der Vorschrift sei so gefasst, dass als Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen nicht nur Baukosten im technischen Sinne in Betracht kämen. Vielmehr reiche ein unmittelbarer Zurechnungs- bzw. Veranlassungszusammenhang zu der baulichen Maßnahme aus. Für dieses weite Verständnis spreche auch der Sinn und Zweck der Vorschrift, wonach die Renovierung einer Immobilie unmittelbar nach deren Erwerb steuerlich mit dem Erwerb einer bereits renovierten und damit teureren Immobilie gleichgestellt werden solle. Unter Einbeziehung der weiteren Renovierungskosten sei die im Gesetz genannte 15 Prozent-Grenze in Bezug auf die Anschaffungskosten des Gebäudes überschritten. Die Abfindungen seien auch unmittelbar durch die Renovierungsmaßnahmen veranlasst, weil diese durch den Auszug der Mieter schneller und einfacher durchzuführen gewesen seien.

Praxistipp:
Die Richter haben die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen, die zwischenzeitlich auch vorliegt (Az. IX R 29/21). Ob ein sofortiger Abzug möglich gewesen wäre, wenn die Abfindungen erst mehr als drei Jahre nach der Anschaffung geleistet worden wären, musste das Finanzgericht im Übrigen nicht entscheiden. Insoweit hätte sich also durchaus eine andere Beurteilung ergeben können.
gepostet: 11.03.2022
GmbH-Geschäftsführer: Tantieme ist bei Fälligkeit zu versteuern
Geschäftsführer einer GmbH erhalten vielfach eine Tantieme, die sich am Gewinn orientiert. Grundsätzlich unterliegen Tantiemen erst im Zeitpunkt ihres Zuflusses der Lohnbesteuerung. Doch bei beherrschenden oder alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH gilt eine Tantieme grundsätzlich bereits bei Feststellung des Jahresabschlusses der GmbH als fällig und als zugeflossen.

Kürzlich hat der Bundesfinanzhof seine Grundsätze zum Zufluss von Tantiemen bei beherrschenden bzw. alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH bestätigt (BFH-Urteil vom 12.7.2021, VI R 3/19). Danach gilt: In der Regel fließen Geldbeträge dadurch zu, dass sie dem Empfänger bar ausbezahlt oder einem Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben werden. Bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern kann ein Zufluss von Einnahmen aber auch ohne Zahlung oder Gutschrift bereits früher vorliegen. Denn ein beherrschender Gesellschafter hat es regelmäßig in der Hand, sich geschuldete Beträge auszahlen zu lassen, wenn der Anspruch eindeutig, unbestritten und fällig ist. Fällig wird der Anspruch auf Tantiemen (erst) mit der Feststellung des Jahresabschlusses, sofern die Vertragsparteien nicht zivilrechtlich wirksam und fremdüblich eine andere Fälligkeit im Anstellungsvertrag vereinbart haben.

Soweit nach der Tantiemevereinbarung die Fälligkeit der Tantieme nicht mit der Feststellung des Jahresabschlusses, sondern erst nach gesonderter Aufforderung durch den Geschäftsführer, eventuell unter Berücksichtigung der Zahlungsmöglichkeit der GmbH, eintreten sollte, ist dies steuerlich unbeachtlich. Hieraus lässt sich kein abweichender Fälligkeitszeitpunkt ableiten. Denn der beherrschende Geschäftsführer hat es weiterhin allein in der Hand, den Fälligkeitszeitpunkt des Tantiemeanspruchs zu bestimmen und damit über die streitigen Tantiemeansprüche wirtschaftlich zu verfügen, auch soweit sie noch nicht ausgezahlt worden sind.

Praxistipp:
Grundsätzlich muss die Versteuerung einer Tantieme also bei Feststellung des Jahresabschlusses erfolgen. Zwar ist eine abweichende Fälligkeitsvereinbarung, sofern sie zivilrechtlich wirksam ist, auch von der Finanzverwaltung zu akzeptieren, etwa wenn die Tantieme "einen Monat nach Genehmigung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafterversammlung fällig wird". Allerdings setzt der so genannte Fremdvergleich gewisse Grenzen. Das heißt: Eine Fälligkeit, die erst mehrere Monate nach Feststellung des Jahresabschlusses greift, würde ein fremder Geschäftsführer wohl nicht akzeptieren und daher würde eine unangemessene Vereinbarung zwischen einem beherrschenden Gesellschafter und seiner GmbH steuerlich keinen Bestand haben.

Praxistipp:
Was aber gilt, wenn der Jahresabschluss der GmbH verspätet festgestellt wird, das heißt unter Missachtung der Fristen des 42a Abs. 2 GmbHG? Antwort: Die Fälligkeit einer Tantieme wird trotz des Verstoßes gegen gesetzliche Fristen nicht per se auf den Zeitpunkt vorverlagert, der bei fristgerechter Aufstellung des Jahresabschlusses eingetreten wäre (BFH-Urteil vom 28.4.2020, VI R 44/17). Hier muss man sich den jeweiligen Sachverhalt also genau anschauen.
gepostet: 09.03.2022
Erbschaftsteuer: Zum Abzug von Beerdigungskosten als Erbfallkosten
Zur Ermittlung der Erbschaftsteuer sind von dem geerbten Vermögen unter anderem die Kosten der Bestattung des Erblassers, die Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal sowie die Kosten für die übliche Grabpflege abzuziehen. Ohne Nachweis wird für diese Kosten insgesamt ein Betrag von 10.300 Euro berücksichtigt. Kürzlich hat das Finanzgericht Münster entschieden, dass Beerdigungskosten aber nicht als Erbfallkosten abzugsfähig sind, soweit sie durch eine von der Erblasserin abgeschlossene Sterbegeldversicherung geleistet werden und der Versicherungsanspruch an ein Bestattungsunternehmen abgetreten wurde (Urteile vom 19.8.2021, 3 K 1551/20 Erb und 3 K 1552/20 Erb). Der Sachverhalt: Die Kläger sind Geschwister, die gemeinsam Erben ihrer verstorbenen Tante geworden sind. Bei der Erbschaftsteuererklärung machten sie Erbfallkosten von rund 15.000 Euro geltend. Allerdings wurde ein Teilbetrag der Beerdigungskosten in Höhe von etwa 6.800 Euro von einer Sterbegeldversicherung übernommen, die die Tante abgeschlossenen hatte. Den Auszahlungsanspruch gegen die Versicherung hatte sie bereits zu Lebzeiten an das Bestattungsunternehmen abgetreten. Das Finanzamt sah den Anspruch der Tante gegen die Sterbegeldversicherung als steuerpflichtigen Erwerb an. Für die Erbfallkosten zog es lediglich den Pauschbetrag in Höhe von 10.300 Euro ab. Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg.

Die Begründung: Von den geltend gemachten Erbfallkosten in Höhe von ca. 15.000 Euro seien die von der Versicherung übernommenen 6.800 Euro nicht abzugsfähig, so dass die Erbfallkostenpauschale von 10.300 Euro nicht überschritten sei. Abzugsfähig seien nur solche Kosten, die dem Erben auch tatsächlich entstanden sind. Die von der Versicherung getragenen Kosten seien den Klägern wegen der insoweit noch zu Lebzeiten der Tante erfolgten Abtretung des Versicherungsanspruchs an das Bestattungshaus nicht entstanden. Dieser Anspruch habe aufgrund der Abtretung nicht zur Erbmasse gehört. Der dagegen zur Erbmasse gehörende Anspruch gegen das Bestattungshaus auf Bestattungsleistungen sei durch die tatsächliche Erbringung dieser Leistungen erloschen, ohne dass den Klägern insoweit Kosten entstanden seien. Das Gericht hat in beiden Verfahren die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
gepostet: 07.03.2022
Steuersatz: Privilegierung von Gewinneinkünften in 2007 war verfassungswidrig
Im Jahre 2007 wurde der Spitzensteuersatz für Einkünfte über 250.000 Euro (Einzelveranlagung) bzw. 500.000 Euro (Zusammenveranlagung) von 42 auf 45 Prozent erhöht. Man sprach von der Reichensteuer. Von der Erhöhung wurden allerdings Gewinneinkünfte, zum Beispiel Einkünfte aus Gewerbebetrieb, für das Jahr 2007 ausgenommen, sodass der Spitzensteuersatz von 45 Prozent nur Bezieher von Überschusseinkünften, also etwa sehr gut verdienende Arbeitnehmer, traf. Zur Begründung führte der Gesetzgeber zum einen an, Gewinneinkünfte seien mit einem spezifisch unternehmerischen Risiko verbunden. Zum anderen wollte er mit der Entlastung der Gewinneinkünfte dem Umstand Rechnung tragen, dass für 2008 eine umfassende Unternehmenssteuerreform geplant war. Er sah vor diesem Hintergrund eine Anhebung des Spitzensteuersatzes auch für unternehmerische Einkünfte als das falsche Signal.

Nunmehr hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass eine auf Gewinneinkünfte beschränkte Begrenzung des Einkommensteuertarifs durch Regelungen im Steueränderungsgesetz 2007 und im Jahressteuergesetz 2007 verfassungswidrig war. Die Vorschriften bewirkten eine nicht gerechtfertigte Begünstigung von Gewinneinkünften gegenüber den Überschusseinkünften (BVerfG-Beschluss vom 8.12.2021, 2 BvL 1/13). Es ging um folgenden Sachverhalt: Der Geschäftsführer einer großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erzielte im Jahre 2007 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von mehr als 1,5 Mio. Euro. Deshalb berücksichtigte das Finanzamt in der Einkommensteuerveranlagung den Spitzensteuersatz von 45 Prozent. Die Verfassungshüter halten die Privilegierung der Gewinneinkünfte mit dem allgemeinen Gleichheitssatz für unvereinbar.

Praxistipp:
Der Gesetzgeber ist verpflichtet, spätestens bis zum 31. Dezember 2022 rückwirkend für das Veranlagungsjahr 2007 eine Neuregelung zu treffen. Es wird spannend sein, wie diese ausgestaltet wird.
gepostet: 05.03.2022
Verpflegungspauschalen: Sozialversicherungsrechtliche Besonderheit beachten
Arbeitgeber dürfen ihren Arbeitnehmern die Mehraufwendungen für Verpflegung steuer- und auch sozialversicherungsfrei ersetzen, sofern diese eine Auswärtstätigkeit ausüben und mehr als acht Stunden abwesend sind. Dabei kommt es auf die Abwesenheit von der Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte an, sofern eine solche gegeben ist. Üblicherweise zahlen Arbeitgeber die Pauschalen zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Lohn, da den Arbeitnehmern ja entsprechende Verpflegungsaufwendungen entstanden sind. Doch im Einzelfall kann es durchaus vorkommen, dass Arbeitgeber die Spesen von vornherein als Teil des geschuldeten Arbeitslohns betrachten. Hier ist aber eine sozialversicherungsrechtliche Besonderheit zu beachten.

Kürzlich hat das Landessozialgericht München entschieden, dass Verpflegungspauschalen, die nach der arbeitsvertraglichen Regelung in einem fixen Nettolohn enthalten sind, sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt darstellen. Allein die Steuerfreiheit von Einnahmen führt nicht zur Beitragsfreiheit (Urteil vom 22.9.2021, L 16 BA 11/20).

Der Sachverhalt: Der Kläger betreibt ein Gewerbe für Kleintransporte. Ein Arbeitsvertrag mit einem Kraftfahrer sah vor, dass dieser im Grundsatz eine fixe Nettovergütung in Höhe von 1.450 Euro erhielt. In diesen Betrag einbezogen waren sowohl die laufenden Bezüge als auch die anfallenden Spesen (damals in Höhe von 12 Euro täglich), die ab acht Arbeitsstunden zu gewähren waren. Durch den Arbeitgeber erfolgte zwar eine monatsaktuelle Berechnung der Spesen und damit des auszuzahlenden Lohns, doch ausweislich der vorgelegten Stundenzettel war der Arbeitnehmer an fast sämtlichen Arbeitstagen mehr als acht Stunden unterwegs. Von daher erhielt er seine Pauschalen so gut wie immer. Der Sozialversicherungsträger war der Auffassung, dass die Verpflegungsmehraufwendungen beitragspflichtiges Arbeitsentgelt darstellen, da diese nicht zusätzlich gezahlt worden seien, sondern im vereinbarten Nettoarbeitsentgelt mit enthalten seien. Die Richter des LSG stimmten dem zu.

Begründung: Auch wenn die gewährten Mehraufwendungen nach § 3 Nr. 16 EStG steuerfrei sind, ist für die Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung jedoch weiter erforderlich, dass diese zusätzlich zum Arbeitsentgelt hinzutreten, so dass allein die Steuerfreiheit von Einnahmen nicht zur Sozialversicherungsfreiheit führt. Werden über arbeitsvertraglich geschuldete Leistungen hinaus freiwillige Leistungen des Arbeitgebers gewährt, ist das Zusätzlichkeitserfordernis in jedem Fall erfüllt. "Zusätzlich“ werden Zuwendungen aber nicht gewährt, die als Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung Bestandteil des Vergütungsanspruchs sind. Zusätzlichkeit liegt nicht vor, wenn der Verpflegungsmehraufwand nach dem Arbeitsvertrag vom vereinbarten Gehalt abgezogen wird.
gepostet: 03.03.2022
Schlussbesprechung nach Betriebsprüfung: Telefonkonferenz ist ausreichend
Zu einer Betriebsprüfung gehört regelmäßig eine Schlussbesprechung, bei der üblicherweise die maßgebenden Personen des Finanzamts, der Steuerberater und gegebenenfalls der Steuerpflichtige, also der Mandant, teilnehmen. Das Recht auf eine Schlussbesprechung ist in der Abgabenordnung verankert. Sie dient dazu, strittige Sach-verhalte sowie die rechtliche Beurteilung der Prüfungsfeststellungen und ihre steuerlichen Auswirkungen zu erörtern. Nun werden persönliche Kontakte in der jetzigen Coronawelle wieder einmal minimiert - das betrifft auch die Schlussbesprechungen. Und so stellt sich die Frage, ob Prüfungsfeststellungen durch das Finanzamt überhaupt verwertbar sind, solange keine Schlussbesprechung "von Angesicht zu Angesicht" durchgeführt werden kann.

Bereits im Jahr 2020 hat das Finanzgericht Düsseldorf dazu entschieden, dass Steuerpflichtige zwar ein Recht auf eine Schlussbesprechung haben, diese aber auch telefonisch erfolgen darf. Eine Schlussbesprechung müsse nicht unter persönlicher Anwesenheit erfolgen, insbesondere da ein Ende der Corona-Epidemie nicht absehbar sei. § 201 Abs. 1 Satz 1 AO mache keine Vorgaben zu dem Ort sowie der Art und Weise der Durchführung einer Schlussbesprechung. Die Prüfungsfeststellungen könnten auch in einem telefonischen Gespräch erörtert werden (Beschluss vom 11.5.2020, 3 V 1087/20 AE, AO).
gepostet: 01.03.2022
Februar 2022
Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschläge: Steuerfreiheit trotz regelmäßiger Zahlung
Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt werden, sind bis zu bestimmten Höchstgrenzen steuer- und sozialversicherungsfrei (§ 3b EStG, § 1 SvEV). Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass die Zuschläge neben dem Grundlohn geleistet werden; sie dürfen nicht Teil einer einheitlichen Entlohnung für die gesamte, auch an Sonn- und Feiertagen oder nachts geleistete Tätigkeit sein. In der Praxis ist die Frage, ob die Zuschläge gesondert neben dem Grundlohn geschuldet werden, nicht immer leicht zu beantworten. Die Finanzverwaltung sieht in den Zulagen oftmals pauschale Zahlungen, die nicht begünstigt sind. In einem Verfahren vor dem Bundesfinanzhof ging es nun um die so genannte Theaterbetriebszulage für Darsteller an Theatern und Bühnen. Das Urteil des BFH dürfte aber auch für zahlreiche andere Berufe von erheblicher Bedeutung sein.

Der BFH hat entschieden, dass die Theaterbetriebszulage für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit selbst dann steuerfrei bleibt, wenn sie im Prinzip immer gezahlt wird (BFH-Urteil vom 9.9.2021, VI R 16/19). Der Sachverhalt: Nach dem maßgebenden "Manteltarifvertrag Cast" und dem "Entgelttarifvertrag" hat jedes Castmitglied Anspruch auf die Zahlung einer Theaterbetriebszulage (TBZ) in Höhe von 20 Prozent des Arbeitsentgelts. Die TBZ wird als tariflicher Zuschlag für Nachtarbeit und für Sonn- und Feiertagsarbeit gezahlt. Das Finanzamt war der Auffassung, dass die TBZ die besonderen Erschwernisse der gelegentlichen Sonntagsarbeit und Feiertagsarbeit pauschal abgelte, ohne dass es auf die tatsächlichen Dienstzeiten angekommen sei. Es sah die Zuschläge daher als steuerpflichtig an. Und tatsächlich erhielt die Klägerin, eine Darstellerin, offenbar immer Zulagen in Höhe von 20 Prozent des Arbeitsentgelts. Dennoch kommen die Richter zu dem Ergebnis, dass die TBZ nach § 3b EStG steuerfrei bleiben muss.

Begründung: Die steuerfreie Theaterbetriebszulage ist nicht Teil des Grundlohns, sondern nach dem maßgebenden Entgelttarifvertrag neben dem Grundlohn für die an Sonn- und Feiertagen oder nachts geleisteten Tätigkeiten gezahlt worden. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Theaterbetriebszulage bereits in den jeweiligen Tabellenstufen der Vergütungstabelle enthalten ist. Die Steuerbefreiung nach § 3b EStG setzt nicht voraus, dass der Bruttolohn in Abhängigkeit von den zu begünstigten Zeiten geleisteten Tätigkeiten variabel ausgestaltet sein muss.

Praxistipp:
Bei aller Freude über das Urteil darf nicht vergessen werden, dass entsprechende Zuschläge immer einzeln und konkret abzurechnen sind. Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit, bei denen die Einzelabrechnung fehlt, sind nicht steuerfrei (FG Düsseldorf, Urteil vom 27.11.2020, 10 K 410/17 H, L).
gepostet: 27.02.2022
Spielhallen: Getränke und Speisen für Besucher nur begrenzt abziehbar
In vielen Spielhallen ist es üblich, dass den Besuchern kostenlos Getränke und Snacks zur Verfügung gestellt werden. Die Frage ist, ob es sich hierbei um eine "echte" Bewirtung handelt oder um bloße Aufmerksamkeiten. Die Antwort ist deshalb bedeutsam, weil Bewirtungskosten nur zu 70 Prozent als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen und zudem besonderen Aufzeichnungspflichten unterliegen, während die Kosten für reine Aufmerksamkeiten voll abziehbar sind. Kürzlich hat das Finanzgericht Köln entschieden, dass kostenlose Getränke und Snacks, die eine Spielhalle ihren Besuchern zur Verfügung stellt, keine reinen Aufmerksamkeiten sind, sondern eine Bewirtung aus geschäftlichem Anlass. Folglich sind deren Kosten nur zu 70 Prozent als Betriebsausgaben abzugsfähig (FG Köln vom 29.4.2021, 10 K 2648/20, Revision IX R 54/21).

Der Sachverhalt: Die Klägerin betreibt mehrere Spielhallen. Um ihren Besuchern den Aufenthalt in den Spielhallen angenehm zu gestalten und die Spielzeit zu verlängern, bot die Klägerin diesen kostenlos ein bis zwei Getränke sowie geschnittenes Baguette, Pizzaecken und Kuchen an. Die Kosten hierfür beliefen sich auf rund 30.000 Euro im Jahr. Das Finanzamt hingegen sah hierin Bewirtungskosten, die um 30 Prozent zu kürzen seien und erhöhte den Gewinn entsprechend. Die hiergegen gerichtete Klage blieb ohne Erfolg. Nach Auffassung des FG Köln ist die unentgeltliche Überlassung von Speisen und Getränken zum sofortigen Verzehr durch Kunden stets eine Bewirtung, die zum eingeschränkten Betriebsausgabenabzug führt. Es komme nicht darauf an, ob die Beköstigung im Vordergrund stehe oder ob diese aus der Sicht des Bewirtenden in erster Linie der Werbung oder Repräsentation diene. Auch liege keine bloße Aufmerksamkeit gegenüber den Besuchern vor. Denn es handele sich nicht nur um eine Geste der Höflichkeit, vielmehr solle sich der Spielgast möglichst lange in der Spielhalle aufhalten, um höhere Einnahmen zu erzielen.
gepostet: 26.02.2022
Spenden: Zweckgebundene Zuwendung für "Problemhund" kann abziehbar sein
Spenden für gemeinnützige Zwecke sind grundsätzlich als Sonderausgaben steuerlich abziehbar. Der Bundesfinanzhof hat diesbezüglich entschieden, dass ein Spendenabzug auch dann möglich ist, wenn die Spende einer konkreten Zweckbindung unterliegt und zum Beispiel in konkreter Weise einem bestimmten Tier zugutekommen soll (BFH-Urteil vom 16.3.2021, X R 37/19).

Die Klägerin war ehrenamtlich für einen gemeinnützigen Tierschutzverein tätig. Dabei war ihr ein Hund besonders ans Herz gewachsen, der jedoch kaum noch vermittelbar war. Die Klägerin hielt es daher für sinnvoll, den Hund auf Dauer in einer gewerblichen Tierpension unterzubringen. Sie erklärte sich bereit, die Kosten für die Unterbringung zu übernehmen. Zu diesem Zweck übergab sie bei einem Treffen mit einer Vertreterin des Tierschutzvereins und der Tierpension einen Geldbetrag von 5.000 Euro. Der Tierschutzverein stellte der Klägerin eine Spendenbescheinigung über diesen Betrag aus. Nachfolgend lehnten das Finanzamt und das Finanzgericht einen Spendenabzug aber ab.

Der BFH ist anderer Ansicht: Die Bestimmung eines konkreten Verwendungszwecks der Spende durch die Klägerin stehe dem steuerlichen Abzug nicht entgegen. Voraussetzung sei allerdings, dass sich die Zweckbindung im Rahmen der vom Tierschutzverein verfolgten steuerbegünstigten Zwecke halte. Ob die Unterbringung des Hundes in einer Tierpension der Förderung des Tierwohles diene, müsse das Finanzgericht daher noch prüfen, so dass die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen wurde. Die für den Spendenabzug erforderliche Unentgeltlichkeit der Zuwendung fehle zwar, wenn eine Spende einer konkret benannten Person zugutekommen solle und hierdurch letztlich verdeckt Unterhalt geleistet oder eine Zusage erfüllt werde. Hiervon sei vorliegend aber nicht auszugehen, zumal der Problemhund nicht der Klägerin gehört habe.
gepostet: 25.02.2022
Minijob in Coronazeiten: Fragen-Antworten-Katalog der Minijob-Zentrale
In Coronazeiten ergeben sich für Minijobber und ihre Arbeitgeber viele Fragen zur Gestaltung und Durchführung des Arbeitsverhältnisses. Beispiele: Haben Minijobber einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn sie sich mit dem Coronavirus angesteckt haben? Haben Minijobber einen Anspruch auf ihren Verdienst, wenn sie aufgrund von Quarantäne-Maßnahmen ihrer Arbeit nicht nachgehen können? Darf ein Minijobber, der Frührentner ist, in Coronazeiten mehr verdienen, ohne dass seine Rente gekürzt wird? Wie gestaltet sich die Entgeltfortzahlung bei schwankender individueller Arbeitszeit? Kann der Arbeitsvertrag wegen der Corona-Pandemie von dem Arbeitgeber oder Arbeitnehmer fristlos gekündigt werden?

Diese und viele weitere Fragen beantwortet die Minijob-Zentrale in einem interessanten und umfangreichen Fragen-Antworten-Katalog mit dem Titel "FAQ zum Coronavirus: Was Minijobber und deren Arbeitgeber jetzt wissen müssen." Themenbereiche sind unter anderem: Entgeltfortzahlung, Minijob-Zeitgrenzen oder Verdienst erhöhen, Kurzarbeitergeld, Zwangsurlaub oder Minusstunden, Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers, Grenzgänger, vorübergehende Betriebsstörung oder -schließung, Meldungen, Sozialversicherungsabgaben, Betriebsprüfungen, Besonderheiten im Privathaushalt. Geben Sie im Suchfeld unter www.minijob-zentrale.de die Begriffe " FAQ zum Coronavirus" ein und Sie gelangen zu der entsprechenden Seite.
gepostet: 23.02.2022
Umsatzsteuer: Befreiung für Unterrichtsleistungen vielfach auf dem Prüfstand
Bereits seit vielen Jahren gibt es immer wieder Streit um die Frage, ob und inwieweit die Leistungen von Bildungseinrichtungen und Privatlehrern umsatzsteuerpflichtig oder -frei sind. Das deutsche Umsatzsteuerrecht hat für die Steuerfreiheit enge Grenzen gezogen, während das EU-Recht, das heißt die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, lange Zeit großzügiger war. In der Folge sind auch die nationalen Gerichte der Rechtsprechung des EuGH gefolgt und so sind zahlreiche Fälle von Bildungsleistungen zugunsten der Steuerzahler entschieden worden. Nunmehr hat der EuGH jedoch eine Kehrtwende vollzogen und nun zweimal zuungunsten der Steuerpflichtigen geurteilt.

Im Jahre 2019 hat der EuGH entschieden, dass Fahrschulunterricht für die Erlangung der Fahrerlaubnisklassen B und C1 nicht umsatzsteuerfrei ist. Es handele sich nicht um einen von der Mehrwertsteuer befreiten Schul- und Hochschulunterricht (EuGH-Urteil vom 14.3.2019, Rs. C-449/17). Weiterhin hat der EuGH geurteilt, dass auch Schwimmunterricht nicht von der Umsatzsteuer befreit ist. Der Begriff "Schul- und Hochschulunterricht“ im Sinne des europäischen Mehrwertsteuerrechts sei dahin auszulegen, dass er nicht den von einer Schwimmschule erteilten Schwimmunterricht umfasst (EuGH-Urteil vom 21.10.2021, Rs. C-373/19).

Doch das jüngste Urteil wird weit über den Fall der Schwimmschulen hinaus Bedeutung haben, denn die Richter führen aus: Schwimmunterricht in einer Schwimmschule ist zwar unzweifelhaft von Wichtigkeit und verfolgt ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel, bleibt jedoch gleichwohl ein spezialisierter, punktuell erteilter Unterricht, der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt. Damit ist "spezialisierter" und "punktuell" erteilter Unterricht generell nicht mehr von der Umsatzsteuerfreiheit umfasst!

Praxistipp:
Privatlehrer, die keinen allgemeinbildenden Unterricht oder keinen Unterricht an allgemeinen Schulen erteilen, müssen befürchten, dass ihre Leistungen nicht oder nicht mehr umsatzsteuerfrei sind. Bildungseinrichtungen sollten, wenn möglich und sinnvoll, eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde einholen, die bestätigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten (§ 4 Nr. 1 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG). Dann steht ihnen eine Umsatzsteuerbefreiung zu. Privatlehrer, die ihrerseits für eine solche Einrichtung tätig sind, sollten sich dann von der Bildungseinrichtung bestätigen lassen, dass die oben genannten Voraussetzungen erfüllt und die Unterrichtsleistung des Unternehmers im begünstigten Bereich der Einrichtung erfolgt (Abschnitt 4.21.3 Abs. 3 UStAE). Doch Vorsicht: Bescheinigungen, die die Grundlagen für die Steuerfreiheit nicht explizit erkennen lassen oder gar gegen sie verstoßen, entfalten keine Wirkung (so der BFH-Beschluss vom 27.7.2021, V R 39/20).
gepostet: 21.02.2022
Gebäude-AfA: Höhere Abschreibung per Gutachten nachweisen
Für die Absetzung für Abnutzung (AfA) von Gebäuden sieht der Gesetzgeber bestimmte Prozentsätze vor. Je nach Nutzung und Bauantrag oder Kaufdatum sind dies üblicherweise 2 , 2,5 oder 3 Prozent, wenn keine Sonder-AfA infrage kommt. Der Gesetzgeber unterstellt dabei typisierend eine Nutzungsdauer des jeweiligen Gebäudes von 50, 40 oder 33 Jahren. Grundsätzlich ist es zwar zulässig, eine kürzere Nutzungsdauer und damit einen höheren AfA-Satz geltend zu machen. Allerdings verlangen die Finanzämter insoweit Nachweise, das heißt zumeist sehr detaillierte und aufwendige Gutachten (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG). Zuweilen sind die Anforderungen der Finanzverwaltung so streng, dass sie in der Praxis kaum zu erfüllen sind.

Zugunsten der betroffenen Hauseigentümer hat der Bundesfinanzhof nun entschieden, dass an den Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer keine überhöhten Anforderungen zu stellen sind. Der Steuerpflichtige kann sich zur Darlegung der verkürzten tatsächlichen Nutzungsdauer jeder Darlegungsmethode bedienen, die im Einzelfall zur Führung des erforderlichen Nachweises geeignet erscheint. Die Vorlage eines Bausubstanzgutachtens ist jedenfalls nicht Voraussetzung für die Anerkennung einer verkürzten tatsächlichen Nutzungsdauer (BFH-Urteil vom 28.7.2021, IX R 25/19).

Die Darlegungen des Steuerbürgers müssen Aufschluss über die maßgeblichen Determinanten - zum Beispiel technischer Verschleiß, wirtschaftliche Entwertung, rechtliche Nutzungsbeschränkungen - geben, welche die Nutzungsdauer im Einzelfall beeinflussen, und auf deren Grundlage der Zeitraum, in dem das maßgebliche Gebäude voraussichtlich seiner Zweckbestimmung entsprechend genutzt werden kann, im Wege der Schätzung mit hinreichender Bestimmtheit zu ermitteln ist. Vor diesem Hintergrund ist die Vorlage eines Bausubstanzgutachtens nicht Voraussetzung für die Anerkennung einer verkürzten tatsächlichen Nutzungsdauer. Wählt der Steuerpflichtige eine andere Nachweismethode, kann dies - gegebenenfalls unter Berücksichtigung entsprechender Anpassungen - Grundlage für die im Einzelfall erforderliche Schätzung einer verkürzten tatsächlichen Nutzungsdauer sein, soweit aus der gewählten Methode Rückschlüsse auf die zu ermittelnden Determinanten möglich sind.

Praxistipp:
Auch wenn das Finanzamt keine überbordenden Anforderungen an den Nachweis einer verkürzten Nutzungsdauer von Immobilien stellen darf, so muss das Gutachten aber dennoch eine methodische Qualität aufweisen. Von Gefälligkeitsgutachten muss dringend abgeraten werden. Im Übrigen ist zu beachten, dass die Kosten eines Gutachters vom Steuerpflichtigen zu tragen sind. Eine Erstattung kommt - wenn überhaupt - nur im Klageverfahren in Betracht.
gepostet: 19.02.2022
Wegeunfall: Kfz-Unfallkosten sind steuerlich abziehbar
Fahrtkosten für die Wege zur Arbeit sind nur mit der Entfernungspauschale, auch Pendlerpauschale genannt, steuerlich abziehbar. Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs sind mit der Entfernungspauschale prinzipiell alle Kosten abgegolten, und zwar auch Kosten, die aufgrund eines Unfalls mit dem eigenen Kfz auf dem Weg zur ersten Tätigkeitsstätte entstanden sind. Eine Ausnahme gilt nur für Körperschäden, die durch einen Unfall auf einer beruflich veranlassten Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte eingetreten sind (BFH-Urteil vom 19.12.2019, VI R 8/18).

Aber: Das Bundesfinanzministerium hat soeben verfügt, dass das negative BFH-Urteil nicht anzuwenden ist. Es stellt klar, dass Unfallkosten, die auf einer Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte oder auf einer Familienheimfahrt bei doppelter Haushaltsführung entstehen, weiterhin neben der Entfernungspauschale abzugsfähig sind (BMF-Schreiben vom 18.11.2021, BStBl 2021 I S. 2315, Rz. 30).

Zu den neben der Entfernungspauschale berücksichtigungsfähigen Unfallkosten gehören sowohl Aufwendungen bezüglich des Fahrzeugs als auch Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beseitigung oder Linderung von Körperschäden. Ferner auch Aufwendungen für alle anderen durch den Unfall verursachten Folgeschäden, die keinen Bezug zum benutzten Fahrzeug oder der Wegstrecke aufweisen, z.B. Anmietung eines Ersatzfahrzeugs, Prozesskosten, Schäden an privaten Gegenständen (Kleidung, Brille), Fremdschäden. Für den Abzug ist es grundsätzlich ohne Bedeutung, ob der Unfall durch ein Naturereignis, das Verhalten eines Dritten oder eigenes Verschulden herbeigeführt wurde.
gepostet: 17.02.2022
Coronakrise: Überbrückungshilfe IV kann beantragt werden
Viele Unternehmen sind weiterhin stark von der Corona-Pandemie betroffen. Sie können nun Anträge auf Überbrückungshilfe IV für den Förderzeitraum Januar bis März 2022 stellen. Die Überbrückungshilfe IV mit dem Förderzeitraum Januar bis März 2022 setzt auf dem Vorläuferprogramm der Überbrückungshilfe III Plus auf. Die Programmbedingungen sind weitgehend, aber nicht vollständig deckungsgleich mit denen der Überbrückungshilfe III Plus. Das Vorläuferprogramm galt bis zum 31.12.2021.

Auch in der Überbrückungshilfe IV sind alle Unternehmen mit einem coronabedingten Umsatzeinbruch von mindestens 30 Prozent antragsberechtigt. Das neue Programm wird ebenfalls durch die prüfenden Dritten, zum Beispiel Steuerberater, über das Corona-Portal des Bundes beantragt. Wie bisher, können die Unternehmen Abschlagszahlungen von bis zu 100.000 Euro pro Fördermonat erhalten. Wichtige Punkte bei der Überbrückungshilfe IV sind:

Alle Unternehmen, die im Dezember und Januar im Durchschnitt einen Umsatzrückgang von mindestens 50 Prozent zu verzeichnen haben, erhalten einen Eigenkapitalzuschlag von 30 Prozent der erstatteten Fixkosten in jedem Fördermonat, in dem sie antragsberechtigt sind. Unternehmen, die von den Absagen der Advents- und Weihnachtsmärkte betroffen waren und im Dezember einen Umsatzrückgang von mindestens 50 Prozent zu verzeichnen hatten, erhalten einen Eigenkapitalzuschlag von 50 Prozent.

Auch im Januar 2022 können Umsatzeinbrüche infolge freiwilliger Schließungen als coronabedingt anerkannt werden, wenn aufgrund von angeordneten Corona-Zutrittsbeschränkungen oder vergleichbaren Maßnahmen die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs unwirtschaftlich ist. Damit können diese Unternehmen bei Vorliegen eines Umsatzeinbruchs von mindestens 30 Prozent Überbrückungshilfe IV beantragen.

Durch die Umsetzung der Zutrittsbeschränkungen wie beispielsweise 2G- oder 2G plus-Regelungen können den Unternehmen zusätzliche Sach- und Personalkosten entstehen. Diese können in der Überbrückungshilfe IV anerkannt werden.

Durch den Eigenkapitalzuschlag und die Personalkostenpauschale können Unternehmen Zuschläge von 20 bis 70 Prozent auf die Fixkostenerstattung erhalten.

Streichung der Zuschüsse zu Investitionen in bauliche Maßnahmen zur Umsetzung von Hygienekonzepten und Digitalisierung: Diese Investitionszuschüsse haben dazu beigetragen, dass Unternehmen Anpassungen zur Fortführung des Geschäftsbetriebs in Pandemiezeiten vornehmen konnten. Nach mehr als anderthalb Jahren Pandemie sind die erforderlichen Anpassungen auf breiter Basis abgeschlossen - so das Bundeswirtschaftsministerium.

Besondere Berücksichtigung der Advents- und Weihnachtsmärkte: Unternehmen, die von den Absagen dieser Märkte betroffen sind, erhalten einen höheren Eigenkapitalzuschlag, können Ausfall- und Vorbereitungskosten aus den Monaten September bis Dezember 2021 geltend machen und dürfen mehrere branchenspezifische Sonderregelungen kombinieren.

Sonderregel für Pyrotechnik: Da die pyrotechnische Industrie vom Verkaufsverbot für Silvesterfeuerwerk zum Jahreswechsel betroffen ist, wird die Sonderregelung aus der Überbrückungshilfe III aus dem Vorjahr (Silvester 2020) reaktiviert.

Zusätzlich zur Überbrückungshilfe IV steht die Neustarthilfe 2022 zur Verfügung. Sie richtet sich weiterhin an Soloselbständige, die coronabedingte Umsatzeinbußen verzeichnen, aufgrund geringer Fixkosten aber kaum von der Überbrückungshilfe IV profitieren. Auch die Neustarthilfe steht bis Ende März 2022 zur Verfügung. Soloselbständige können weiterhin pro Monat bis zu 1.500 Euro an direkten Zuschüssen erhalten, insgesamt also bis zu 4.500 Euro.

Neben Soloselbständigen können - wie auch schon in der Neustarthilfe und Neustarthilfe Plus - auch kurz befristet Beschäftigte in den darstellenden Künsten, nicht ständig Beschäftigte aller Branchen sowie Kapitalgesellschaften und Genossenschaften antragsberechtigt sein.

Die umfassenden Ausführungsbestimmungen, die sich oft kurzfristig ändern, machen es leider schwierig, auf die Corona-Hilfen im Rahmen dieser Mandanteninformation konkret einzugehen. Ausführliche Informationen finden Sie auf der Website www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de, die das Bundesfinanz- und das Bundeswirtschaftsministerium laufend aktualisieren.
gepostet: 16.02.2022
Umsatzsteuer: Regulärer Steuersatz für Speisenabgabe in Foodcourts
Für die Abgabe von zubereiteten Speisen gilt in der Gastronomie derzeit der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 Prozent. Allerdings sind noch viele Fälle aus der Vergangenheit streitig, das heißt, es geht um die Frage, ob die Speisenabgabe dem ermäßigten oder dem regulären Steuersatz unterlag. Einen dieser Streitfälle hat der Bundesfinanzhof nun zuungunsten der Unternehmer entschieden: Die Abgabe zubereiteter Speisen im Foodcourt eines Einkaufszentrums unterliegt grundsätzlich dem regulären Steuersatz. Der ermäßigte Steuersatz ist nur anzuwenden, wenn der Kunde die Absicht äußert, die Speisen mitzunehmen und außerhalb des Foodcourts zu verzehren (BFH-Urteil vom 26.8.2021, V R 42/20).

Beim Verkauf von Speisen ist für den Steuersatz entscheidend, ob es sich um eine reine Lieferung, also um die Übergabe der Lebensmittel handelt, oder ob so genannte Dienstleistungselemente hinzukommen. Im ersten Fall gilt der ermäßigte, im zweiten Fall der reguläre Steuersatz. Als Element einer Dienstleistung gilt insbesondere die Zurverfügungstellung von Stühlen, Bänken und Tischen. Diese Verzehreinrichtungen gehören in Foodcourts aber dessen Betreibern und nicht den Gastronomen. Das heißt, Letztere erbringen selbst eigentlich keine Dienstleistungen, die über die Speisenabgabe hinausgehen. Doch so darf der Sachverhalt nach Auffassung der BFH-Richter nicht betrachtet werden. Vielmehr gilt: Ein Gastronom muss sich die Nutzung der Verzehreinrichtungen durch seine Kunden zurechnen lassen, wenn er mit dem Betreiber des Foodcourts eine entsprechende Vereinbarung über die Nutzungsmöglichkeiten getroffen hat. Davon dürfte wohl üblicherweise ausgegangen werden.

Auch wenn die Sache zur weiteren Verhandlung an die Vorinstanz zurückverwiesen wurde, werden Gastronomen in Foodcourts davon ausgehen müssen, dass ihre Speisenabgaben dem vollen Steuersatz unterlegen haben und ab 2023 wieder unterliegen werden. Vorausgesetzt natürlich, der Kunde nimmt die Speisen nicht mit "nach draußen".
gepostet: 15.02.2022
Schenkungsteuer: Zahlungen an beeinträchtigte Nacherben sind abziehbar
Ehegattentestamente haben oftmals folgenden Wortlaut: "Der erstversterbende Ehegatte beruft den überlebenden Ehegatten zu seinem Alleinerben als befreiten Vorerben. Erben des länger lebenden Ehegatten und Nacherben des Erstverstorbenen sollen unsere gemeinsamen Kinder sein.” Durch die Bestimmung der Nacherbschaft soll sichergestellt werden, dass der länger lebende Ehegatte das Vermögen zwar bis zu seinem eigenen Tode nutzen kann, es aber gleichzeitig so erhalten muss, dass es die Kinder bei dessen Versterben (finanziell) möglichst ungeschmälert erben. Doch manchmal wird gegen diese Auflage - vielleicht sogar im guten Glauben - verstoßen und neben erbrechtlichen stellen sich dann auch steuerliche Fragen. So auch in einem Fall, über den der Bundesfinanzhof aktuell entschieden hat.

Die Eltern hatten ihre Söhne als Nacherben nach dem letztversterbenden Elternteil eingesetzt. Nach dem Tod des Vaters schenkte die Mutter einem Sohn ein Grundstück aus dem Nachlassvermögen. Einer seiner Brüder machte nach dem Tod der Mutter deswegen gegen den Bedachten zivilrechtliche Herausgabeansprüche geltend. Aufgrund eines Vergleichs leistete der Grundstücksinhaber zur Abgeltung sämtlicher wechselseitiger Ansprüche eine Zahlung. Nun kam das Finanzamt ins Spiel: Natürlich war die von der Mutter erhaltene Schenkung der Schenkungsteuer zu unterwerfen. Aber wie sieht es mit der späteren Ausgleichszahlung aus? Ist hierfür eine Steuerminderung zu gewähren?

Das Finanzamt lehnte den Abzug ab, und zwar mit folgender Begründung: Nach dem Gesetzeswortlaut (§§ 2113, 2287 BGB) hätte der geschenkte Gegenstand wegen eines Rückforderungsrechts zurückgegeben werden müssen, was im Streitfall nicht geschehen sei. Dass stattdessen eine Zahlung erfolgte, sei ohne Belang. Die hiergegen gerichtete Klage war jedoch erfolgreich. Und auch der BFH ist der Auffassung, dass es sich bei den Zahlungen zur Abwendung von Herausgabeansprüchen von Erben oder Nacherben um Kosten handelt, die dazu dienen, das Geschenkte zu sichern. Sie können daher steuermindernd rückwirkend berücksichtigt werden. Ein bereits ergangener Schenkungsteuerbescheid ist entsprechend zu ändern (BFH-Urteil vom 6.5.2021 II R 24/19).
gepostet: 13.02.2022
Verkauf des Eigenheims: Kein Spekulationsgewinn trotz tageweiser Vermietung
Ein Verkauf des Eigenheims bleibt selbst dann von der Einkommensteuer verschont, wenn An- und Verkauf innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist liegen. Voraussetzung dafür ist, dass die Immobilie im Zeitraum zwischen Anschaffung bzw. Fertigstellung und Veräußerung ununterbrochen zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde oder im Jahr des Verkaufs und in den beiden Vorjahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. Eine Vermietung gilt nicht als Nutzung zu eigenen Wohnzwecken und ist somit schädlich. Soweit der Grundsatz. Denn jüngst hat das Niedersächsische Finanzgericht geurteilt: Der Gewinn aus der Veräußerung von selbstgenutztem Wohneigentum ist auch dann in vollem Umfang von der Besteuerung ausgenommen, wenn in den Jahren vor der Veräußerung wiederkehrend einzelne Räume des Gebäudes lediglich an einzelnen Tagen an Messegäste vermietet wurden (Urteil vom 27.5.2021, 10 K 198/20).

Der Sachverhalt: Ein Ehepaar erwarb im Jahre 2011 ein Reihenhaus, das es mit seinen Kindern selbst bewohnte. In den folgenden Jahren vermieteten die Eheleute einzelne Zimmer im Dachgeschoss des Hauses daneben tageweise an Messegäste und erzielten daraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Konkret waren es zwischen 12 und 25 Tagen pro Jahr. Im Jahre 2017 wurde die Immobilie mit Gewinn verkauft. Das Finanzamt ging wegen der zeitweise erfolgten Vermietung einzelner Zimmer des Hauses davon aus, dass ein Spekulationsgewinn zu versteuern sei. Doch die hiergegen gerichtete Klage war erfolgreich. Die Eheleute hätten die Immobilie im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken im Sinne des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG genutzt. Die Nutzung einzelner Zimmer des Hauses zur tageweisen entgeltlichen Vermietung an Messegäste ändere an dieser Beurteilung nichts. Dem Gesetzeswortlaut lasse sich nicht das Erfordernis entnehmen, dass sämtliche Teile eines Gebäudes zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden müssten, um die Steuerfreiheit des Veräußerungsgewinns zu erlangen.

Praxistipp:
Ob sich die Auffassung des Niedersächsischen FG halten lässt, muss nun der Bundesfinanzhof in der bereits vorliegenden Revision entscheiden (Az.: IX R 20/21).
gepostet: 11.02.2022
Häusliches Arbeitszimmer: Erzieherin darf Kosten geltend machen
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind bis zu 1.250 Euro als Werbungskosten abziehbar, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit "kein anderer Arbeitsplatz" zur Verfügung steht. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn im Betrieb oder der Behörde zwar eigentlich ein Schreibtisch steht, dieser aber nicht in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise genutzt werden kann.

Nun hat das Sächsische Finanzgericht zugunsten einer Erzieherin entschieden, dass diese die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer bis zu 1.250 Euro als Werbungskosten geltend machen kann, da ihr für bestimmte Tätigkeiten in der Kindertagesstätte kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Dort habe sie keinen büromäßig ausgestatteten Arbeitsplatz, an dem sie Schuleignungsprofile von den von ihr betreuten Kindern sowie Vor- und Nachbereitungsarbeiten durchführen, Bastelarbeiten vorbereiten oder Portfolios zusammenstellen kann. Somit sei es der Erzieherin in der Kindertagesstätte mit den vorhandenen und zugänglichen dienstlichen Vorrichtungen nicht möglich, die objektiv erforderlichen Tätigkeiten, die über die reine Betreuung von Kindern hinausgehen und mit ihrem Beruf verbunden sind, durchzuführen. Um ihrer beruflichen Tätigkeit umfassend nachzukommen, ist sie mithin auf das häusliche Arbeitszimmer angewiesen (Urteil vom 19.7.2021, 3 K 1276/18).
gepostet: 09.02.2022
Umsatzsteuer: Physiotherapeutische Leistungen für Selbstzahler steuerpflichtig?
Physiotherapeutische Leistungen, die an so genannte Selbstzahler erbracht werden, sind nur dann umsatzsteuerfrei, wenn der Therapiezweck vor der Behandlung oder bei chronischen Erkrankungen spätestens nach Ablauf eines Jahres per ärztlicher Verordnung nachgewiesen wird. Dies hat das Finanzgericht Düsseldorf entschieden. Das Urteil hat für viele Steuerpflichtige Bedeutung, die in Heilberufen tätig sind, aber nicht über eine ärztliche Qualifikation verfügen (Urteil vom 16.4.2021, 1 K 2249/17 U).

Die Klägerin ist im Bereich der Physiotherapie tätig. Ihre physiotherapeutischen Leistungen an Patienten, die ihre Therapien im Anschluss an eine ärztliche Verordnung auf eigene Rechnung fortgesetzt hatten (so genannte Selbstzahler), betrachtete sie als umsatzsteuerfrei. Sie vertrat die Ansicht, dass es sich um umsatzsteuerfreie Heilbehandlungen handele und eine fortlaufende ärztliche Verordnung nicht zwingend erforderlich sei. Zudem seien gesondert in Rechnung gestellte Nebenleistungen (Kinesio-Taping, Wärme- und Kältetherapie, Extensionsbehandlung, bestimmte zertifizierte Kurse, Rehasport und zusätzliche Gerätetrainingsmöglichkeiten) ebenfalls nicht umsatzsteuerpflichtig, da sie im Zusammenhang mit steuerfreien Heilbehandlungen stünden. Das Finanzamt vertrat dagegen die Ansicht, die Klägerin habe für die Umsätze, die auf Selbstzahler entfielen, den therapeutischen Zweck der Leistungen nicht nachgewiesen, so dass diese steuerpflichtig seien. Auch die übrigen, optionalen Leistungen unterfielen der Umsatzsteuerpflicht. Sie seien im Übrigen keine unselbständigen Nebenleistungen.

Das FG Düsseldorf hat der Klage nur zum Teil stattgegeben. Die Erlöse von Selbstzahlern für physiotherapeutische Leistungen seien zwar umsatzsteuerfrei, allerdings nur in den Fällen, in denen entweder bereits vor der (Anschluss-) Behandlung eine ärztliche Verordnung vorgelegen habe und oder bei chronischen Erkrankungen spätestens nach Ablauf eines Jahres eine erneute ärztliche Verordnung zur Physiotherapie vorgelegt worden sei. Auch hinsichtlich der übrigen Leistungen hat das FG differenziert: Die von der Klägerin im Bereich des Rehasports erbrachten Leistungen stellten steuerfreie Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin dar, soweit dies durch ärztliche Verordnungen nachgewiesen wurde. Soweit den Teilnehmern einer Rehamaßnahme die Möglichkeit eröffnet wurde, im Anschluss an eine vorangegangene Therapieeinheit und ohne ärztliche Verordnung auf eigene Kosten an den Geräten zu trainieren, liege aber keine steuerfreie Leistung vor. Auch bezüglich der übrigen Leistungen komme eine Steuerfreiheit nur in Betracht, wenn ärztliche Verordnungen vorliegen würden, wobei für bestimmte Leistungen solche Verordnungen erst gar nicht erteilt würden, weil der therapeutische Zweck fraglich sei. Die Leistungen seien auch nicht unerlässlicher Bestandteil der von der Klägerin erbrachten Leistungen Physiotherapie und Rehasport.

Praxistipp:
Eine andere Beurteilung gilt für Physiotherapeuten, die zugleich Heilpraktiker sind, da diese (eingeschränkt) Heilbehandlungen auch ohne ärztliche Verordnung ausführen dürfen. Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist aber, dass die Leistungen tatsächlich als Heilbehandlungen eingestuft werden.
gepostet: 08.02.2022
Private Kapitalforderung: Verlustabzug bei Forderungsausfall ist zulässig
Wer Verluste aus dem Verkauf von Wertpapieren erleidet, darf diese mit entsprechenden Gewinnen verrechnen. Allerdings gab es lange Jahre Streit hinsichtlich der Frage, ob Verluste auch dann verrechnet werden dürfen, wenn die Wertpapiere nicht verkauft, sondern aufgrund Wertlosigkeit aus dem Depot ausgebucht wurden. Der Kern des Streits lag darin begründet, dass das Einkommensteuergesetz nur von der "Veräußerung" der Wertpapiere spricht, nicht aber von der reinen "Wertloswerdung" oder "Ausbuchung". Zwischenzeitlich ist der Streit zugunsten der Anleger beendet worden und die Verluste sind zumindest dem Grunde nach abziehbar. Allerdings ist rund um das Thema "Verluste aus Kapitalanlagen" immer noch Vieles ungeklärt. So musste sich der Bundesfinanzhof nun mit der Frage befassen, wann ein "endgültiger Ausfall einer Darlehensforderung" vorliegt und ein Verlustabzug bzw. eine Verrechnung mit anderen Einnahmen bei den Kapitaleinkünften ermöglicht wird (BFH-Urteil vom 1.7.2021, VIII R 28/18).

Danach gilt: Der endgültige Ausfall einer privaten Kapitalforderung in der privaten Vermögenssphäre führt zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust. Von einem endgültigen Ausfall ist jedenfalls dann auszugehen, wenn über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet wurde und der Insolvenzverwalter gegenüber dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit gemäß § 208 Abs. 1 Satz 1 InsO angezeigt hat.

Ein steuerlich abzugsfähiger Verlust aufgrund eines Forderungsausfalls liegt grundsätzlich erst dann vor, wenn endgültig feststeht, dass (über bereits gezahlte Beträge hinaus) keine (weiteren) Rückzahlungen (mehr) erfolgen werden. Ausnahmsweise kann der Verlust allerdings schon zu einem früheren Zeitpunkt entstanden sein, wenn bei objektiver Betrachtung bereits zu diesem Zeitpunkt nicht mehr mit Rückzahlungen auf die Forderung zu rechnen ist und ausreichende objektive Anhaltspunkte für eine Uneinbringlichkeit der Forderung vorliegen. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners reicht hierfür in der Regel nicht aus. Etwas anderes gilt, wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wird oder wenn aus anderen Gründen feststeht, dass nicht mehr mit einer wesentlichen Änderung des Verlustes nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Insolvenzschuldners zu rechnen ist. Im Streitfall handelte es sich bei der ausgefallenen Darlehensforderung nicht um eine sonstige Masseverbindlichkeit i.S. des § 55 InsO, die nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit nach § 208 Abs. 1 Satz 1 InsO noch Aussicht auf Befriedigung nach Maßgabe des sich aus § 209 Abs. 1 InsO ergebenden Rangverhältnisses hatte.

Praxistipp:
Für Verluste, die seit dem 1.1.2020 entstehen, gibt es eine Begrenzung: Solche Verluste können nur mit Einkünften aus Kapitalvermögen bis zur Höhe von 20.000 Euro ausgeglichen werden. Nicht verrechnete Verluste können auf Folgejahre vorgetragen werden und jeweils in Höhe von 20.000 Euro mit Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden.
gepostet: 07.02.2022
Rücklage für Ersatzbeschaffung: Verlängerung der Reinvestitionsfristen
Scheidet ein Wirtschaftsgut infolge höherer Gewalt (z.B. Brand, Hochwasser, Sturm) oder aufgrund eines behördlichen Eingriffs gegen Entschädigung aus dem Betriebsvermögen aus, so sind die in dem Wirtschaftsgut vorhandenen stillen Reserven eigentlich aufzudecken. Die Einkommensteuer-Richtlinien erlauben allerdings in derartigen Fällen die Bildung einer so genannten Rücklage für Ersatzbeschaffung (R 6.6. EStR).

Das heißt, die stillen Reserven müssen dann nicht sofort aufgedeckt und versteuert werden, sondern dürfen im kommenden oder einem der nächsten Jahre auf ein Ersatzwirtschaftsgut übertragen werden. Entsprechendes gilt, wenn das Wirtschaftsgut nicht ersetzt, sondern in einem späteren Wirtschaftsjahr repariert wird. Dadurch mindert sich die AfA-Bemessungsgrundlage beim neuen Wirtschaftsgut.

Zur Bildung der Rücklage gibt es bestimmte Voraussetzungen. So muss das Ersatzwirtschaftsgut grundsätzlich funktionsgleich sein und es sind bestimmte Fristen zu beachten. Bei Gebäuden, die zerstört und später neu errichtet werden, beträgt die Frist für die Übertragung der Rücklage beispielsweise bis zu sechs Jahre. Aufgrund der Corona-Pandemie war es vielen Betroffenen allerdings nicht möglich, die in R 6.6 EStR genannten Fristen einzuhalten. Daher hat das Bundesfinanzministerium beschlossen, die Fristen zu verlängern, wenn diese ansonsten jetzt ausgelaufen wären (BMF-Schreiben vom 15.12.2021, V C 6 - S 2138/19/10002 :003).

Konkret: Die in R 6.6 EStR geregelten Fristen für die Ersatzbeschaffung oder Reparatur bei Beschädigung verlängern sich jeweils um zwei Jahre, wenn die Rücklage ansonsten am Schluss des nach dem 29. Februar 2020 und vor dem 1. Januar 2021 endenden Wirtschaftsjahres aufzulösen wäre. Die genannten Fristen verlängern sich um ein Jahr, wenn die Rücklage am Schluss des nach dem 31. Dezember 2020 und vor dem 1. Januar 2022 endenden Wirtschaftsjahres aufzulösen wäre.
gepostet: 05.02.2022
Abfindungen: Schädliche Einzahlung in ein Zeitwertkonto
Abfindungen für den Verlust des Arbeitsplatzes werden steuerlich mittels der so genannten Fünftel-Regelung begünstigt. Damit wird der Steuersatz für die Abfindung zumindest ein Stück weit gemindert. Doch zuweilen möchten die Arbeitnehmer - in Absprache mit dem Arbeitgeber - eine höhere Entlastung erreichen. Wie das Finanzgericht Berlin-Brandenburg kürzlich entschieden hat, führt eine Einzahlung der Abfindung in ein Zeitwertkonto ("Wertguthabenkonto") aber nicht zum gewünschten Ergebnis. Eine echte Abfindung für den Verlust eines Arbeitsplatzes unterliege der Lohnsteuer. Es könne nicht zur Aufstockung eines Wertguthabenkontos genutzt werden, da kein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt vorliege (Urteil vom 16.6.2021, 4 K 4206/18).

Es ging um folgenden Sachverhalt: Im Unternehmen sollte Personal abgebaut werden. Arbeitgeber und Betriebsrat schlossen daraufhin eine Vereinbarung, wonach ausscheidenden Arbeitnehmern eine "Freiwilligen-Abfindung“ zugesagt wurde. Diese wurde mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig. Es wurde die Möglichkeit eingeräumt, die Abfindung in ein Wertguthabenkonto einzubringen, das nach Ende der Beschäftigung gemäß § 7f SGB IV auf die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) übertragen werden sollte. Der Arbeitgeber unterwarf die Abfindungen, soweit sie dem Zeitwertkonto zugeführt wurden, nicht der Lohnsteuer und führte auch keine Beiträge zur Sozialversicherung ab. Das Finanzamt akzeptierte dies nicht und forderte Lohnsteuer vom Arbeitgeber. Das Finanzgericht gab der Finanzverwaltung Recht.

Die Abfindungen seien kein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt nach § 14 SGB IV. Die Vereinbarung über die Zuführung der Abfindung zu einem Wertguthaben sei unwirksam; eine echte Abfindung sei nämlich nicht wertguthabenfähig. In der Folge hätten die scheinbar aufgestockten Wertguthabenkonten auch nicht auf die DRV übertragen werden können. Und so greife auch die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 52 EStG nicht.

Praxistipp:
Gegen die Entscheidung liegt die Revision beim Bundesfinanzhof unter dem Az. IX R 25/21 vor. Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens ist darauf hinzuweisen, dass es bereits eine rechtssichere Möglichkeit der Begünstigung gibt: So bleiben Abfindungen, die in eine Direktversicherung, einen Pensionsfonds oder eine Pensionskasse eingezahlt werden, in bestimmtem Umfang steuerfrei (§ 3 Nr. 63 EStG).
gepostet: 03.02.2022
Betriebsprüfung: Gemeindebedienstete dürfen nicht immer teilnehmen
In jüngster Zeit ist häufiger festzustellen, dass Gemeindebedienstete an einer Betriebsprüfung des Finanzamtes teilnehmen. Einzelne Gemeinden haben dafür sogar extra Betriebsprüfer eingestellt, die die Außenprüfungen des Finanzamtes zumindest bei Großunternehmen begleiten sollen. Offenbar geht es darum, das Gewerbesteueraufkommen der Gemeinden zu sichern oder zu erhöhen. Grundsätzlich kann die Teilnahme eines solch zusätzlichen Prüfers nicht verhindert werden - im Einzelfall aber möglicherweise schon. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Wahrung des Steuergeheimnisses nicht vollständig garantiert werden kann. In diesem Sinne hat aktuell das Finanzgericht Düsseldorf mit Urteil vom 23.6.2021 (7 K 656/18 AO) entschieden.

Im zugrundeliegenden Fall unterhielt das zu prüfende Unternehmen mit der Stadt und deren Tochtergesellschaften Vertragsbeziehungen. In einem solchen Fall bestehe die Gefahr, dass der Gemeindebedienstete durch die Prüfung Einblicke in sensible Daten des Unternehmens wie etwa Kalkulationsgrundlagen und weitere Vertragsbeziehungen erhalte. Es seien daher Schutzmaßnahmen erforderlich, um eine Kenntnisnahme dieser Daten durch den Gemeindebediensteten zu verhindern. Da die Teilnahmeanordnung des beklagten Finanzamtes solche Sicherungsmaßnahmen nicht enthalten habe, sei sie rechtswidrig - so die Finanzrichter. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die vom Finanzgericht zugelassene Revision ist unter dem Az. III R 25/21 beim Bundesfinanzhof anhängig.
gepostet: 01.02.2022
Januar 2022
Zensus 2022: Steuerfreie Aufwandsentschädigungen für Ehrenamtler
Im Jahr 2022 findet bundesweit wieder ein so genannter Zensus statt. Mit dieser statistischen Erhebung wird ermittelt, wie viele Menschen in Deutschland leben, wie sie wohnen und arbeiten. Mit dem Zensus 2022 nimmt Deutschland an einer EU-weiten Zensusrunde teil, die seit 2011 alle zehn Jahre stattfinden soll. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde der anstehende Zensus von 2021 in das Jahr 2022 verschoben (www.zensus2022.de). Zur Durchführung des Zensus werden ehrenamtliche Erhebungsbeauftragte eingesetzt, die stichprobenhafte Haushaltsbefragungen vornehmen. Die Erhebungsbeauftragten erhalten nach dem Gesetz zur Durchführung des Zensus im Jahr 2022 für ihre Tätigkeit eine Aufwandsentschädigung. Diese Zahlungen unterliegen allerdings nicht der Einkommensteuer (§ 20 Abs. 3 ZensG 2022). Darauf weist das Bayerische Landesamt für Steuern mit Schreiben vom 3.9.2021 (S 2113.1.1-2/3 St 36) hin.
gepostet: 31.01.2022
Pflegeeltern und Betreuer: Aktuelle Anweisung der Finanzverwaltung
Viele Kinder und Jugendliche wohnen bei Pflegeeltern, in Heimen oder in einer sonstigen betreuten Wohnform, werden in einer Tagesgruppe betreut oder benötigen der intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung. Kürzlich hat das Bundesfinanzministerium zu vielen Fragen rund um die einkommensteuerrechtliche Behandlung der Geldleistungen, die die Betreuer erhalten, Stellung genommen. Das BMF-Schreiben vom 31.8.2021 (IV C 3 - S 2342/20/10001 :003) ersetzt ein älteres Schreiben. Nicht alles ist neu, doch im Einzelfall können sich durchaus Änderungen ergeben. Nachfolgend einige wichtige Passagen:

Die Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII dient dazu, einem Kind zeitlich befristet oder dauerhaft im Haushalt der Pflegeeltern ein neues Zuhause zu bieten. Im Rahmen der Vollzeitpflege wird Pflegegeld ausgezahlt, welches die materiellen Aufwendungen und die Kosten der Erziehung abdeckt. Zusätzlich werden anlassbezogene Beihilfen und Zuschüsse geleistet. Sowohl das Pflegegeld als auch die anlassbezogenen Beihilfen und Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln sind steuerfreie Beihilfen im Sinne des § 3 Nr. 11 EStG, die die Erziehung unmittelbar fördern, sofern eine Erwerbstätigkeit nicht vorliegt. Werden mehr als sechs Kinder gleichzeitig im Haushalt aufgenommen, wird eine Erwerbstätigkeit vermutet. Bei einer Betreuung von bis zu sechs Kindern ist ohne weitere Prüfung davon auszugehen, dass die Pflege nicht erwerbsmäßig betrieben wird.

Die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Pflegeperson sind nach § 3 Nr. 9 EStG steuerfrei. Das gilt auch dann, wenn die Geldleistungen an sich steuerpflichtig sind.

Leistungen, die aus öffentlichen Mitteln der Jugendhilfe für eine intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung verhaltensauffälliger Kinder bzw. Jugendlicher erbracht werden, sind gemäß § 3 Nr. 11 EStG als steuerfreie Bezüge zu behandeln, wenn jeweils nur ein Kind bzw. ein Jugendlicher zeitlich unbefristet in den Haushalt des Betreuers aufgenommen und dort umfassend betreut wird.

Werden Beihilfen über einen zwischengeschalteten Träger der freien Jugendhilfe geleistet, steht dies der Einstufung als steuerfreie Beihilfen nach § 3 Nr. 11 EStG grundsätzlich nicht entgegen. Voraussetzung ist, dass der Finanzbedarf für die zur Betreuung erforderlichen Leistungen in den Haushaltsplänen des Trägers des zuständigen Jugendamts festgestellt wird und die Verwendung der Mittel der Rechnungskontrolle durch die Jugendhilfebehörde unterliegt. Aber: Pflegegelder eines freien Trägers der Jugendhilfe, die ab dem 1. Januar 2022 geleistet werden, werden nur dann als nach den haushaltsrechtlichen Vorschriften verausgabt und der gesetzlich geregelten Kontrolle der Mittelverwendung genügend anerkannt, wenn anhand geeigneter Unterlagen (z.B. durch schriftliche Bestätigung des freien Trägers oder des beteiligten Jugendamts) dokumentiert ist, dass die nachstehenden Vorgaben kumulativ erfüllt sind: Das zuständige Jugendamt weiß, ob und in welcher Höhe der freie Träger einen Eigenanteil einbehält, und billigt dies. Und dem zuständigen Jugendamt steht gegen den freien Träger ein gesetzlicher oder vertraglicher Anspruch zu, aufgrund dessen es eine Rechnungslegung über die Mittelverwendung und die Vorlage geeigneter Nachweise verlangen kann. Für Pflegegelder eines freien Trägers der Jugendhilfe, die bis zum 31. Dezember 2021 geleistet wurden, kann unterstellt werden, dass die o.g. Kriterien erfüllt sind.
gepostet: 30.01.2022
Steuerverzinsung: Einsprüche für Altjahre gelten als erledigt
Bekanntlich hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass ein Zinssatz von 0,5 Prozent monatlich bzw. 6 Prozent jährlich für die Verzinsung von Steuernachzahlungen und -erstattungen verfassungswidrig ist. Zwar gilt die Verfassungswidrigkeit seit dem 1.1.2014. Doch korrigiert werden muss der Zinssatz erst ab dem 1.1.2019. Der Gesetzgeber wurde zum Handeln aufgefordert, darf sich damit allerdings bis zum 31.7.2022 Zeit lassen (BVerfG-Beschluss vom 8.7.2021, 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17). Nun ordnet die Finanzverwaltung mittels einer Allgemeinverfügung an, dass alle anhängigen Einsprüche und Änderungsanträge zu Zinsfestsetzungen gemäß § 233a AO für Verzinsungszeiträume vor dem 1.1.2019 zurückgewiesen werden und damit als erledigt gelten (Koordinierter Ländererlass vom 29.11.2021, S 0625). Wer einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung für Zeiten vor 2019 gestellt hat, muss jetzt damit rechnen, dass die Finanzverwaltung die ausgesetzten Nachzahlungszinsen bald nachfordern wird.
gepostet: 28.01.2022
Fahrten zur Arbeit: Zeitsoldat hat erste Tätigkeitsstätte am Stützpunkt
Ein Arbeitnehmer darf Fahrten zu seiner ersten Tätigkeitsstätte nur mit der Pendlerpauschale von 30 Cent je Entfernungs-km steuerlich geltend machen; ab dem Jahre 2021 gelten 35 Cent ab dem 21. Km. Dienstreisen hingegen sind mit 30 Cent pro gefahrenem Km oder mit den tatsächlichen Kosten abziehbar. Nun hat das Hessische Finanzgericht entschieden, dass der Bundeswehrstützpunkt eines Zeitsoldaten als erste Tätigkeitsstätte anzusehen ist (Urteil vom 25.3.2021, 4 K 1788/19). Der Kläger machte für Fahrten zwischen seiner Wohnung und dem Stützpunkt Fahrtkosten nach Reisekostengrundsätzen geltend. Er hielt den Stützpunkt nicht für seine erste Tätigkeitsstätte. Finanzamt und Finanzgericht hingegen gewährten nur die Entfernungspauschale. Für die Begründung einer ersten Tätigkeitsstätte sei entscheidend, dass bereits die Einplanungsentscheidung der Bundeswehr eine Bestimmung des Stützpunktes vornimmt, dem der Kläger während seiner Tätigkeit dauerhaft zugeordnet ist. Unerheblich sei hingegen, dass der Kläger zum Beginn seiner Tätigkeit eine Eignungsübung an einem anderen Standort ableisten musste und die Versetzungsverfügung zum in Rede stehenden Stützpunkt der Anschlussverwendung eine "voraussichtliche Verwendungsdauer“ von 37 Monaten vorsah. Denn diese sei nicht als zeitliche Befristung, sondern lediglich als Verweis auf die Versetzungsbefugnis der Bundeswehr zu verstehen. Gegen das Urteil ist Revision eingelegt worden (Az.: VI R 6/21).
gepostet: 26.01.2022
Umsatzsteuer: Sofortbesteuerung trotz Ratenzahlung
Unternehmer, die die Umsatzsteuer nach vereinbarten Entgelten berechnen, so genannte Sollversteuerer, müssen die Umsatzsteuer für ihre Leistungen bereits für den Voranmeldungszeitraum zahlen, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind. Folge ist eine Vorfinanzierung der Umsatzsteuer zugunsten des Fiskus. Gerade bei Ratenzahlungen, die sich über Jahre hinziehen, kann diese Vorfinanzierung einen erheblichen Umfang annehmen. Doch abgesehen von besonderen Fallkonstellationen ist dies zulässig - so der Europäische Gerichtshof in einem aktuellen Urteil (EuGH-Urteil vom 28.10.2021, C-324/20).

Es ging um folgenden Sachverhalt: Im Jahr 2012 erbrachte ein Unternehmer eine Vermittlungsleistung. Aus der Honorarvereinbarung geht hervor, dass der Unternehmer seine vertraglichen Verpflichtungen in 2012 erfüllt hatte. Als Vergütung wurde ein Betrag von 1 Mio. Euro zuzüglich Umsatzsteuer festgesetzt, die in Teilbeträgen von 200.000 Euro plus Umsatzsteuer zu zahlen war. Die Beträge waren in einem Abstand von jeweils einem Jahr fällig, und der erste Teilbetrag war am 30. Juni 2013 zu zahlen. Zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt erstellte der Unternehmer eine Rechnung über den geschuldeten Betrag, vereinnahmte ihn und entrichtete die entsprechende Umsatzsteuer. Das Finanzamt sah die Dienstleistung bereits im Jahr 2012 als erbracht an und forderte für dieses Jahr die Umsatzsteuer. Der Bundesfinanzhof hatte das Verfahren ausgesetzt und den EuGH um Stellungnahme gebeten, der nun aber im Sinne der deutschen Finanzverwaltung entschieden hat.

Praxistipp:
Sollversteuerer müssen bei Ratenzahlungen bedenken, dass sie die Umsatzsteuer sofort ans Finanzamt abführen müssen und sollten dies bei ihrer internen Kalkulation berücksichtigen. Sinnvoll ist es üblicherweise, bereits in der Ursprungsrechnung den vollen Betrag mit voller Umsatzsteuer auszuweisen, auch wenn eine Ratenzahlung vereinbart wird. Gleichzeitig wäre vertraglich festzuhalten, dass der Leistungsempfänger mit der ersten Ratenzahlung auch die volle Umsatzsteuer zu zahlen hat. Sofern der Leistungsempfänger vorsteuerabzugsberechtigt ist, entsteht ihm kein Nach-teil, denn er selbst hat seinerseits einen Anspruch gegenüber dem Finanzamt auf volle bzw. sofortige Erstattung der Umsatzsteuer. Bitte sprechen Sie uns rechtzeitig an, sofern entsprechende Fälle bei Ihnen auftreten.
gepostet: 24.01.2022
Koalitionsvertrag: Welche Steueränderungen sind zu erwarten?
Am 24. November 2021 haben die "Ampelkoalitionäre" den Koalitionsvertrag vorgelegt, der auch steuerliche Pläne enthält. Natürlich muss noch abgewartet werden, welche Punkte in welcher Form tatsächlich umgesetzt werden, zumal die steuerlichen Änderungen auch vom Bundesrat mitgetragen werden müssen. Dennoch soll nachfolgend kurz auf einige geplante Neuerungen eingegangen werden.

· Die steuerliche Regelung für das Homeoffice, also die Homeoffice-Pauschale von bis zu 600 Euro, soll auch für das Jahr 2022 gelten. Bislang wäre sie in 2021 ausgelaufen.

· Der Ausbildungsfreibetrag soll von 924 auf 1.200 Euro erhöht werden.

· Pflegekräfte sollen einen Pflegebonus erhalten und bis zu 3.000 Euro steuerfrei vereinnahmen können. Auch soll der Pflegeberuf attraktiver gemacht werden, zum Beispiel mit einer Steuerbefreiung von Zuschlägen.

· Die Begünstigung von Plug-In-Hybridfahrzeugen bei der Dienstwagenbesteuerung soll reduziert werden. Die Förderung für neu zugelassene Fahrzeuge soll stärker auf die rein elektrische Fahrleistung ausgerichtet sein.

· Der Sparerpauschbetrag für Anleger soll zum 1. Januar 2023 auf 1.000 Euro bzw. 2.000 Euro bei Zusammenveranlagung angehoben werden.

· Selbstständige können demnächst wohl eine "Superabschreibung" beantragen, wenn sie Investitionen in digitale Wirtschaftsgüter tätigen oder aber Anschaffungs- und Herstellungskosten für Wirtschaftsgüter tragen, die dem Klimaschutz dienen.

· Der volle Abzug der Rentenversicherungsbeiträge als Sonderausgaben soll bereits ab 2023 erfolgen. Zudem soll der steuerpflichtige Rentenanteil ab 2023 nur noch um einen halben Prozentpunkt steigen.

·Die so genannte Midijob-Grenze soll auf 1.600 Euro steigen. Und die Minijob-Grenze soll sich an einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden zu Mindestlohnbedingungen orientieren. Dieser wird auf 12 Euro steigen. Die Minijob-Grenze wird dementsprechend mit Anhebung des Mindestlohns auf 520 Euro erhöht. Zudem soll die Förderung haushaltsnaher Dienstleistungen weiter ausgebaut werden.

· Alleinerziehende, die stark von Armut betroffen sind, sollen mit einer Steuergutschrift entlastet werden. Zu-dem soll die partnerschaftliche Betreuung von Kindern nach der Trennung gefördert werden.

· Neben den genannten Einzelvorhaben gibt es übergeordnete Ziele wie die Digitalisierung und Entbürokratisierung der Steuerverwaltung sowie die intensivere Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuervermeidung.
gepostet: 22.01.2022
Heimunterbringung: Anzusetzende Haushaltsersparnis wird erhöht
Aufwendungen für die Unterbringung in einem Pflegeheim sind grundsätzlich als außergewöhnliche Belastungen abziehbar, wobei eine zumutbare Belastung gegengerechnet wird. Falls im Zuge der Heimunterbringung der eigene Haushalt aufgelöst wird, kürzt das Finanzamt die abzugsfähigen Heimkosten allerdings auch um eine so genannte Haushaltsersparnis. Zum 1.1.2022 wird der Betrag für die anzusetzende Haushaltsersparnis erhöht. Sie beträgt 9.984 Euro im Jahr, 832 Euro pro Monat und 27,73 Euro pro Tag. Die abziehbaren Heimkosten werden nicht um eine Haushaltsersparnis gekürzt, solange der Pflegebedürftige seinen Haushalt beibehält. Dies gilt auch, wenn die Wohnung des Pflegebedürftigen von dessen Ehegatten weiter bewohnt wird (BFH-Urteil vom 4.10.2017, VI R 22/16).
gepostet: 20.01.2022
Sachbezüge: Freigrenze steigt ab 2022 von 44 auf 50 Euro
Sachbezüge, die ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber erhält, gelten als Arbeitslohn und unterliegen der Lohnsteuer. Für Waren und Dienstleistungen, die der Arbeitgeber selbst herstellt oder erbringt, erhalten die Mitarbeiter den so genannten Personalrabatt-Freibetrag von 1.080 Euro im Jahr. Für andere Sachleistungen gilt hinge-gen eine Freigrenze von bislang 44 Euro pro Monat. Das heißt: Geldwerte Vorteile aus Sachbezügen sind steuer- und sozialversicherungsfrei, wenn sie nicht mehr als 44 Euro im Monat betragen. Diese Sachgrenze ist nun zum 1.1.2022 von 44 Euro auf 50 Euro pro Monat angehoben worden.

Praxistipp:
Bei dem Betrag von 50 Euro handelt es sich um eine Freigrenze, nicht um einen Freibetrag. Das bedeutet: Wird die Freigrenze auch nur um einen Cent überschritten, ist der gesamte Betrag steuer- und sozialversicherungspflichtig. Es ist nicht zulässig, den Monatsbetrag auf einen Jahresbetrag von 600 Euro umzurechnen und eine einmalige Sachzuwendung bis zu diesem Betrag steuerfrei zu belassen. Die Leistung von bis zu 50 Euro muss vielmehr von Monat zu Monat gewährt werden.
gepostet: 19.01.2022
Konzerndarlehen: Bundesfinanzhof legt Regeln für Zinshöhe fest
Vereinbaren nahestehende Personen oder Unternehmen untereinander die Gewährung eines Darlehens, so hegt die Finanzverwaltung einen gewissen Argwohn. Umso mehr gilt dies, wenn es um eine grenzüberschreitende Darlehensgewährung, etwa zwischen den Unternehmen eines Konzerns geht. Der deutsche Fiskus befürchtet, ihm könnte unzulässigerweise Steuersubstrat entzogen werden, soweit das hier ansässige Unternehmen überhöhte Zinsen für ein Darlehen zahlt, das es von einem verbundenen Konzernunternehmen mit Sitz im Ausland erhalten hat. Dementsprechend ist die Angemessenheit des Zinssatzes von Darlehen zwischen den einzelnen Unternehmen eines Konzerns häufig ein Streitpunkt in Betriebsprüfungen. Aktuell hat der Bundesfinanzhof zu der Frage Stellung genommen, wie hoch der Zins für ein Konzerndarlehen sein darf. Genauer gesagt hat er die Regeln für die Bestimmung des angemessenen Zinssatzes im Zuge des erforderlichen Fremdvergleichs festgelegt, denn die Ermittlung der konkreten Höhe überlässt er nun der Vorinstanz (BFH-Urteil vom 18.5.2021, I R 4/17). Im Streitfall hatte eine inländische Konzerngesellschaft mehrere Darlehen bei einer in den Niederlanden ansässigen Gesellschaft aufgenommen, die als Konzernfinanzierungsgesellschaft fungierte. Das Finanzamt und das Finanzgericht hielten die vereinbarten Darlehenszinsen für überhöht und ermittelten die fremdüblichen Zinssätze auf der Basis der so genannten Kostenaufschlagsmethode. Der BFH ist dem nicht gefolgt. Er führt aus: Die Fremdüblichkeit des vereinbarten Zinssatzes für ein Konzerndarlehen ist zunächst in der Weise zu ermitteln, dass der vereinbarte Zins mit dem Zins verglichen wird, der bei vergleichbaren Geschäften zwischen unabhängigen Dritten oder zwischen einem der Konzernunternehmen mit einem unabhängigen Dritten vereinbart worden ist (Preisvergleichsmethode). Erst wenn ein derartiger Preisvergleich nicht möglich ist, kann die Kostenaufschlagsmethode angewendet werden, bei der die Selbstkosten des Darlehensgebers ermittelt und um einen angemessenen Gewinnaufschlag erhöht werden. In den Urteilsgründen ist der BFH auch auf weitere Aspekte des Fremdvergleichs eingegangen. So ist bei der für die Zinshöhe bedeutsamen Bonität des Darlehensnehmers grundsätzlich auf die Bonität des Einzelunternehmens und nicht auf die Bonität des Gesamtkonzerns abzustellen. Die finanziellen Kapazitäten des Darlehensgebers spielen dagegen keine maßgebliche Rolle für die Angemessenheit des vereinbarten Zinses.
gepostet: 17.01.2022
Spekulationsgewinn: Steuerpflichtiger Verkauf des Eigenheims nach Trennung
Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen haben in den letzten Jahren zumeist hohe Wertsteigerungen erfahren. Ein Verkauf des Eigenheims bleibt allerdings selbst dann von der Einkommensteuer verschont, wenn An- und Verkauf innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist liegen. Voraussetzung dafür ist, dass die Immobilie im Zeitraum zwischen Anschaffung bzw. Fertigstellung und Veräußerung ununterbrochen zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde oder im Jahr des Verkaufs und in den beiden Vorjahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. Doch es gibt eine Steuerfalle, die Sie unbedingt kennen sollten: Trennen sich die Miteigentümer einer Immobile und zieht einer der beiden aus der Wohnung aus, während der andere - eventuell mit den gemeinsamen Kindern - in der Wohnung bleibt, so liegt hinsichtlich des Teils des ausgezogenen Partners keine "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" mehr vor. Folge: Wird die Immobilie innerhalb des Zehn-Jahres-Zeitraums veräußert, muss der Partner, der ausgezogen ist, einen Veräußerungsgewinn versteuern. So hat jüngst das Finanzgericht München mit Urteil vom 11.3.2021 (11 K 2405/19) entschieden. Zuvor hat bereits das Hessische FG diese Auffassung vertreten (Urteil vom 30.9.2015, 1 K 1654/14).

Die Begründung des Urteils aus München lautet: Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken setzt voraus, dass eine Immobilie tatsächlich vom Steuerpflichtigen bewohnt wird. Als Selbstnutzung gilt zwar auch das Bewohnen durch einen Familienangehörigen. Dazu muss der Eigentümer jedoch gleichfalls in der Immobilie wohnen. Besteht die Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft nicht mehr fort und überlässt der unterhaltsverpflichtete Eigentümer den von ihm getrenntlebenden Ehegatten an Stelle des Barunterhalts eine Wohnung zur unentgeltlichen Nutzung, wird die Wohnung aus der Sicht des überlassenden Ehegatten nicht zu eigenen, sondern zu fremden Wohnzwecken genutzt.

Eine andere Beurteilung kann sich bei der Überlassung an unterhaltsberechtigte Kinder ergeben. Die Nutzung der Wohnung durch das Kind ist dem Eigentümer als eigene zuzurechnen, weil es zu seiner Unterhaltspflicht gehört, für die Unterbringung des Kindes zu sorgen. Wenn die Wohnung aber nicht einem Kind allein, sondern gemein-sam mit der Kindesmutter oder dem Kindervater überlassen wird, liegt wiederum keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken vor. Dass der Verkauf anlässlich der Trennung unter einem gewissen finanziellen Druck erfolgte, ändert an dem Ergebnis nichts.

Praxistipp:
Gegen das Urteil wurde die Revision zugelassen, die unter dem Az. IX R 11/21 beim Bundesfinanzhof vorliegt. In ähnlichen Fällen sollte aber nicht auf einen positiven Ausgang des Verfahrens vertraut werden. Vielmehr sollte überlegt werden, mit einem Verkauf bis zum Ablauf der Zehn-Jahres-Frist zu warten. Falls möglich, könnte auch an einen Verkauf noch im Jahr des Auszugs gedacht werden, um die oben erwähnte Eigennutzung im Verkaufsjahr einzuhalten. Bitte kontaktieren Sie uns aber auf jeden Fall vor einer geplanten Veräußerung, damit die steuerlichen Folgen abgeschätzt werden können.
gepostet: 15.01.2022
Corona: Verlängerung der Wirtschaftshilfen bis Ende März 2022
Angesichts der vierten Corona-Welle und der damit einhergehenden Schäden für die Wirtschaft werden die Corona-Wirtschaftshilfen bis Ende März 2022 fortgeführt. Bundesfinanz- und Bundeswirtschaftsministerium haben sich auf die Hilfen geeinigt. Die bisherige Überbrückungshilfe III Plus wird nun im Wesentlichen als Überbrückungshilfe IV bis Ende März 2022 fortgeführt. Unternehmen erhalten über die Überbrückungshilfe IV weiterhin die Erstattung von Fixkosten. Zusätzlich zur Fixkostenerstattung erhalten Unternehmen im Rahmen der Überbrückungshilfe IV, die im Rahmen der Corona-Pandemie besonders schwer und von Schließungen betroffen sind, einen zusätzlichen Eigenkapitalzuschuss. Dieses Instrument gab es zwar bereits in der Überbrückungshilfe III und der Überbrückungshilfe III Plus, in der Überbrückungshilfe IV wird es aber angepasst und verbessert. Dadurch er-halten insbesondere Unternehmen, die von der Absage von Advents- und Weihnachtsmärkten betroffen sind - etwa Schausteller, Marktleute und private Veranstalter - eine erweiterte Förderung.

Ebenfalls fortgeführt wird die Neustarthilfe für Soloselbständige. Mit der Neustarthilfe 2022 können Soloselbständige weiterhin pro Monat bis zu 1.500 Euro an direkten Zuschüssen erhalten, insgesamt für den verlängerten Förderzeitraum also bis zu 4.500 Euro. Die FAQ zur Überbrückungshilfe IV und Neustarthilfe Plus 2022 sollen zeitnah veröffentlicht werden.

Die umfassenden Ausführungsbestimmungen, die sich oft kurzfristig ändern, machen es leider schwierig, auf die Corona-Hilfen im Rahmen dieser Mandanteninformation konkret einzugehen. Ausführliche Informationen finden Sie auf der Website www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de, die das Bundesfinanz- und das Bundeswirtschaftsministerium laufend aktualisieren.
gepostet: 13.01.2022
Rentenbesteuerung: Steuerzahlung trotz Verfassungsbeschwerden erforderlich
Der Bundesfinanzhof hat im Mai 2021 entschieden, dass die Besteuerung von Renten im Grundsatz verfassungs-konform ist. Eine doppelte Besteuerung zeichne sich erst für spätere Rentnerjahrgänge ab. Zwar könne es im Einzelfall auch heute schon zu einer doppelten Besteuerung von Renten kommen, doch die vom BFH festgelegten Berechnungsparameter sind so streng, dass nur wenige Fälle betroffen sind. So blieben auch die entsprechenden Klagen vor dem BFH erfolgslos (BFH-Urteile vom 19.5.2021, X R 33/19 und X R 20/21). Doch die Sache ist damit noch nicht beendet, denn die unterlegenen Kläger haben Verfassungsbeschwerde eingelegt (Az. 2 BvR 1143/21 und 2 BvR 1140/21).

Es geht nach wie vor um die Frage, wie eine eventuelle Doppelbesteuerung konkret berechnet wird. Der BFH hat eine sehr schematische Sichtweise eingenommen, die nur im Einzelfall zu einer zu hohen Besteuerung von Renten führt. Ob die Verfassungshüter aus Karlsruhe das anders sehen, bleibt abzuwarten. Aber besteht nun angesichts der Verfassungsbeschwerden die Möglichkeit, eine Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuer zu erlangen, die auf die vermeintlich zu hoch besteuerte Rente entfällt? Nein, sagt der Bundesfinanzhof. Eine Aussetzung der Vollziehung kommt nicht in Betracht (BFH-Beschluss vom 24.8.2021, X B 53/21).

Betroffene Rentner haben nur eine Möglichkeit, um bereits heute schon eine Steuerminderung zu erreichen: Wer der Ansicht ist, dass eine Doppelbesteuerung seiner Renten nach den Parametern des BFH eintritt, muss Einspruch gegen betreffende Steuerbescheide einlegen und eine konkrete Berechnung beifügen, die die Doppelbesteuerung aufzeigt. Und dem Einspruch müssen geeignete Unterlagen (insbesondere der Versicherungsverlauf und die Steuerbescheide der alten Jahre) beigefügt werden. Dies ist insgesamt sehr aufwendig.
gepostet: 11.01.2022
Geringfügige Beschäftigung: Minderung der Umlagen U1 bis U3
Bei der Beschäftigung eines Minijobbers muss der Arbeitgeber eine Pauschalabgabe von 30 % (Rentenversiche-rung 15 %, Krankenversicherung 13 %, Pauschalsteuer 2 %) an die Minijobzentrale zahlen. Für Minijobber im Pri-vathaushalt beträgt die Pauschalabgabe 12 % (Renten- und Krankenversicherung je 5 %, Pauschalsteuer 2 %). Darüber hinaus muss der Arbeitgeber zusammen mit der Pauschalabgabe noch bestimmte Umlagen für Lohn-fortzahlung an die Minijobzentrale abführen: Umlage U1 für Krankheitsaufwendungen, Umlage U2 für Mutter-schaftsaufwendungen, Umlage U3 für Insolvenzgeld (gilt nicht für Privathaushalte). Zum 1.1.2022 werden alle drei Umlagen abgesenkt: Die Umlage U1 für Krankheitsaufwendungen sinkt von bisher 1,0 % auf 0,9 % und die Um-lage U2 für Mutterschaftsaufwendungen von 0,39 % auf 0,29 % des Arbeitslohns. Die Umlage U3 für Insolvenz-geld vermindert sich von 0,12 % auf 0,09 %. Der Arbeitgeber entrichtet die Umlagen zusammen mit der Pauschal-abgabe an die Minijobzentrale.
gepostet: 10.01.2022
Corona: Weiterhin Stundung im vereinfachten Verfahren möglich
Das Coronavirus hat Deutschland noch immer im Griff und sorgt bei vielen Unternehmern weiterhin - oder erneut - für erhebliche Umsatzeinbußen. Aus diesem Grunde hat die Finanzverwaltung abermals verfahrensrechtliche Erleichterungen für betroffene Steuerpflichtige erlassen (BMF-Schreiben vom 7.1.2021 und koordinierter Ländererlass vom 9.12.2021). Danach gilt:

Stundung im vereinfachten Verfahren: Steuerpflichtige, die durch die Coronakrise einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden zu verzeichnen haben, können bis Ende Januar 2022 unter Darlegung ihrer Verhältnisse Anträge auf Stundung der bis dahin fälligen Steuern stellen. Die Stundungen sind zwar zunächst längstens bis zum 31. März 2022 zu gewähren, allerdings kann das Finanzamt so genannte Anschlussstundungen - in Verbindung mit einer Ratenzahlung - bis zum 30. Juni 2022 gewähren. Bei der Nachprüfung der Voraussetzungen für Stundungen und Anschlussstundungen sind keine strengen Anforderungen zu stellen. Auf die Erhebung von Stundungszinsen darf die Finanzverwaltung verzichten.

Vollstreckungsaufschub im vereinfachten Verfahren: Wird dem Finanzamt bis Ende Januar 2022 mitgeteilt, dass ein Vollstreckungsschuldner coronabedingt "nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich negativ wirtschaftlich betroffen ist", soll das Finanzamt bis Ende März 2022 von Vollstreckungsmaßnahmen absehen. Auch Säumniszuschläge in diesem Zusammenhang sind grundsätzlich zu erlassen. Der Vollstreckungsaufschub kann bis Ende Juni 2022 verlängert werden, wenn eine angemessene Ratenzahlung vereinbart wird. Das Gesagte gilt für die bis zum 31. Januar 2022 fällig gewordenen Steuern.

Anpassung von Steuervorauszahlungen: Steuerpflichtige, die einen coronabedingten wirtschaftlichen Schaden hinnehmen müssen, können bis zum 30. Juni 2022 Anträge auf Anpassung der Vorauszahlung auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer 2021 und 2022 stellen. Bei der Nachprüfung sind keine strengen Anforderungen zu stellen. Diese Anträge sind nicht deshalb abzulehnen, weil die Steuerpflichtigen die entstandenen Schäden wert-mäßig nicht im Einzelnen nachweisen können.

Gewerbesteuer: Bei Kenntnis veränderter Verhältnisse hinsichtlich des Gewerbeertrags kann das Finanzamt für den laufenden Erhebungszeitraum die Anpassung der Gewerbesteuer-Vorauszahlungen veranlassen. Betroffene Steuerpflichtige können daher bis zum 30. Juni 2022 unter Darlegung ihrer Verhältnisse Anträge auf Herabsetzung des Gewerbesteuermessbetrages für Zwecke der Gewerbesteuer-Vorauszahlungen 2021 und 2022 stellen. Auch hier gilt: Bei der Nachprüfung der Voraussetzungen sind keine strengen Anforderungen zu stellen. Diese An-träge sind nicht deshalb abzulehnen, weil die Steuerpflichtigen die entstandenen Schäden wertmäßig nicht im Einzelnen nachweisen können. Für etwaige Stundungs- und Erlassanträge gilt auch im Hinblick auf einen möglichen Zusammenhang mit Auswirkungen des Coronavirus, dass diese an die Gemeinden und nur dann an das zu-ständige Finanzamt zu richten sind, wenn die Festsetzung und Erhebung der Gewerbesteuer nicht den Gemein-den übertragen worden ist.
gepostet: 09.01.2022
Unterstützung bedürftiger Personen: Unterhalt bereits zum Jahresanfang zahlen
Wer Angehörige finanziell unterstützt, darf seine Zahlungen als außergewöhnliche Belastungen steuerlich geltend machen. Im Jahre 2022 sind bis zu 9.984 Euro abziehbar. Eine zumutbare Belastung wird dabei nicht gegengerechnet, wohl allerdings eigene Einkünfte und Bezüge der unterhaltenen Person, soweit diese 624 Euro im Jahr übersteigen. Wichtig ist aber, dass die Zahlungen möglichst frühzeitig geleistet werden, denn sonst drohen steuerliche Nachteile.

Im Einzelnen: Der Höchstbetrag von 9.984 Euro mindert sich um jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für den Abzug der Unterhaltsleistungen nicht vorgelegen haben, um je ein Zwölftel. Da Unterhaltsleistungen nach Ansicht der Finanzverwaltung nicht auf Monate vor ihrer Zahlung zurückbezogen werden dürfen, würde eine Zahlung erst im Laufe des Jahres also dazu führen, dass sich der Höchstbetrag mindert und die ersten Monate steuerlich eventuell verloren sind. Der Bundesfinanzhof hat diese Haltung mit Urteil vom 25.4.2018 (VI R 35/16) für zutreffend befunden. Beispiel: Der Sohn leistet im Dezember 2022 eine Unterhaltszahlung in Höhe von 3.000 Euro an seinen mittellosen Vater im Ausland. Die Unterhaltsleistung ist für ein ganzes Jahr bestimmt. Eine monatliche Zahlung ist wegen der hohen Gebühren für Auslandsüberweisungen nicht sinnvoll. Das Finanzamt wird diese Zahlung jedoch nur mit einem Zwölftel des Höchstbetrages von 9.984 Euro, also 832 Euro, anerkennen, da Unterhaltsleistungen nur absetzbar sind, soweit sie dem laufenden Lebensbedarf der unterhaltenen Person im Kalenderjahr der Leistung dienen. Gegebenenfalls ist der Betrag bei der Unterstützung bedürftiger Personen - je nach Wohnsitzstaat des Empfängers - noch entsprechend der so genannten Ländergruppeneinteilung zu kürzen. Der BFH stützt dieses Ergebnis.

Praxistipp:
Das Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, eine größere Unterhaltszahlung stets zu Beginn des Jahres zu leisten. Bei Unterhaltsleistungen an Ehegatten mit Wohnsitz im Ausland soll das negative Urteil übrigens nicht gelten. Insoweit ist davon auszugehen, dass die Zahlungen stets zur Deckung des Lebensbedarfs des gesamten Kalenderjahrs bestimmt sind. Aber dennoch sollte auch hier lieber eine Unterstützung bereits zu Jahresbeginn erfolgen. Im Übrigen ist der Abzug von Unterhaltszahlungen an den Ehegatten ohnehin nur möglich, wenn nicht die Voraussetzungen der Zusammenveranlagung vorliegen.
gepostet: 07.01.2022
Grundsteuer: Erlassantrag bei Mietausfällen bis Ende März 2022 stellen
Gerade in Corona-Zeiten dürften viele Vermieter Mietausfälle zu beklagen haben. Betroffene sollten dann unbedingt den Stichtag 31. März 2022 beachten: Falls sie bei vermieteten Wohnungen oder Gebäuden im Jahre 2021 ohne eigenes Verschulden erhebliche Mietausfälle erlitten haben, können Vermieter nämlich einen teilweisen Er-lass der Grundsteuer beantragen - und zwar bei der zuständigen Gemeindeverwaltung bzw. in Berlin, Hamburg und Bremen (nicht aber Bremerhaven) beim Finanzamt.

Praxistipp:
Bei einer Ertragsminderung von mehr als 50 Prozent beträgt der Grundsteuererlass 25 Prozent, bei einer Ertragsminderung von 100 Prozent gibt es 50 Prozent der Grundsteuer zurück.

Ein Grundsteuererlass kommt aber nicht in Betracht, wenn die Ertragsminderung durch eine Fortschreibung des Einheitswerts berücksichtigt werden kann, etwa wenn ein Gebäude stark beschädigt wurde. In diesen Fällen sollte beim Finanzamt ein Antrag auf Wertfortschreibung des Einheitswerts gestellt werden. Auch bei eigengewerblich genutzten Immobilien ist ein Erlass der Grundsteuer denkbar; maßgebend ist die Minderung der Ausnutzung des Grundstücks. Wer seine Räumlichkeiten also aufgrund der Konjunktur oder aufgrund von Corona-Maßnahmen nicht im gewohnten Umfang nutzen konnte, sollte einen Antrag auf Grundsteuererlass zumindest in Erwägung ziehen.

Praxistipp:
Betriebsinhaber müssen jedoch zusätzlich darlegen, dass die Einziehung der Grundsteuer nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betriebs unbillig wäre. Dazu sollten sie den Jahresabschluss oder zumindest betriebswirtschaftliche Auswertungen vorlegen können.
gepostet: 05.01.2022
Gutscheine, Gutscheinkarten und Geldkarten: Beachten Sie die neuen Regeln
Viele Arbeitgeber gewähren ihren Mitarbeitern Gutscheine, die diese zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen nutzen können. Besonders beliebt sind zum Beispiel Tankgutscheine. Grundsätzlich bleiben diese geldwerten Vor-teile als Sachbezug lohnsteuerfrei, wenn sie - bis 2021 - nicht höher sind als 44 Euro pro Monat. Ab 2022 gilt eine Freigrenze von 50 Euro pro Monat. Bereits seit dem 1.1.2020 ist allerdings eine gesetzliche Verschärfung eingetreten: Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer zwar weiterhin Gutscheine gewähren. Damit diese aber auch tat-sächlich steuerfrei bleiben, ist unter anderem erforderlich, dass sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeits-lohn gewährt werden. Damit soll der steuerliche Vorteil insbesondere im Rahmen von Gehaltsumwandlungen ausgeschlossen werden.

Auch nachträgliche Kostenerstattungen sind nicht mehr begünstigt. Würde der Arbeitnehmer also zunächst tanken und seinen Arbeitgeber dann um Erstattung der Benzinkosten bitten, so wäre die Kostenerstattung kein Sachbezug und folglich nicht begünstigt. Eine weitere Verschärfung betritt Gutscheine, Gutscheinkarten und Geldkarten: Die-se sind in der Vergangenheit zunehmend in der Weise ausgestaltet worden, dass sie dem Inhaber ermöglichen, aus einem breiten Sortiment eines Anbieters Waren zu beziehen. Auch wenn sie selbst nicht als Geld anzusehen sind, so können sie vom Inhaber doch mittlerweile fast wie Geld eingesetzt werden. Das war dem Fiskus ein Dorn im Auge. Allerdings wollte er diese Art der begünstigten Sachbezüge nicht ganz verbieten, sondern nur einschränken. Und so gilt ebenfalls seit 2020: Gutscheine und Geldkarten gelten weiterhin als Sachbezug, wenn sie aus-schließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen beim Arbeitgeber oder bei einem Dritten berechtigen (§ 8 Abs. 1 Satz 3 EStG). Ferner ist erforderlich, dass die Gutscheine und Geldkarten zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden.

Ab dem 1.1.2022 gilt eine weitere Bedingung für Gutscheine und Gutscheinkarten etc. (BMF-Schreiben vom 13.4.2021, BStBl 2021 I S. 624): Damit diese als Sachbezug bis 50 Euro steuerfrei bleiben, müssen sie zusätzlich die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) erfüllen. Begünstigt sind demnach - vereinfacht ausgedrückt - nur noch Gutscheine oder Karten, die berechtigen, Waren oder Dienstleistungen eines bestimmten, begrenzten Anbieterkreises zu beziehen oder bei denen nur aus einer begrenzten Waren- oder Dienstleistungspalette ausgesucht werden kann. Das sind beispielsweise wiederaufladbare Geschenkkarten für den Einzelhandel, Centergutscheine, Kundenkarten von Shopping-Centern, Malls und Outlet-Villages, City-Cards, Stadtgutscheine oder Gutscheinkarten für Streamingdienste (Film und Musik), Behandlungskarten für ärztliche Leistungen oder Reha-Maßnahmen.

Begünstigt sind zudem · Tankgutscheine oder -karten eines einzelnen Tankstellenbetreibers zum Bezug von Waren oder Dienstleis-tungen in seiner Tankstelle;
· von einer bestimmten Tankstellenkette (einem bestimmten Aussteller) ausgegebene Tankgutscheine oder -karten zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen in den einzelnen Tankstellen mit einheitlichem Marktauftritt (z.B. ein Symbol, eine Marke, ein Logo); die Art des Betriebs (z.B. eigene Geschäfte, im Genossenschafts- oder Konzernverbund, über Agenturen oder Franchisenehmer) ist unerheblich.

Praxistipp:
Die Anweisung des Bundesfinanzministeriums enthält eine umfassende Aufzählung der begünstigten und nicht begünstigten Gutscheine bzw. Zahlungsmittel. Bei Rückfragen zu der Thematik helfen wir Ihnen gerne weiter.
gepostet: 03.01.2022
GmbH: Satzungen und Anstellungsverträge jetzt auf Aktualität prüfen
Vereinbarungen zwischen Gesellschaftern und ihrer GmbH müssen stets im Vorhinein getroffen werden, um rechtswirksam zu sein. Rückwirkende Vereinbarungen werden von der Finanzverwaltung oft verworfen und führen zu verdeckten Gewinnausschüttungen. Daher sollten jeweils zum Jahresanfang sowohl die GmbH-Satzungen als auch die Anstellungsverträge mit den Geschäftsführern auf ihre Aktualität hin untersucht werden. Zu prüfen wären insbesondere die Angemessenheit der Höhe des Gehalts, der Tantieme und anderer variabler Gehaltsbestandtei-le sowie des Urlaubs- und Weihnachtsgeldanspruchs. Sofern ein Pensionsanspruch besteht, sollte auch dieser auf seine An-gemessenheit hin überprüft werden.

Verständlicherweise besteht immer wieder der Wunsch, auch dem Gesellschafter-Geschäftsführer eine Vergütung zu zahlen, die sich nach dem Umsatz richtet. Doch Vorsicht: Diese wird nur in ganz wenigen Ausnahmefällen an-erkannt. Also sollte lieber eine Tantieme vereinbart werden, die sich am Gewinn orientiert. Der erfolgsabhängige Bestandteil sollte üblicherweise nicht höher sein als ¼ der Gesamtvergütung, das heißt das Verhältnis von Fest-gehalt zu variablem Gehalt sollte bei 75 zu (max.) 25 liegen.

Auch die "Gesamtausstattung" eines Gesellschafter-Geschäftsführers muss noch angemessen sein. Orientieren Sie sich daher an branchenüblichen bzw. betriebsinternen Werten oder an Zahlen aus Vergleichsstudien. Zudem darf die Vergütung nicht zu einer so genannten Gewinnabsaugung führen, das heißt, der Gesellschaft muss nach Abzug des Geschäftsführergehalts noch ein angemessener Gewinn verbleiben.

Verrechnungskonten sind ein beliebtes Mittel, um Zahlungen zwischen GmbH und Gesellschafter abzuwickeln und um nicht bei jeder Kleinigkeit einen gesonderten Darlehensvertrag abschließen zu müssen. Der Jahresanfang ist ein guter Zeitpunkt, um zu prüfen, ob Verrechnungskonten ausgeglichen werden sollten, ob die Verbindlichkei-ten werthaltig sind, ob eine Umwandlung in ein langfristiges Darlehen erfolgen sollte und ob die Verzinsung noch angemessen ist.
gepostet: 01.01.2022
Dezember 2021
Eigengarantien von Händlern: BMF verlängert Übergangsfrist
Viele Händler, insbesondere im Bereich des Kfz-Handels, geben beim Verkauf von Waren über die gesetzliche Gewährleistung hinaus eine zusätzliche Garantie ab, die dem Kunden gegenüber auch besonders berechnet wird. Dabei kommt es in bestimmten Konstellationen zu gravierenden steuerlichen Änderungen, da sich die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs geändert hat und das Bundesfinanzministerium deren Anwendung verfügt.

Das bedeutet: Händler werden bei entgeltlichen Eigengarantien zu Versicherern im Sinne des Versicherungssteuergesetzes und müssen entsprechende Pflichten beachten. Zudem wird ihnen aus den Eingangsleistungen, die für die Ausführung der Garantiereparaturen bezogen werden, der Vorsteuerabzug versagt, denn die entsprechenden Garantiereparaturen stehen im Zusammenhang mit umsatzsteuerfreien Umsätzen. In der Praxis führt dies dazu, dass aus Ersatzteilen, aber auch anteilig aus Verbrauchsmaterialien und Gerätekosten, kein Vorsteuerabzug zulässig ist (BMF-Schreiben vom 11.5.2021 und vom 18.6.2021, III C 3 - S 7163/19/10001 :001).

Praxistipp:
Erfreulicherweise hat das BMF seine Übergangsfrist nun verlängert. Die neuen Grundsätze zur Behandlung als Versicherer sind erstmals anzuwenden auf Garantiezusagen, die nach dem 31. Dezember 2022 abgegeben werden. Wer möchte, kann die Grundsätze aber auch bereits zuvor anwenden.
gepostet: 31.12.2021
Bilanzierung: Hoher Abzinsungssatz für zinsfreie Darlehen ist verfassungsgemäß
Unverzinsliche Darlehensverbindlichkeiten sind nach geltender Rechtslage bei ihrer Bilanzierung mit einem Zinssatz von 5,5 Prozent abzuzinsen. Dieser Zinssatz ist aus heutiger Sicht extrem hoch und so mehren sich die Stimmen, die eine Absenkung dieses Zinssatzes fordern. Aktuell hat das Finanzgericht Münster allerdings entschieden, das der Rechnungszinssatz von 5,5 Prozent im Streitjahr 2016 verfassungsgemäß war (Urteil vom 22.7.2021, 10 K 1707/20 E,G). Der Kläger betreibt einen Autohandel. In seiner Bilanz zum 31.12.2016 wies er unverzinsliche Darlehensverbindlichkeiten zum Nennwert aus. Das Finanzamt gelangte zu der Erkenntnis, dass diese mit 5,5 Prozent abzuzinsen und entsprechend niedriger zu bewerten seien. Den Differenzbetrag erfasste es gewinnerhöhend. Hiergegen wandte der Kläger ein, dass der Zinssatz wegen der seit mehreren Jahren andauernden Nullzinsphase verfassungswidrig sei. Das FG Münster hat die Klage abgewiesen. Für das Streitjahr 2016 sei der Rechnungszinssatz von 5,5 Prozent nicht verfassungsrechtlich willkürlich gewählt worden. In diesem Jahr habe der Fremdkapitalmarktzinssatz in unterschiedlichen Konstellationen noch 2,45 bis 3,71 Prozent betragen. Darüber hinaus seien im Einzelfall vorliegende weitere Faktoren wie die Bonität des Schuldners und die fehlende Besicherung des Darlehens einzubeziehen.

Die bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Höhe der so genannten Steuerzinsen, also der Nachzahlungs- und Erstattungszinsen, seien nicht auf den Abzinsungssatz für unverzinsliche Darlehen übertragbar. Denn dieser schöpfe nicht den Nutzungsvorteil für die Überlassung von Kapital ab, sondern stelle eine interne Rechengröße für die Bewertung einer unverzinslichen Verbindlichkeit dar. Die Richter haben allerdings die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
gepostet: 29.12.2021
Vereine und Steuern: Arbeitshilfe für Vereinsvorstände und Mitglieder
Das Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hat eine neue Broschüre zum Thema Vereine und Steuern herausgegeben und auf seinen Internetseiten zum Download zur Verfügung gestellt. Die Broschüre bietet beispielsweise einen umfassenden Überblick über die Themen Gemeinnützigkeit, Spenden und Mitgliedsbeiträge, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Umsatzsteuer, Lohnsteuer und Steuerabzug für ausländische Künstler und Sportler. Interessierte können die Information des Finanzministeriums unter folgendem Link kostenlos herunterladen:
https://broschuerenservice.nrw.de/default/shop/Vereine_Steuern/25
gepostet: 27.12.2021
Kindergartenzuschuss des Arbeitgebers: Sonderregelung für 2020 und 2021
Zuschüsse, die Arbeitgeber an ihre Mitarbeiter leisten, damit diese ihre nicht schulpflichtigen Kinder in Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen unterbringen können, sind steuerfrei (§ 3 Nr. 33 EStG). Die Leistungen müssen zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden. Im Zuge der Corona-Pandemie waren viele Kindergärten und ähnliche Einrichtungen aber geschlossen. Zahlreichen Eltern wurden die Kindergartenbeiträge daraufhin erstattet oder die weitere Erhebung wurde ausgesetzt. Hat der Arbeitgeber seine Zuschüsse dennoch weitergezahlt oder nicht zurückgefordert, müssten diese eigentlich versteuert werden. Zwar mussten die Arbeitnehmer sicherlich große Mühen zur Betreuung ihrer Kinder während des Lockdowns auf sich nehmen, doch Kosten für "Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen", wie sie das Gesetz fordert, sind ihnen nicht entstanden.

Wie zu vernehmen ist, hat sich die Finanzverwaltung aber offenbar bundeseinheitlich auf folgende Vorgehensweise geeinigt: In den Fällen, in denen Städte und Gemeinden aufgrund der Corona-Pandemie Kindergarten- bzw. Kinderbetreuungsgebühren nicht eingezogen oder bereits erhobene Beiträge zurückerstattet haben, wird es für das Kalenderjahr 2020 nicht beanstandet, wenn von einer Darlehensgewährung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer ausgegangen wird.

Damit bleiben die Arbeitgeberleistungen für das Jahr 2020 weiter steuerfrei. Die im Jahr 2020 geleisteten Zuschüsse sind dann mit den im Jahre 2021 entstehenden Unterbringungs- und Betreuungskosten für die Kinder zu verrechnen. Eine nochmalige steuerfreie Erstattung in 2021 ist nicht zulässig. Das heißt: Hat der Arbeitgeber im Jahre 2020 einen Zuschuss von 1.200 Euro zu den Kindergartengebühren von - normalerweise - ebenfalls 1.200 Euro geleistet und werden 400 Euro vom KiTa-Träger zurückgezahlt, so bleibt der Betrag von 1.200 zunächst weiter steuerfrei. Der Betrag von 400 Euro gilt als Darlehen. Erhält der Arbeitnehmer in 2021 weiterhin einen Zuschuss von 100 Euro monatlich bei Gebühren von ebenfalls 100 Euro pro Monat, müsste der Zuschuss in Höhe von 400 Euro aus dem Jahre 2020 nun in 2021 versteuert werden.
gepostet: 25.12.2021
Aktien: Wie ist die Zuteilung von Verizon-Aktien durch Vodafone zu behandeln?
Bereits in den beiden vorigen Informationen wurden die steuerlichen Auswirkungen von Kapitalmaßnahmen ausländischer Aktiengesellschaften dargestellt. In zwei weiteren Urteilen hat der Bundesfinanzhof bezüglich der Zuteilung von Verizon-Aktien durch Vodafone im Jahre 2013 entschieden (BFH-Urteile vom 4.5.2021, VIII R 17/18, VIII R 14/20). Etwas vereinfacht ging es darum, dass Anleger aufgrund des Verkaufsvorgangs einer Vodafone-Tochtergesellschaft Aktien der Verizon Communications Inc. zugeteilt bekamen, die auf ihren Depots eingebucht wurden. Die wesentlichen Aussagen des BFH zur steuerlichen Beurteilung lauten:

Die Zuteilung der Verizon-Aktien führt zu Kapitalerträgen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG, also zu einer steuerpflichtigen Sachausschüttung. Diese ist nicht von der Besteuerung auszunehmen. Zwar verfügt das Einkommensteuergesetz in bestimmten Fällen, dass der Ertrag und die Anschaffungskosten von Anteilen, die einem Anleger zugeteilt werden, ohne dass dieser eine gesonderte Gegenleistung zu entrichten hat, mit 0 Euro angesetzt werden. Hier liegen die entsprechenden Voraussetzungen aber nicht vor. Es wird für die Anwendung der 0-Euro-Regelung nämlich verlangt, dass die Ermittlung der Höhe des Kapitalertrags nicht möglich ist. Im Streitfall war die Ermittlung der Höhe des Kapitalertrags wegen des Börsenkurses der zugeteilten Verizon-Aktien jedoch ohne weiteres möglich. Zwar wurde das Einkommensteuergesetz in dem entsprechenden Punkt mittlerweile geändert (§ 20 Abs. 4a Satz 5 EStG), allerdings erst mit Wirkung ab 2021. Die Anleger mussten also die damals noch geltende Fassung des Gesetzes gegen sich wirken lassen.

Doch beendet ist die Sache damit noch lange nicht. Es ist nämlich denkbar, dass mit der Kapitalmaßnahme eine nichtsteuerbare "Einlagenrückgewähr" verbunden war. Dies ist bislang gar nicht geprüft worden. Von daher wurde die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen.
gepostet: 23.12.2021
Kindergeld: Zeitpunkt des Beginns und des Endes eines Hochschulstudiums
Eltern studierender Kinder können für diese Kindergeld bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres beziehen. Mitunter kann allerdings fraglich sein, wann ein Studium tatsächlich beginnt und wann es als beendet gilt. Mit dieser Problematik musste sich der Bundesfinanzhof kürzlich befassen und hat wie folgt entschieden: Ein Hochschulstudium beginnt mit der erstmaligen Durchführung von Ausbildungsmaßnahmen und endet grundsätzlich dann, wenn das Kind die letzte nach der einschlägigen Prüfungsordnung erforderliche Prüfungsleistung erfolgreich erbracht hat und dem Kind sämtliche Prüfungsergebnisse in schriftlicher Form zugänglich gemacht wurden (BFH-Urteil vom 7.7.2021, III R 40/19).

Der Sachverhalt: Die Klägerin ist die Mutter einer im Mai 1992 geborenen Tochter. Diese war ab März 2015 an einer Hochschule im Masterstudiengang "Management" eingeschrieben. Nachdem die Hochschule der Tochter zunächst den erfolgreichen Abschluss mündlich mitgeteilt hatte, stellte sie den Abschluss und die Abschlussnoten Ende Oktober 2016 online. Die Zeugnisse holte die Tochter Ende November 2016 persönlich im Prüfungsamt ab. Im März 2017 bewarb sie sich für ein weiteres Bachelorstudium im Fach Politikwissenschaft, das sie im April 2017 aufnahm. Die Familienkasse gewährte wegen des Masterstudiums bis einschließlich Oktober 2016 Kindergeld und wegen des Bachelorstudiums ab April 2017. Für März 2017 wurde die Tochter nicht wegen einer Ausbildung, sondern nur wegen ihrer Bewerbung für einen Studienplatz kindergeldrechtlich berücksichtigt. Für den Zeitraum November 2016 bis Februar 2017 lehnten die Familienkasse und nachfolgend auch das Finanzgericht eine Kindergeldfestsetzung ab.

Der BFH hielt die dagegen gerichtete Revision der Klägerin für unbegründet. Danach kommt es für die Frage, wann ein Hochschulstudium beendet ist, regelmäßig nicht auf den Zeitpunkt an, in welchem dem Kind die Prüfungsergebnisse mündlich mitgeteilt wurden. Maßgebend ist vielmehr, dass das Kind die letzte nach der einschlägigen Prüfungsordnung erforderliche Prüfungsleistung erfolgreich erbracht hat. Zudem muss das Kind eine schriftliche Bestätigung über sämtliche Prüfungsergebnisse entweder von der Hochschule zugesandt bekommen haben oder jedenfalls objektiv in der Lage gewesen sein, sich eine solche schriftliche Bestätigung über ein Online-Portal der Hochschule erstellen zu können. Entscheidend ist dann, welches Ereignis früher eingetreten ist. Im Streitfall war daher ausschlaggebend, dass die Hochschule die Abschlussnoten Ende Oktober 2016 online gestellt hatte.

Übergangszeiten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten werden kindergeldrechtlich nur berücksichtigt, wenn sie maximal vier Kalendermonate umfassen. Im Streitfall ging der BFH aber von einer fünf Kalendermonate umfassenden Übergangszeit aus. Denn das Masterstudium endete bereits im Oktober 2016. Das Bachelorstudium begann dagegen noch nicht mit der im März 2017 erfolgten Bewerbung, sondern erst, als im April 2017 Ausbildungsmaßnahmen tatsächlich stattfanden.
gepostet: 21.12.2021
Verkauf eines Mobilheims: Es liegt keine Spekulationsbesteuerung vor
Mobilheime auf Campingplätzen erfreuen sich zunehmender Beliebtheit und so sind durchaus Wertsteigerungen dieser Wirtschaftsgüter zu verzeichnen. Nun sind Mobilheime zwar nicht fest mit dem Grund und Boden verbunden und lassen sich - wenn auch gegebenenfalls nur mit großem Aufwand - versetzen. Aber dennoch verlangt der Fiskus bei einem Verkauf Grunderwerbsteuer (FG Münster vom 18.6.2020, 8 K 786/19 GrE,F; FG Schleswig-Holstein vom 12.8.2019, 3 K 55/18). Doch unterliegt der Gewinn aus dem An - und Verkauf eines Mobilheims auch der Einkommensteuer? Jüngst hat das Niedersächsische Finanzgericht entschieden, dass die Veräußerung eines auf einem Campingplatz aufgestellten Mobilheims nicht die Spekulationsbesteuerung auslöst (Urteil vom 28.7.2021, 9 K 234/17).

Der Sachverhalt: Der Kläger hat 2011 ein Mobilheim als "gebrauchtes Fahrzeug" (ohne Grundstück) von einer Campingplatzbetreiberin und Grundstückseigentümerin erworben und anschließend vermietet. Dabei handelte es sich um ein Holzhaus mit einer Wohnfläche von 60 qm, das auf einer vom Kläger gemieteten Parzelle (200 qm) auf einem Campingplatz ohne feste Verankerung stand. Dort befand sich das Mobilheim bereits seit 1997 (erstmalige Aufstellung). Der Erwerbsvorgang unterlag der Grunderwerbsteuer. Im Jahr 2015 veräußerte der Kläger dieses Mobilheim mit Gewinn. Das Finanzamt besteuerte den Vorgang zwar als privates Veräußerungsgeschäft. Nach Überzeugung der Finanzrichter stellt die isolierte Veräußerung eines Mobilheims aber selbst dann kein privates Veräußerungsgeschäft gemäß § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG dar, wenn es sich bewertungsrechtlich um ein Gebäude auf fremden Grund und Boden handelt, dessen Erwerb und Veräußerung der Grunderwerbsteuer unterliegt, und bei dem der Zeitraum zwischen Erwerb und Veräußerung weniger als zehn Jahre beträgt.

Praxistipp:
Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt, so dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist (Az. IX R 22/21).
gepostet: 20.12.2021
Doppelte Haushaltsführung: Homeoffice-Pauschale darf abgezogen werden
In den Coronajahren 2020 und 2021 dürfen Arbeitnehmer und Selbstständige, die zuhause arbeiten und deren Arbeitsplatz nicht die steuerlichen Voraussetzungen für ein Arbeitszimmer erfüllt, einen Pauschalbetrag von 5 Euro pro Tag als Werbungskosten oder Betriebsausgaben geltend machen. Maximal sind 600 Euro im Jahr absetzbar. Der Pauschalbetrag für die Nutzung des Arbeitsplatzes in der Wohnung wird nur für die Kalendertage gewährt, an denen die berufliche Tätigkeit ausschließlich "in der Wohnung ausgeübt" und keine andere Betätigungsstätte aufgesucht wird. Dem Vernehmen nach haben sich die Finanzministerien von Bund und Ländern darauf verständigt, die Homeoffice-Pauschale auch für die Tage zu gewähren, an denen die berufliche Tätigkeit im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung in der Zweitwohnung ausgeübt wird (Steuerberaterverband Westfalen-Lippe, Einkommensteuer-News 24/2021).

Die Homeoffice-Pauschale darf im Übrigen auch für die Tage geltend gemacht werden, an denen die berufliche Tätigkeit vom Hauptwohnsitz ausgeübt wird und die Zweitwohnung leer steht. Es soll dann auch keine Kürzung der abziehbaren Miete für die Zweitwohnung erfolgen. Auch soll auch keine Kürzung der Homeoffice-Pauschale erfolgen, wenn der Arbeitgeber die Unterkunftskosten steuerfrei erstattet. Eine steuerfreie Erstattung der Homeoffice-Pauschale selbst darf aber nicht erfolgen.
gepostet: 19.12.2021
Versorgungszusage: Sofortiger Zufluss von Arbeitslohn bei Auslagerung denkbar
Potenzielle Erwerber von Kapitalgesellschaften sind oft nicht bereit, frühere Versorgungszusagen der Gesellschaft zu übernehmen. In diesen Fällen wird dann überlegt, die Versorgungszusagen auszulagern, zum Beispiel auf einen Pensionsfonds. Für die Arbeitnehmer ist die Übertragung grundsätzlich steuerfrei (§ 3 Nr. 66 EStG), wenn der Arbeitgeber einen entsprechenden Antrag stellt (§ 4e Abs. 3 EStG). Doch was gilt, wenn der Antrag nicht gestellt wird? Kürzlich hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass in diesem Fall sofort zu versteuernder Arbeitslohn vorliegt, wenn der Arbeitgeber eine Versorgungszusage auf einen Pensionsfonds überträgt und der Arbeitnehmer durch die Übertragung einen eigenen Anspruch auf Leistungen gegen den Pensionsfonds erwirbt. Der Arbeitslohn ist mithin sofort steuerpflichtig, wenn der Antrag nach § 4e EStG nicht gestellt wird (BFH-Urteil vom 19.4.2021, VI R 45/18).

Der Sachverhalt: Der Kläger war Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH, die ihm im Jahr 1993 eine Pensionszusage erteilt hatte. Im April 2010 wurde die GmbH veräußert. Gleichzeitig wurde die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer beendet. Anlässlich dieser Veräußerung und der damit verbundenen Beendigung der Geschäftsführerstellung des damals 54-jährigen Klägers wurde seine Pensionsverpflichtung auf einen Pensionsfonds übertragen. Als Gegenleistung für die Übertragung trat die GmbH ihre Ansprüche aus einer Rückdeckungsversicherung an den Pensionsfonds ab. Einen Antrag nach § 4e Abs. 3 EStG stellte die GmbH nicht. Das Finanzamt rechnete dem steuerpflichtigen Arbeitslohn des Geschäftsführers einen Betrag von 233.680 Euro zu. Dies entsprach der bei der GmbH gebildeten und nun aufgelösten Rückstellung. Das FG Köln hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen; der BFH hat die Revision des Klägers verworfen.

Begründung: Leistet der Arbeitgeber Zuwendungen an eine Einrichtung, die dem Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch einräumt, sind erst die laufenden von der Versorgungseinrichtung an den Arbeitnehmer ausgezahlten Bezüge als Arbeitslohn zu qualifizieren. Anders ist es aber, wenn dem Arbeitnehmer gegen die Versorgungseinrichtung, an die der Arbeitgeber Beiträge geleistet hat, ein - eigener - unentziehbarer Rechtsanspruch auf die Leistung zusteht. Dann liegt sofortiger Arbeitslohn vor - und so verhält es sich in dem aktuellen Fall. Durch die Übertragung der Zusage auf den Pensionsfonds ist Arbeitslohn entstanden. Der Kläger hat auch nach der Übertragung lediglich eine Anwartschaft auf eine Altersversorgung. Gleichwohl stellt sich der Vorgang so dar, als hätte die GmbH dem Kläger Mittel zur Verfügung gestellt, die er dann aufgewandt hat, um von einem fremden Dritten, nämlich dem Pensionsfonds, eine Pensionszusage zu erhalten, mit der er unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung der GmbH ist.
gepostet: 17.12.2021
Geringfügige und kurzfristige Beschäftigung: Neue Meldepflichten beachten
Arbeitgeber, die Minijobber beschäftigen, müssen der Minijobzentrale die Steuer-Identifikationsnummer (Steuer-ID) der betroffenen Mitarbeiter melden. Zudem müssen sie in der Datenübermittlung die Art der Versteuerung angeben. Geregelt ist dies in § 28a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2f SGB IV. Die erweiterte Meldepflicht gilt zwar bereits seit 1.1.2021; sie wird aber erst zum 1.1.2022 umgesetzt. Die Pflicht gilt unabhängig davon, ob die Steuer pauschal an die Minijobzentrale entrichtet wird oder die individuelle Besteuerung nach der Lohnsteuerklasse über das Finanzamt vorgenommen wird.

Praxistipp:
Arbeitgeber sollten ihre Minijobber möglichst frühzeitig anhalten, ihnen die Steuer-ID mitzuteilen. Die Steuer-ID finden die Beschäftigten entweder auf der jährlichen Lohnsteuerbescheinigung, dem letzten Steuerbescheid, der letzten Steuererklärung, dem Schreiben des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt) bei der erstmaligen Vergabe einer Steuer-ID oder dem Schreiben des Finanzamts aus 2011 mit der Information über die gespeicherten elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM).

Zu beachten sind auch zwei weitere Neuregelungen zu kurzfristigen Beschäftigungen: Ab dem 1.1.2022 wird eine Meldepflicht des Arbeitgebers über das Vorliegen eines Krankenversicherungsschutzes eingeführt. Damit soll sichergestellt werden, dass Saisonkräfte tatsächlich über eine Absicherung im Krankheitsfall verfügen. Zudem bekommen Arbeitgeber demnächst nach der Anmeldung einer Aushilfskraft bei der Minijobzentrale eine automatisierte Rückmeldung über das etwaige Vorliegen weiterer kurzfristiger Beschäftigungen.
gepostet: 15.12.2021
Umsatzsteuer: Aufwendungsersatz für Abmahnungen ist steuerpflichtig
Abmahnungen sind im Geschäftsleben nicht gerade selten und oft Gegenstand erbitterter Streitigkeiten. Doch neben der rein zivilrechtlichen Problematik ist auch zu klären, ob und inwieweit die Zahlungen im Zusammenhang mit den Abmahnungen der Umsatzsteuer unterliegen. Diesbezüglich hat das Bundesfinanzministerium nun verfügt, dass Abmahnungen steuerlich aufzuspalten sind, und zwar einerseits in den Teil, der den echten Schadensersatz betrifft und andererseits in den Teil für den Aufwendungsersatz, also für den Ersatz der so genannten Rechtsverfolgungskosten (Anwaltshonorare, Ermittlungskosten zur Identifizierung des Rechtsverletzers usw.). Soweit der Abgemahnte reinen Schadensersatz leistet, ist der Betrag nicht der Umsatzsteuer zu unterwerfen; er ist von vornherein nicht umsatzsteuerbar. Der Teil, der für den Aufwendungsersatz geleistet wird, unterliegt allerdings dem vollen Umsatzsteuersatz von 19 Prozent. Der Abmahnende muss diesen Betrag in der Rechnung ausweisen und der Abgemahnte muss ihn zahlen. Sollte keine Aufschlüsselung erfolgen, ist der Pauschalbetrag insgesamt als Aufwendungsersatz und damit als Entgelt zu behandeln. Aber Vorsicht: Erfolgt die Zusendung einer Abmahnung an einen potenziellen Rechtsverletzer unberechtigterweise und erteilt der Abmahnende hierüber eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis, liegt ein unzulässiger Steuerausweis gemäß § 14c Abs. 2 UStG vor. Der Abmahnende schuldet bis zur Beseitigung der Gefährdung des Steueraufkommens den ausgewiesenen Steuerbetrag.

Praxistipp:
Das BMF erlässt eine großzügige Übergangsregelung: Die Grundsätze des BMF-Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn die Beteiligten bei der Zahlung für vor dem 1.11.2021 durchgeführte Abmahnleistungen übereinstimmend, das heißt auch hinsichtlich eines Vorsteuerabzugs beim Abgemahnten, von einem nicht steuerpflichtigen Entgelt ausgehen (BMF-Schreiben vom 1.10.2021, III C 2 - S 7100/19/10001 :006).

Hintergrund für das BMF-Schreiben sind zwei Urteile des Bundesfinanzhofs: Mit Urteil vom 13.2.2019 (XI R 1/17) hat der BFH entschieden, dass Zahlungen, die an einen Unternehmer als Aufwendungsersatz aufgrund von urheberrechtlichen Abmahnungen zur Durchsetzung seines Unterlassungsanspruchs geleistet werden, umsatzsteuerrechtlich als Entgelt im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs zwischen dem Unternehmer und dem von ihm abgemahnten Rechtsverletzer zu qualifizieren sind. In einem früheren Urteil vom 21.12.2016 (XI R 27/14) hat der BFH zudem entschieden, dass Zahlungen, die an einen Unternehmer von dessen Wettbewerbern als Aufwendungsersatz aufgrund von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen geleistet würden, umsatzsteuerrechtlich als Entgelt zu werten sind. Auch hier liege ein Leistungsaustausch vor. Ein nicht steuerbarer Schadensersatz sei abzulehnen. Die Leistung des Abmahnenden bestehe unter anderem darin, dass der Abgemahnte mit der Abmahnung die Gelegenheit erhält, möglichst kostengünstig Geldansprüche des Abmahnenden zu befriedigen. Dem Rechtsverletzer werde die Möglichkeit gegeben, eine gerichtliche Auseinandersetzung auf kostengünstige Weise durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung abzuwenden. Er könne also einen langwierigen und teuren Prozess vermeiden.

Praxistipp:
Auch zivilrechtlich war die Thematik durchaus umstritten. Der Bundesgerichtshof hat in einem so genannten Hinweisbeschluss vom 21.1.2021 (I ZR 87/20) aber entschieden, dass der Schädiger sehr wohl die Umsatzsteuer an den Rechteinhaber erstatten muss.
gepostet: 13.12.2021
Aktien: Zuteilung von PayPal-Aktien an eBay-Aktionäre war steuerfrei
Bei Aktiengesellschaften gibt es oftmals Kapitalmaßnahmen, die für Kleinanleger zumindest in steuerlicher Hinsicht zu einem Ärgernis werden können. Immerhin hat der Bundesfinanzhof aber nun zugunsten der eBay-Aktionäre entschieden, dass diese mit der Zuteilung von PayPal-Aktien keinen sofort zu besteuernden Kapitalertrag erhalten haben (BFH-Urteil vom 1.7.2021, VIII R 15/20).

Der Sachverhalt: Der Kläger hielt über seine Depotbank Aktien der eBay Inc. (eBay), einer Kapitalgesellschaft nach dem Recht des US-Bundesstaats Delaware. Durch die Unternehmens-Ausgliederung des eBay-Bezahlsystems PayPal in 2015 erhielten die Aktionäre für jede eBay-Aktie eine PayPal-Aktie. So wurden auch dem Depot des Klägers in 2015 Paypal-Aktien zu einem Kurs von 36 Euro je Aktie gutgeschrieben. Das Finanzamt behandelte die Gutschrift als steuerpflichtige Sachausschüttung. Das Finanzgericht Köln gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Der BFH hat dieses Ergebnis nun bestätigt. Bei der Zuteilung von Aktien im Rahmen eines Spin-Offs handele sich nicht um eine Sachdividende, sondern um eine Abspaltung, die nach § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG keine Besteuerung auslöst. Die Aktienzuteilung ist im Rahmen eines US-amerikanischen Spin-Offs steuerneutral, wenn die wesentlichen Strukturmerkmale einer Abspaltung im Sinne des deutschen Umwandlungsgesetzes erfüllt sind.
gepostet: 11.12.2021
Betriebsrentenstärkungsgesetz: Arbeitgeberzuschuss bald auch für Altverträge
Das Betriebsrentenstärkungsgesetz ist bereits seit einigen Jahren in Kraft. Ein Kernelement der Neuregelung war die Möglichkeit, auf tarifvertraglicher Grundlage reine Beitragszusagen zu vereinbaren - das so genannte Sozialpartnermodell. Gewerkschaften und Arbeitgeber sollten die Möglichkeit haben, Betriebsrenten erstmals ohne die Haftung von Arbeitgebern vereinbaren zu können. Eine weitere Änderung betraf die Weiterleitung von ersparten Sozialversicherungsbeiträgen durch die Arbeitgeber im Falle der Gehaltumwandlung. Sie müssen 15 Prozent des umgewandelten Entgelts zusätzlich als Arbeitgeberzuschuss an den Pensionsfonds, die Pensionskasse oder die Direktversicherung weiterleiten, soweit sie durch die Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge einsparen. Das betrifft nicht nur das neue Sozialpartnermodell, sondern auch die erwähnten klassischen Wege der betrieblichen Altersversorgung. Für Neuverträge ist die 15-Prozent-Regelung bereits seit 2019 bindend, für alte Verträge, die vor dem 1. Januar 2019 abgeschlossen wurden, jedoch erst ab dem 1. Januar 2022. Die Übergangsfrist läuft also bald ab und sollte von Arbeitgebern beachtet werden.
gepostet: 09.12.2021
Kommunale Mandatsträger: Anhebung der pauschalen Steuerfreibeträge ab 2021
Für ihre Arbeit im kommunalpolitischen Bereich, etwa im Gemeinde- oder Stadtrat, erhalten die ehrenamtlichen Mitglieder eine Aufwandsentschädigung. Der steuerlich abzugsfähige Aufwand wird dabei durch pauschale Beträge steuerfrei gestellt. Hierbei gilt der so genannte Ratsherrenerlass, der die Freibeträge anhand der Einwohnerzahl der Gemeinde oder Stadt und des Landkreises staffelt. Die Freibeträge werden mit Rückwirkung zum 1. Januar 2021 angehoben. Hiernach ergeben sich folgende steuerfreien Beträge:

Größe der Stadt oder Gemeinde
bis zu 20.000 Einwohner: monatlich 125 Euro, jährlich 1500 Euro
20.001 bis 50.000 Einwohner: monatlich 199 Euro, jährlich 2.388 Euro
50.001 bis 150.000 Einwohner: monatlich 245 Euro, jährlich 2.940 Euro
150.001 bis 450.000 Einwohner: monatlich 307 Euro, jährlich 3.684 Euro
mehr als 450.000 Einwohner: monatlich 307 Euro, jährlich 4.404 Euro

Größe des Landkreises
Höchstens 250.000 Einwohner: monatlich 245 Euro, jährlich 2.940 Euro
mehr als 250.000 Einwohner: monatlich 307 Euro, jährlich 3.684 Euro

Die Aufwandsentschädigungen bleiben jedoch mindestens in Höhe des in der Lohnsteuer-Richtlinie genannten Betrags von 250 Euro monatlich steuerfrei. Bei einer Einwohnerzahl bis zu 150.000 in einer Gemeinde oder Stadt sowie bei höchstens 250.000 Einwohnern in einem Landkreis gilt daher grundsätzlich der Betrag von 250 Euro (Quelle: FinMin Niedersachsen, Meldung vom 23.8.2021).
gepostet: 07.12.2021
An - und Verkauf einer Immobilie: Im Familienverbund Steuern sparen?
Gewinne aus dem An- und Verkauf von Immobilien innerhalb von zehn Jahren unterliegen der Einkommensteuer, es sei denn, es handelt sich um den Verkauf des selbstgenutzten Eigenheims. Aufgrund der Wertsteigerungen, die in den letzten Jahren zu verzeichnen waren, kann die Spekulationssteuer entsprechend hoch ausfallen. Das gilt umso mehr, wenn der Veräußerer mit seinen Einkünften in der Nähe des Spitzensteuersatzes liegt. In einem solchen Fall könnte der Gedanke naheliegen, eine vermietete Immobilie vor dem Verkauf unentgeltlich auf Tochter oder Sohn zu übertragen, die einem wesentlich niedrigeren Steuersatz unterliegen und den Verkauf durch Tochter oder Sohn vornehmen zu lassen. So ließen sich im Familienverbund Steuern sparen.

Doch ist dies ein steuerlicher Gestaltungsmissbrauch? Nein, sagt der Bundesfinanzhof. In einem aktuellen Urteil hat er die Vorgehensweise akzeptiert. Nicht bei den Eltern, sondern bei dem Kind liege ein privates Veräußerungsgeschäft vor und dieses müsse den Spekulationsgewinn zu seinem Steuersatz versteuern. Die vorherige unentgeltliche Übertragung sei keine Veräußerung gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Da die Eltern somit das Grundstück nicht veräußert haben, sei bei ihnen auch kein Veräußerungsgewinn entstanden (BFH-Urteil vom 23.4.2021, IX R 8/20). Dass der Veräußerungsgewinn bei den Kindern niedriger besteuert wird als bei den Eltern, führe nicht zur Annahme eines Missbrauchs. Denn es ist nicht verwehrt, die rechtlichen Verhältnisse so zu gestalten, dass sich eine geringere steuerliche Belastung ergibt. Das Bestreben, Steuern zu sparen, macht für sich allein eine Gestaltung nicht unangemessen. Im Urteilsfall habe sich ein Steuervorteil allein daraus ergeben, dass die unentgeltliche Übertragung des Grundstücks vom Gesetz akzeptiert wird mit der Folge, dass ein Veräußerungsgewinn nicht vom Schenker, sondern vom Beschenkten nach dessen persönlichen Verhältnissen versteuert werden muss.

Praxistipp:
Der BFH lässt allerdings offen, ob außergewöhnliche Umstände bei der Vertragsanbahnung oder unübliche Elemente der Vertragsgestaltung im Einzelfall dazu führen können, dass ausnahmsweise doch ein Gestaltungsmissbrauch vorliegt. Im Übrigen: Wer eine Gestaltung wie die hier vorgestellte in Betracht zieht, sollte natürlich auch die schenkungsteuerlichen Folgen im Auge behalten.
gepostet: 06.12.2021
Aktien: Zuteilung von HP-Aktien per "Spin-off" war steuerfrei
Kapitalmaßnahmen von Aktiengesellschaften führen vielfach zu steuerlichen Problemen bei den Anlegern. Dies gilt umso mehr, wenn die Gesellschaften ihren Sitz im Ausland haben, wie zum Beispiel bei dem so genannten Spin-off der Hewlett-Packard Company (HPC). Immerhin haben mehrere Anleger nun einen Sieg vor dem Bundesfinanzhof errungen; ihnen bleibt die sofortige Versteuerung eines vermeintlichen Kapitalertrags im Zuge des Spin-offs erspart (BFH-Urteile vom 1.7.2021, VIII R 9/19, VIII R 28/19, VIII R 6/20, VIII R 19/20, VIII R 27/20).

Den Urteilen lag jeweils folgender Sachverhalt zugrunde: Die Anleger hielten Aktien der HPC, einer Kapitalgesellschaft nach dem Recht des US-Bundesstaats Delaware. Nachdem die HPC in Hewlett-Packard Inc. (HPI) umbenannt und das Unternehmenskundengeschäft der HPI auf ihre Tochtergesellschaft Hewlett-Packard Enterprise Company (HPE) übertragen worden war, erhielten die Aktionäre im Rahmen eines Spin-Offs Aktien der HPE. Das Finanzamt behandelte die Aktienzuteilung jeweils als sofortigen steuerpflichtigen Kapitalertrag.

Der BFH hingegen sieht die Vorgänge als steuerneutral an. Eine steuerneutrale Zuteilung von Aktien sei auch bei einem US-amerikanischen Spin-Off möglich (§ 20 Abs. 4a Satz 7 EStG). Voraussetzung sei, dass die wesentlichen Strukturmerkmale einer Abspaltung nach den Regeln des deutschen Umwandlungsgesetzes erfüllt seien. Dies war in den Streitfällen gegeben. Erst im Zeitpunkt einer späteren Veräußerung der Aktien der HPE bzw. HPI seien etwaige Veräußerungsgewinne zu versteuern.
gepostet: 05.12.2021
Dienstreisen ins Ausland: Reisekostensätze bleiben in 2022 unverändert
Bei einer Auswärtstätigkeit dürfen Arbeitnehmer Verpflegungspauschbeträge als Werbungskosten geltend machen oder vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet bekommen. Für Dienstreisen ins Ausland gibt es besondere - länderspezifische - Verpflegungssätze. Zudem dürfen - anders als bei Dienstreisen im Inland - Übernachtungspauschbeträge durch den Arbeitgeber steuerfrei erstattet werden. Auch diese gelten länderspezifisch. Üblicherweise werden die Pauschbeträge von Jahr zu Jahr von der Finanzverwaltung auf ihre Angemessenheit hin überprüft und entsprechend angepasst. Zuletzt ist dies zum 1. Januar 2021 geschehen. Pandemiebedingt werden die Auslandstage- und Auslandsübernachtungsgelder zum 1. Januar 2022 allerdings nicht neu festgesetzt. Die seit dem 1. Januar 2021 geltenden Beträge behalten ihre Gültigkeit somit auch für das Kalenderjahr 2022 (Mitteilung des BMF vom 27.9.2021).
gepostet: 03.12.2021
Verluste bei Kapitalerträgen: Verlustbescheinigung bis 15.12.2021 beantragen
Banken nehmen eine Verrechnung von Verlusten und negativen Einnahmen mit positiven Kapitalerträgen bereits während des Jahres vor. Hierzu bilden sie für jeden Anleger einen so genannten Verlustverrechnungstopf. Bis zur Höhe der Verluste wird dann von positiven Kapitalerträgen keine Abgeltungsteuer einbehalten oder früher einbehaltene Steuer wieder erstattet. Genau genommen bilden die Banken sogar zwei Verlustverrechnungstöpfe, und zwar einen allgemeinen Verlustverrechnungstopf und einen Aktien-Verlustverrechnungstopf speziell für Verluste und Gewinne aus Aktiengeschäften. Die Verluste aus den Töpfen überträgt die Bank in das nächste Kalenderjahr, so dass der Verlust steuerlich weiter erhalten bleibt.

Doch Sie können auch beantragen, dass die Bank Ihnen eine Bescheinigung über den verbleibenden Verlust ausstellt. Dann wird der Verlustverrechnungstopf auf Null gestellt. Mit dieser Verlustbescheinigung können Sie den Verlustbetrag dann in Ihrer Steuererklärung geltend machen und gegebenenfalls mit positiven Kapitalerträgen anderer Bankinstitute verrechnen lassen. Dazu ist aber ein wichtiger Termin zu beachten: Nur bis zum 15. Dezember 2021 kann die Verlustbescheinigung bei der Bank für das Kalenderjahr 2021 beantragt werden.

Praxistipp:
Bitte beachten Sie, dass die Banken bei der Frage, ob ein Verlust steuerlich anzuerkennen ist, ausschließlich die Handhabung des Bundesfinanzministeriums berücksichtigen. Zuweilen gibt es positive Urteile der Finanzgerichte und sogar des Bundesfinanzhofs, die einen Verlustabzug über die Auffassung der Finanzverwaltung hinaus zulassen. Doch die Banken dürfen diese Urteile nicht anwenden, solange sie von der Finanzverwaltung nicht "allgemein akzeptiert" werden. Daher ist sehr genau zu prüfen, ob der Verlustverrechnungstopf und die Verlustbescheinigung tatsächlich alle Verluste enthalten.
gepostet: 01.12.2021
November 2021
Beteiligung an Filmfonds: Schadensersatz wegen Prospekthaftung steuerpflichtig
Beteiligungen an gewerblichen Fondsgesellschaften, zum Beispiel Schiffsfonds oder Filmfonds, gehen oftmals mit hohen Risiken einher. Daher kommt dem Verkaufsprospekt des Emittenten eine hohe Bedeutung zu. Bei fehlerhaften Angaben in dem Prospekt hat der Anleger einen Schadensersatzanspruch, dessen Durchsetzbarkeit aber wiederum mit einigen Hürden verbunden sein kann. Ist jedoch ein Schadensersatz errungen worden, so stellt sich die Frage, wie dieser steuerlich zu behandeln ist.

Mit mehreren Urteilen hat der Bundesfinanzhof nun entschieden, dass der Schadensersatzanspruch, der einem Kommanditisten einer gewerblich tätigen Fonds-KG wegen fehlerhafter Angaben im Beteiligungsprospekt zusteht, steuerpflichtig ist (BFH-Urteile vom 17.3.2021, IV R 20/18 - IV R 24/18).

Exemplarisch soll kurz der Urteilsfall IV R 20/18 vorgestellt werden: Der Kläger hatte vor dem Zivilgericht ein Urteil erstritten, durch das ihm gegen den Ersteller des Beteiligungsprospekts für einen gewerblich tätigen Filmfonds, dem der Kläger als Kommanditist beigetreten war, Schadensersatz wegen fehlerhafter Angaben in dem Prospekt zugesprochen worden war. Anders als das Finanzamt war der Kläger der Meinung, dass dieser Anspruch nicht der Besteuerung unterliege. Der BFH stützt die Auffassung des Finanzamts.

Auch Ansprüche aus zivilrechtlicher Prospekthaftung, die dem Mitunternehmer einer KG gegen einen Vermittler oder Berater zustehen, weil unzureichende Informationen über eine eingegangene Beteiligung erteilt wurden, unterliegen der Besteuerung. Dies gelte nicht nur für den Schadensersatz aus Prospekthaftung selbst, sondern auch für den Zinsanspruch, den der Kläger für die Dauer seines zivilgerichtlichen Schadensersatzprozesses erstritten hat. Zu den gewerblichen Einkünften des Gesellschafters einer Personengesellschaft gehören alle Einnahmen und Ausgaben, die ihre Veranlassung in der Beteiligung an der Gesellschaft haben. Erhält danach der Gesellschafter Schadensersatz, so ist dieser als Sonderbetriebseinnahme bei den gewerblichen Einkünften zu erfassen, wenn das schadensstiftende Ereignis mit der Stellung des Gesellschafters als Mitunternehmer zusammenhängt.
gepostet: 30.11.2021
Organschaft: Wichtige Anpassung von Gewinnabführungsverträgen in Altfällen
Im Bereich der Körperschaft- und Gewerbesteuer sind häufig so genannte Organschaften erwünscht. Dabei wird eine Tochtergesellschaft, die Organgesellschaft, in das Mutterunterunternehmen, den Organträger, in steuerlicher Hinsicht eingegliedert. Der Vorteil einer solchen Organschaft liegt darin, dass im Ergebnis mehrere Gesellschaften als einziges Steuersubjekt behandelt werden und Verluste im Organkreis ausgeglichen werden können. Während Organschaften im Bereich der Umsatzsteuer bereits durch die tatsächlichen Verhältnisse, das heißt durch die finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung entstehen können, bedarf es für ertragsteuerliche Zwecke neben einer finanziellen Eingliederung auch eines Gewinn- bzw. Ergebnisabführungsvertrages. Der Gewinnabführungsvertrag muss auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen und während seiner gesamten Geltungsdauer durchgeführt werden.

Bezüglich der Gewinnabführungsverträge hat der Bundesfinanzhof bereits vor längerer Zeit eine wichtige Entscheidung gefällt: Danach muss die Verlustübernahme durch einen Verweis auf die Vorschriften des § 302 AktG in seiner jeweils gültigen Fassung - so genannter dynamischer Verweis - vereinbart werden. Für Altverträge, die noch einen so genannten statischen Verweis enthalten, hat das Bundesfinanzministerium eine Übergangsregelung bis zum 31.12.2021 erlassen. Doch diese läuft nun ab, so dass in entsprechenden Fällen dringender Handlungsbedarf besteht (BMF-Schreiben vom 24.3.2021, BStBl 2021 I S. 379). Im Einzelnen:

Nach aktueller Rechtslage muss die Verlustübernahme durch Verweis auf die Vorschriften des § 302 AktG in seiner jeweils gültigen Fassung (dynamischer Verweis) gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KStG vereinbart werden.

Für vor dem 27.2.2013 abgeschlossene oder letztmalig geänderte Gewinnabführungsverträge, bei denen die Verlustübernahme durch einen statischen Verweis auf die Regelung des § 302 AktG oder durch wörtliche Wiedergabe dieser Regelung vereinbart worden ist, muss eine Anpassung der Altverträge zur Aufnahme des dynamischen Verweises nach § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KStG spätestens bis zum Ablauf des 31.12.2021 vorgenommen werden. Maßgebend sind die notarielle Beurkundung des Zustimmungsbeschlusses der Organgesellschaft und die Anmeldung der Änderung zur Eintragung ins Handelsregister. Eine Anpassung kann unterbleiben, wenn das Organschaftsverhältnis vor dem 1.1.2022 beendet wird.

Die Anpassung des Gewinnabführungsvertrages zur Aufnahme eines dynamischen Verweises auf § 302 AktG stellt keinen Neuabschluss des Vertrages dar und daher wird keine neue Mindestlaufzeit von fünf Jahren in Gang gesetzt.
gepostet: 29.11.2021
Nachzahlungs- und Erstattungszinsen: Vorläufig erfolgt keine Neufestsetzung
Bekanntlich hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass ein Zinssatz von 0,5 Prozent monatlich bzw. 6 Prozent jährlich für die Verzinsung von Steuernachzahlungen und -erstattungen verfassungswidrig ist. Zwar gilt die Verfassungswidrigkeit seit dem 1.1.2014. Doch korrigiert werden muss der Zinssatz erst ab dem 1.1.2019. Der Gesetzgeber wurde zum Handeln aufgefordert, darf sich damit allerdings bis zum 31.7.2022 Zeit lassen (BVerfG-Beschluss vom 8.7.2021, 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17).

Nun haben das Bundesfinanzministerium und das Landesamt für Steuern Niedersachsen zu mehreren Fragen rund um die Festsetzung von Steuerzinsen Stellung genommen (BMF-Schreiben vom 17.9.2021, IV A 3 - S 0338/19/10004 :005; Landesamt für Steuern Niedersachsen, Mitteilung vom 17.9.2021). Danach gilt unter anderem:

Die erstmalige Festsetzung von Steuerzinsen für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2019 wird ausgesetzt. Das heißt: Neu zu erlassende Bescheide, mit denen eine erstmalige Festsetzung von Nachzahlungs- oder Erstattungszinsen einhergehen würde, werden derzeit von vornherein in Bezug auf diese Zinsen vorläufig "auf null“ gesetzt - und zwar, bis der Gesetzgeber die Ersatzregelung geschaffen hat. Die ausgesetzte Zinsfestsetzung wird später nachgeholt.

Für Verzinsungszeiträume bis zum 31.12.2018 ergeht die Festsetzung von Nachzahlungs- und Erstattungszinsen nun endgültig. Bereits vorliegende Einsprüche hinsichtlich der Verzinsungszeiträume bis 31.12.2018 werden wohl bereits in Kürze als unbegründet zurückgewiesen, wenn die Steuerbürger diese nicht zurücknehmen. Wenn die Finanzämter bislang für die Zeit bis 31.12.2018 auf die Zahlung von Nachzahlungszinsen im Wege der Aussetzung der Vollziehung vorläufig verzichtet haben, müssen diese Beträge bald nachentrichtet werden.

Relativ kompliziert wird es, wenn Steuerbescheide für alte Jahre geändert werden und sich dadurch auch die Steuerverzinsung ändert. Vereinfacht ausgedrückt:

Zinsfestsetzungen für die Zeit ab 1.1.2019: Die Festsetzung der nunmehr geänderten Nachzahlungs- und Erstattungszinsen wird ausgesetzt. In Abhängigkeit von der Entscheidung des Gesetzgebers über eine rückwirkende Neuregelung wird die Festsetzung von Nachzahlungs- und Erstattungszinsen nachgeholt. Ausgenommen sind allerdings bereits festgesetzte Nachzahlungs- und Erstattungszinsen aus dem vorhergehenden Bescheid. Dieser Teil der Zinsen bleibt vorläufig unangetastet.

Zinsfestsetzungen für die Zeit bis 31.12.2018: Soweit sich Zinsfestsetzungen aufgrund korrigierter Steuerbescheide ändern, werden die bis Ende 2018 - neu oder in geänderter Höhe - entstehenden Zinsen endgültig festgesetzt. Das bedeutet: Hier werden weiterhin 0,5 Prozent pro vollen Monat festgesetzt, also entweder nachberechnet oder erstattet.
gepostet: 27.11.2021
Bewirtung: Ausschank von alkoholischen Getränken keine reine Aufmerksamkeit
Bewirtungskosten sind zu 70 Prozent als Betriebsausgaben absetzbar. Reine Aufmerksamkeiten hingegen gelten nicht als Bewirtung, so dass die Kosten in voller Höhe abzugsfähig sind. Dabei handelt es sich um "übliche Gesten der Höflichkeit", wie die Darreichung von Kaffee, Tee, Wasser oder Gebäck anlässlich geschäftlicher Besprechungen. Nicht als "Aufmerksamkeit", sondern bereits als "Bewirtung" gilt die Darreichung von kleinen Speisen, wie belegten Broten und Brötchen, Salaten und kleinen Nudelgerichten, Kuchen und Torten, Bratwurst mit Brot oder Kartoffelsalat.

Jüngst musste das Finanzgericht München die Frage klären, ob der Ausschank alkoholischer Getränke noch als Aufmerksamkeit gilt. Allerdings hat es zuungunsten des Steuerzahlers entschieden: Werden bei geschäftlichen Besprechungen oder Vertragsabschlüssen alkoholische Getränke ausgeschenkt, handelt es sich nicht mehr um geringfügige Aufmerksamkeiten, sondern um eine Bewirtung. Folge: Die Kosten sind nur zu 70 Prozent als Betriebsausgaben zu berücksichtigen (FG München vom 9.3.2021, 6 K 2915/17).

Praxistipp:
Für Bewirtungskosten gelten die strengen Nachweisvorschriften mittels korrektem Bewirtungsbeleg. Zudem sind Bewirtungsaufwendungen einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen.
gepostet: 25.11.2021
Transparenzregister: Mittteilungspflichten und Übergangsregelungen
Gemäß § 20 Abs. 1 Geldwäschegesetz (GwG) sind juristische Personen des Privatrechts, eingetragene Personengesellschaften und gegebenenfalls nichtrechtsfähige Stiftungen sowie vergleichbare Vereinigungen verpflichtet, Angaben zu ihren wirtschaftlich Berechtigten zwecks Eintragung in das Transparenzregister zu machen. Das Transparenzregister wurde ab 2017 zunächst als so genanntes Auffangregister geführt. Das bedeutete, dass eine Mitteilung nach §§ 20, 21 GwG an das Transparenzregister nur dann notwendig war, wenn sich die Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten nicht aus bestehenden elektronisch abrufbaren Eintragungen in anderen Registern, wie beispielsweise dem Handels- oder Vereinsregister, ergaben.

Mit den Gesetzesänderungen zum 1. August 2021 und dem Wegfall der so genannten Mitteilungsfiktion wird das deutsche Transparenzregister nun zum Vollregister umgewandelt. Dies hat für transparenzpflichtige Rechtseinheiten, die sich bisher auf die Mitteilungsfiktion berufen konnten, zur Folge, dass eine bislang entbehrliche Eintragung der wirtschaftlich Berechtigten nunmehr erforderlich wird. Für diese Fälle hat der Gesetzgeber aber Übergangsfristen normiert:

Aktiengesellschaften, SE und Kommanditgesellschaften auf Aktien müssen die Mitteilung zur Eintragung bis zum 31.3.2022 vornehmen.

Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Genossenschaften und europäische Genossenschaften oder Partnerschaften müssen die mitteilungspflichtigen Angaben bis zum 30.6.2022 zur Eintragung übermitteln.

In allen anderen Fällen muss eine Mitteilung spätestens bis zum 31.12.2022 erfolgen.

Praxistipp:
Die Übergangsfristen gelten nicht für diejenigen, die sich bereits vor den gesetzlichen Änderungen in das Transparenzregister eintragen mussten, und auch nicht in den Fällen, in denen eine Eintragung ausdrücklich gefordert wird (z.B. bei Überbrückungshilfen).

Wirtschaftlich Berechtigte sind natürliche Personen, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle die betreffende Vereinigung letztendlich steht (vgl. § 3 GwG). Bei juristischen Personen des Privatrechts (außer Stiftungen) und eingetragenen Personengesellschaften gilt nach § 3 Abs. 2 GwG u.a. als wirtschaftlich Berechtigter jede natürliche Person, die unmittelbar oder mittelbar
- Eigentümer von mehr als 25 % des Kapitals ist,
- mehr als 25 % der Stimmrechte kontrolliert oder
- auf vergleichbare Weise Kontrolle ausübt (z.B. als Komplementär oder aufgrund einer faktischen Kontrolle durch Vetorechte, die einem Gestaltungsrecht gleichwertig sind).

Für eine mittelbare wirtschaftliche Berechtigung ist erforderlich, dass die natürliche Person einen beherrschenden Einfluss auf das Unternehmen hat, das an der zu prüfenden Gesellschaft eine der zuvor genannten Voraussetzungen erfüllt. Beherrschender Einfluss besteht nach § 3 Abs. 2 S. 2 bis 4 GwG insbesondere bei der Kontrolle von mehr als 50 % der Stimmrechte oder der Mehrheit der Kapitalanteile. Auch gesetzliche oder vertraglich vereinbarte Veto- oder Verhinderungsrechte können in bestimmten Fällen zu einem beherrschenden Einfluss führen. Bei rechtsfähigen Stiftungen und Vereinigungen nach § 21 GwG zählen zu den wirtschaftlich Berechtigten:
- jede natürliche Person, die als Treugeber, Trustee oder Protektor handelt,
- jede natürliche Person, die Mitglied des Vorstands ist,
- jede natürliche Person (oder auch Personengruppe), die als Begünstigte bestimmt wurde,
- jede natürliche Person, die auf sonstige Weise mittelbar oder unmittelbar beherrschenden Einfluss auf die Vermögensverwaltung oder Ertragsverteilung ausübt und
- jede natürliche Person, die unmittelbar oder mittelbar beherrschenden Einfluss auf eine Vereinigung ausüben kann, die Mitglied des Vorstands der Stiftung ist oder die als Begünstigte der Stiftung bestimmt worden ist.

Praxistipp:
Das Bundesverwaltungsamt hat detaillierte Informationen und einen FAQ-Katalog zum Transparenzregister veröffentlicht: https://www.bva.bund.de/DE/Das-BVA/Aufgaben/T/Transparenzregister/transparenz_node.html
gepostet: 23.11.2021
Nebentätigkeit: Steuerliche Erleichterungen für Helfer in Impfzentren
Freiwillige Helferinnen und Helfer in Impfzentren können von der so genannten Übungsleiter- oder von der Ehrenamtspauschale profitieren, wonach Vergütungen für bestimmte Tätigkeiten bis zu einem festgelegten Betrag steuerfrei sind. Dies hat die Finanzverwaltung bereits im Februar 2021 bestimmt.

Nun ist darauf hinzuweisen, dass die Erleichterungen auch gelten, wenn das Impfzentrum von einem privaten Dienstleister betrieben wird oder die Helferinnen und Helfer in den Zentralen Impfzentren und den Kreisimpfzentren über einen privaten Personaldienstleister angestellt sind (Quelle: Finanzministerium Baden-Württemberg, Pressemitteilung vom 20.8.2021).

Nach den steuerlichen Vorschriften ist es für die Übungsleiter- und die Ehrenamtspauschale eigentlich notwendig, dass die freiwillig Tätigen über einen gemeinnützigen oder öffentlichen Arbeitgeber - das Land oder eine Kommune - angestellt sind, damit die Pauschalen greifen können. Allerdings ist die Struktur der in kürzester Zeit eingerichteten Impfzentren sehr unterschiedlich ausgestaltet, nicht alle Impfzentren werden zum Beispiel direkt von einer Kommune, dem Land oder einer gemeinnützigen Einrichtung betrieben.

Nach der Abstimmung zwischen Bund und Ländern gilt für all diejenigen, die direkt an der Impfung beteiligt sind - also in Aufklärungsgesprächen oder beim Impfen selbst - die Übungsleiterpauschale. Diese Regelung gilt für Einnahmen in den Jahren 2020 und 2021. Die Übungsleiterpauschale lag 2020 bei 2.400 Euro, 2021 wurde sie auf 3.000 Euro jährlich erhöht. Bis zu dieser Höhe bleiben Einnahmen für eine freiwillige Tätigkeit steuerfrei.

Wer sich wiederum in der Verwaltung und der Organisation von Impfzentren engagiert, kann die Ehrenamtspauschale in Anspruch nehmen. Für das Jahr 2020 betrug sie bis zu 720 Euro, seit 2021 sind bis zu 840 Euro steuerfrei.

Sowohl Übungsleiter- als auch Ehrenamtspauschale greifen lediglich bei Vergütungen aus nebenberuflichen Tätigkeiten. Dies ist in der Regel der Fall, wenn sie im Jahr nicht mehr als ein Drittel der Arbeitszeit einer vergleichbaren Vollzeitstelle in Anspruch nehmen. Dabei können auch solche Helferinnen und Helfer nebenberuflich tätig sein, die keinen Hauptberuf ausüben, etwa Studentinnen und Studenten oder Rentnerinnen und Rentner. Die Übungsleiterpauschale und die Ehrenamtspauschale sind Jahresbeträge, die einmal pro Kalenderjahr gewährt werden. Bei verschiedenen begünstigten Tätigkeiten werden die Einnahmen zusammengerechnet.
gepostet: 21.11.2021
Mietwohnungsneubau: Befristete Sonderabschreibung nach § 7b EStG läuft aus
Um den Bau von neuen Mietwohnungen im unteren und mittleren Mietpreissegment zu fördern, hatte der Gesetzgeber im Jahre 2019 eine neue befristete Sonderabschreibung nach § 7b EStG beschlossen. Diese beträgt im Jahr der Anschaffung oder Herstellung sowie in den folgenden drei Jahren jeweils 5 Prozent der Anschaffungs- oder Herstellungskosten bis 2.000 Euro je qm Wohnfläche. Begünstigt sind nur Gebäude, deren Baukosten nicht höher als 3.000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche sind. Die geförderte Immobilie muss mindestens zehn Jahre lang vermietet werden.

Für die Sonderabschreibung ist der Stichtag 31.12.2021 zu beachten. Das bedeutet: Begünstigt sind nur Investitionen, für die ein Bauantrag zwischen dem 1.9.2018 und dem 31.12.2021 gestellt wird. Sofern ein Bauantrag nicht erforderlich ist, muss die Bauanzeige bis zum 31.12.2021 erfolgen. Für Mietwohnungen, die nach den baurechtlichen Vorschriften ohne Bauantrag bzw. Bauanzeige errichtet werden können, kann hinsichtlich des genannten Zeitraums auf den Zeitpunkt des Beginns der Bauausführung abgestellt werden (BMF-Schreiben vom 21.9.2021, IV C 3 - S 2197/19/10009 :009). Für die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Fertigstellung an. Die Sonderabschreibungen können damit auch dann in Anspruch genommen werden, wenn die Fertigstellung nach dem 31.12.2021 erfolgt. Allerdings kann die Sonderabschreibung erstmals im Jahr der Fertigstellung bzw. Anschaffung erfolgen. Zudem ist die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung letztmalig im Jahr 2026 möglich.
gepostet: 19.11.2021
Arbeitslohn: Ist die Zurverfügungstellung eines Einsatzfahrzeugs steuerpflichtig?
Die Überlassung eines Einsatzfahrzeugs an den Leiter der Freiwilligen Feuerwehr führt nicht zu Arbeitslohn. Dies hat der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 19.4.2021 (VI R 43/18) entschieden. Es ging um folgenden Sachverhalt: Eine Gemeinde hat eine Freiwillige Feuerwehr eingerichtet. Zu deren Leiter hat sie einen ihrer Bediensteten ernannt. Dieser übt seine Tätigkeit ehrenamtlich aus und erhält dafür nur eine geringfügige Aufwandsentschädigung. Zur Sicherung seiner jederzeitigen Einsatzfähigkeit stellte die Gemeinde dem Leiter der Freiwilligen Feuerwehr ein typisches Einsatzfahrzeug rund um die Uhr zur Verfügung. Im Streitjahr absolvierte der Feuerwehrleiter mit dem Fahrzeug 160 Einsätze.

Ungeachtet dieses erheblichen Einsatzes für Brandschutz- und Notfallzwecke sah das Finanzamt in der Überlassung des Einsatzfahrzeugs einen geldwerten Vorteil, der dem Leiter der Freiwilligen Feuerwehr im Rahmen seines Dienstverhältnisses bei der Gemeinde zugeflossen und entsprechend als Lohn zu versteuern sei. Das Fahrzeug sei ihm, da es rund um die Uhr zur Verfügung gestanden habe, auch für Privatfahrten überlassen worden. Dieser Ansicht ist das Finanzgericht und ihm folgend der BFH entgegengetreten. Zwar liege regelmäßig Arbeitslohn vor, wenn der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer ein betriebliches Fahrzeug zur privaten Nutzung überlasse. Von einer Überlassung zur Privatnutzung könne im Streitfall jedoch keine Rede sein, da das Fahrzeug ganz offensichtlich zur Sicherung der jederzeitigen Einsatzbereitschaft und damit aus Gründen der Gefahrenabwehr (Brandschutz, Hilfeschutz) überlassen worden sei. Die Nutzung des Einsatzfahrzeug auch für Privatfahrten stelle beim Leiter der Freiwilligen Feuerwehr keine zu Arbeitslohn führende private, sondern eine auf der ständigen Einsatzbereitschaft gründende, (feuerwehr-)funktionale Verwendung des Fahrzeugs dar.

Praxistipp:
In dem Urteilsfall ging es um den Leiter der Freiwilligen Feuerwehr und folglich um hoheitliche Aufgaben im Zusammenhang mit der Einsatzbereitschaft. Es wird sich zeigen müssen, ob und inwieweit die Entscheidung auf andere Fälle übertragbar ist.
gepostet: 17.11.2021
Umsatzsteuer: Aktuelles zur Abrechnung mittels Gutschrift
Wer Rechnungen mit gesondertem Ausweis von Umsatzsteuer ausstellt, muss die Steuer an das Finanzamt abführen. So lautet ein eiserner Grundsatz. Selbst wenn die Umsatzsteuer irrtümlich ausgewiesen wurde, schuldet der Unternehmer diese. Doch gilt dies auch bei einer Abrechnung per Gutschrift? Die Antwort: Es kommt darauf an. Der Bundesfinanzhof hat zugunsten der Steuerpflichtigen entschieden, dass eine Gutschrift, die nicht über eine Leistung eines Unternehmers ausgestellt ist, einer Rechnung nicht gleichsteht und keine Steuerschuld (nach § 14c Abs. 2 UStG) begründen kann (BFH-Urteil vom 27.11.2019, V R 23/19, V R 62/17). Das Bundesfinanzministerium hat nun die Anwendung des Urteils bejaht, nimmt allerdings eine wichtige Differenzierung vor (BMF-Schreiben vom 19.8.2021, III C 2 -S 7283/19/10001 :002):

Abrechnung an Nichtunternehmer: Nach der o.g. BFH-Entscheidung steht ein als Gutschrift verwendetes Abrechnungsdokument an einen Nichtunternehmer einer Rechnung nicht gleich. Dieses Abrechnungsdokument begründet daher keine Steuerschuld nach § 14c Abs. 2 UStG. Ein Vorsteuerabzug aus diesem Abrechnungsdokument ist nicht möglich.

Abrechnung an Unternehmer über eine nicht erbrachte Leistung: Wird hingegen eine Gutschrift zwischen zwei Unternehmern über eine nicht erbrachte Leistung ausgestellt, steht dieses Abrechnungsdokument einer Rechnung gleich und kann eine Steuerschuld nach § 14c Abs. 2 UStG begründen. Das o.g. BFH-Urteil ist auf diese Fälle nicht anwendbar, da es nicht an der vom BFH als ausschlaggebend angesehenen Unternehmerstellung des Gutschriftempfängers mangelt. Ein Vorsteuerabzug aus einem solchen Abrechnungsdokument ist nicht möglich.

Durch einen wirksamen Widerspruch des Gutschriftempfängers gegen eine ihm erteilte Gutschrift liegt ab dem Besteuerungszeitraum des wirksamen Widerspruchs kein Rechnungsdokument mehr vor. Dem Gutschriftaussteller liegt somit ab diesem Zeitpunkt keine Rechnung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes mehr vor, so dass kein Vorsteuerabzug mehr möglich ist. Allerdings führt ein wirksamer Widerspruch allein gegen eine Gutschrift nicht zur Beseitigung der Steuergefährdung nach § 14c Abs. 2 UStG. Auch in diesem Fall schuldet der Gutschrift-empfänger die ausgewiesene Steuer weiterhin nach § 14c Abs. 2 UStG, bis die Steuergefährdung beseitigt worden ist.

Praxistipp:
Das BMF teilt die Haltung der Rechtsprechung, sieht in der "falschen" Gutschrifterstellung an einen Unternehmer aber weiterhin einen Fall des § 14c Abs. 2 UStG. Der insoweit geschuldete Steuerbetrag kann (nur) berichtigt werden, soweit die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist. Die Gefährdung des Steueraufkommens ist beseitigt, wenn ein Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt oder die geltend gemachte Vorsteuer an die Finanzbehörde zurückgezahlt worden ist. Die Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags ist beim Finanzamt gesondert schriftlich zu beantragen. Die Grundsätze des BMF-Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.
gepostet: 15.11.2021
Beamtenversorgung: Sterbegeld ist nicht steuerfrei
Beim Tod von Beamten bzw. Ruhestandsbeamten (Pensionären) erhalten der überlebende Ehegatte und die Kinder ein Sterbegeld. Aktuell hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass das pauschale Sterbegeld aus der Beamtenversorgung, das nach den Dienstbezügen bzw. dem Ruhegehalt des Verstorbenen bemessen ist, nicht nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei ist. Es handelt sich um einen Versorgungsbezug gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a EStG und damit um steuerpflichtige Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit. Unerheblich ist dabei, dass es sich um einen einmaligen Bezug handelt (BFH-Urteil vom 19.4.2021, VI R 8/19).

Der Sachverhalt:
In 2018 verstarb die Mutter von A, welche Ruhestandsbeamtin war. A erhielt als einziger Abkömmling ein Sterbegeld in Höhe der doppelten Bruttobezüge des Sterbemonats. Die Auszahlung erfolgte nach Abzug von Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag. Das Finanzamt sah das Sterbegeld als steuerpflichtige Einnahmen an und erhöhte die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit um den Bruttobetrag des Sterbegeldes. Zugleich gewährte es einen Freibetrag für Versorgungsbezüge sowie den Werbungskosten-Pauschbetrag und rechnete die einbehaltenen Abzugsbeträge an. Das Finanzgericht war zwar der Ansicht, die Zahlung des Sterbegeldes sei nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei. Doch nach Auffassung des BFH rechtfertigen die Voraussetzungen, unter denen ein Anspruch auf pauschales Sterbegeld entsteht, keine Einbeziehung in die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 11 EStG.
gepostet: 13.11.2021
Ausbildungskredit: Darlehenserlass nach dem AFBG nicht steuerpflichtig
Nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG) werden bestimmte Qualifizierungsmaßnahmen gefördert, etwa ein Fortbildungsabschluss zum Handwerks- und Industriemeister. Die Förderung umfasst Zuschüsse, die nicht zurückgezahlt werden müssen, ferner zinsgünstige Darlehen. Wer einen Kredit für eine Fortbildung aufnimmt, kann die Zinsen steuerlich als Werbungskosten geltend machen. Was passiert, wenn nach erfolgreichem Bestehen der Prüfung das Darlehen teilweise erlassen wird (gemäß § 13b Abs. 1 AFBG)?

Kürzlich hat das Niedersächsische Finanzgericht entschieden, dass der Darlehenserlass keine Einnahme ist und deshalb steuerfrei bleibt. Da der Darlehensvertrag mit der Bank - Kreditanstalt für Wiederaufbau - besteht, sei die Zahlung steuerrechtlich nicht als Arbeitgeberleistung zu behandeln. Deshalb stehe der Darlehenserlass nicht im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis (FG Niedersachsen vom 31.3.2021,14 K 47/20)

Es ging um folgenden Sachverhalt:
Eine Angestellte nahm für ihre Fortbildung zur Industriemeisterin nach dem AFBG ein KfW-Darlehen auf. Im Darlehensvertrag wurde darauf hingewiesen, dass 50 Prozent des Darlehens erlassen werden, wenn die Prüfung bestanden wird. Das Finanzamt sah in dem Erlass steuerpflichtige Einnahmen. Der Erlass ersetze die Werbungskosten und müsse als Einnahme aus nichtselbstständiger Arbeit versteuert werden. Doch das Finanzgericht gab der Arbeitnehmerin Recht. Die Richter sahen keine Einnahme und beließen den Darlehenserlass steuerfrei. Gegen das Urteil wurde allerdings Revision eingelegt (Az. VI R 9/21).
gepostet: 11.11.2021
Firmenwagen: Kleinere Mängel bei Fahrtenbuchführung sind unschädlich
Wer seinen Firmen- oder Geschäftswagen auch privat nutzt bzw. nutzen darf, muss einen Privatanteil versteuern. Dieser wird per Ein-Prozent-Regelung ermittelt, es sei denn, es wird ein Fahrtenbuch geführt. Dieses muss allerdings ordnungsgemäß sein. Kleinere Mängel sollen zwar nicht zur Verwerfung des Fahrtenbuchs und zur Anwendung der Ein-Prozent-Regelung führen, doch die Praxis ist oft eine andere. Die Finanzämter sind streng und verzeihen Fehler eher selten. Immerhin hat das Niedersächsische Finanzgericht jüngst entschieden, dass die Anforderungen an die Fahrtenbuchführung nicht überspannt werden dürfen (Urteil vom 16.6.2021, 9 K 276/19). So führt es unter anderem aus:

Kleinere Mängel und Ungenauigkeiten führen nicht zur Verwerfung des Fahrtenbuchs, wenn die Angaben insgesamt plausibel sind. Solche geringen Mängel waren im Streitfall die Verwendung von Abkürzungen für Kunden und Ortsangaben, fehlende Ortsangaben bei Übernachtungen im Hotel, Differenzen aus dem Vergleich zwischen den Kilometerangaben im Fahrtenbuch und laut Routenplaner, keine Aufzeichnung von Tankstopps.

Maßgeblich ist, ob trotz der Mängel noch eine hinreichende Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben gegeben und der Nachweis des zu versteuernden Privatanteils an der Gesamtfahrleistung des Dienstwagens möglich ist.

Dem Finanzamt ist zuzumuten, fehlende Angaben zu Hotelübernachtungen aus vorliegenden Reisekostenunterlagen zu ermitteln, sofern es sich nur um vereinzelte Fälle handelt.

In der Regel müssen die Angaben zu den Kilometerständen sofort, das heißt am Ende jeder Fahrt gemacht werden. Nur Präzisierungen des beruflichen Zwecks dürfen gegebenenfalls noch innerhalb einer Woche nachgeholt werden. Die Indizwirkung, die von fehlenden Gebrauchsspuren und einem gleichmäßigen Schriftbild eines Fahrtenbuches in Bezug auf eine unzulässige Nacherstellung ausgeht, kann vom Steuerpflichtigen entkräftet werden.

Praxistipp:
Das Urteil des Niedersächsischen FG ist erfreulich. Es soll aber nicht verschwiegen werden, dass andere Finanzgerichte zuweilen weniger milde entscheiden. Das FG Köln zum Beispiel sieht eine fehlende Hotelanschrift durchaus als gewichtigen Mangel (Urteil vom 15.9.2016, 10 K 2497/15). Von daher sollten Fahrtenbücher nach Möglichkeit sehr zeitnah und detailliert geführt werden.
gepostet: 10.11.2021
Corona-Rückholaktion: Steuerlicher Abzug der Kosten wird abgelehnt
Viele deutsche Bürger, die ihren Urlaub im Frühjahr 2020 im Ausland verbrachten, sind nach Ausbruch der Corona-Pandemie per Flugzeug nach Deutschland zurückgeholt worden. Bei vielen geschah dies durch Maschinen, die vom Auswärtigen Amt gechartert wurden. Im Anschluss haben die zurückgeholten Reisenden Rechnungen des Auswärtigen Amtes über Kostenbeteiligungen erhalten. Rechtliche Grundlage ist das Konsulargesetz.

Die Finanzverwaltung will den Abzug der Kosten als außergewöhnliche Belastung ablehnen. Die Kostenbeteiligung nach § 6 Konsulargesetz sei nicht abziehbar, weil sie bei Urlaubsreisen nicht zwangsläufig entstanden sei. Letztlich sei die Urlaubsreise nicht notwendig gewesen. Die Notwendigkeit sei aber Voraussetzung für den Abzug von außergewöhnlichen Belastungen (§ 33 Abs. 2 EStG). Die Haltung der Finanzverwaltung ist - soweit ersichtlich - bundeseinheitlich abgestimmt.

Praxistipp:
Ein älteres Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts scheint die Auffassung der Finanzverwaltung zu stützen (Urteil 16.9.1993, II 430/91). Ob es allerdings auf die aktuellen Fälle der Corona-Rückholaktion übertragbar ist, werden wohl wiederum die Finanzgerichte entscheiden müssen. Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass bei Rückholungen im Anschluss an berufliche oder geschäftliche Reisen ein Abzug der Kostenbeteiligung als Werbungskosten oder Betriebsausgaben infrage kommt.
gepostet: 09.11.2021
Edelmetall-Pensionsgeschäfte: BFH-Urteil zu Vorgängen im Privatvermögen
Zugegeben: Edelmetall-Pensionsgeschäfte sind wohl nicht jedermanns Sache und Vorgänge im Privatvermögen sind nicht unbedingt an der Tagesordnung. In Zeiten von Null- oder Negativzinsen scheinen sie aber für den einen oder anderen Anleger interessant zu sein. Mit einem aktuellen Urteil hat der Bundesfinanzhof entschieden, wie die Besteuerung bei einem so genannten echten Edelmetall-Pensionsgeschäft erfolgt (BFH-Urteil vom 23.4.2021, IX R 20/19):

Wird Edelmetall aus dem Privatvermögen im Wege eines echten Edelmetall-Pensionsgeschäfts übertragen und zurückübertragen, liegt mangels eines marktoffenbaren Vorgangs kein privates Veräußerungsgeschäft vor. Dies gilt auch für im Gegenzug übertragene Fremdwährungsguthaben. Der Pensionsgeber erzielt insoweit sonstige Einkünfte aus Leistungen gemäß § 23 Nr. 3 EStG.

Erfasst wird bei der Ermittlung der sonstigen Einkünfte des Pensionsgebers aus Leistungen nur der (positive oder negative) "Spread" aus dem Pensionsgeschäft. Auch im Falle eines negativen "Spread" liegt die Einkünfteerzielungsabsicht vor, wenn unter Berücksichtigung der Gesamtumstände feststeht, dass das Pensionsgeschäft der Erwerbssphäre und nicht der Privatsphäre zuzuordnen ist.

Fließt der "Spread" in einer fremden Währung zu, muss der Betrag im Zeitpunkt des Zu- oder Abflusses (einmal) in inländische Währung umgerechnet werden. Ein positiver "Spread" fließt im Zeitpunkt der Zahlung des "Kaufpreises" zu, ein negativer "Spread" fließt im Zeitpunkt der Zahlung des "Rückkaufpreises" ab.

Der Sachverhalt:
Ein Privatmann übertrug jeweils eine bestimmte Menge eines Edelmetalls aus seinem Bestand gegen Zahlung eines am Wert des Metalls orientierten festen Betrags (in USD) auf die A-Bank bzw. B-Bank (Kassageschäft). Nach Ablauf des vereinbarten Zeitraums von drei oder sechs Monaten übertrug die Bank das Edelmetall auf den Überlassenden zurück gegen Zahlung eines schon bei Abschluss des Geschäfts fest vereinbarten Betrags. Der von den Banken an den Privatmann gezahlte Betrag und der von ihm bei der Rückübertragung an die Banken gezahlte Geldbetrag konnten unterschiedlich hoch sein. Buchungstechnisch wurden die Geschäfte über die Metallkonten abgewickelt, weshalb auch die wechselseitigen Zahlungen in USD ausgewiesen wurden. In fast allen Fällen erzielte der Privatmann per Saldo aus der empfangenen und der hingegebenen Geldleistung einen Einnahmenüberhang (sog. positiver "Spread"). Lediglich in zwei Fällen waren die gewechselten Geldleistungen gleich hoch. In einem Fall ergab sich für den Privatmann ein Ausgabenüberhang (negativer "Spread"). Der Privatmann setzte die ihm vorübergehend zur Verfügung stehenden USD-Guthaben zum Erwerb festverzinslicher Wertpapiere ein, aus denen er Kapitaleinkünfte erzielte. Dementsprechend erwirtschaftete er bei übergreifender Betrachtung auch dann steuerbare Überschüsse, wenn der "Spread" negativ war oder null betrug.
gepostet: 07.11.2021
Grunderwerbsteuer: Erschließungskosten gehören zur Bemessungsgrundlage
Für den Erwerb einer Immobilie verlangt der Staat Grunderwerbsteuer. Die Höhe der Grunderwerbsteuer bemisst sich zum einen nach dem jeweiligen Steuersatz und zum anderen nach dem Wert der Gegenleistung, üblicherweise also nach dem Kaufpreis. Was aber gilt, wenn bestimmte Erschließungskosten zwar im Kaufpreis enthalten, aber noch nicht realisiert sind?

Nach Auffassung des Finanzgerichts Münster wird Grunderwerbsteuer auf den gesamten Kaufpreis mitsamt der vereinbarten Erschließungskosten fällig, auch wenn die Erschließungsleistungen erst noch zu erbringen sind (FG Münster vom 18.3.2021, 8 K 1438/19 GrE). Allerdings wurde explizit die Revision zugelassen, die nunmehr auch vorliegt (Az. II R 9/21).

Der Sachverhalt: Die Kläger erwarben von einer Immobiliengesellschaft ein Grundstück. Im Kaufpreis enthalten waren bereits die Kosten für einen noch zu errichtenden Hauswasseranschluss in Höhe von 2.775 Euro und noch bei der Immobilienfirma anfallende Erschließungskosten für das Grundstück in Höhe von rund 30.000 Euro. Das Finanzamt berücksichtigte auch diese Kosten und setzte auf den gesamten Kaufpreis Grunderwerbsteuer fest, während die Kläger der Ansicht sind, sie hätten ein unerschlossenes Grundstück gekauft, sodass die Kosten für die Erschließung und den Hauswasseranschluss nicht der Grunderwerbsteuer unterlägen. Das Finanzgericht hat die Auffassung des Finanzamtes bestätigt und die noch zu erbringenden Erschließungskosten in die Grunderwerbsteuer einbezogen.

Alle Leistungen, die gemäß den vertraglichen Vereinbarungen für den Kauf erbracht werden, seien grunderwerbsteuerpflichtig. Ist das Grundstück im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrages noch nicht erschlossen, aber der Verkäufer verpflichtet sich, das Grundstück dem Erwerber in erschlossenem Zustand zu verschaffen, so ist das Grundstück in diesem Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs

Praxistipp:
Wie erwähnt wurde Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt. In der Sache ähnliche Revisionen sind zudem unter den Az. II R 31/20 und II R 32/20 anhängig.
gepostet: 05.11.2021
Fahrten zu einem Sammelpunkt: Interessantes Urteil für Bauarbeiter und Co.
Bauarbeiter, Gleisbauarbeiter und Angehörige ähnlicher Berufe fahren oft mit einem Fahrzeug ihres Arbeitgebers zur jeweiligen Baustelle, nachdem sie sich morgens an einem bestimmten Sammelpunkt getroffen haben. Die Fahrten zum Sammelpunkt dürfen nur mit der Entfernungspauschale steuerlich abgezogen werden. Nun gibt es allerdings zahlreiche Fälle, in denen Arbeitnehmer den Sammelpunkt nicht täglich aufsuchen, etwa weil sie hin und wieder auf Fernbaustellen eingesetzt werden und dort auch übernachten. Die Frage ist dann, ob die Fahrten zum Sammelpunkt statt mit der Entfernungspauschale nach Dienstreisegrundsätzen abgesetzt werden dürfen, also mit 30 Cent pro gefahrenem Kilometer. Der Bundesfinanzhof hat dazu ein interessantes, wenn auch etwas kompliziertes Urteil gefällt (BFH-Urteil vom 19.4.2021, VI R 6/19).

Der Kläger ist als Baumaschinenführer tätig. Zu den jeweiligen Baustellen gelangte er entsprechend einer betriebsinternen Anweisung jeweils von einem bestimmten Treffpunkt aus mit einem Sammelfahrzeug seines Arbeitgebers. Dies betraf sowohl Fahrten mit täglicher Rückkehr als auch Fahrten zu sonstigen Arbeitsorten, an denen der Kläger mehrtägig übernachtete. Die Einsätze auf den Fernbaustellen dauerten in der Regel die gesamte Woche. Das Finanzamt berücksichtigte die Fahrten zum jeweiligen Sammelpunkt nur mit der Entfernungspauschale, während der Kläger den Dienstreisesatz geltend machte. Der BFH hat nicht abschließend entschieden, sondern den Fall an die Vorinstanz zurückverwiesen. Folgende Grundsätze muss diese bei seiner nachfolgenden Entscheidung beachten:

Wird der Sammelpunkt typischerweise arbeitstäglich aufgesucht, sind die Fahrten dorthin nur mit der Entfernungspauschale abzugsfähig. Maßgebend sind insoweit die Weisung des Arbeitgebers und das geplante Geschehen. Zwar muss der Arbeitnehmer den Sammelpunkt nicht tatsächlich jeden Werktag aufsuchen, aber doch mit einer solchen Regelmäßigkeit, dass außerplanmäßige Einsätze oder mehrtägige Einsätze auf Baustellen mit Übernachtungen die Ausnahme sind. Es kommt entscheidend darauf an, ob von vornherein feststeht, dass der Mitarbeiter nur auf eintägigen Baustellen eingesetzt werden soll. Hierfür kann auch die Betriebsstruktur des Arbeitgebers eine Rolle spielen.

Wird der Arbeitnehmer häufiger auch auf mehrtägigen Fernbaustellen eingesetzt, liegt kein typischerweise arbeitstägliches Aufsuchen des Sammelpunktes des Arbeitgebers vor. Er wird lediglich typischerweise für die Weiterfahrten zu den Baustellen aufgesucht. Der BFH spricht vom "fahrtäglichen Aufsuchen", welches vom "arbeitstäglichen Aufsuchen" zu unterscheiden sei. Bei einem nur fahrtäglichen Aufsuchen sind die Fahrten zum Treffpunkt mit 30 Cent je gefahrenem Kilometer zu berücksichtigen. Auch hier kommt es für die Beurteilung nicht auf eine nachträgliche Betrachtung des Geschehens an, sondern auf den vom Arbeitgeber geplanten Einsatz des Mitarbeiters.

Praxistipp:
Auch wenn die Fahrten nur mit der Entfernungspauschale absetzbar sind, so können aber dennoch Verpflegungspauschbeträge und Übernachtungskosten als Werbungskosten abgezogen oder steuerfrei erstattet werden.
gepostet: 03.11.2021
Künstlersozialversicherung: Abgabe bleibt in 2022 bei 4,2 Prozent
Der Abgabesatz zur Künstlersozialversicherung wird im Jahr 2022 bei 4,2 Prozent bleiben. Dies teilt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit. Ermöglicht wird die Stabilität des Beitrages durch den Einsatz zusätzlicher Bundesmittel in Höhe von insgesamt knapp 84,6 Millionen Euro. Damit wird einer Belastung der abgabepflichtigen Unternehmen entgegengewirkt. Über die Künstlersozialversicherung werden derzeit mehr als 190.000 selbstständige Künstler sowie Publizisten als Pflichtversicherte in den Schutz der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung einbezogen. Die selbstständigen Künstler und Publizisten tragen, wie abhängig beschäftigte Arbeitnehmer, die Hälfte ihrer Sozialversicherungsbeiträge. Die andere Beitragshälfte wird durch einen Bundeszuschuss (20 Prozent) und durch die Künstlersozialabgabe der Unternehmen (30 Prozent), die künstlerische und publizistische Leistungen verwerten, finanziert. Die Künstlersozialabgabe wird als Umlage erhoben. Der Abgabesatz wird jährlich für das jeweils folgende Kalenderjahr festgelegt und beträgt derzeit 4,2 Prozent. Bemessungsgrundlage sind alle in einem Kalenderjahr an selbständige Künstler und Publizisten gezahlten Entgelte.
gepostet: 01.11.2021
Oktober 2021
Verkauf des Eigenheims: Aufs Arbeitszimmer entfallender Gewinn ist steuerfrei
Gewinne aus dem An- und Verkauf von Immobilien innerhalb von zehn Jahren unterliegen grundsätzlich der Einkommensteuer. Wer aber sein selbst genutztes Eigenheim innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist veräußert, muss den Gewinn üblicherweise nicht versteuern. Der insoweit maßgebende § 23 des Einkommensteuergesetzes sieht eine Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz vor. Doch was gilt in Bezug auf das häusliche Arbeitszimmer eines Arbeitnehmers, für das er in den vergangenen Jahren Werbungskosten geltend gemacht hat? Denn dieses wird ja beruflich und nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Die Auffassung der Finanzverwaltung lautete dazu: Falls ein Arbeitnehmer im Eigenheim einen Raum als Arbeitszimmer genutzt hat, soll ein Veräußerungsgewinn mit dem Anteil, der auf das Arbeitszimmer entfällt, steuerpflichtig sein. Der Veräußerungsgewinn müsse sogar dann mit dem Arbeitszimmeranteil als Spekulationsgewinn versteuert werden, wenn die Aufwendungen für das Arbeitszimmer gar nicht oder lediglich begrenzt bis zu 1.250 Euro als Werbungskosten anerkannt wurden. Nun hat der Bundesfinanzhof aber zugunsten der Arbeitnehmer entschieden, dass der auf das häusliche Arbeitszimmer entfallende Gewinn aus dem Verkauf des Eigenheims nicht zu versteuern ist (BFH-Urteil vom 1.3.2021, IX R 27/19).

Praxistipp:
Die Entscheidung gilt nicht für Gewerbetreibende und Freiberufler, deren Arbeitszimmer zum steuerlichen Betriebsvermögen gehört. Insoweit ist ein Veräußerungs- oder Aufgabegewinn zu versteuern, und zwar selbst dann, wenn der Abzug der Arbeitszimmerkosten auf 1.250 Euro pro Jahr beschränkt war (BFH-Urteil vom 16.6.2020, VIII R 15/17).
gepostet: 30.10.2021
Sonderausgaben: Arbeitgeberzuschuss mindert abziehbaren Kindergartenbeitrag
Kinderbetreuungskosten, also auch Kindergartenbeiträge, sind unter bestimmten Voraussetzungen als Sonderausgaben absetzbar, und zwar mit zwei Drittel der Aufwendungen, höchstens 4.000 Euro je Kind. Begünstigt sind Dienstleistungen zur Betreuung eines Kindes, das das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Sonderregelungen gelten für Kinder mit einer Behinderung. Darüber hinaus sind Leistungen des Arbeitgebers zur Unterbringung und Betreuung von nicht schulpflichtigen Kindern der Mitarbeiter in Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen steuerfrei, wenn diese zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden (§ 3 Nr. 33 EStG). Aber: Die als Sonderausgaben abziehbaren Kindergartenbeiträge sind um die dazu geleisteten steuerfreien Arbeitgeberzuschüsse zu kürzen (BFH-Beschluss vom 14.4.2021, III R 30/20).

Der Sachverhalt: Die verheirateten Kläger zahlten für die Betreuung ihrer minderjährigen Tochter einen Kindergartenbeitrag in Höhe von 926 Euro. Zugleich erhielt der Kläger von seinem Arbeitgeber einen steuerfreien Kindergartenzuschuss in Höhe von 600 Euro. Das Finanzamt kürzte die in voller Höhe geltend gemachten Sonderausgaben um den steuerfreien Arbeitgeberzuschuss. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Der BFH bestätigte das finanzgerichtliche Urteil.

Begründung: Als Sonderausgaben dürfen nur solche Ausgaben berücksichtigt werden, durch die der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet ist. Gewährt der Arbeitgeber einen steuerfreien zweckgebundenen Arbeitgeberzuschuss zu den Kinderbetreuungskosten (§ 3 Nr. 33 EStG), werde die wirtschaftliche Belastung des Steuerpflichtigen in diesem Umfang gemindert. Damit würden auch unberechtigte Doppelbegünstigungen vermieden. Die Kürzung der Sonderausgaben um die steuerfreien Arbeitgeberleistungen erfolge gleichermaßen bei verheirateten als auch bei unverheirateten Elternteilen.
gepostet: 28.10.2021
Abfindung: Tarifermäßigung für so genannte "Sprinterprämie“
Erhalten Arbeitnehmer für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung, so wird diese im Rahmen der Fünftelregelung (§ 34 EStG) tarifermäßigt besteuert. Doch gilt dies auch für so genannte "Sprinterprämien"? Mit einer solchen Prämie soll die Bereitschaft des Arbeitnehmers gesteigert werden, das Unternehmern noch vor Ablauf der eigentlichen Kündigungsfrist zu verlassen. Jüngst hat das Hessische Finanzgericht entschieden, dass Sprinterprämien als Entschädigungen gelten und folglich der Fünftelregelung unterliegen (Gerichtsbescheid vom 31.5.2021, 10 K 1597/20).

Der Sachverhalt: Eine Arbeitnehmerin hatte mit ihrem Arbeitgeber zusätzlich zum Aufhebungsvertrag und der Abfindung eine Sprinterklausel vereinbart. Diese besagte, dass der Arbeitnehmerin das Recht eingeräumt wurde, gegen einen weiteren Abfindungsbetrag das Arbeitsverhältnis vor dem eigentlich vereinbarten Zeitpunkt zu beenden. Sie hatte dieses Recht ausgeübt und die weitere Abfindung erhalten. Das Finanzamt unterwarf nur die aus der Aufhebung des Arbeitsverhältnisses resultierende Abfindung der ermäßigten Besteuerung, nicht aber den aufgrund der Ausübung der Sprinterklausel erhaltenen Betrag. Das FG hat der hiergegen gerichteten Klage stattgegeben. Auch der weitere Abfindungsbetrag sei gemäß § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 und § 24 Nr. 1a EStG ermäßigt zu besteuern, denn auch diese Abfindung finde ihren Rechtsgrund in der Aufhebungsvereinbarung und sei nicht getrennt davon zu betrachten.

Praxistipp:
Das Finanzamt hat auf die Einlegung der an sich zugelassenen Revision verzichtet, obwohl das Niedersächsische FG mit Urteil vom 8.2.2018 (1 K 279/17) anders entschieden hat: "Werden in einer Abfindungsvereinbarung neben Entschädigungen für künftig entgehende Einnahmen auch Zahlungen einbezogen, die bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses zustanden, so sind diese, selbst wenn sie noch nicht fällig sein sollten, als nicht tarifermäßigte Einnahmen von den Entschädigungen zu trennen."
gepostet: 26.10.2021
Riester-Verträge: Finanzamt muss Rückforderungen eigenständig prüfen
So genannte Riester-Verträge werden mittels einer Altersvorsorgezulage und gegebenenfalls einem ergänzenden Sonderausgabenabzug gefördert. Nun kommt es vor, dass manch Riester-Sparer unangenehme Post von seinem Finanzamt erhält. Das heißt: Sein Finanzamt hat die Steuerbescheide für die Vorjahre geändert und den Sonderausgabenabzug gestrichen, weil es von der Zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) darüber informiert worden ist, dass die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nicht vorliegen. Die Änderung der Steuerbescheide erfolgt in aller Regel ohne vorherige Anhörung des betroffenen Riester-Sparers. Bei einem Einspruch gegen den oder die geänderten Steuerbescheide werden die Betroffenen von den Finanzämtern üblicherweise auf die Zulagenstelle und deren Mitteilung verwiesen, die insoweit als Grundlagenbescheid gelte. Einwendungen müssten bei der Zulagenstelle erfolgen. Doch so einfach dürfen es sich die Finanzämter nicht machen, zumal Einwendungen unmittelbar bei der Zulagenstelle vielfach wegen Fristablaufs aussichtslos sind.

Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass das Finanzamt eigenständig prüfen muss, ob die Voraussetzungen für die Rückgängigmachung des Sonderausgabenabzugs tatsächlich vorliegen. Es ist im Zweifelsfall verpflichtet, die Richtigkeit der Mitteilung der Zulagenstelle im Besteuerungsverfahren zu überprüfen (BFH-Urteile vom 8.9.2020, X R 2/19 und X R 16/19).
gepostet: 24.10.2021
Arbeitszimmer und Homeoffice-Pauschale: BMF klärt wichtige Zweifelsfragen
Nicht nur, aber insbesondere in der Coronazeit üben äußerst viele Arbeitnehmer ihre Tätigkeit von zuhause aus. Dabei arbeiten sie in ihrem "echten" häuslichen Arbeitszimmer, also einem abgeschlossenen Raum, der so gut wie ausschließlich beruflich genutzt wird. Oder sie arbeiten in einer Arbeitsecke im Wohnzimmer oder in der Küche. Wenn tatsächlich ein "echtes" häusliches Arbeitszimmer gegeben ist, können die Kosten - bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen - in voller Höhe oder zumindest bis zu 1.250 Euro pro Jahr steuerlich geltend gemacht werden. Ist hingegen nur eine Arbeitsecke gegeben und werden die steuerlichen Voraussetzungen für ein häusliches Arbeitszimmer somit nicht erfüllt, können Arbeitnehmer (und Selbstständige), die zuhause arbeiten, in den Jahren 2020 und 2021 immerhin einen Pauschalbetrag von 5 Euro pro Tag als Werbungskosten oder Betriebsausgaben geltend machen. Maximal sind 600 Euro im Jahr absetzbar. Allerdings gibt es rund um die Geltendmachung der Arbeitszimmerkosten und der Homeoffice-Pauschale zahlreiche Zweifelsfragen. Einige dieser Fragen hat das Bundesfinanzministerium jüngst beantwortet, und zwar unter anderem wie folgt (BMF-Schreiben vom 9.7.2021, IV C 6 - S 2145/19/10006:013):

Inwieweit Nachweise für die Berücksichtigung eines häuslichen Arbeitszimmers vorgelegt werden müssen oder ob eine Schlüssigkeitsprüfung, z.B. anhand bereits vorhandener Angaben aus dem Vorjahr, ausreicht, sollen die Finanzämter im Einzelfall im Rahmen der Bearbeitung der Einkommensteuererklärung entscheiden. Für die Glaubhaftmachung der Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer/Homeoffice sollen aber grundsätzlich schlüssige Angaben des Arbeitnehmers ausreichen. Aufgrund der besonderen Situation (insbesondere nicht absehbare Entwicklung) sei davon auszugehen, dass zeitliche Abläufe nicht lückenlos dokumentiert worden sind.

Aufwendungen für Arbeitsmittel und Telefon-/Internetkosten sind durch die Homeoffice-Pauschale nicht abgegolten.

Wenn Monats-/Jahrestickets für zunächst beabsichtigte Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte erworben wurden und die Fahrten aufgrund tatsächlicher Tätigkeit in der häuslichen Wohnung nicht durchgeführt wurden, sind die Aufwendungen für öffentliche Verkehrsmittel als tatsächliche Kosten (Günstigerprüfung gegenüber der Entfernungspauschale) neben der Homeoffice-Pauschale abziehbar. Die tatsächlich geleisteten Aufwendungen für eine Zeitfahrkarte zur Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte können als Werbungskosten geltend gemacht werden, soweit sie die insgesamt im Kalenderjahr ermittelte Entfernungspauschale übersteigen. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer eine Zeitfahrkarte in Erwartung der regelmäßigen Benutzung für den Weg zur ersten Tätigkeitsstätte erworben hat, er die Zeitfahrkarte dann aber aufgrund der Tätigkeit im Homeoffice nicht im geplanten Umfang verwenden kann. Die Aufwendungen sind nicht auf einzelne Arbeitstage aufzuteilen. Zeitfahrkarten in diesem Sinne sind zum Beispiel Jahres- und Monatsfahrkarten. Die Berücksichtigung der Homeoffice-Pauschale bleibt davon unberührt. Hierfür gilt, dass die Pauschale nur für diejenigen Tage angesetzt werden kann, an denen der Steuerpflichtige ausschließlich im Homeoffice tätig geworden ist.

Falls die Nutzung des Arbeitsplatzes im Betrieb oder der Behörde ausgeschlossen ist, sind die Kosten für das häusliche Arbeitszimmer bis zu 1.250 Euro als Werbungskosten absetzbar. Dies gilt auch, wenn der Steuerpflichtige seinen betrieblichen oder beruflichen Arbeitsplatz aus Gründen des Gesundheitsschutzes nicht nutzen kann. Ihm steht in diesem Fall für seine betriebliche oder berufliche Betätigung "kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung". Dies gilt für die Zeit der Corona-Pandemie auch dann, wenn die Entscheidung über das Tätigwerden im Homeoffice der Steuerpflichtige auch ohne eine ausdrückliche (schriftliche) Anweisung des Auftraggebers/Arbeitgebers getroffen hat und er der Empfehlung der Bundesregierung/der Länder gefolgt ist. Als Zeit der Corona-Pandemie wird dabei der Zeitraum vom 1. März 2020 bis zum 31. Dezember 2021 angenommen.

Falls das häusliche Arbeitszimmer den "Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung" darstellt, sind die Kosten in voller Höhe als Werbungskosten (oder Betriebsausgaben) absetzbar. Für die Zeit der pandemiebedingten Ausübung bestimmter Tätigkeiten in der Wohnung (seit März 2020) ist davon auszugehen, dass zu Hause grundsätzlich qualitativ gleichwertige Arbeiten wie beim bisherigen Arbeitsplatz ausgeübt werden, sodass bei quantitativ überwiegender Tätigkeit der Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit in der Wohnung angenommen werden kann. Das bedeutet: Ist ein Arbeitnehmer an drei Tagen pro Woche von zuhause aus tätig, ist er zunächst rein quantitativ überwiegend vom häuslichen Arbeitszimmer aus tätig. Und in der Coronazeit soll dann unterstellt werden, dass qualitativ zumindest gleichwertige Arbeiten wie im Büro des Arbeitgebers verrichtet werden. Folge: Das Arbeitszimmer ist der "Mittelpunkt der Tätigkeit" und die Kosten sind voll absetzbar.
gepostet: 22.10.2021
Dingliches Wohnrecht: Abfindung für Ablösung nur per AfA zu berücksichtigen
Viele Erbfolgeregelungen im Zusammenhang mit dem Eigenheim sehen ein dingliches Wohnrecht für den länger lebenden Partner vor. Das heißt, er darf das Haus oder die Wohnung nach dem Versterben des Ehegatten oder Lebenspartners bis zu seinem Tod weiter bewohnen. Doch manchmal möchte der Partner sein Wohnrecht gar nicht dauerhaft ausüben und ist bereit, dieses - gegen eine Entschädigungszahlung - aufzugeben. Dann stellt sich für den Eigentümer der Immobilie, der die Abfindung leistet, die Frage, ob die Zahlung sofort in einer Summe oder nur im Wege der Absetzung für Abnutzung (AfA) steuerlich zu berücksichtigen ist. Voraussetzung ist natürlich, dass die Immobilie vom Eigentümer zur Einkünfteerzielung genutzt, also vermietet wird. Das Niedersächsische Finanzgericht hat entschieden, dass die Ausgleichszahlung für die Aufgabe des Wohnrechts zu nachträglichen Anschaffungskosten der Immobilie führen (Urteil vom 2.7.2020, 2 K 228/19). Dementsprechend sind die Aufwendungen nicht sofort in einer Summe abziehbar, sondern nur im Wege der AfA mit 2 Prozent pro Jahr. Es handelt sich insoweit um Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften. Im Urteilsfall selbst ging es um ein Gebäude, das auf einem Erbbaugrundstück errichtet war. Insofern war ein Anteil für den Grund und Boden nicht zu ermitteln. In anderen Fällen dürfte wohl auch noch der Grund und Boden-Anteil aus der Abfindung herausgerechnet werden, um die Bemessungsgrundlage für die AfA zu ermitteln.

Praxistipp:
Der Fall ist nunmehr beim Bundesfinanzhof anhängig. Es bleibt abzuwarten, ob dieser im Rahmen der Revision eine andere Auffassung vertreten wird oder das Urteil bestätigt (Az. IX R 9/21).
gepostet: 20.10.2021
Betriebsaufspaltung: "Patt-Situation" führt nicht zur personellen Verflechtung
Wenn ein Unternehmer seiner GmbH eine wesentliche Betriebsgrundlage, üblicherweise eine Immobilie, zur Nutzung überlässt, kann es zu einer so genannten Betriebsaufspaltung kommen. In diesem Fall werden sowohl das Grundstück als auch die GmbH-Anteile zu steuerlichem Betriebsvermögen. Voraussetzung einer Betriebsaufspaltung ist allerdings nicht nur die "sachliche Verflechtung" aufgrund der Nutzungsüberlassung. Hinzukommen muss auch eine "personelle Verflechtung". Dazu muss der Überlassende sowohl das Besitzunternehmen als auch die Betriebsgesellschaft, die GmbH, beherrschen. In aller Regel kommt es insoweit auf die jeweilige Stimmenmehrheit an.

Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs liegt eine Betriebsaufspaltung aber nicht vor, wenn der Gesellschafter zwar das Besitzunternehmen beherrscht, also Alleineigentümer der Immobile oder Mehrheitsgesellschafter des Besitzunternehmens ist, aber in der Betriebsgesellschaft nur über exakt 50 Prozent der Stimmen verfügt. Zudem hat der BFH geurteilt, dass dem Gesellschafter die Stimmen seines ebenfalls beteiligten minderjährigen Kindes jedenfalls dann nicht zuzurechnen sind, wenn in Bezug auf dessen Gesellschafterstellung eine Ergänzungspflegschaft besteht (BFH-Urteil vom 14.4.2021, X R 5/19).

Im Streitfall waren die Klägerin und ihre beiden Kinder mit dem Tod des Ehemanns und Vaters Gesellschafter der Betriebs-GmbH geworden. Dieser GmbH hatte die Klägerin bereits seit Jahren ein betrieblich genutztes Grundstück verpachtet. Nachdem die Klägerin in einer Gesellschafterversammlung, in der eine Ergänzungspflegerin ihren minderjährigen Sohn vertrat, zur Geschäftsführerin der GmbH bestellt worden war, sah das Finanzamt die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung als gegeben an. Es meinte, die Klägerin könne die GmbH, obwohl sie nur 50 Prozent der Stimmen innehabe, aufgrund ihrer elterlichen Vermögenssorge beherrschen, so dass neben der sachlichen auch die für eine Betriebsaufspaltung erforderliche personelle Verflechtung vorliege. Die Klägerin erziele daher aus der Grundstücksverpachtung gewerbliche Einkünfte.

Der BFH sieht dies anders und verneint das Vorliegen einer personellen Verflechtung, mithin also einer Betriebsaufspaltung. Die Anteile ihres minderjährigen Kindes seien der Klägerin nicht zuzurechnen, da für dieses eine Ergänzungspflegschaft bestehe, die auch dessen Gesellschafterrechte umfasse. In einem solchen Fall lägen keine gleichgelagerten wirtschaftlichen Interessen vor. Die Beteiligung der Klägerin von exakt 50 Prozent der Stimmen reiche aufgrund der "Patt-Situation“ für eine Beherrschung nicht aus.

Praxistipp:
In besonderen Ausnahmefällen ist eine faktische Beherrschung durch einen Gesellschafter ausreichend, um dennoch zu einer Betriebsaufspaltung zu gelangen. Eine solche faktische Beherrschung liegt vor, wenn auf die Gesellschafter, deren Stimmen zur Erreichung der Stimmenmehrheit fehlen, aus wirtschaftlichen oder anderen Gründen Druck dahingehend ausgeübt werden kann, dass sie sich dem Willen der beherrschenden Person oder Personengruppe unterordnen müssen. Dazu kann es etwa kommen, wenn ein Gesellschafter der Gesellschaft unverzichtbare Betriebsgrundlagen zur Verfügung stellt, die er der Gesellschaft ohne weiteres wieder entziehen kann. Dass solche besonderen Umstände vorliegen, muss das Finanzamt aber im Einzelfall feststellen. Jahrelanges konfliktfreies Zusammenwirken allein lässt den Schluss auf eine faktische Beherrschung nicht zu.
gepostet: 18.10.2021
Werbungskosten: Kosten für einen Schulhund sind teilweise abzugsfähig
Die Haltung von Hunden ist grundsätzlich dem privaten Lebensbereich zuzurechnen, sodass die Kosten für Anschaffung und Unterhalt steuerlich nicht abziehbar sind. Wenn allerdings für die Tierhaltung so gut wie ausschließlich berufliche Gründe vorliegen ausscheiden, können die Aufwendungen als Werbungskosten abziehbar sein, so beispielsweise der Diensthund eines Polizei- oder Zollbeamten. In den letzten Jahren haben sich die Fälle gemehrt, in denen Therapiehunde eingesetzt werden, beispielsweise in Schulen. Anfang des Jahres hat der Bundesfinanzhof in zwei Urteilen entschieden, dass die Aufwendungen für einen privaten Hund, der als Schulhund bzw. Therapiehund an der Schule eingesetzt wird, teilweise als Werbungskosten absetzbar sind (BFH-Urteile vom 14.1.2021, VI R 15/19 und VI R 52/18).

Begründung: Dient ein Hund neben beruflichen in nicht unerheblichem Umfang auch privaten Zwecken, handelt es sich nicht um ein "Arbeitsmittel". Dies gelte auch, falls der Anlass für die Anschaffung im beruflichen Bereich gelegen haben sollte und er nicht angeschafft worden wäre, wenn nur eine private Nutzung beabsichtigt gewesen wäre. Nach Auffassung der BFH-Richter können bei einer erheblichen beruflichen Nutzung eines Schulhundes bis zu 50 Prozent der Aufwendungen für das Tier als Werbungskosten abgesetzt werden. Aus Vereinfachungsgründen sei ein hälftiger Werbungskostenabzug jedenfalls nicht zu beanstanden, wenn der Hund innerhalb einer regelmäßig fünftägigen Unterrichtswoche arbeitstäglich in der Schule eingesetzt wird. Dies gelte für die zeitanteilige Absetzung der Anschaffungskosten, Futter, Pflege, Tierhalterhaftpflichtversicherung, Hundesteuer, Transportbox, Hundegeschirr sowie Tierarzt. Die Kosten für die Ausbildung des Hundes zum Therapiehund, das heißt für den Besuch der Hundeschule zum Erlernen spezieller Fähigkeiten, seien ausschließlich beruflich veranlasst und folglich voll als Werbungskosten abzugsfähig.
gepostet: 16.10.2021
Rentenbesteuerung: Steuerbescheide ergehen nun vorläufig
Der Bundesfinanzhof hat kürzlich entschieden, dass die derzeitige Besteuerung von Renten im Grundsatz verfassungskonform ist. Eine doppelte Besteuerung zeichne sich erst für spätere Rentnerjahrgänge ab. Zwar könne es im Einzelfall auch heute schon zu einer doppelten Besteuerung von Renten kommen, doch die vom BFH festgelegten Berechnungsparameter sind so streng, dass nur wenige Fälle betroffen sind. So blieben auch die entsprechenden Klagen vor dem BFH erfolgslos (BFH-Urteile vom 19.5.2021, X R 33/19 und X R 20/21). Doch die Sache ist damit noch nicht beendet, denn die unterlegenen Kläger haben Verfassungsbeschwerde eingelegt (Az. 2 BvR 1143/21 und 2 BvR 1140/21).

Praxistipp:
Bis zu einer Entscheidung der Verfassungshüter können noch Jahre vergehen. Einsprüche gegen betroffene Steuerbescheide sind aber nicht mehr erforderlich. Bund und Länder haben beschlossen, dass betroffene Steuerbescheide hinsichtlich der Frage der Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von Renten von nun an vorläufig ergehen (BMF-Schreiben vom 30.8.2021, V A 3 - S 0338/19/10006 :001). Bitte beachten Sie, dass selbst dann, wenn Karlsruhe zugunsten der Rentner entscheiden sollte, eine Änderung von Steuerbescheiden eventuell nur dann erfolgen kann, wenn alte Renten- und Steuerbescheide vorgelegt werden können. Das heißt: Die Nachweis- und Beweispflicht könnte beim Steuerbürger liegen. Das mag umstritten sein, doch wir empfehlen auf jeden Fall, selbst jahrzehntealte Steuer- und Rentenbescheide, sofern noch vorhanden, weiter aufzubewahren.
gepostet: 14.10.2021
Fahrten zur Arbeit: Hafen gilt als weiträumiges Tätigkeitsgebiet
Ein Arbeitnehmer darf Fahrten zu seiner ersten Tätigkeitsstätte nur mit der Pendlerpauschale von 30 Cent je Entfernungs-km steuerlich geltend machen; ab dem Jahre 2021 gelten 35 Cent ab dem 21. Km. Dienstreisen hingegen sind mit 30 Cent pro gefahrenem Km oder mit den tatsächlichen Kosten abziehbar. Besonderheiten gelten für den Fall, dass ein Arbeitnehmer in einem "weiträumigen Tätigkeitsgebiet" arbeitet und nicht über eine erste Tätigkeitsstätte verfügt. Dann sind die Fahrten von der Wohnung zum nächstgelegenen Zugang des Tätigkeitsgebiets zwar ebenfalls nur mit der Pendlerpauschale abziehbar, die Fahrten innerhalb des Tätigkeitsgebiets hingegen dürfen mit den Dienstreisesätzen geltend gemacht werden.

Kürzlich hat das Niedersächsische Finanzgericht entschieden, dass ein Hafenarbeiter, im Urteilsfall¬ des Hamburger Hafens, insgesamt in einem solch weiträumigen Tätigkeitsgebiet arbeitet. Dies gilt auch dann, wenn er von seinem Arbeitgeber im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung bei verschiedenen Einzelbetrieben auf dem Gebiet des Hamburger Hafens eingesetzt wird. Folglich werden die Fahrten zu dem nächstgelegenen Hafenzugang nur mit der Entfernungspauschale berücksichtigt (Urteil vom 3.2.2021, 4 K 11006/17). Die Revision wurde zugelassen.
gepostet: 12.10.2021
Nachzahlungs- und Erstattungszinsen: Hoher Zinssatz ist verfassungswidrig
Steuernachforderungen und Steuererstattungen werden derzeit noch mit 0,5 Prozent pro Monat, also mit 6 Prozent pro Jahr verzinst, wenn der Steuerbescheid später als 15 Monate nach dem jeweiligen Steuerjahr ergeht. Da die Marktzinsen schon viele Jahre nahe Null und sogar im Negativbereich liegen, ist ein solcher Zinssatz heute nicht mehr zu rechtfertigen. So sieht es nun auch das Bundesverfassungsgericht: Ein Zinssatz von 6 Prozent ist verfassungswidrig, soweit er der Zinsberechnung für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2014 zugrunde gelegt wird. Allerdings muss der Zinssatz durch den Gesetzgeber erst ab dem 1. Januar 2019 korrigiert werden. Das heißt, das bisherige Recht ist für bis einschließlich in das Jahr 2018 fallende Verzinsungszeiträume weiter anwendbar (BVerfG-Beschluss vom 8.7.2021, 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17).

Die Verfassungshüter begründen ihre Entscheidung wie folgt: Nach Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 hat sich ein strukturelles Niedrigzinsniveau entwickelt, das nicht mehr Ausdruck üblicher Zinsschwankungen ist. Dies zeigt sich zunächst in der Entwicklung des Basiszinssatzes. Während er im Jahr 2008 noch bei über 3 Prozent lag, sank er im Laufe des Jahres 2009 rapide auf 0,12 Prozent. Seit Januar 2013 liegt er im negativen Bereich. Spätestens seit dem Jahr 2014 ist das Niedrigzinsniveau struktureller und nachhaltiger Natur, so dass ein Zinssatz von 6 Prozent für Steuerzinsen nicht mehr zu vertreten ist.

Für bis in das Jahr 2013 fallende Verzinsungszeiträume ist eine Verzinsung von 6 Prozent p.a. jedoch nicht unverhältnismäßig - ein verfassungsrechtlich auffälliges Missverhältnis besteht insoweit noch nicht. Das Niedrigzinsniveau hatte sich bis 2013 noch nicht derart verfestigt, dass der gesetzlich bestimmte Zinssatz als im Regelfall evident realitätsfern erscheint. Im Ergebnis wird die maßgebende Regelung der Abgabenordnung, § 233a AO i.V.m. 238 Abs. 1 Satz 1 AO, für alle Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2014 für verfassungswidrig erklärt. Die Unvereinbarkeit der Verzinsung betrifft nicht nur die Nachzahlungszinsen zulasten der Steuerpflichtigen, sondern umfasst ebenso die Erstattungszinsen zugunsten der Steuerpflichtigen.

Für Verzinsungszeiträume vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2018 gilt die Vorschrift jedoch fort, ohne dass der Gesetzgeber verpflichtet wäre, auch für diesen Zeitraum rückwirkend eine verfassungsgemäße Regelung zu schaffen. Für Verzinsungszeiträume ab 2019 bleibt es hingegen bei der Unanwendbarkeit der Vorschrift. Insoweit ist der Gesetzgeber verpflichtet, eine Neuregelung bis zum 31. Juli 2022 zu treffen, die sich rückwirkend auf alle Verzinsungszeiträume ab dem Jahr 2019 erstreckt und alle noch nicht bestandskräftigen Hoheitsakte erfasst.

Praxistipp:
Das Bundesverfassungsgericht äußert sich nicht zur Frage des angemessenen Zinssatzes. Diesen muss nun der Gesetzgeber festlegen. Es gibt bereits Vorschläge, zum Beispiel eine Abhängigkeit zum Basiszinssatz nach § 247 BGB, doch es bleibt abzuwarten, wie der Gesetzgeber tatsächlich reagieren wird. Dabei wird auch von Interesse sein, ob der Gesetzgeber bereits ausgezahlte Erstattungszinsen zurückfordert oder ob er insoweit einen Vertrauensschutz für die Steuerzahler gewährt. Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass es derzeit coronabedingte Besonderheiten beim Verzinsungszeitraum gibt: Aufgrund der erheblichen Belastungen durch die Corona-Pandemie wurden die Fristen zur Abgabe der Einkommen-, Körperschaft-, Gewerbe- und Umsatzsteuererklärungen 2019 und 2020 verlängert. Gleichzeitig wurde für die Berechnung von Steuerzinsen die - regulär fünfzehnmonatige - zinsfreie Karenzzeit des § 233a Abs. 2 Satz 1 AO für den Besteuerungszeitraum 2019 um sechs Monate und für den Besteuerungszeitraum 2020 um drei Monate verlängert.
gepostet: 10.10.2021
Genussrechte: Verluste aus Tausch in Genossenschaftsanteile sind abziehbar
Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass ein Verlust aus dem Tausch von Genussrechten gegen Genossenschaftsanteile und Schuldverschreibungen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen ist (Urteil vom 9.6.2021, 13 K 207/18 E,F). Zwar wird aus dem Urteil nicht genau ersichtlich, um welches Unternehmen und um welche Anleger es konkret geht, doch es spricht Vieles dafür, dass ein Anleger der Prokon Regenerative Energien GmbH geklagt hat. Die Prokon hat im Jahre 2014 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt.

Der Sachverhalt: Der Kläger war Inhaber von Genussrechten an einer GmbH. Im Rahmen des über das Vermögen der GmbH eröffneten Insolvenzverfahrens wurde die GmbH entsprechend eines Insolvenzplans in eine eG umgewandelt und der Kläger erhielt für seine bisherigen Genussrechte Genossenschaftsanteile, Schuldverschreibungen und einen Spitzenausgleich. Aus diesem Umtausch erklärte der Kläger einen Verlust, den er im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung geltend machte. Diesen erkannte das Finanzamt nicht an, da sich um einen steuerlich unbeachtlichen Vorgang auf der privaten Vermögensebene handele. Die Klage hatte in Bezug auf den erklärten Verlust Erfolg.

Begründung: Bei den Genussrechten handelt es sich um sonstige Kapitalforderungen im Sinne von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG. Da die Genussrechte nach den Genussscheinbedingungen kein Recht am Liquidationsgewinn vermittelten, stellen sie keine Beteiligung an der GmbH dar. Die Hingabe der Genussrechte gegen Erhalt der Genossenschaftsanteile und der Schuldverschreibungen ist als Tauschgeschäft zu behandeln, welches einer Veräußerung gleichsteht. Der Berücksichtigung des Verlustes steht nicht entgegen, dass der Kläger keine Verlustbescheinigung im Sinne von § 43a Abs. 3 Satz 4 EStG hat, da diese nur von einer "auszahlenden Stelle“ ausgestellt werden kann. Im Fall von frei handelbaren Genussrechten existiert eine solche Stelle nicht.
gepostet: 08.10.2021
Erbschaftsteuer: Befreiung fürs Familienheim bei langer Erbauseinandersetzung?
Die Vererbung des selbstgenutzten Familienheims an die Kinder ist unter bestimmten Voraussetzungen und bis zu einer bestimmten Größe erbschaftsteuerfrei möglich. Sofern das Kind, dem die Immobilie übertragen wird, selbst noch nicht oder nicht mehr in dem Familienheim wohnt, ist die Befreiung davon abhängig, dass der Einzug innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall erfolgt. Ein späterer Einzug führt nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen zum steuerfreien Erwerb des Familienheims. Der Erbe muss dann aber glaubhaft darlegen, dass er diese Verzögerung nicht zu vertreten hat, beispielsweise im Fall einer dringend notwendigen Renovierung (BFH-Urteil vom 28.5.2019, II R 37/16). Gleiches gilt für den Fall einer erforderlichen Erbauseinandersetzung, denn die Befreiung kann nur der Eigentümer beanspruchen, der die Wohnung selbst nutzt, nicht aber ein (Mit-)Eigentümer, der dort nicht wohnt. Daher muss auch eine Erbauseinandersetzung alsbald nach der Erbschaft erfolgen. Nun hat das Finanzgericht Düsseldorf aber entschieden, dass im Einzelfall auch ein Zeitraum von drei Jahren bis zur Erbauseinandersetzung unschädlich sein kann (Urteil vom 21.4.2021, 4 K 1154/20 Erb).

Es ging um folgenden Sachverhalt: Der Kläger und sein Bruder sind zu je 1/2 Erben ihrer im Jahr 2015 verstorbenen Eltern. Zum Nachlass gehörte auch das Familienheim. Zum Zwecke der Erbauseinandersetzung trafen die Brüder erst im Jahr 2018 eine Vereinbarung, da sich diese aufgrund weiteren Vermögens als recht komplex erwies. Unter anderem erhielt der Kläger von seinem Bruder dessen hälftigen Eigentumsanteil an dem Familienheim. Da der Kläger die andere Hälfte des Familienheims selbst geerbt hatte, wurde er somit Alleineigentümer der Immobilie. Er wohnte bereits in dem Familienheim und beantragte beim Finanzamt die volle - und nicht nur die hälftige - erbschaftsteuerliche Befreiung für das Familienheim. Das Finanzamt lehnte dies ab. Eine Erbauseinandersetzung könne steuerlich nur berücksichtigt werden, wenn sie zeitnah - also innerhalb von sechs Monaten - nach dem Erbfall erfolge. Hier seien zwischen dem Erbfall und der Erbauseinandersetzung jedoch drei Jahre vergangen. Folglich könne die Steuerbefreiung nur für den unmittelbar geerbten Anteil des Klägers, nicht jedoch den vom Bruder übertragenen Anteil gewährt werden. Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Begründung: Der Zeitablauf von etwa drei Jahren stehe der Begünstigung nicht entgegen. Das Gesetz enthalte keine Frist, innerhalb derer die Erbauseinandersetzung zu erfolgen habe. Im Streitfall sei der für einen Begünstigungstransfer erforderliche innere Zusammenhang zwischen der Vermögensaufteilung und dem Erbfall gegeben. Ein solcher Zusammenhang könne auch dann noch bestehen, wenn die Auseinandersetzung - etwa bei komplexen Vermögenslagen und zu klärenden Bewertungsfragen - erst längere Zeit nach dem Erbfall erfolge. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass es aufgrund eines neuen Willensentschlusses der Erben zu einer Vermögensübertragung gekommen sei.

Praxistipp:
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen, die nunmehr beim Bundesfinanzhof unter dem Az. II R 12/21 anhängig ist. Das letzte Wort ist also noch nicht gesprochen.
gepostet: 06.10.2021
Betriebsveranstaltungen: Wichtiges Urteil zum Freibetrag von 110 Euro
Zuwendungen des Arbeitgebers an einen Arbeitnehmer und dessen Begleitperson anlässlich einer Betriebsveranstaltung bleiben bis zu 110 Euro (einschließlich Umsatzsteuer) pro Arbeitnehmer steuer- und sozialversicherungsfrei. Der Freibetrag von 110 Euro gilt für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen pro Jahr. Das Finanzgericht Köln hatte entschieden, dass die Aufwendungen des Arbeitgebers nicht einfach durch die tatsächlich anwesenden Teilnehmer dividiert werden dürfen, sondern durch alle angemeldeten Personen geteilt werden müssen. Die vergeblichen Kosten für die Arbeitnehmer, die nach ursprünglicher Anmeldung zur Betriebsfeier kurzfristig wieder absagen, dürften sich auf die Höhe des steuerpflichtigen Arbeitslohns der teilnehmenden Arbeitnehmer nicht auswirken (FG Köln, Urteil vom 27.6.2018, 3 K 870/17). Doch der Bundesfinanzhof ist anderer Auffassung und bestätigt insoweit die Auffassung der Finanzverwaltung: Die Gesamtkosten des Arbeitgebers sind zu gleichen Teilen auf die bei der Betriebsveranstaltung anwesenden und nicht auf alle angemeldeten Teilnehmer aufzuteilen (BFH-Urteil vom 29.4.2021, VI R 31/18).

Der Sachverhalt: Im Jahre 2016 plante der Arbeitgeber einen Kochkurs als Weihnachtsfeier, zu der alle Betriebsangehörigen eingeladen waren. Insgesamt 27 Arbeitnehmer sagten ihre Teilnahme zu. Da zwei Arbeitnehmer kurzfristig absagten, nahmen tatsächlich nur 25 Arbeitnehmer teil, ohne dass dies zu einer Verminderung der Veranstaltungskosten führte. Nun wurde zunächst mit dem Finanzamt und dann vor Gericht darum gestritten, ob die Kosten, die für die beiden abwesenden Mitarbeiter anfielen, steuerlich ohne Belang seien oder ob die tatsächlich anwesenden Kollegen deren Anteil sozusagen mitversteuern mussten. Der BFH sieht die "Mitversteuerung" als gerechtfertigt an. Begründung: Bei der Bewertung von Arbeitslohn anlässlich einer Betriebsveranstaltung sind alle mit dieser in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Aufwendungen des Arbeitgebers anzusetzen, ungeachtet dessen, ob sie beim Arbeitnehmer einen Vorteil begründen können. Die danach zu berücksichtigenden Aufwendungen (Gesamtkosten) des Arbeitgebers sind zu gleichen Teilen auf die bei der Betriebsveranstaltung anwesenden Teilnehmer aufzuteilen.

Praxistipp:
Arbeitgeber dürfen den steuerpflichtigen Vorteil aus einer Betriebsveranstaltung pauschal versteuern (§ 40 Abs. 2 EStG). Bitte beachten Sie im Übrigen, dass das Urteil zur neuen Rechtslage ergangen ist. Vor 2015 gab es eine Freigrenze und keinen Freibetrag. Zudem war die Grenze etwas anders ausgestaltet als der Freibetrag nach neuem Recht. Beispiel: Nach Ansicht des BFH gehören die Kosten für einen Eventmanager nicht zu den oben genannten Gesamtkosten (BFH-Urteil vom 13.5.2020, VI R 13/18). Doch auf aktuelle Fälle ist das Urteil wohl nicht anwendbar; die Kosten sind also einzubeziehen (BT-Drucks 18/3017, S. 479).
gepostet: 04.10.2021
Registrierkassen: Zahlreiche Fragen und Antworten zur Belegausgabepflicht
Mit dem so genannten Kassengesetz ist zum 1. Januar 2020 ist die Pflicht zur Ausgabe von Belegen eingeführt worden. Der Beleg kann elektronisch oder in Papierform ausgestellt werden. Das Erstellen des Belegs muss in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Geschäftsvorgang erfolgen. Nach wie vor gibt es zahlreiche Fragen zur Belegausgabepflicht, aber auch rund um den Einsatz von Registrierkassen und anderen elektronischen Aufzeichnungssystemen sowie um die "Technische Sicherheitseinrichtung (TSE)". Nun hat das Bundesfinanzministerium zu vielen Fragen Stellung bezogen. Den Fragen-Antworten-Katalog finden Sie auf den Internetseiten des BMF unter "Service" (www.bundesfinanzministerium.de). Unter anderem werden folgende Fragen beantwortet:

Frage:
Wenn jemand keine elektronische Kasse hat, zum Beispiel ein Straßenhändler, kann er dann handschriftlich eine Quittung ausstellen?
Antwort:
Der Gesetzgeber hatte sich bei der Einführung der Anforderungen an elektronische Aufzeichnungssysteme gegen eine Registrierkassenpflicht entschieden. Daher kann jeder Unternehmer auch eine offene Ladenkasse anstelle des Einsatzes eines elektronischen Aufzeichnungssystems verwenden. Eine Belegausgabepflicht besteht dann nicht.

Frage:
Welche Angaben müssen auf dem Pflichtbeleg vorhanden sein?
Antwort:
Die Pflichtangaben sind in der Kassensicherungsverordnung geregelt. Diese umfassen neben dem vollständigen Namen und der vollständigen Anschrift des leistenden Unternehmers u.a. das Datum der Belegausstellung, den Zeitpunkt des Vorgangbeginns und der Vorgangsbeendigung, die Menge und die Art der gelieferten Gegenstände bzw. den Umfang und die Art der Leistung, das Entgelt und den darauf entfallenden Steuerbetrag für die Lieferung oder Leistung in einer Summe sowie den anzuwendenden Steuersatz oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt.

Frage:
Können nur Papierbelege ausgestellt werden?
Antwort: Die Belegausgabepflicht ist bewusst technologie-neutral ausgestaltet. Es bleibt den Kasseninhabern unbenommen, Belege beispielsweise auch per Mail oder auf das Handy auszugeben.

Frage:
Müssen Verkostung/Bruch etc. künftig an der Kasse "verbucht“ werden?
Antwort: Es gibt keine gesetzliche Verpflichtung, Bestandsveränderungen über eine Kasse abzubilden. Andere Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten bleiben unberührt.

Frage:
Wie müssen Trinkgelder behandelt werden?
Antwort: Trinkgelder an den Unternehmer sind Teil des Umsatzes und somit zu erfassen. Trinkgelder an Angestellte sind unter dem Aspekt der Kassensturzfähigkeit wichtig, wenn und soweit diese nicht physisch getrennt vom betrieblichen Bargeldbestand aufbewahrt werden. Sofern Trinkgelder in den Geldbestand der Kasse aufgenommen werden, sind Aufzeichnungen hierüber mit einer technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) abzusichern.

Praxistipp:
Dies ist nur ein kleiner Auszug aus den FAQs. Wir empfehlen, diese im Zweifelsfall einzusehen. Selbstverständlich stehen auch wir Ihnen bei allen Fragen rund um die ordnungsgemäße Kassenführung und zur Belegausgabepflicht zur Verfügung. Bitte kontaktieren Sie uns auch, sofern ein Antrag auf Befreiung von der Belegausgabepflicht gestellt werden soll. Eine solche Befreiung ist in bestimmten Fällen möglich, wobei die Praxis allerdings zeigt, dass die Finanzämter mit entsprechenden Genehmigungen zurückhaltend sind.
gepostet: 02.10.2021
September 2021
Betriebsausgaben: Aktuelles BMF-Schreiben zu Bewirtungskosten
Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass sind zu 70 Prozent als Betriebsausgaben abzugsfähig. Allerdings sind für die Anerkennung der Kosten bestimme Formvorschriften zu beachten. Kürzlich hat das Bundesfinanzministerium seinen Erlass zum Abzug von Bewirtungskosten überarbeitet (BMF-Schreiben vom 30.6.2021, IV C 6-S2145/19/10003:003). Auch wenn sich nur wenig Neues findet, sollen die wichtigsten Regeln zur Geltendmachung der Aufwendungen kurz dargestellt werden:

Zum Abzug der Kosten bedarf es zunächst einer ordnungsgemäßen Rechnung der Gaststätte. Diese muss grundsätzlich maschinell erstellt und registriert sein. Aus der Rechnung müssen sich der Ort, das Ausstellungsdatum sowie der Name und die Anschrift der Gaststätte ergeben. Die in Anspruch genommenen Speisen und Getränke müssen im Einzelnen bezeichnet und mit Preisen aufgeführt sein. Die Angabe "für Speisen und Getränke" und eine Gesamtsumme reichen nicht aus. Neben dem Ausstellungsdatum der Rechnung ist auch der Tag der Bewirtung anzugeben, wobei der Hinweis "Leistungsdatum entspricht Ausstellungsdatum" ausreicht.

Bei einem Rechnungsbetrag über 250 Euro muss die Rechnung auf den Namen des Bewirtenden ausgestellt sein. Eigenbelege genügen nicht. Bei einem Rechnungsbetrag bis 250 Euro ist der Name des Bewirtenden als Rechnungsempfänger nicht erforderlich.

Ein zusätzlich gewährtes Trinkgeld kann unmittelbar in der Rechnung zusätzlich ausgewiesen werden. Wird das Trinkgeld in der Rechnung nicht ausgewiesen, kann der Nachweis zum Beispiel dadurch geführt werden, dass das Trinkgeld vom Empfänger des Trinkgeldes auf der Rechnung quittiert wird.

Neben der Gaststättenrechnung sind Angaben zur Bewirtung zu machen. Dies geschieht üblicherweise auf der Rückseite der Rechnung, die insoweit bereits als Bewirtungsbeleg ausgestaltet ist oder es ist ein zusätzlicher Eigenbeleg (Bewirtungsbeleg) zu erstellen. Dieser ist an die Gaststättenrechnung anzuheften. Auf der Rechnungsrückseite oder dem Eigenbeleg genügen Angaben zum Anlass und zu den Teilnehmern der Bewirtung. Der Bewirtungsbeleg ist zeitnah nach der Bewirtung zu erstellen und eigenhändig zu unterschreiben. Die Teilnehmer - und dazu gehört auch der Bewirtende selbst - sind einzeln mit Namen anzugeben. Der Anlass der Bewirtung ist konkret zu benennen.

Im Zeitalter der Digitalisierung werden Rechnungen auch schon einmal digital an den Kunden übermittelt und von diesem in dessen Buchführung unmittelbar digital weiterverarbeitet. Die Finanzverwaltung akzeptiert ein solches - rein digitales - Verfahren. Auch akzeptiert sie es, wenn Papierrechnungen eingescannt werden und anschließend den digitalen Weg im Rechnungswesen des Bewirtenden durchlaufen. Das gilt gleichermaßen für den Eigenbeleg, also den Bewirtungsbeleg. Allerdings sind weitere Voraussetzungen zu beachten. Unter anderem muss gewährleistet sein, dass die Angaben im Nachhinein nicht geändert werden können. Zumindest muss eine solche Änderung dokumentiert werden. Außerdem muss ein digitalisierter Eigenbeleg wiederum digital mit der Bewirtungsrechnung verknüpft werden (z.B. durch einen eindeutigen Index oder Barcode). In der Regel bedarf es bei einer digitalen Verarbeitung folglich eines Dokumentenmanagementsystems.

Praxistipp:
Elektronische Registrierkassen unterliegen besonderen Aufzeichnungs- und Sicherungspflichten, um Manipulationen zu vermeiden. Zwar verfügt das BMF, dass der Betriebsausgabenabzug des Kunden nicht gestrichen werden soll, wenn die nach der Kassensicherungsverordnung geforderten Angaben auf der Rechnung fehlen. Es gilt insoweit eine Übergangsregelung bis zum 31.12.2022. Da die neuen Sicherheitseinrichtungen beim Einsatz elektronischer Registrierkassen aber verpflichtend sind, sollten Kunden nach unserem Dafürhalten am besten schon heute darauf achten, dass die ihnen erteilten Rechnungen mit einer Transaktionsnummer und der Seriennummer des elektronischen Aufzeichnungssystems bzw. der Seriennummer des Sicherheitsmoduls, gegebenenfalls in Form eines QR-Codes, versehen worden sind. Unabhängig davon sollten Sie berücksichtigen, dass Bewirtungsaufwendungen einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufgezeichnet werden müssen.
gepostet: 30.09.2021
Sonderausgaben: Bonus einer privaten Krankenkasse gilt als Beitragserstattung
Krankenkassen bieten ihren Kunden oftmals Bonusprogramme für gesundheitsbewusstes Verhalten an und zahlen dafür Geldprämien. Bei bestimmten Bonuszahlungen der gesetzlichen Krankenkassen handelt es sich rechtlich nicht um eine Beitragsrückerstattung. Folge: Die als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge werden nicht gemindert. Fraglich war aber bislang, wie die Bonusleistung einer privaten Krankenkasse zu würdigen ist. Nun hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass Bonuszahlungen einer privaten Krankenversicherung "zur Förderung kostenbewussten Verhaltens" als Beitragserstattung zu werten sind und deshalb die abzugsfähigen Sonderausgaben mindern, wenn die Boni unabhängig davon gezahlt werden, ob dem Versicherungsnehmer finanzieller Gesundheitsaufwand entstanden ist oder nicht (BFH-Urteil vom 16.12.2020, X R 31/19).

Nach Auffassung des BFH stellen die Boni in diesem Fall keine von den Versicherungsbeiträgen unabhängigen Leistungen der Krankenversicherung dar. Sie minderten vielmehr die Beitragszahlungen. Die Leistungen seien nicht vergleichbar mit solchen Boni, die von gesetzlichen Krankenkassen nach Maßgabe von § 65a SGB V gezahlt werden können. Während es dort darum geht, Anreize für ein gesundheitsbewusstes Verhalten der Versicherten zu schaffen, ziele die Bonusregelung im Urteilsfall darauf ab, die Versicherten zu einem kostenbewussten bzw. sogar -vermeidenden Verhalten zu bewegen.
gepostet: 28.09.2021
Arbeitszimmer: Nutzung zu Bereitschaftsdiensten außerhalb der Bürozeit
Die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer werden steuerlich bis zu 1.250 Euro anerkannt, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Doch was gilt, wenn der Arbeitsplatz lediglich an wenigen Tagen im Jahr "nicht zur Verfügung steht" und dann ein Arbeitszimmer genutzt wird? Nach Ansicht des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg ist ein Abzug der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer selbst dann gerechtfertigt, wenn der Arbeitsplatz im Betrieb oder der Behörde nur an einigen Tagen tatsächlich nicht zur Verfügung steht und das Arbeitszimmer an diesen Tagen genutzt wird (Urteil vom 7.12.2020, 7 K 7097/18).

Der Sachverhalt: Einer Staatsanwältin stand für ihre Bereitschaftsdienste außerhalb der Bürozeiten kein Arbeitsplatz im Gericht zur Verfügung und so nutzte sie ihr häusliches Arbeitszimmer. Tatsächlich ging es lediglich um drei Bereitschaftsdienste außerhalb der Bürozeiten, was einen Umfang von weniger als 2 Prozent ihrer Arbeitszeit ausmachte. Die Richter akzeptierten dennoch die Arbeitszimmerkosten in Höhe von 1.250 Euro, weil für diesen Teil der Tätigkeit kein Arbeitsplatz zur Verfügung stand. Es komme weder auf den Anteil der Arbeitszeit an noch auf die Erforderlichkeit oder Notwendigkeit eines Arbeitszimmers.

Praxistipp:
In den Jahren 2020 und 2021 können Arbeitnehmer und Selbstständige, die zuhause arbeiten und deren Arbeitsplatz nicht die steuerlichen Voraussetzungen für ein Arbeitszimmer erfüllt, einen Pauschalbetrag von 5 Euro pro Tag als Werbungskosten oder Betriebsausgaben geltend machen. Maximal sind 600 Euro im Jahr absetzbar.
gepostet: 26.09.2021
Kindergeld: Anspruch auch für volljähriges Kind mit Asperger-Syndrom
Eltern erhalten das Kindergeld für ein behindertes Kind ohne Altersbegrenzung, also über das 18. Lebensjahr hinaus, wenn dieses wegen seiner Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Voraussetzung ist, dass die Behinderung bereits vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist. Früher galt eine Altersgrenze von 27 Jahren. Das Finanzgericht Hamburg hat entschieden, dass das Asperger-Syndrom erheblich mitursächlich dafür sein kann, dass das Kind außerstande ist, sich selbst zu unterhalten (Urteil vom 12.11.2020, 6 K 314/19).

Der Sachverhalt: Der Sohn der Klägerin wurde 1997 geboren. Im Jahre 2010 wurde bei dem Kind das Asperger-Syndrom diagnostiziert. Zusätzlich leidet der Sohn unter einer Aufmerksamkeitsstörung. Nachdem er die Schule mit dem Hauptschulabschluss beendet hatte, begann er verschiedene Berufsausbildungen und berufsvorbereitende Maßnahmen, die er jeweils nach kurzer Zeit abbrach. Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung ab August 2019 auf. Der Sohn der Klägerin sei zwar seit seiner Geburt behindert. Nicht nachgewiesen sei jedoch die Ursächlichkeit der Behinderung für die Unfähigkeit des Kindes, sich selbst zu unterhalten. Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Begründung: Ein behindertes Kind ist außerstande, sich selbst zu unterhalten, wenn es seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten kann. Zur Bemessung des Grundbedarfs ist an den steuerlichen Grundfreibetrag anzuknüpfen sowie gegebenenfalls an einen behinderungsbedingten Mehrbedarf. Der monatliche Verdienst des Kindes lag im Streitzeitraum bereits unterhalb des Grundfreibetrages. Indiziell für die Ursächlichkeit der Behinderung spreche der Grad der Behinderung (hier: 50) sowie die Tatsache, dass er keine - nicht behinderungsspezifische - Berufsausbildung abgeschlossen hat. Auf dem Arbeitsmarkt sei er aufgrund seiner Behinderung nur schwer vermittelbar.

Praxistipp:
Zwar muss die Behinderung vor dem 25. Lebensjahr eingetreten sein, um Kindergeld zu erhalten. Das heißt aber nicht, dass auch die Unfähigkeit zum Selbstunterhalt vor dem 25. Lebensjahr entstanden sein muss. So kann ein behindertes Kind in fortgeschrittenem Alter berücksichtigt werden, wenn sich die behinderungsbedingte Unfähigkeit zum Selbstunterhalt erst später herausstellt.
gepostet: 24.09.2021
Falschberatung bei Vermittlung von ETW: Schadensersatz ist kein Zinsertrag
Manchen Bürgern sind in der Vergangenheit Eigentumswohnungen mitsamt Finanzierung vermittelt worden, bei den sich bereits kurz nach Vertragsabschluss herausgestellt hat, dass die Kaufpreise für die Wohnungen vollkommen überhöht waren. Zuweilen wird auch von der Vermittlung von Schrottimmobilien gesprochen. Immerhin gelingt es einigen Eigentümern, im Rahmen von zivilrechtlichen Streitigkeiten einen Schadensersatz zu erhalten. Und dabei wiederum werden mitunter auch "Zinsnachteile" ausgeglichen, weil die Betroffenen ihr Geld nicht anderweitig anlegen konnten. Die Finanzverwaltung sieht in diesen Zahlungen üblicherweise steuerpflichtige Entgelte. Dies gelte auch dann, wenn die Zahlung ohne eine rechtliche Verpflichtung erfolgt und im Übrigen auch bei Entschädigungszahlungen für künftig zu erwartende Schäden.

Kürzlich hat das Finanzgericht Münster aber entschieden, dass Schadensersatzzahlungen in Bezug auf entgangene Zinserträge nicht immer steuerpflichtig sind (Urteil vom 15.12.2020, 2 K 2866/18 E). Der Sachverhalt: Der Kläger erwarb eine Eigentumswohnung, die ihm von einer AG vermittelt worden war. Diese übernahm auch die Finanzierung über ein Vorausdarlehen, zwei Bausparverträge und ein Bauspardarlehen. Das Vorausdarlehen und das Bauspardarlehen löste der Kläger vollständig ab. Wegen vermeintlicher Falschberatung führte der Kläger gegen die AG einen Zivilprozess, der durch einen Vergleich beendet wurde, wonach die AG das Objekt verwerten lassen und dem Kläger einen Verlustausgleich zahlen sollte. Dieser umfasste auch entgangene Zinserträge aus der Verzinsung des Bausparguthabens und der Sondertilgungen. Das Finanzamt erfasste den Betrag von immerhin 33.000 Euro als Entschädigung für entgangene Zinseinnahmen des Klägers und damit als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg.

Die Begründung des Gerichts: Die Zahlung der AG aufgrund des Vergleichs stelle kein Entgelt für die Überlassung von Kapitalvermögen zur Nutzung und auch keine Rückzahlung von Kapitalvermögen dar. Allein die Bezeichnung als "Zinsen“ im gerichtlichen Vergleich sei für die steuerrechtliche Einordnung unerheblich. Es handele sich nicht um Wertersatz für von der AG gezogene Nutzungsvorteile, da der Kläger im gerichtlichen Verfahren nicht die Rückabwicklung der Darlehensverträge beantragt habe. Vielmehr sei die Zahlung als Schadensersatz aufgrund der Falschberatung zu qualifizieren.
gepostet: 22.09.2021
Garantieleistungen: Eigengarantien von Händlern – BMF ändert seine Auffassung
Viele Händler, insbesondere im Bereich des Kfz-Handels, geben beim Verkauf von Waren über die gesetzliche Gewährleistung hinaus eine zusätzliche Garantie ab, die dem Kunden gegenüber auch besonders berechnet wird. Die dabei vorkommenden Vertragsmodelle sind zugegebenermaßen sehr vielschichtig. Zumeist wird nur eine Versicherung vermittelt, das heißt, der Vertragsabschluss erfolgt zwischen dem Kunden und der Versicherung und der Händler erhält nur eine Provision. Oftmals geben Händler die Garantie aber auch selbst ab und sagen zu, etwa ein Kfz im Garantiefall auf eigene Kosten zu reparieren oder geben dem Kunden die Möglichkeit, das Kfz in einer Werkstatt eines bestimmten Netzwerkes reparieren lassen zu können. Auch gibt es Garantiezusagen, die dem Kunden im Garantiefall ein Wahlrecht zwischen einer Reparatur durch den Händler oder einer Geldleistung eines Versicherungsunternehmens ("Reparaturkostenersatz") einräumen.

In den beiden letztgenannten Fällen, also nicht der bloßen Vermittlung einer Versicherung, ergeben sich zum 1. Januar 2022 enorme steuerliche Änderungen. Das Bundesfinanzministerium sieht das Entgelt, das auf die Garantie entfällt, als umsatzsteuerfrei, aber versicherungsteuerpflichtig an (BMF-Schreiben vom 11.5.2021 und vom 18.6.2021, III C 3 - S 7163/19/10001 :001). Händler werden damit - trotz einer eventuellen Rückversicherung bei einer Versicherungsgesellschaft - zu Versicherern im Sinne des Versicherungsteuergesetzes und müssen entsprechende Pflichten beachten. Zudem wird ihnen aus den Eingangsleistungen, die für die Ausführung der Garantiereparaturen bezogen werden, der Vorsteuerabzug versagt, denn die entsprechenden Garantiereparaturen stehen im Zusammenhang mit umsatzsteuerfreien Umsätzen. In der Praxis führt dies dazu, dass aus Ersatzteilen, aber auch anteilig aus Verbrauchsmaterialien und Gerätekosten, kein Vorsteuerabzug zulässig ist.

Praxistipp:
Das aktuelle Schreiben des BMF steht im Einklang mit einem Urteil des Bundesfinanzhofs und ist keine eigenmächtige Entscheidung der Finanzverwaltung. Selbstverständlich stehen wir Ihnen für Fragen zu der Thematik, die hier nur kurz dargestellt werden konnte, zur Verfügung. Betroffene Händler sollten aber auch gegebenenfalls Rücksprache mit den jeweiligen Garantiedienstleistern und Rückversicherern halten, um zu prüfen, ob diese ihre Verträge aufgrund der neuen Auffassung anpassen und sich dadurch mitunter eine andere rechtliche Beurteilung ergibt.
gepostet: 20.09.2021
Rentenbesteuerung: Beschwerden beim Bundesverfassungsgericht eingereicht
Der Bundesfinanzhof hat kürzlich entschieden, dass die derzeitige Besteuerung von Renten im Grundsatz verfassungskonform ist. Eine doppelte Besteuerung zeichne sich erst für spätere Rentnerjahrgänge ab. Zwar könne es im Einzelfall auch heute schon zu einer doppelten Besteuerung von Renten kommen, doch die vom BFH festgelegten Berechnungsparameter sind so streng, dass nur wenige Fälle betroffen sind. So blieben auch die entsprechenden Klagen vor dem BFH erfolgslos (BFH-Urteile vom 19.5.2021, X R 33/19 und X R 20/21). Nun haben die unterlegenen Kläger Verfassungsbeschwerde eingelegt. Einer der beiden Kläger erhält insoweit Unterstützung vom Bund der Steuerzahler. Die Beschwerden werden unter den Az. 2 BvR 1143/21 und 2 BvR 1140/21 geführt.

Praxistipp:
Das Bundesverfassungsgericht prüft derzeit, ob es die Beschwerden annimmt. Die Finanzverwaltung erörtert ihrerseits, wie sie auf die Verfassungsbeschwerden reagiert, das heißt, ob sie Einsprüche nun doch ohne größere Begründung ruhen lässt oder ob betroffene Steuerbescheide vorläufig ergehen. Allgemein wird damit gerechnet, dass maßgebende Steuerbescheide bald vorläufig ergehen werden.
gepostet: 18.09.2021
Schenkungsteuer: Erwerb vom biologischen, aber nicht auch rechtlichem Vater
Für die Höhe der Erbschaft- und Schenkungsteuer sind drei Faktoren von besonderer Bedeutung: die Höhe des Erwerbs, die maßgebende Steuerklasse und der zu gewährende Freibetrag. Schenkt ein Vater seinem Kind etwas, gilt die Steuerklasse I und es wird ein Freibetrag von 400.000 Euro gewährt - so der Grundsatz. Allerdings ist der "rechtliche" Vater nicht immer zugleich der "biologische" Vater. Der Bundesfinanzhof ist insoweit der Auffassung, dass in steuerlicher Hinsicht nur Geschenke oder ein Erbe des "rechtlichen" Vaters besonders förderungswürdig sind. Sprich: Nur hier wird der Freibetrag von 400.000 Euro gewährt. Bei einem Erbe oder einer Schenkung des biologischen Vaters, der nicht zugleich der rechtliche Vater ist, findet folglich nicht die für Kinder günstige Steuerklasse I Anwendung, sondern es wird nach der Steuerklasse III besteuert. Mithin wird nur ein Freibetrag von 20.000 Euro gewährt (BFH-Urteil vom 5.12.2019, II R 5/17). Aktuell ist aber darauf hinzuweisen, dass in der Sache nunmehr die Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht unter dem Az. 1 BvR 1880/20 anhängig ist.
gepostet: 16.09.2021
Sonderausgaben: Mitgliedsbeitrag an Musikverein kann abziehbar sein
Zuwendungen an Vereine, die besonders förderungswürdige Zwecke verfolgen, sind als Sonderausgaben abziehbar. Doch das Steuerrecht trennt zwischen Spenden und Mitgliedsbeiträgen. Bei Zuwendungen an bestimmte Vereine sind sowohl Spenden als auch Mitgliedsbeiträge abzugsfähig. Bei anderen wiederum sind nur die reinen Spenden und eben nicht die Mitgliedsbeiträge zu berücksichtigen. Nicht absetzbar sind Mitgliedsbeiträge an Vereine, deren Tätigkeit in erster Linie der Freizeitgestaltung dient. Soeben hat das Finanzgericht Köln aber entschieden, dass gemeinnützige Musikvereine, die nicht nur untergeordnet ausbilden, auch für gezahlte Mitgliedsbeiträge Spendenbescheinigungen ausstellen dürfen und der Spender dafür eine Steuerermäßigung erhält (Urteil vom 25.2.2021, 10 K 1622/18).

Der Sachverhalt: Ein gemeinnütziger Musikverein unterhält neben seinem Orchesterbetrieb eine Bläserklasse an einer Schule und ein Nachwuchsorchester zur musikalischen Jugendarbeit. Der Verein bildet Musiker im Bereich der Blasmusik und des Dirigats aus. Mitglieder des Vereins sind überwiegend Freizeitmusiker sowie vereinzelt Musikstudenten und Berufsmusiker. Zudem gibt es inaktive Fördermitglieder, die nicht am Musikbetrieb teilnehmen. Das Finanzamt untersagte dem Verein, Spendenbescheinigungen über die Mitgliedsbeiträge auszustellen. Die Vereinstätigkeit diene auch der Freizeitgestaltung der Mitglieder. Dies schließe den Spendenabzug für Mitgliedsbeiträge aus. Die hiergegen gerichtete Klage hatte aber Erfolg. Allerdings ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Es liegt die Revision beim Bundesfinanzhof unter dem Az. X R 7/21 vor.
gepostet: 14.09.2021
Umsatzsteuer: Aktuelles zur Selbständigkeit von Aufsichtsratsmitgliedern
Trägt das Mitglied eines Aufsichtsrats aufgrund einer nicht variablen Festvergütung kein Vergütungsrisiko, ist es nicht als Unternehmer tätig. So hat der Bundesfinanzhof entgegen der früheren Auffassung mit Urteil vom 27.11.2019 (V R 23/19 / V R 62/17) entschieden. Er begründet dies mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Nachdem zwischenzeitlich mehrere Finanzgerichte zu Einzelfragen dieser umsatzsteuerlichen Thematik geurteilt haben, hat nunmehr das Bundesfinanzministerium Stellung bezogen (BMF-Schreiben vom 8.7.2021, III C 2 - S 7104/19/10001 :003).

Danach gilt unter anderem:

Trägt das Mitglied eines Aufsichtsrats aufgrund einer nicht variablen Festvergütung kein Vergütungsrisiko, ist es nicht selbständig tätig; insoweit entsteht also keine Umsatzsteuer. Die Vergütung kann sowohl in Geldzahlungen als auch in Sachzuwendungen bestehen. Eine Festvergütung in diesem Sinne liegt insbesondere im Fall einer pauschalen Aufwandsentschädigung vor, die für die Dauer der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat gezahlt wird. Sitzungsgelder, die das Mitglied des Aufsichtsrats nur erhält, wenn es tatsächlich an der Sitzung teilnimmt, sowie nach dem tatsächlichen Aufwand bemessene Aufwandsentschädigungen sind keine Festvergütung in diesem Sinne.

Besteht die Vergütung des Aufsichtsratsmitglieds sowohl aus festen als auch variablen Bestandteilen, ist es grundsätzlich selbständig tätig, wenn die variablen Bestandteile im Kalenderjahr mindestens zehn Prozent der gesamten Vergütung, einschließlich erhaltener Aufwandsentschädigungen, betragen. Reisekostenerstattungen sind keine Vergütungsbestandteile und demzufolge bei der Ermittlung der Zehn-Prozent-Grenze nicht zu berücksichtigen. Das Gesagte ist für jedes Mandat eines Aufsichtsrates separat zu prüfen. Ausnahmen von der Zehn-Prozent-Grenze sind in begründeten Fällen möglich.

Bei Beamten und anderen Bediensteten einer Gebietskörperschaft, die die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied auf Verlangen, Vorschlag oder Veranlassung ihres Arbeitgebers oder Dienstherren übernommen haben und nach beamten- oder dienstrechtlichen Vorschriften verpflichtet sind, die Vergütung bis auf einen festgelegten Betrag an den Arbeitgeber bzw. Dienstherren abzuführen, ist es bei einem bestehenden Vergütungsrisiko nicht zu beanstanden, wenn diese allein auf Grund dieser Tätigkeit ebenfalls als nicht selbständig tätig behandelt werden.

Praxistipp:
Die Regelungen des BMF-Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Zur Vermeidung von Übergangsschwierigkeiten wird es nicht beanstandet, wenn die bisher geltenden Regelungen auf Leistungen angewendet werden, die bis einschließlich 31.12.2021 ausgeführt worden sind. Das heißt, dass ein Aufsichtsratsmitglied seine Tätigkeit entsprechend der früheren Bestimmung der Finanzverwaltung selbständig, also als Unternehmer, ausübt bzw. ausüben kann. Die Ausführungen gelten sicherlich gleichermaßen für Tätigkeiten, die mit denen eines Aufsichtsratsmitglieds vergleichbar sind, zum Beispiel für die Tätigkeit von Verwaltungsratsmitgliedern berufsständischer Versorgungswerke oder Vorstandsmitglieder einer öffentlich-rechtlich organisierten Berufskammer.
gepostet: 12.09.2021
Kindergeld: Anspruch trotz Auslandsstudiums des Kindes?
Eltern, deren Kinder studieren, erhalten für diese grundsätzlich Kindergeld bis zum 25. Lebensjahr. Ein Anspruch auf Kindergeld besteht auch, wenn ein Kind im EU-Ausland oder in einem Staat des europäischen Wirtschaftsraums (EWR) studiert. Zum EWR gehören neben den EU-Staaten auch Norwegen, Island und Liechtenstein. Studiert ein Kind aber in einem Land außerhalb des EU- und EWR-Raums, steht den Eltern das Kindergeld grundsätzlich nur zu, wenn das Kind seinen Wohnsitz in Deutschland beibehält. Diesbezüglich hat das Niedersächsische Finanzgericht entschieden, das ein Kind seinen Wohnsitz im Elternhaus aufgibt, wenn das Auslandsstudium, das zunächst nur für ein Jahr geplant war, nach Ablauf des ersten Studienjahres verlängert wird. Zumindest gilt dies dann, wenn das Kind seine ausbildungsfreien Zeiten nicht überwiegend in der Heimat verbringt. Für das erste Jahr dürfte die Kindergeldberechtigung aber üblicherweise noch bestehen bleiben (Urteil vom 7.1.2020, 5 K 168/17).

Der Sachverhalt: Die Tochter der Klägerin wollte zunächst nur für ein Jahr in Australien studieren, hat sich dann aber kurzfristig entschlossen, ihren Studienaufenthalt im Ausland um zwei weitere Jahre zu verlängern. Nach Auffassung der Finanzrichter steht der Mutter das Kindergeld noch für das Erstjahr zu, danach jedoch nicht mehr, zumal die Tochter während der Studienzeit nur kurz in Deutschland zu Besuch war.

Begründung: Bei einem auf mehr als ein Jahr angelegten Auslandsaufenthalt reicht ein nur gelegentliches, kurzes Verweilen zu Urlaubs-, Besuchs- oder familiären Zwecken nicht aus, um weiter einen inländischen Wohnsitz anzunehmen. Erforderlich wäre vielmehr, dass die ausbildungsfreien Zeiten zumindest überwiegend im Inland verbracht werden und es sich um Inlandsaufenthalte handelt, die Rückschlüsse auf ein zwischenzeitliches Wohnen zulassen. Regelmäßig nicht ausreichend sind bei mehrjährigen Auslandsaufenthalten nur kurze, üblicherweise durch die Eltern-Kind-Beziehungen begründete Besuche von zwei oder drei Wochen pro Jahr. Für einen einjährigen Auslandsaufenthalt kann jedoch etwas anderes gelten. Ist ein Auslandsaufenthalt lediglich für ein Jahr geplant, geht dadurch die Bindung an den Wohnsitz im Haushalt der Eltern nicht verloren. Ein solches Verhalten, das heißt eine mehrmonatige "Ablösung " vom elterlichen Haushalt, entspricht dem natürlichen Verhalten erwachsen werdender Kinder.

Praxistipp:
Eltern sollten zum Beispiel Flugtickets der Kinder aufbewahren, um nachweisen zu können, dass diese während ihres Studiums tatsächlich längere Zeit in Deutschland waren.
gepostet: 10.09.2021
Einladungen an Privatkunden: Liegen steuerpflichtige Sachleistungen vor?
Privatkunden von Banken werden gelegentlich zu besonderen "Events" eingeladen, etwa zu einer Weinprobe oder einem Golfturnier. Für die Bank steht der Werbecharakter im Vordergrund, das heißt, aufgrund der besonderen Atmosphäre soll den Privatkundenberatern die Möglichkeit gegeben werden, ihre Kunden näher kennenzulernen. Die Finanzverwaltung ist der Auffassung, dass den Kunden insoweit steuerpflichtige Einnahmen zufließen, die zu Einkünften aus Kapitalvermögen führen. Die Bank habe aber die Möglichkeit der Pauschalversteuerung nach § 37b EStG; sie kann also die Steuer für ihre Kunden übernehmen.

Dem widerspricht nun das Finanzgericht Baden-Württemberg: Wendet ein Kreditinstitut Privatkunden Sachleistungen zu Werbezwecken zu, liegen keine Einkünfte der Kunden vor und folglich ist auch keine pauschale Einkommensteuer nach § 37b EStG an das Finanzamt abzuführen (Urteil vom 19.4.2021,10 K 577/21). Der Sachverhalt: Ein Kreditinstitut lud Privatkunden zu einer Weinprobe und einem Golfturnier ein. In ihrer Einladung wies die Bank weder auf eine bestimmte Geldanlage oder mögliche Beratungsgespräche noch auf die Übernahme der pauschalen Einkommen-steuer hin. Zu den eingeladenen Gästen unterhielt sie Geschäftsbeziehungen. Diese betrafen zum Beispiel Giro- oder Sparkonten, Festgelder, Wertpapierdepots und Darlehen. Die Bank unterwarf die Sachzuwendungen zunächst der Pauschalbesteuerung. Nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung machte sie aber geltend, für "reine Werbemaßnahmen ohne konkrete Produktwerbung“ an Privatkunden sei keine Steuer, auch keine Pauschalsteuer nach § 37b EStG, abzuführen. Die Finanzrichter teilen diese Auffassung.

Begründung: Die von der Bank gewährten Sachzuwendungen seien nicht durch die Einkunftsart "Einkünfte aus Kapitalvermögen" veranlasst. Vielmehr handele es sich um Werbemaßnahmen im überwiegend betrieblichen Eigeninteresse. Ihren Kundenberatern sollte Gelegenheit gegeben werden, die Kunden bei den Veranstaltungen persönlich näher kennenzulernen. Die Veranstaltungen dienten als Türöffner für spätere Beratungsgespräche. Beim Golfturnier sei auch für Produkte (z.B. Investmentfonds) einer anderen Bank geworben worden. Wenn die Sachleistungen von vornherein keiner Einkunftsart zugeordnet werden könnten, müsse auch keine Besteuerung erfolgen. Darüber hinaus lägen aber auch keine Geschenke vor, die nach § 37b EStG zu versteuern wären. Ein steuerpflichtiges Geschenk könne allenfalls bei einem Bezug zu einer konkreten Kapitalanlage vorliegen. Die Bank habe aber glaubhaft ausgeführt, dass zum Zeitpunkt der Gewährung der Sachzuwendungen keine konkrete Kapitalanlage ins Auge gefasst worden sei.

Praxistipp:
Gegen das Urteil liegt die Revision beim Bundesfinanzhof (Az. VI R 10/21) vor. Es wird spannend sein, wie dieser entscheidet. Um Missverständnisse zu vermeiden: In dem Urteilsfall ging es um Privatkunden. Ob die Entscheidung auf Leistungen an Unternehmenskunden übertragbar ist, ist fraglich.
gepostet: 09.09.2021
Umsatzsteuer: Ein Hobby kann umsatzsteuerpflichtig sein
Wer einem reinen Hobby nachgeht, ist schnell geneigt zu glauben, dass insoweit keine oder nur geringe steuerliche Pflichten bestehen. Doch das ist oftmals ein Trugschluss. So hat das Finanzgericht Münster jüngst entschieden, dass die Hundezucht eine wirtschaftliche Tätigkeit sein kann, so dass Züchter als Unternehmer mit ihren Erlösen der Umsatzsteuerpflicht unterliegen. Tatsächlich wird auch Umsatzsteuer erhoben, wenn die Erlöse aus dem Verkauf der Hunde die Kleinunternehmergrenze von 22.000 Euro pro Jahr überschreiten. Dabei kommt es nicht darauf an, ob auch ein Gewinn erwirtschaftet wird (Urteil vom 25.3.2021, 5 K 3037/19 U).

Sachverhalt: Die Klägerin züchtet in ihrem Privathaus Hunde einer bestimmten Rasse, die sie unter anderem auf ihrer Homepage zum Verkauf anbietet. Sie ist Mitglied des Verbandes Deutscher Hundezüchter, der unter dem Deutschen Dachverband des Hundewesens organisiert ist. Hierdurch hat die Klägerin gewisse Regularien für die Zucht zu beachten, während nicht in diesem Verband organisierte Züchter deutlich weniger strengen Regeln unterworfen sind. Da die Klägerin in den Streitjahren durch die Hundeverkäufe Erlöse oberhalb der Kleinunternehmergrenze erzielte, setzte das Finanzamt hierauf Umsatzsteuer fest. Hiergegen wandte die Klägerin ein, dass die Hundezucht ertragsteuerlich Liebhaberei darstelle. Aufgrund der strengen Regularien des Verbands entstünden derart hohe Kosten, dass eine wirtschaftliche Betätigung als Züchterin nicht möglich sei. Dennoch blieb die Klage gegen die Steuerfestsetzung ohne Erfolg. Begründung: Wie erfolgreich oder wie ertragreich ein Handeln in finanzieller Hinsicht ist, ist für die Frage der - umsatzsteuerlichen - Unternehmereigenschaft nicht entscheidend. Eine unternehmerische Tätigkeit ist zwar von der bloßen privaten Vermögensverwaltung abzugrenzen. Die Grenze zur privaten Vermögensverwaltung ist aber überschritten, wenn der Züchter besondere Vertriebsmaßnahmen ergreift, also zum Beispiel einen Internetauftritt hat.

Praxistipp:
Die Klägerin hat gegen das Urteil Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, die beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen XI B 33/21 anhängig ist. Bislang ist noch nicht bekannt, ob der BFH die Revision tatsächlich zugelassen hat. Hundezüchter sollten ungeachtet des Ausgangs des BFH-Verfahrens Beweisvorsorge betreiben, das heißt einerseits die Veräußerungserlöse, andererseits aber auch die Ausgaben (Futter, Tierarztkosten, Medikamente usw.) genau notieren, um Vorsteuer gegenrechnen zu können.
gepostet: 07.09.2021
Stellplätze und Garagen: Keine Umsatzsteuer bei Vermietung an Wohnungsmieter
Die Vermietung von Kfz-Stellplätzen ist zwar vom Grundsatz her umsatzsteuerpflichtig. Allerdings sieht das Umsatzsteuergesetz für die meisten Fälle dann doch eine Steuerbefreiung vor - nämlich dann, wenn die Überlassung des Stellplatzes eine reine Nebenleistung zur Vermietung einer Wohnung darstellt. Vereinfacht ausgedrückt: Die Vermietung einer Wohnung plus eines Stellplatzes an den gleichen Mieter führt insgesamt zu einer steuerfreien Leistung. Die Überlassung des Stellplatzes ist eine reine Nebenleistung zur Hauptleistung "Wohnungsvermietung" und teilt steuerlich deren Schicksal.

Nun haben sich die Lebensverhältnisse in den vergangenen Jahren aber geändert. Zahlreiche Bürger, gerade in Großstädten, verzichten auf ein Kfz und benötigen daher keinen Stellplatz. Vielmehr werden private Stellplätze im Innenstadtbereich zunehmend an Pendler vermietet, auch wenn die Stellplätze eigentlich einer Wohnung "zuzuordnen" wären. Das bedeutet: Es hat sich ein eigener Markt für die Vermietung privater Stellplätze entwickelt und die Nutzung der Stellplätze erfolgt nicht mehr automatisch durch die Wohnungsmieter. So betrachtete es auch das Thüringer Finanzgericht, so dass in der Stellplatzvermietung nicht unbedingt eine reine Nebenleistung zu sehen wäre (Urteil vom 27.6.2019, 3 K 246/19). Allerdings konnte sich der Bundesfinanzhof dem nicht anschließen und belässt es bei der eingangs erwähnten Rechtslage (BFH-Urteil vom 10.12.2020, V R 41/19).

Nach Ansicht des BFH gilt: Die Vermietung von Stellplätzen ist wie die Wohnungsvermietung umsatzsteuerfrei, wenn sie mit dieser eng verbunden ist. Das ist der Fall, wenn die Mietflächen Teil eines einheitlichen Gebäudekomplexes sind und von ein und demselben Vermieter an ein und denselben Mieter überlassen werden. Es kommt nicht darauf an, dass die Wohnungsnutzung auch ohne Stellplatzanmietung möglich ist. Außerdem spricht es nicht gegen das Vorliegen einer Nebenleistung zu einer Hauptleistung, dass Neben- und Hauptleistung auf unterschiedlichen Märkten erbracht werden können. Die Parkplatzsituation im jeweiligen Mietgebiet ist dabei ebenso unerheblich wie das Interesse an einer bloßen Parkplatzanmietung oder -vermietung.

Praxistipp:
Eine Nebenleistung liegt nicht vor, wenn der Mieter der Wohnung und der Mieter des Stellplatzes verschiedene Personen sind. Das bedeutet: Die Umsatzsteuerfreiheit gilt nur, wenn Wohnungs- und Stellplatzmieter identisch sind. Mietet also zum Beispiel die Tochter der Mieter einen Kfz-Stellplatz an, obwohl sie mit ihren Eltern noch zusammenwohnt, wäre die Vermietung des Stellplatzes vom Grunde her umsatzsteuerpflichtig.
gepostet: 05.09.2021
Dienstwagen: Zuzahlungen können auf Nutzungsdauer zu verteilen sein
Die private Nutzung eines Dienst- bzw. Firmenwagens ist nach der so genannten Ein-Prozent-Regelung zu ermitteln, sofern der Arbeitnehmer kein Fahrtenbuch führt. Bereits seit einiger Zeit ist anerkannt, dass Zuzahlungen des Arbeitnehmers zu den Anschaffungskosten des Kfz den zu versteuernden geldwerten Vorteil mindern. Nach Auffassung der Finanzverwaltung erfolgt die Anrechnung zunächst im Jahr der Zahlung. Falls die Zuzahlung höher ist als der Nutzungswert, kann der übersteigende Betrag im folgenden Jahr und gegebenenfalls in nachfolgenden Jahren auf den steuerpflichtigen Nutzungswert angerechnet werden.

Doch der Bundesfinanzhof beurteilt dies zumindest in bestimmten Fällen anders: Eine einmalige Zuzahlung zu den Anschaffungskosten eines Firmenwagens ist - statt im Jahr der Zuzahlung und gegebenenfalls im Folgejahr - ratierlich auf eine vereinbarte Nutzungsdauer zu verteilen. So mindert sich der geldwerte Vorteil nicht sofort in einer Summe, sondern jeweils anteilig über die gesamte Nutzungsdauer des Kfz. Voraussetzung hierfür ist eine Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zur voraussichtlichen Nutzungsdauer des Fahrzeugs und zur Verteilung der Zuzahlung (BFH-Beschluss vom 16.12.2020, VI R 19/18). In vielen Fällen werden die unterschiedlichen Auffassungen zwischen BFH und Finanzverwaltung zwar nicht zu nennenswerten steuerlichen Auswirkungen führen. Im Einzelfall kann die Rechtsprechung aber durchaus vorteilhaft sein, etwa wenn der Arbeitslohn und mit ihm der persönliche Steuersatz in den Folgejahren steigen und der geldwerte Vorteil daher - auch - in diesen Jahren gemindert werden soll.
gepostet: 03.09.2021
Umsatzsteuer: Null-Prozent-Finanzierung mindert maßgebendes Entgelt nicht
Beim Verkauf von Waren werden den Kunden häufig so genannte Null-Prozent-Finanzierungen unter Einschaltung eines Kreditinstituts angeboten. Dabei stellen die Händler den Kunden zwar Rechnungen über den vollen Kaufpreis aus, erhalten von der finanzierenden Bank aber selbst nur einen Betrag, der um einen gewissen Einbehalt (Subvention, Gebühr o.Ä.) gemindert worden ist.

Nun hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage aus dem Warenverkauf nicht um Entgelte gemindert werden darf, die das finanzierende Kreditinstitut bei der Auszahlung des Kaufpreises an den Händler einbehält. Dies gilt auch dann, wenn der Unternehmer in der Rechnung gegenüber dem Kunden angibt, er gewähre ihm einen Nachlass in Höhe der Zinsen. Es muss also der volle Kaufpreis, der dem Kunden in Rechnung gestellt wird, der Umsatzsteuer unterworfen werden bzw. aus diesem die Umsatzsteuer ermittelt werden (BFH-Urteil vom 24.2.2021, XI R 15/19).

Der Einbehalt eines Entgelts oder einer Gebühr durch die Bank habe seinen Rechtsgrund nicht im Rechtsverhältnis zwischen dem Veräußerer und dem Kunden, sondern im Rechtsverhältnis zwischen dem Veräußerer und der Bank. Jenes gesondert zu betrachtende Leistungsverhältnis kann die Bemessungsgrundlage für die Lieferung an den Kunden nicht berühren. Der Umstand, dass bzw. ob ein gesonderter Preis für die Finanzierungsdienstleistung im Vertragsdokument einzeln bezeichnet und in der Rechnung an einen Kunden gesondert ausgewiesen wird, ist nicht ausschlaggebend.

Praxistipp:
Der Europäische Gerichtshof hatte mit Urteil vom 15.5.2001 (Rs. C-34/99) in ähnlicher Weise entschieden. Der Unterschied zwischen den beiden Sachverhalten liegt allerdings darin, dass im aktuellen Fall den Kunden der "Nachlass" durchaus mitgeteilt wird. Im EuGH-Fall waren die Abmachungen, die Verkäufer und Bank getroffen haben, den Käufern nicht bekannt. Doch der BFH räumt diesem Unterschied keine wesentliche Bedeutung bei. Letztlich stellt der BFH nur auf die Geschäftsbeziehungen zwischen dem Verkäufer und seinen Kunden ab und betrachtet nicht das gesamte "Geschäft" unter Einschaltung der Bank.
gepostet: 01.09.2021
August 2021
PV-Anlagen: Verzicht auf Einnahmen-Überschussrechnung für kleine Anlagen
Der Betrieb einer Photovoltaikanlage führt steuerlich grundsätzlich zu Einkünften aus Gewerbebetrieb. Zur Gewinnermittlung ist üblicherweise eine Einnahmen-Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG zu erstellen und mitsamt der Einkommensteuererklärung digital an die Finanzverwaltung zu übermitteln. Neben der Einkommensteuererklärung sind zumeist auch eine Umsatzsteuer- und gegebenenfalls eine Gewerbesteuererklärung zu erstellen. Für kleine PV-Anlagen gibt es bereits seit 2019 immerhin eine Vereinfachung: Anlagen mit einer installierten Leistung bis zu 10 kW sind seit 2019 von der Gewerbesteuer und folglich von der IHK-Pflichtmitgliedschaft befreit.

Nun hat das Bundesfinanzministerium eine weitere Vereinfachung für kleine PV-Anlagen verfügt: Für den Betrieb bestimmter PV-Anlagen kann auf die Erstellung und Abgabe einer Einnahmen-Überschussrechnung verzichtet werden. Im Gegenzug dürfen allerdings keine Verluste steuerlich abgezogen werden. Der Antrag wirkt auch für die Folgejahre. Das Gesagte gilt im Übrigen gleichermaßen für den Betrieb kleiner Blockheizkraftwerke (BMF-Schreiben vom 2.6.2021, V C 6 - S 2240/19/10006 :006).

Im Einzelnen:
- Die Vereinfachungsregelung gilt für PV-Anlagen mit einer installierten Leistung von bis zu 10 kW, die auf zu eigenen Wohnzwecken genutzten oder unentgeltlich überlassenen Ein- und Zweifamilienhäusern einschließlich Außenanlagen (z.B. Garagen) installiert sind und nach dem 31. Dezember 2003 in Betrieb genommen wurden.
- Bei der Prüfung, ob es sich um ein zu eigenen Wohnzwecken genutztes Ein- und Zweifamilienhaus handelt, ist ein eventuell vorhandenes häusliches Arbeitszimmer unbeachtlich. Gleiches gilt für Räume (z.B. Gästezimmer), die nur gelegentlich entgeltlich vermietet werden, wenn die Einnahmen hieraus 520 Euro im Veranlagungszeitraum nicht überschreiten (vgl. R 21.2 Absatz 1 Satz 2 EStR).
- Die Regelung gilt zudem für Blockheizkraftwerke mit einer installierten Leistung von bis zu 2,5 kW, wenn die obigen Voraussetzungen ("Ein- und Zweifamilienhäuser") erfüllt sind.
- Bei den aufgeführten PV-Anlagen und vergleichbaren Blockheizkraftwerken ist auf schriftlichen Antrag des Steuerbürgers aus Vereinfachungsgründen ohne weitere Prüfung in allen offenen Veranlagungszeiträumen zu unterstellen, dass diese nicht mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden. Bei ihnen liegt grundsätzlich eine steuerlich unbeachtliche Liebhaberei vor. Der Antrag wirkt auch für die Folgejahre.
- Für Veranlagungszeiträume, in denen die obigen Voraussetzungen nicht vorliegen (z.B. bei Nutzungsänderung, Vergrößerung der Anlage über die genannte Leistung), ist die Vereinfachungsregelung unabhängig von der Erklärung der steuerpflichtigen Person nicht anzuwenden. Sie hat den Wegfall der oben genannten Voraussetzungen dem zuständigen Finanzamt schriftlich mitzuteilen.
- Veranlagte Gewinne und Verluste (z.B. bei unter dem Vorbehalt der Nachprüfung oder vorläufig durchgeführten Veranlagungen) aus zurückliegenden Veranlagungszeiträumen, die verfahrensrechtlich einer Änderung noch zugänglich sind (z.B. bei unter dem Vorbehalt der Nachprüfung oder vorläufig durchgeführten Veranlagungen), sind nicht mehr zu berücksichtigen. In diesen Fällen ist dann eine Anlage EÜR für den Betrieb der PV-Anlage/des Blockheizkraftwerks für alle offenen Veranlagungszeiträume nicht mehr abzugeben.

Praxistipp:
Der Antrag ist nicht verpflichtend. Den Betreibern bleibt es unbenommen, eine Einnahmen-Überschussrechnung zu erstellen und beim Finanzamt einzureichen. Sie können ihre Verluste also geltend machen, um diese mit anderen Einkünften zu verrechnen Das Bundesfinanzministerium weist in seinem Schreiben aber darauf hin, dass die Finanzämter in diesem Fall angehalten sind, eine Gewinnerzielungsabsicht zu prüfen. Das heißt: Gegebenenfalls könnten sie eine Totalüberschussprognose verlangen.
gepostet: 31.08.2021
Bargeldgeschäfte: Merkblatt zur ordnungsgemäßen Kassenführung
In den vergangenen Jahren sind die Anforderungen an die ordnungsgemäße Kassen(buch)führung zunehmend verschärft worden. Kürzlich hat die Oberfinanzdirektion Karlsruhe insoweit ein Merkblatt mit dem Titel "Informationen zum Thema Ordnungsmäßigkeit der Kassenbuchführung" veröffentlicht (Stand 3.5.2021). Die Oberfinanzdirektion stellt zum einen die Grundsätze für den Einsatz elektronischer Registrierkassen dar, weist zum anderen aber auch darauf hin, dass es nach wie vor zulässig ist, so genannte offene Ladenkassen zu verwenden. Eine Pflicht zur Führung einer Registrierkasse besteht nicht, auch wenn eine solche Kasse in Betrieben mit vielen Bargeldvorgängen natürlich empfehlenswert ist.


Beim Einsatz digitaler Systeme ist darauf zu achten, dass eine komplette Speicherung aller steuerlich relevanten Daten ermöglicht wird. Das sind insbesondere Journal-, Auswertungs-, Programmier- und Stammdatenänderungsdaten (z.B. Artikelpreisänderungen, Nutzerkennung). Diese Pflicht betrifft im Übrigen nicht nur die Registrierkassen selbst, sondern auch die so genannten Vor- und Nebensysteme wie beispielsweise Waagen mit Registrierkassenfunktion und Taxameter. Diese Systeme unterliegen denselben Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten wie die eigentlichen Buchführungssysteme.

Praxistipp:
Das Merkblatt finden Sie auf der Homepage der Oberfinanzdirektion Karlsruhe (www.ofd-karlsruhe.fv-bwl.de), dort unter "Aktuelles". Gerne stehen wir Ihnen aber natürlich bei allen Fragen rund um die Kassenführung und den Aufzeichnungspflichten zur Verfügung.
gepostet: 30.08.2021
Betreuungsfreibetrag: Übertragung folgt dem Kinderfreibetrag
Geschiedene oder getrennt lebende Eltern erhalten den Kinderfreibetrag für ein steuerlich zu berücksichtigendes Kind grundsätzlich jeweils zur Hälfte. Allerdings ist die Übertragung des halben Kinderfreibetrages von einem Elternteil auf den anderen Elternteil auf Antrag möglich, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil seiner Unterhaltsverpflichtung nicht im Wesentlichen nachkommt oder mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist. Eine Übertragung des Freibetrages für Betreuung, Erziehung und Ausbildung (kurz: Betreuungsfreibetrag oder BEA-Freibetrag) kommt aber nur bei minderjährigen Kindern auf Antrag des betreuenden Elternteils in Betracht - so die bisherige Rechtslage.

Der Bundesfinanzhof hat kürzlich entschieden, dass für ein volljähriges Kind eine Übertragung des dem anderen Elternteil zustehenden hälftigen BEA-Freibetrages nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nicht vorgesehen ist. So kann also der Freibetrag auch im Fall der Verletzung der Unterhaltsverpflichtung nicht auf den betreuenden Elternteil übertragen werden. Dadurch erhält der barunterhaltspflichtige Elternteil, der der seiner Unterhaltsverpflichtung nicht nachkommt, den halben BEA-Freibetrag, obwohl er nicht mit Unterhaltsaufwand belastet ist. Und dem betreuenden Elternteil wird der halbe BEA-Freibetrag verwehrt, obwohl er die Unterhaltslasten des Kindes alleine trägt (BFH-Urteile vom 22.4.2020, III R 61/18 und III R 25/19).

Nun hat der Gesetzgeber aber geregelt, dass ab 2021 die Übertragung des Kinderfreibetrages stets auch zur Übertragung des BEA-Freibetrages führt (§ 32 Abs. 6 Satz 6 EStG in der Fassung des "Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetzes").
gepostet: 29.08.2021
E-Mobilität: Nutzungsdauern für "Ladeinfrastruktur" festgelegt
Zunehmend wird in die so genannte Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge investiert. Wer die Aufwendungen im Grundsatz steuerlich abziehen kann, also etwa Vermieter, steht vor der Frage, welche "betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer", also welcher Abschreibungszeitraum, dann gilt. Das Thüringer Finanzministerium beantwortet die Frage zum Abschreibungszeitraum wie folgt (Erlass vom 15.3.2021, S 1551-65-25.11, 53840/2021):

Im Ergebnis der Erörterungen auf Bund-Länder-Ebene ist es für die Bemessung der Abschreibung für die Abnutzung von Ladeinfrastruktur für E-Mobilität nicht zu beanstanden, wenn von den folgenden betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauern ausgegangen wird:
1. intelligente Wandladestationen für Elektrofahrzeuge (sog. Wallbox bzw. Wall Connector): 6 - 10 Jahre;
2. öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur, wie Ladesäulen auf öffentlichen Parkplätzen: 6 - 10 Jahre.

Praxistipp:
Sollten die Kosten ausnahmsweise 800 Euro (netto) nicht übersteigen, können diese in einer Summe sofort abgezogen werden. Gleiches gilt bei reinen Erhaltungsaufwendungen, also der Reparatur einer Ladestation.
gepostet: 27.08.2021
Betriebliche Gesundheitsförderung: BMF-Schreiben zur Steuerbefreiung
Viele Arbeitgeber fördern das gesundheitsbewusste Verhalten ihrer Arbeitnehmer. § 3 Nr. 34 EStG sieht für diese Leistungen eine Steuerbegünstigung vor. Soweit ein Betrag von 600 Euro im Kalenderjahr nicht überstiegen wird und die "Gesundheitsleistungen" des Arbeitgebers zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden, bleiben diese steuerfrei. Kürzlich hat das Bundesfinanzministerium umfassend zu den Voraussetzungen der Steuerbefreiung Stellung genommen, da offenbar bei vielen Arbeitgebern und Arbeitnehmern Zweifel bestehen, welche Maßnahmen konkret begünstigt sind (BMF-Schreiben vom 20.4.2021, BStBl 2021 I S. 700).

Von Bedeutung sind unter anderem folgende Aussagen: Unter die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 34 EStG fallen Maßnahmen zur individuellen verhaltensbezogenen Prävention, die nach § 20 Absatz 2 Satz 2 SGB V zertifiziert sind sowie Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung, die den vom GKV-Spitzenverband nach § 20 Absatz 2 Satz 1 und § 20b Absatz 1 SGB V festgelegten Kriterien entsprechen. Das Zertifikat und die Teilnahmebescheinigung sind vom Arbeitgeber als Belege zum Lohnkonto zu nehmen. Aber auch nicht zertifizierte Leistungen zur individuellen verhaltensbezogenen Prävention können unter bestimmten Voraussetzungen nach § 3 Nr. 34 EStG steuerfrei sein. Erforderlich hierfür ist, dass die Leistungen Bestandteil eines betrieblichen Gesundheitsförderungsprozesses sind, der nach § 20b SGB V bezuschusst wurde bzw. wird, oder die nicht zertifizierten Präventionskurse hinsichtlich Qualität, Zweckbindung und Zielgerichtetheit den Anforderungen des § 20 SGB V genügen und sie im Auftrag eines Arbeitgebers allein für dessen Beschäftigte durchgeführt sowie vom Leistungsanbieter nicht mit demselben Konzept auch für Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung angeboten werden. Die Erklärung des Kursleiters zum verwendeten Kurskonzept und zu seiner Qualifikation sind als Belege zum Lohnkonto zu nehmen.

Der vom Arbeitgeber allein für dessen Beschäftigte erbrachte Präventionskurs genügt jedenfalls dann den Anforderungen der §§ 20 und 20b SGB V, wenn er inhaltlich mit einem bereits zertifizierten und geprüften Kurskonzept eines Fachverbands oder einer anderen Organisation (zum Beispiel Kursinhalt "Rücken-Fit“) identisch ist.

Begünstigt sind beispielsweise Maßnahmen zur Stressbewältigung und Ressourcenstärkung, Anleitungen zum bewegungsförderlichen Arbeiten und zur Reduzierung von Bewegungsmangel (zum Beispiel Pausengymnastik, Krafttraining mit bis zu 50 Prozent Geräteeinsatz, Ausdauertraining auch im Wasser), Anleitungen zur Bewältigung von Schmerzen und Beschwerden im Bereich des Muskel- und Skelettsystems (zum Beispiel Rückenschule, Muskelaufbautraining auch mit bis zu 50 Prozent Geräteeinsatz), Angebote rund um die gesundheitsgerechte Ernährung im Arbeitsalltag.

Nicht unter die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 34 EStG fallen insbesondere Mitgliedsbeiträge für Sportvereine, Fitnessstudios und ähnliche Einrichtungen, Maßnahmen ausschließlich zum Erlernen einer Sportart, Trainingsprogramme mit einseitigen körperlichen Belastungen (zum Beispiel Spinning), Aufwendungen für Sport- und Übungsgeräte, Eintrittsgelder in Schwimmbäder, Saunen oder der Besuch von Tanzschulen.

Losgelöst von der Regelung des § 3 Nr. 34 EStG sind Leistungen des Arbeitgebers zur betrieblichen Gesundheitsförderung kein Arbeitslohn, wenn sie im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse erbracht werden. Das sind etwa Leistungen zur Verbesserung von Arbeitsbedingungen (zum Beispiel Bereitstellung von Aufenthalts- und Erholungsräumen, Duschanlagen), Aufwendungen für Sport- und Übungsgeräte im betriebseigenen Fitnessraum, Leistungen zur Förderung von Mannschaftssportarten durch Zuschüsse, auch an Betriebssportgemeinschaften oder die Bereitstellung einer Sporthalle/eines Sportplatzes ohne Individualsportarten (zum Beispiel Tennis, Squash und Golf).
gepostet: 25.08.2021
Buchführungspflicht: Gleichklang mit der Kleinunternehmergrenze
Gewerbliche Unternehmer sowie Land- und Forstwirte sind zur Buchführung verpflichtet, wenn ihre Umsätze einschließlich der steuerfreien Umsätze mehr als 600.000 Euro im Kalenderjahr betragen (§ 141 Abs. 1 AO). Nun wurde die Definition der maßgebenden Umsatzgrenze verändert. Nach neuem Recht ist der Gesamtumsatz nach § 19 Abs. 3 UStG entscheidend. Der Unterschied ist bedeutsam, weil § 19 Abs. 3 UStG zahlreiche Ausnahmen enthält. In Einzelfällen ergibt sich damit eine wesentlich höhere Umsatzgrenze, weil diverse Umsätze aus der Betrachtung herausfallen (Änderung durch das "Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetz").

Durch die Anpassung müssen die Unternehmen die Grenze für die Ist-Besteuerung und die Grenze für die Buchführungspflicht nicht mehr gesondert berechnen. Zum "Gesamtumsatz" nach § 19 Abs. 3 UStG gehören zwar zunächst die umsatzsteuerbaren Einnahmen aus sämtlichen selbstständigen Tätigkeiten. Allerdings sind anschließend zahlreiche steuerfreie Umsätze vom maßgebenden Gesamtumsatz abzuziehen, sodass die Anpassung effektiv einer Erhöhung der Grenze gleichkommt. Dadurch wird gleichzeitig die Anzahl der Selbstständigen, die nach § 141 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO zur Buchführung verpflichtet werden, vermindert.
gepostet: 23.08.2021
Gewerbliche Tätigkeit: An- und Verkauf von Artikeln aus Haushaltsauflösungen
Der nachhaltig ausgeübte Handel mit Gebrauchsgegenständen auf der Internetplattform eBay, die jeweils mit dem Mindestgebot von 1 Euro eingestellt wurden, ist grundsätzlich als gewerbliche Tätigkeit einzustufen und folglich einkommensteuerpflichtig (BFH-Urteil 17.6.2020, X R 26/18).

Der Sachverhalt: Eine Frau hatte beim Stöbern bei Haushaltsauflösungen kostengünstig diverse Gegenstände eingekauft und diese nachfolgend auf eBay in Form von Versteigerungen zum Verkauf angeboten. Sie hat dabei im Jahr 2009 bei 577 Auktionen Einnahmen von 40.000 Euro generiert; im Jahr 2010 waren es bei 1057 Auktionen Einnahmen von 70.000 Euro. In den Folgejahren erzielte sie Einnahmen zwischen 80.000 Euro und 90.000 Euro. Zur Durchführung dieser Tätigkeiten hatte die Frau vier eBay-Accounts eingerichtet und zwei Girokonten eröffnet. Das Finanzamt sah hierin eine gewerbliche Tätigkeit.

Die eBay-Verkäuferin wehrte sich hiergegen. Der Verkauf der Gegenstände, die sie bei Haushaltsauflösungen erworben habe, sei ein privates Hobby. Ihr mache es Spaß, bei eBay zuzuschauen, wie sich kurz vor Ablauf der Auktion die Preise nach oben bewegen würden. Der Verkauf sei fast wie Lotto spielen. Lottospiele seien jedoch keine einkommensteuerbare gewerbliche Tätigkeit. Sie habe zudem auch zahlreiche Produkte unter Einstandspreis einfach nur für 1 Euro verschleudert oder weggeworfen.

Doch der Bundesfinanzhof teilt die Auffassung des Finanzamts: Die eBay-Verkäuferin habe nicht lediglich privates Vermögen verwaltet und veräußert bzw. eine Hobbytätigkeit ausgeübt, sondern eine wirtschaftliche, also nachhaltige gewerbliche Tätigkeit entfaltet. Sie sei dabei wie ein gewerblicher Händler aufgetreten. Der "Spaß am Handeln“ sei kein taugliches Kriterium zur Abgrenzung des gewerblichen Handels von einer privaten Vermögensverwaltung, zumal auch ein gewerblicher Händler (oftmals) Freude an der Ausführung seiner Tätigkeit haben wird.

Praxistipp:
Die eBay-Verkäuferin hatte keine Aufzeichnungen geführt, weil sie angenommen hatte, hierzu nicht verpflichtet zu sein. Das Finanzgericht hielt daher eine Schätzung der Betriebsausgaben für geboten, und zwar in Höhe von 60 Prozent des Nettoumsatzes. Die Richter des BFH sind allerdings der Meinung, dass die Schätzung konkreter "untermauert" werden müsse und haben die Sache daher zur weiteren Prüfung an die Vorinstanz zurückverwiesen. Dennoch sollten eBay-Verkäufer in ähnlichen Fällen sowohl ihre Erlöse als auch ihre Kosten sehr genau aufzeichnen und nachweisen.
gepostet: 21.08.2021
Altersvorsorge: Auszahlungen aus US-Pensionsplan bei Wohnsitz im Inland
Viele Arbeitnehmer haben für eine gewisse Zeit in den USA gearbeitet und dort auch Pensionsansprüche erworben. Bei der späteren Auszahlung der Pension stellt sich die Frage, wie diese zu besteuern ist, wenn der Arbeitnehmer mittlerweile wieder in Deutschland wohnt. Nun hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die Auszahlung aus dem US-amerikanischen 401 (k) Pension Plan lediglich in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen der Leistung und der Summe der entrichteten Beiträge der deutschen Besteuerung unterliegt, wenn der Bezieher in der Ansparphase nicht in Deutschland steuerpflichtig war (Urteil vom28.10.2020, X R 29/18).

Der Sachverhalt: Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger. Er war mehrere Jahre in den USA tätig. Der US-amerikanische Arbeitgeber ermöglichte dem Kläger, an einem US-amerikanischen Altersvorsorgeplan, dem so genannten 401 (k) Pension Plan teilzunehmen, bei dem sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer für seine Altersversorgung Beiträge an eine US-amerikanische Altersvorsorgeeinrichtung zu leisten hatten. Im Jahre 2011 erhielt der Kläger, der nun wieder in Deutschland lebte, Leistungen aus dem US-Pensionsplan. Er vertrat gegenüber dem Finanzamt die Auffassung, dass die ihm zugeflossenen Auszahlungen nur mit dem Unterschiedsbetrag zwischen der Leistung und der Summe der auf sie entrichteten Beiträge zu versteuern seien, da die in der Ansparphase geleisteten Beiträge in Deutschland nicht gefördert worden seien. Das Finanzamt ließ den Abzug vorheriger Einzahlungen nicht zu, unterlag aber vor dem Bundesfinanzhof, der der Auffassung des Pensionärs folgte.

Begründung: Leistungen aus einem US-amerikanischen 401 (k) Pension Plan sind sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG. Entsprechende Versorgungsleistungen werden zwar vollumfänglich besteuert, wenn die Beiträge zuvor nach § 3 Nr. 63 EStG gefördert wurden, wenn also die Arbeitgeberbeiträge auf der Grundlage dieser Vorschrift steuerfrei geblieben sind. Diese Voraussetzung ist aber nicht erfüllt, wenn der Steuerpflichtige während der Ansparphase nicht der inländischen Besteuerung unterlag. Die deutsche Vorschrift des § 3 Nr. 63 EStG muss "tatsächlich" angewandt worden seien, was aber de facto gar nicht möglich war, wenn der Pensionär in seiner Aktivphase in den USA gelebt hat. Folglich kommt eine Besteuerung nur in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen Kapitalauszahlung und Einzahlungen in Betracht.
gepostet: 19.08.2021
Vergünstigte Vermietung: Örtlicher Mietspiegel gilt trotz "Vergleichswohnung"
Wer eine Wohnung verbilligt vermietet, zum Beispiel an Sohn oder Tochter, darf die damit zusammenhängenden Werbungskosten nur dann in vollem Umfang abziehen, wenn die Miete mindestens 66 Prozent der ortsüblichen Marktmiete beträgt. Ab 2021 gelten insoweit 50 Prozent, allerdings ist bei Mieten zwischen 50 und 65,9 Prozent der ortsüblichen Miete eine Überschussprognose erforderlich (§ 21 Abs. 2 EStG). Der Bundesfinanzhof hat nun entschieden, dass die ortsübliche Marktmiete zur Prüfung der 66-Prozent-Grenze auch dann auf der Basis des Mietspiegels zu bestimmen ist, wenn sich in einem Mietshaus neben der verbilligt überlassenen Wohnung noch eine weitere Wohnung befindet, die fremdvermietet ist und bei der die Miete oberhalb des Mietspiegels liegt (BFH-Urteil vom 22.2.2021, IX R 7/20).

Der Sachverhalt: Die Klägerin vermietete eine 57 qm große Eigentumswohnung im ersten Obergeschoss an ihre Tochter für monatlich 300 Euro zuzüglich einer Nebenkostenpauschale in Höhe von 70 Euro. Sie vermietete eine nahezu identische Wohnung im zweiten Obergeschoss desselben Gebäudes an einen Fremdmieter für monatlich 500 Euro zuzüglich einer Nebenkostenpauschale in Höhe von 78 Euro. Das Finanzamt berücksichtigte die Werbungskosten nur mit einem Anteil von 64,01 Prozent. Denn die zwischen der Mutter und ihrer Tochter vereinbarte Miete betrage nur 64,01 Prozent und damit weniger als 66 Prozent der ortsüblichen Miete von 578 Euro. Als Maßstab für die Ortsüblichkeit zog das Finanzamt die Miete für die im selben Haus liegende, fremdvermietete Wohnung heran. Einspruch und Klage blieben erfolglos, obwohl die verbilligte Miete - laut Berechnung der Klägerin - weit über 80 Prozent der Marktmiete lag, wenn der örtliche Mietspiegel herangezogen worden wäre.

Der BFH ist nun der Argumentation der Klägerin gefolgt und sieht einen Vorrang des Mietspiegels vor dem tatsächlichen Vergleich. Begründung: Die Ableitung der ortsüblichen Marktmiete aus dem örtlichen Mietspiegel entspreche dessen Zweck. Er gehöre zu den Informationsquellen, die eine leichte und schnelle Ermittlung der ortsüblichen Miete auf der Grundlage eines breiten Spektrums ermöglichen. Diesem Zweck liefe es zuwider, wenn bei einer Miete innerhalb der vom Mietspiegel vorgesehenen Spanne gleichwohl im Einzelfall ermittelt werden müsste, ob nicht ein anderer Wert innerhalb der Spanne der angemessenere wäre.

Der örtliche Mietspiegel könne allerdings ausnahmsweise nicht zugrunde gelegt werden, wenn er nicht regelmäßig an die Marktentwicklung angepasst wird oder tiefgreifende Mängel, etwa in der Datenerhebung, aufweist. Entsprechendes gelte bei Sonderobjekten, die nicht dem im Mietspiegel definierten Anwendungsbereich unterfallen. Gibt ein Mietspiegel nur Richtwerte für das Mietniveau von Wohnungen in Mehrfamilienhäusern an, weist das zu beurteilende vermietete Einfamilienhaus aber im Hinblick auf Größe und Ausstattung im Vergleich zu einer Mietwohnung keine Besonderheiten auf, so könne der Vergleichswert des Mietspiegels gleichwohl einen Anhaltspunkt für den Mietwert eines vergleichbaren Einfamilienhauses geben, der durch einen Zuschlag für die gesteigerte Wohnqualität beim Bewohnen eines Einfamilienhauses anzupassen ist.

Kann ein örtlicher Mietspiegel nicht zugrunde gelegt werden oder ist er nicht vorhanden, könne auf einen der folgenden Ermittlungswege zurückgegriffen werden, wobei jeder dieser Wege grundsätzlich gleichrangig ist: ein mit Gründen versehenes Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen i.S. des § 558a Abs. 2 Nr. 3 BGB, die Auskunft aus einer Mietdatenbank i.S. des § 558a Abs. 2 Nr. 2 BGB i.V.m. § 558e BGB oder die Entgelte für einzelne vergleichbare Wohnungen i.S. des § 558a Abs. 2 Nr. 4 BGB, wobei hier zumindest drei Wohnungen nach Adresse, Lage und Stockwerk benannt werden müssen.
gepostet: 17.08.2021
Personenhandelsgesellschaft: Wahlrecht zur Besteuerung als Kapitalgesellschaft
Am 25.6.2021 hat der Bundesrat dem Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts zugestimmt, das für Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften die Möglichkeit vorsieht, wie eine Kapitalgesellschaft besteuert zu werden. Dies hat folgenden Hintergrund: Viele Unternehmen werden in der Rechtsform der OHG, KG, GmbH & Co. KG oder als Partnerschaftsgesellschaft betrieben. Nach wie vor haben diese Rechtsformen zwar ihre Berechtigung, zumal sie gegenüber Kapitalgesellschaften zahlreiche Vorteile bieten. So unterliegen sie in vielerlei Hinsicht nicht den strengen Regularien von Kapitalgesellschaften. In der steuerlichen Behandlung von Personenhandelsgesellschaften gibt es national und international mitunter aber enorme Unterschiede, die zu immer größeren Problemen führt, etwa wenn ein Gesellschafter seinen Sitz im Ausland hat oder wenn ein Unternehmen im Ausland erworben wird, das in die Unternehmensstruktur eingegliedert werden soll. Auch Sonder- und Ergänzungsbilanzen, die im deutschen Recht eine große Rolle spielen, sind im Ausland eher unbekannt. Daher ist insbesondere aus der Industrie die Forderung laut geworden, die Besteuerung von Personenhandelsgesellschaften grundlegend zu reformieren.

Doch auch rein national betrachtet gab es verstärkt Kritik am bisherigen Besteuerungssystem, denn bekanntermaßen unterliegen Gewinne von Kapitalgesellschaften nur einem Körperschaftsteuersatz von 15 Prozent, während Gewinne von Personengesellschaften bei ihren Gesellschaftern mit dem persönlichen Steuersatz zu erfassen sind. Erst bei einer Ausschüttung kommt es in etwa zu einer "gleichwertigen" Besteuerung der unterschiedlichen Rechtsformen. Zwar gibt es auch für Personenunternehmen die Möglichkeit einer Begünstigung von nicht entnommenen Gewinnen, doch ist diese recht kompliziert ausgestaltet und wird von vielen Unternehmern daher ungerne gewählt.

Der Gesetzgeber hat die Kritik nunmehr aufgegriffen und das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts verabschiedet. Mit dem neuen § 1a KStG haben Personenhandelsgesellschaften und auch Partnerschaftsgesellschaften in Zukunft die Möglichkeit, für steuerliche Zwecke wie eine Kapitalgesellschaft behandelt zu werden. Sie können "zur Körperschaftsteuer optieren". Dazu ist ein unwiderruflicher Antrag vor Beginn des Wirtschaftsjahrs zu stellen, ab dem die Besteuerung wie eine Kapitalgesellschaft gelten soll. Das bedeutet:

Infolge der Ausübung der Option wird die Gesellschaft für Zwecke der Besteuerung nach dem Einkommen und der Gewerbesteuer materiell-rechtlich und verfahrensrechtlich wie eine Kapitalgesellschaft und ihre Gesellschafter wie die nicht persönlich haftenden Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft behandelt. Damit finden prinzipiell alle Regelungen des Körperschaftsteuergesetzes, des Einkommensteuergesetzes, des Umwandlungssteuergesetzes, des Investmentsteuergesetzes, des Außensteuergesetzes oder des Zerlegungsgesetzes Anwendung, die auf Kapitalgesellschaften oder auf Körperschaften Bezug nehmen. Die Ausübung der Option ändert nichts daran, dass die Gesellschaft, die für Zwecke der Besteuerung nach dem Einkommen "wie eine Kapitalgesellschaft“ zu behandeln ist, zivilrechtlich nach wie vor eine Personengesellschaft ist.

Der für die Ausübung der Option erforderliche Antrag ist vor Beginn des Wirtschaftsjahres zu stellen, ab dem die Besteuerung nach dem Körperschaftsteuergesetz erfolgen soll. Eine rückwirkende Ausübung der Option ist nicht vorgesehen, da sie Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen würde.

Praxistipp:
Die Neuregelung gilt erstmals für den Veranlagungszeitraum 2022. Sie ist sehr komplex und wohl auch nicht für alle Gesellschaften geeignet, denn um als Personengesellschaft - steuerneutral - zur Körperschaftsteuer "übergehen" zu können, darf kein funktional wesentliches Sonderbetriebsvermögen zurückbehalten werden. Anders ausgedrückt: Wer derzeit Alleineigentümer einer Immobilie ist, die er "seiner" Personengesellschaft zur Nutzung überlässt und die daher zum Sonderbetriebsvermögen gehört, müsste das Grundstück bei einer Option zur Körperschaftsteuer wohl zuvor ins Gesamthandsvermögen einbringen, damit die Option nicht zur Aufdeckung der stillen Reserven führt. Im Übrigen gehen mit dem Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts viele weitere Änderungen einher, zum Beispiel in Bezug auf die "Globalisierung des Umwandlungssteuergesetzes". Diese Mandanteninformation kann daher nur einen ersten Überblick über die aktuelle Gesetzesänderung geben.
gepostet: 15.08.2021
Aktienverluste: Ist die Beschränkung der Verlustverrechnung verfassungswidrig?
Bekanntermaßen unterliegen Gewinne aus der Veräußerung von Aktien der Einkommensteuer bzw. der Abgeltung-steuer. Verluste aus der Veräußerung von Aktien können zwar verrechnet werden, aber nur mit Gewinnen aus der Veräußerung von Aktien und nicht mit sonstigen positiven Einkünften aus Kapitalvermögen. Der Bundesfinanzhof hält diese Einschränkung für verfassungswidrig und hat daher das Bundesverfassungsgericht angerufen (Vorlagebeschluss vom 17.11.2020, VIII R 11/18).

Zum Hintergrund: Das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 hat die Besteuerung von Kapitalanlagen, die dem steuerlichen Privatvermögen zuzurechnen sind, grundlegend neu gestaltet. Durch die Zuordnung von Gewinnen aus der Veräußerung von Kapitalanlagen (u.a. Aktien) zu den Einkünften aus Kapitalvermögen unterliegen die dabei realisierten Wertveränderungen (Gewinne und Verluste) in vollem Umfang und unabhängig von einer Haltefrist der Besteuerung. Da Einkünfte aus Kapitalvermögen grundsätzlich abgeltend mit einem speziellen Steuersatz von 25 Prozent besteuert werden, sieht § 20 Abs. 6 Satz 2 EStG vor, dass Verluste aus Kapitalvermögen nur mit sonstigen positiven Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden dürfen. Eine zusätzliche Verlustverrechnungsbeschränkung gilt für Verluste aus der Veräußerung von Aktien (§ 20 Abs. 6 Satz 5 EStG): Diese dürfen nicht mit anderen positiven Einkünften aus Kapitalvermögen, sondern nur mit Gewinnen, die aus der Veräußerung von Aktien entstehen, ausgeglichen werden. Nach der Gesetzesbegründung sollen dadurch Risiken für den Staatshaushalt verhindert werden.

Im Streitfall hatte der Kläger aus der Veräußerung von Aktien ausschließlich Verluste erzielt. Er beantragte, diese Verluste mit seinen sonstigen Einkünften aus Kapitalvermögen, die nicht aus Aktienveräußerungsgewinnen bestanden, zu verrechnen.

Nach Auffassung des BFH bewirkt § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung, weil sie Steuerpflichtige ohne rechtfertigenden Grund unterschiedlich behandelt, je nachdem, ob sie Verluste aus der Veräußerung von Aktien oder aus der Veräußerung anderer Kapitalanlagen erzielt haben. Eine Rechtfertigung für diese nicht folgerichtige Ausgestaltung der Verlustausgleichsregelung für Aktienveräußerungsverluste ergibt sich weder aus der Gefahr der Entstehung erheblicher Steuermindereinnahmen noch aus dem Gesichtspunkt der Verhinderung missbräuchlicher Gestaltungen oder aus anderen außerfiskalischen Förderungs- und Lenkungszielen.

Praxistipp:
Um Missverständnisse auszuschließen sei darauf hingewiesen, dass es um tatsächliche Veräußerungsverluste und nicht um die Thematik "Ausbuchung von wertlos gewordenen Aktien" geht. Seit 2020 ist gesetzlich klargestellt, dass Verluste aus der Ausbuchung von Aktien und anderer Wertpapiere abziehbar sind. Es gibt aber auch hier eine Einschränkung: Die Verluste können nur mit Einkünften aus Kapitalvermögen bis zur Höhe von 20.000 Euro ausgeglichen werden. Nicht verrechnete Verluste sind dann auf Folgejahre vorzutragen. Die Neuregelung gilt für Verluste, die ab dem 1.1.2020 entstehen. Sie ist ebenfalls umstritten, doch bislang ist nicht ersichtlich, dass sich die Gerichte mit ihr befassen mussten.
gepostet: 13.08.2021
§ 6b-Rücklage: Reinvestitionsfrist um ein weiteres Jahr verlängert
Beim Verkauf von Grundstücken und Gebäuden kann der Veräußerungsgewinn auf andere gleichartige Investitionen übertragen werden, sofern die verkauften Wirtschaftsgüter mindestens sechs Jahre ununterbrochen zum Anlagevermögen gehört haben. Die stillen Reserven müssen also nicht sofort versteuert werden, wenn diese wieder investiert werden sollen. Falls im Jahr der Veräußerung eine Übertragung des Veräußerungsgewinns nicht auf neue Investitionen vorgenommen wird, kann eine steuerfreie Reinvestitionsrücklage gebildet werden (§ 6b EStG). Diese Rücklage kann dann in den folgenden vier Jahren auf neu angeschaffte Grundstücke und Gebäude übertragen, das heißt von deren Anschaffung- oder Herstellungskosten abgezogen werden. Bei neu hergestellten Gebäuden verlängert sich die Frist auf sechs Jahre, wenn mit der Herstellung bereits im Vier-Jahres-Zeitraum begonnen wurde. Ist eine Rücklage am Schluss des vierten bzw. sechsten Jahres noch vorhanden, so muss sie gewinnerhöhend aufgelöst werden.

Die Reinvestitionsfristen des § 6b EStG sind bereits vorübergehend um ein Jahr verlängert worden und werden nun um ein weiteres Jahr verlängert. Sofern eine Reinvestitionsrücklage am Schluss des nach dem 29. Februar 2020 und vor dem 1. Januar 2021 endenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden ist und eigentlich aufzulösen wäre, endet die Reinvestitionsfrist erst am 31.12.2022. Sofern eine Reinvestitionsrücklage am Schluss des nach dem 31. Dezember 2020 und vor dem 1. Januar 2022 endenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden ist und aufzulösen wäre, endet die Reinvestitionsfrist ebenfalls erst am 31.12.2022.
gepostet: 11.08.2021
Kindergeld: Hohe Hürden für Erlass einer Rückforderung
Wer ungerechtfertigt Kindergeld bezogen hat, muss dieses selbstverständlich zurückzahlen, wenn die Familienkasse den Fall erneut prüft und die fälschliche Auszahlung feststellt. Doch oftmals beruhen die Rückforderungen nicht auf falschen Angaben, sondern auf einer Nachlässigkeit oder einer Unkenntnis. Wie dem auch sei: Die Rückforderungen treffen Eltern und Kinder zumeist empfindlich. Vor allem aber: Sind Sozialleistungen wegen der ursprünglichen Zahlung von Kindergeld gekürzt worden, so können diese nach Rückzahlung des Kindergeldes nun nicht ohne Weiteres nachgefordert werden. In diesen Fällen könnte ausnahmsweise ein Erlass der Kindergeld-Rückforderung aus Billigkeitsgründen in Betracht kommen. Allerdings tun sich die Familienkassen mit einem solchen Erlass schwer.

Im Jahre 2019 hatte das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht zwar entschieden, dass zumindest dann ein teilweiser Erlass der Nachzahlung in Betracht kommt, wenn die Familienkasse ein Mitverschulden an der Höhe des Rückforderungsbetrages trifft (Urteil vom 25.3.2019, 3 K 9/18). Nun hat der Bundesfinanzhof dieses positive Urteil jedoch wieder revidiert. Ein Erlass aus Billigkeitsgründen scheide regelmäßig aus, wenn der Kindergeldberechtigte seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen ist und kein überwiegendes behördliches Mitverschulden vorliegt. Allein die fehlende Kommunikation zwischen der Sozialbehörde und der Familienkasse sowie die unterlassenen halbjährlich vorgesehenen internen Überprüfungen durch die Familienkasse verpflichten die Familienkasse nicht zu einem Billigkeitserlass der Rückforderung des Kindergeldes (BFH-Urteil vom 27.5.2020, III R 45/19).
gepostet: 09.08.2021
Abbruch eines Mietshauses: Wie sind die Kosten zu berücksichtigen?
Wird ein Gebäude abgerissen, dessen Wohnungen zuvor vermietet worden sind, dürfen die Kosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend gemacht werden, und zwar wie folgt: Die Abbruch- und Aufräumkosten sind in voller Höhe als Werbungskosten absetzbar. Der Restbuchwert des abgerissenen Gebäudes oder Gebäudeteils darf als "Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung" (AfaA) im Rahmen der Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften geltend gemacht werden. So viel zum Grundsatz. Im Einzelfall ist die Rechtslage sehr kompliziert. Beispiel: Wurde ein Gebäude bereits in Abbruchabsicht erworben, dient der Erwerb des Grundstücks entweder ausschließlich der Anschaffung des Grund und Bodens oder der Herstellung des anschließenden Neubaus. Auch kann die Sache anders zu beurteilen sein, wenn der Abbruch aus privaten Gründen erfolgt.

Kürzlich musste das Finanzgericht Münster über den Fall entscheiden, dass ein Gebäude in der Vergangenheit zeitweise vermietet und zeitweise selbstgenutzt wurde. Sein Urteil: Abbruchkosten und Restwert eines zuvor zeitweise vollständig fremdvermieteten und zeitweise zum Teil selbst genutzten Gebäudes sind sowohl nach dem räumlichen als auch nach dem zeitlichen Nutzungsumfang aufzuteilen (Urteil vom 21.8.2020, 4 K 855/19 E)

Der Sachverhalt: Die Klägerin erwarb zum 1.2.2012 einen Bungalow, den sie zunächst vollständig vermietete. Nach dem Tod der Mieterin vermietete sie ab dem 1.9.2014 lediglich einen Teil des Objekts an eine neue Mieterin. Ein Teil der Immobilie, das heißt einige Kellerräume, wurde hingegen nicht (mehr) zur Einkünfteerzielung genutzt. Die Klägerin kündigte den Mietvertrag zum 31.10.2016 und ließ den Bungalow im Frühjahr 2017 abbrechen. In der Folgezeit errichtete die Klägerin ein Mehrparteienhaus, das sie ausschließlich vermietet. Die Klägerin machte den Restwert des Gebäudes, des Inventars sowie die Abbruchkosten im Streitjahr 2017 in vollem Umfang als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Das Finanzamt kürzte den Werbungskostenabzug um den Anteil der nicht mitvermieteten Kellerräume. Die hiergegen gerichtete Klage hatte zwar Erfolg, aber nur weil eine Geringfügigkeitsgrenze nicht überschritten wurde. Prinzipiell gaben die Richter dem Finanzamt recht.

Die Begründung: Dem Grunde nach sind neben den Abbruchkosten auch die Restwerte im Wege einer technischen oder wirtschaftlichen Abnutzung als Werbungskosten abzugsfähig. Allerdings ist eine Aufteilung vorzunehmen, und zwar sowohl zeitanteilig als auch nach der Art der Nutzung flächenanteilig. Maßgeblich sei die gesamte Nutzungsdauer des Objekts seit der Anschaffung durch die Klägerin von 57 Monaten. Hiervon entfielen 31 Monate auf eine vollständige Vermietung und die übrigen 26 Monate auf eine flächenmäßig anteilige Vermietung zu 78,4 Prozent. Dies führe zu einer privaten Veranlassung des Abbruchs von 9,8 Prozent. Nach den allgemeinen Grundsätzen zum Veranlassungsprinzip sei eine Veranlassung von unter 10 Prozent jedoch steuerlich unerheblich. Dementsprechend seien die Kosten in vollem Umfang abzugsfähig.
gepostet: 07.08.2021
Dienstreisen: Keine pauschalen Km-Sätze für Nutzung von Bahn oder Flugzeug
Üblicherweise erstatten Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern die Kosten für Bahn- oder Flugtickets entsprechend der vorgelegten Belege, wenn eine Dienstreise unternommen wird. Dadurch entstehen den Arbeitnehmern tatsächlich keine Aufwendungen. Steuerlich kann jedoch der Gedanke nahe liegen, dass Arbeitnehmer unabhängig von den tatsächlichen Ausgaben die Pauschalen geltend machen können, die ihnen als Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz zustehen. Das wären grundsätzlich 20 Cent je Kilometer zurückgelegter Strecke, höchstens jedoch 130 Euro. Zumindest war ein Steuerzahler der Auffassung, dass das Einkommensteuergesetz in diesem Sinne interpretiert werden könne. Doch der Bundesfinanzhof hat diese Auffassung nicht geteilt. Er hat entschieden, dass bei auswärtiger Tätigkeit nur die tatsächlichen Aufwendungen angesetzt werden können, wenn die Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln durchgeführt wurden. Pauschale Kilometersätze kommen nicht in Betracht (BFH-Urteil vom 11.2.2021, VI R 50/18).

Es ging um folgenden Sachverhalt: Der Kläger war als Bundesbetriebsprüfer im Außendienst eingesetzt. Die Erstattung seiner Reisekosten richtete sich nach dem Bundesreisekostengesetz. Im Rahmen einer längeren Prüfung fuhr er per Bahn bzw. S-Bahn täglich 378 Kilometer. Der Arbeitgeber erstattete hierfür die tatsächlich entstandenen Bahnfahrtkosten von 1.726 Euro. Dem Prüfer waren keine Kosten entstanden. In seiner Steuererklärung rechnete er aber unter anderem wie folgt: Pauschaler Kilometersatz 0,20 Euro x 378 Km tägliche Strecke x 60 Tage = 4.536 Euro abzüglich Erstattung 1.726 Euro, als Werbungskosten abzuziehen also 2.810 Euro. Der Bundesfinanzhof folgte dem jedoch nicht. Es begründet seine Entscheidung mit der Gesetzessystematik. Regelmäßig verkehrende Beförderungsmittel - wie die Bahn oder das Flugzeug -, die im Bundesreisekostengesetz erfasst sind, seien von der Anwendung einer Pauschale gerade ausgeschlossen.
gepostet: 05.08.2021
Investitionsabzugsbetrag: Investitionsfrist abermals verlängert
Wenn kleine und mittlere Betriebe in den kommenden drei Jahren Investitionen planen, können sie schon heute einen Investitionsabzugsbetrag von 50 Prozent der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten steuerlich geltend machen. Früher galt ein Satz von 40 Prozent. Investitionsabzugsbeträge sind grundsätzlich bis zum Ende des dritten folgenden Jahres für begünstigte Investitionen zu "verwenden", andernfalls sind sie rückgängig zu machen und die daraus resultierenden Steuernachforderungen zu verzinsen (§ 7g EStG). Falls im Jahre 2017 oder 2018 Investitionsabzugsbeträge berücksichtigt wurden, hätten die Investitionen also spätestens bis zum 31.12.2020 erfolgen müssen bzw. sind bis zum 31.12.2021 vorzunehmen.

In vielen Fällen ist eine solche Investition infolge der Corona-Krise jedoch nicht wie geplant möglich (gewesen). Zur Vermeidung negativer Effekte und zur Steigerung der Liquidität der Unternehmen ist die Frist für Investitionsabzugsbeträge, deren dreijährige Investitionsfrist in 2020 ausgelaufen wäre, bereits um ein Jahr auf vier Jahre verlängert worden. Dadurch haben Steuerpflichtige, die in 2020 investieren wollten, aber wegen der Corona-Krise nicht investieren konnten, die Gelegenheit, die Investition in 2021 ohne negative steuerliche Folgen (Rückgängigmachung, Verzinsung der Steuernachforderung) nachzuholen.

Für Steuerpflichtige, die 2017 einen gewinnmindernden Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG gebildet haben, verlängert sich die Investitionsfrist für die geplante Anschaffung oder Herstellung abermals, und zwar bis zum 31.12.2022. Und für diejenigen, die einen Investitionsabzugsbetrag in 2018 gebildet haben, verlängert sich die Frist auf vier Jahre. Sie müssen die Investitionen also ebenfalls erst bis zum 31.12.2022 vornehmen.
gepostet: 03.08.2021
Hochwasser Juli 2021: Unwettererlasse Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz
Durch die massiven Regenfälle und die damit verbundenen Überschwemmungen (Hochwasser) im Juli 2021 sind in Teilen Deutschlands beträchtliche Schäden entstanden. Die Beseitigung dieser Schäden wird bei vielen Steuerbürgern zu erheblichen finanziellen Belastungen führen. Es ist daher angezeigt, den Geschädigten durch steuerliche Maßnahmen zur Vermeidung unbilliger Härten entgegenzukommen.

Am 16.7.2021 haben die Länder Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz so genannte Katastrophenerlasse veröffentlicht. Danach gilt unter anderem:

Wer nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich von den Überschwemmungen betroffen ist, kann - unter Darlegung seiner Verhältnisse - bis zum 31.10.2021 Anträge auf Stundung der bis zu diesem Zeitpunkt bereits fälligen oder fällig werdenden Steuern des Bundes und des Landes sowie Anträge auf Anpassung der Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer (Körperschaftsteuer) stellen. Auch das Aussetzen von Vollstreckungsmaßnahmen ist bis zum 31.10.2021 unter gewissen Voraussetzungen möglich.

Sind unmittelbar durch das Schadensereignis Buchführungsunterlagen und sonstige Aufzeichnungen vernichtet worden oder verloren gegangen, so ergeben sich hieraus steuerlich keine Nachteile für die Betroffenen. Diese sollten aber die Vernichtung bzw. den Verlust zeitnah dokumentieren und soweit wie möglich nachweisen oder glaubhaft machen.

Wer die vom Hochwasser Betroffenen finanziell unterstützen möchte und hierfür Geld an eine Hilfsorganisation überweist, muss sich im Rahmen der Steuererklärung nicht um eine Zuwendungsbestätigung bemühen. Hier gilt als Nachweis der Überweisung beispielsweise ein Bareinzahlungsbeleg oder ein Kontoauszug.

Beihilfen und Unterstützungen des Arbeitgebers an vom Hochwasser betroffene Arbeitnehmer sind bis zu einem Betrag von 600 Euro je Kalenderjahr steuerfrei. Ist die Unterstützung höher als 600 Euro, bleibt auch der übersteigende Betrag steuer und sozialversicherungsfrei, wenn unter Berücksichtigung der Einkommens- und Familienverhältnisse des Arbeitnehmers ein besonderer Notfall vorliegt. Im Allgemeinen kann bei den von der Hochwasserkatastrophe betroffenen Arbeitnehmern von einem besonderen Notfall ausgegangen werden.

Land und Forstwirte, Gewerbetreibende und Selbstständige können Sonderabschreibungen beim Wiederaufbau ihrer Betriebsgebäude in Höhe von bis zu 30 Prozent der Herstellungs- oder Wiederherstellungskosten geltend machen. Sonderabschreibungen für die Ersatzbeschaffung beweglicher Anlagegüter - also etwa technischer Anlagen oder Maschinen - sind bis zu insgesamt 50 Prozent der Anschaffungs- oder Herstellungskosten möglich. Die Aufwendungen zur Beseitigung der Hochwasserschäden am Grund und Boden können sofort als Betriebsausgaben abgezogen werden. Das Gleiche gilt für Aufwendungen zur Wiederherstellung von Hofbefestigungen und Wirtschaftswegen, wenn der bisherige Buchwert beibehalten wird.

Diese und weitere steuerliche Hilfen sowie deren konkrete Voraussetzungen sind den beiden Erlassen zu entnehmen, die auf den Internetseiten der Finanzministerien NordrheinWestfalen und Rheinland-Pfalz abgerufen werden können.
gepostet: 02.08.2021
Juli 2021
Kfz-Steuer: Aktuelle Belastung mit dem Rechner des BMF ermitteln
Das Kraftfahrzeugsteuergesetz hat sich Anfang des Jahres geändert. Seit dem 1. Januar 2021 gelten für erstmals zugelassene Pkw neue Tarife, die den CO2-bemessenen Teil der Steuer betreffen. Die Besteuerung der vorher erstzugelassenen Pkw ändert sich dadurch nicht. Die stärkere CO2-Gewichtung der Steuerbemessung und die Begünstigung besonders emissionsreduzierter Pkw sollen Anreize für innovative klimaschonende Mobilität setzen. Das Bundesfinanzministerium hat einen Rechner veröffentlicht, mit dem Sie Ihre Kfz-Steuer-Belastung ermitteln können. Der Rechner dient der Berechnung der Jahressteuer in einfachen Fällen. Daher werden z.B. Steuerbefreiungen oder Aufschläge aufgrund abweichender Entrichtungszeiträume nicht berücksichtigt. Hier ist der Link:
https://www.bundesfinanzministerium.de/Web/DE/Service/Apps_Rechner/KfzRechner/KfzRechner.html
gepostet: 31.07.2021
Versorgungsfreibetrag: Begünstigung für Mitarbeiter von Ersatzkassen
Für bestimmte Altersbezüge wird ein Versorgungsfreibetrag gewährt. Während Beamtenpensionen ohne Altersbeschränkung begünstigt sind, gilt dies nicht in jedem Falle für Betriebsrenten. Für diese wird ein Versorgungsfreibetrag nur gewährt, wenn der Empfänger das 63. Lebensjahr vollendet hat. Besonderheiten gelten im Übrigen bei einer Schwerbehinderung, bei Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit sowie bei Hinterbliebenenbezügen. Eine weitere Besonderheit gilt bei Bezügen, die zwar nicht vom ehemaligen Dienstherrn an Beamte gezahlt werden, aber dennoch beamtenrechtlichen Grundsätzen entsprechen und von Körperschaften des öffentlichen Rechts stammen. Diese sind - wie Beamtenpensionen - ohne Altersgrenze begünstigt. Doch wann liegen derartige Bezüge vor?

Klarheit bringt ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs: Eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen liegt vor, wenn dem Arbeitnehmer nach einer Ruhelohnordnung, Satzung, Dienstordnung oder einem (Tarif-)Vertrag von einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft eine lebenslängliche Alters- oder Dienstunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung auf der Grundlage seines Arbeitsentgelts und der Dauer seiner Dienstzeit gewährt wird. Die zugesagte Versorgung muss nach Voraussetzung, Art und Umfang ungeachtet gewisser Abweichungen einer beamtenrechtlichen Versorgung in wesentlichen Grundzügen gleichstehen. Die Begünstigung von Versorgungsbezügen setzt nicht voraus, dass auch das vorangegangene Dienstverhältnis beamtenrechtlichen Grundsätzen entsprach (BFH-Urteil vom 16.12.2020, VI R 29/18).

Im Urteilsfall gewährte die Krankenkasse, eine Ersatzkasse und damit eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, ihrem ehemaligen Mitarbeiter ein lebenslängliches Gesamtruhegeld auf (tarif-)vertraglicher Grundlage für den Fall des Alters. Es errechnete sich wie die Beamtenversorgung nach den ruhegehaltsfähigen Beschäftigungsjahren und nach den zuletzt gezahlten Bezügen. Eigene Beitragsleistungen hatte der Mitarbeiter nicht zu erbringen. Der Versorgungsfreibetrag war zu gewähren, obwohl der Arbeitnehmer bei Versorgungsbeginn erst 60 Jahre alt war. Selbst der Umstand, dass der Kläger während seiner aktiven Beschäftigung bei der Krankenkasse in einem außertariflichen Arbeitsverhältnis stand, steht dem nicht entgegen.
gepostet: 29.07.2021
Erhaltungsaufwand: Zum Abzug "nicht verbrauchter" Beträge im Erbfall
Erhaltungsaufwendungen für Mietobjekte sind grundsätzlich im Jahr der Verausgabung in voller Höhe als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung abzuziehen. Größere Erhaltungsaufwendungen dürfen allerdings auf Wunsch gleichmäßig auf zwei bis fünf Jahre verteilt werden (§ 82b EStDV). Nun kann es geschehen, dass der Eigentümer der Immobilie während des Verteilungszeitraumes verstirbt. Sind die noch nicht verbrauchten Erhaltungsaufwendungen dann in einer Summe beim Erblasser abziehbar oder kann die Verteilung nach § 82b EStDV beim Erben fortgeführt werden?

Der Bundesfinanzhof hat diesbezüglich wie folgt entschieden: Hat ein Wohnungseigentümer größere Erhaltungsaufwendungen nach § 82b EStDV auf mehrere Jahre verteilt und verstirbt er innerhalb des Verteilungszeitraums, ist der noch nicht berücksichtigte Teil der Erhaltungsaufwendungen im Jahr des Versterbens beim Erblasser als Werbungskosten im Rahmen seiner Vermietungseinkünfte absetzbar. Der Restbetrag geht nicht auf die Erben über, die Verteilung kann nicht von ihnen fortgeführt werden. Denn die vom Erblasser getragenen Erhaltungsaufwendungen und bei diesem abgeflossenen Aufwendungen haben dessen persönliche Leistungsfähigkeit sofort gemindert und sind daher spätestens im Jahr des Versterbens als Werbungskosten abziehbar (BFH-Urteil vom 10.11.2020, IX R 31/19).
gepostet: 27.07.2021
Tätigkeit im Ausland: Folgen des Vertragsabschlusses mit Tochterunternehmen
Mitarbeiter größerer Unternehmen sind im Rahmen ihrer Karriereförderung oft für einige Jahre in einem ausländischen Tochterunternehmen ihres Arbeitgebers eingesetzt. Der Bundesfinanzhof hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass sich die erste Tätigkeitsstätte an den Sitz des Tochterunternehmens verlagert, wenn mit diesem ein eigenständiger Arbeitsvertrag geschlossen wird. Folge ist, dass eventuelle Reisekostenerstattungen für Flüge nach Deutschland sowie Wohnkostenzuschüsse nicht steuerfrei geleistet werden